Forum: Platinen Beschichtung bei 0402 "Pflicht"?


von Alex B. (Firma: Ucore Fotografie www.ucore.de) (alex22) Benutzerseite


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Guten Morgen geschätzte Forenteilnehmer,

hatte vor kurzem ein Erlebnis, welches mich nachdenklich macht.
Habe in einer neuen Baugruppe zum ersten Mal 0402-Bauelemente verwendet.

Nun kamen die Baugruppen vom Bestücker und eine (von dreißig) lief 
nicht.

Ein bisschen Analyse deckte den Fehler auf:
Bei einem 0402-Kondensator für die Stützung der 1V2-Prozessorspannung 
befand sich ein "winziges" Flitter-Partikel Lötzinn oben auf dem 
Kondensator, sodass dieser Kurzgeschlossen wurde. Das Partikelchen war 
winzig, aber der Abstand der Anschlüsse bei 0402 beträgt ja auch nur 0.5 
mm.

Die Baugruppen wurden vom Bestücker nach dem Lötprozess gewaschen. Der 
Bestücker hat bereits angeboten noch einen Schritt des "Bürstens" 
einzufügen, sagte aber gleichfalls auch, dass dies bei ihm noch nie 
vorgefallen sei (auch nicht bei Verwendung von 0201).

Nun zur Frage:
Haltet ihr es, unabhängig von dem Bürsten etc., für "sinnvoll", wenn 
nicht gar "verpflichtend nötig" eine Baugruppe, auf der 0402 (oder 
kleiner) verwendet wird, zu Beschichten ("conformal coating"), um auch 
später im Betrieb zu verhindern, dass winzige Partikel "leitfähigen 
Staubs" (z.B. ein Span von einer Schraubverbindung) einen Kurzschluss 
verursachen?

Über eure Einschätzungen/Erfahrungen würde ich mich sehr freuen.
Schöne Grüße,
Alex

: Verschoben durch Moderator
von Peter Lustig (Gast)


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Moin,

ich hatte das schon mal... das ist sehr ungünstig.
Da wurde die Leiterplatte erst GUT getestet und dann beschichtet. Dann 
ging nix mehr. Beim Beschichten wurde ein kleines Lötklümpchen an die 
ungünstigste Stelle geschoben und da fest geklebt.

Ich habe den Fehler erst gefunden als ich die Hälfte der Bauelemente 
abgemacht habe.

Richtig sauber machen hilft andere Sachen nicht.
Wir arbeiten mit SMD 01005 und haben keine Probleme mehr.

von Forist (Gast)


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Alex B. schrieb:
> hatte vor kurzem ein Erlebnis, welches mich nachdenklich macht.
> Habe in einer neuen Baugruppe zum ersten Mal 0402-Bauelemente verwendet.
>
> Nun kamen die Baugruppen vom Bestücker und eine (von dreißig) lief
> nicht.

IMHO ist das kein Problem, das sich spezifisch auf Mikrocontroller oder 
digitale Elektronik bezieht. Die Frage betriff allgemein Platinen.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Alex B. schrieb:
> sagte aber gleichfalls auch, dass dies bei ihm noch nie vorgefallen sei
> (auch nicht bei Verwendung von 0201).
Das wäre mir ein Fingerzeig. Ich würde das als "wasesnichtallesgibt" 
verbuchen und mich fürderhin um andere Probleme kümmern...

von Heiner (Gast)


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Lothar M. schrieb:
> Das wäre mir ein Fingerzeig. Ich würde das als "wasesnichtallesgibt"
> verbuchen und mich fürderhin um andere Probleme kümmern...

Das der Bestücker sagt, dass er das Problem öfters hat ist ja so gut wie 
ausgeschlossen. Aber einfach ignorieren ist Pfusch und das Problem wird 
zyklisch wiederkehren. (evtl. beim Kunden)

Keine gute Idee.

lg. Heiner

von Gerd E. (robberknight)


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Alex B. schrieb:
> Haltet ihr es, unabhängig von dem Bürsten etc., für "sinnvoll", wenn
> nicht gar "verpflichtend nötig" eine Baugruppe, auf der 0402 (oder
> kleiner) verwendet wird, zu Beschichten ("conformal coating"), um auch
> später im Betrieb zu verhindern, dass winzige Partikel "leitfähigen
> Staubs" (z.B. ein Span von einer Schraubverbindung) einen Kurzschluss
> verursachen?

Schau Dich mal z.B. bei der PC-Technik um. Da ist 0402 grobschlächtig 
und 0201 etc. gängig. Selbst Mainboards für Industrie-PCs findest Du 
normal nicht mit conformal coating. Nur bei ganz speziellen Serien für 
Betrieb in feuchter Umgebung etc. wird das angeboten.

Natürlich funktionieren die nicht wenn man ne Schraube unter dem 
Mainboard "vergisst" oder ne verlorene Unterlegscheibe sich unter dem 
Kühlkörper verklemmt etc. Das ist aber nen Problem mit der Schulung der 
Monteure.

Aber Probleme mit Metallabrieb etc. sind mir in der Firma bisher noch 
nicht untergekommen und da haben wir über die Jahre mehrere Tausend 
Mainboards verbaut.

Auch andernorts habe ich conformal coating bisher nur dort gesehen, wo 
vom Einbauort her mit Feuchtigkeit, Kondenswasser etc. gerechnet werden 
muss.

Die anderen verwenden also 0402 und kleiner ohne solche Maßnahmen. In 
der Industrie muss es also andere Lösungen geben die funktionieren. Ich 
würde mir daher dann eher den Lötprozess, die Lotpaste, Reinigung der 
Pastenmasken etc. bei dem Fertiger genauer anschauen.

von nachtmix (Gast)


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Alex B. schrieb:
> befand sich ein "winziges" Flitter-Partikel Lötzinn oben auf dem
> Kondensator

Woher weisst du, dass es sich um Lötzinn handelte, und weshalb war es 
dann nicht zu einer Kugel geschmolzen?

von Alex B. (Firma: Ucore Fotografie www.ucore.de) (alex22) Benutzerseite


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nachtmix schrieb:
> Alex B. schrieb:
>> befand sich ein "winziges" Flitter-Partikel Lötzinn oben auf dem
>> Kondensator
>
> Woher weisst du, dass es sich um Lötzinn handelte, und weshalb war es
> dann nicht zu einer Kugel geschmolzen?

Ich weiß es nicht. Es könnte sich auch um ein anderes Flitter-Partikel 
gehandelt haben. Von der Textur, dem Glanz etc. sah es für mich nach 
Lötzinn aus. Leider gibt es kein Foto. Es sah so aus, als ob man 
flüssiges Lot auf eine kalte Oberfläche "spritzt". Dabei entstehen diese 
typischen, unglaublich dünnen "Blättchen" aus Lötzinn.

Warum es nicht zu einer Kugel geschmolzen ist vermag ich nicht zu sagen. 
Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass es nicht heiß genug 
geworden ist.

Viele Grüße,
Alex

von Statistiker (Gast)


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Alex B. schrieb:
> hatte vor kurzem ein Erlebnis, welches mich nachdenklich macht.
> Habe in einer neuen Baugruppe zum ersten Mal 0402-Bauelemente verwendet.
>
> Nun kamen die Baugruppen vom Bestücker und eine (von dreißig) lief
> nicht.

Dann solltest du auch über Statistik nachdenken. Nur weil dieser Fehler 
statistisch bei einem von zehntausend Boards auftritt, schließt das 
nicht aus, dass bei deinen dreißig eins mit diesem Fehler dabei war.

von Alex B. (Firma: Ucore Fotografie www.ucore.de) (alex22) Benutzerseite


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Statistiker schrieb:
> Alex B. schrieb:
>> hatte vor kurzem ein Erlebnis, welches mich nachdenklich macht.
>> Habe in einer neuen Baugruppe zum ersten Mal 0402-Bauelemente verwendet.
>>
>> Nun kamen die Baugruppen vom Bestücker und eine (von dreißig) lief
>> nicht.
>
> Dann solltest du auch über Statistik nachdenken. Nur weil dieser Fehler
> statistisch bei einem von zehntausend Boards auftritt, schließt das
> nicht aus, dass bei deinen dreißig eins mit diesem Fehler dabei war.

Ganz genau. Deshalb möchte ich auf Erfahrungen anderer Entwickler 
mittels dieses Forums zurückgreifen.

Für mich war die Verwendung von 0402 "Neuland". In der "Industrie" ist 
es, wie oben schon erwähnt wurde, schon "grobschlächtig".

Wenn nun die einschlägige Meinung gewesen wäre, dass bei 0402 (und 
kleiner) mit solchen Ausfällen zu rechnen sei, bzw. dass eine 
mechanische Nachbehandlung (Stichwort "bürsten") mit anschließender 
Beschichtung (z.B. "conformal coating") quasi "Pflicht" sei, dann würde 
ich dies bei meinen zukünftigen Entwicklungen entsprechend 
berücksichtigen.

Gruß,
Alex

von Georg (Gast)


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Alex B. schrieb:
> Bei einem 0402-Kondensator für die Stützung der 1V2-Prozessorspannung
> befand sich ein "winziges" Flitter-Partikel Lötzinn oben auf dem
> Kondensator, sodass dieser Kurzgeschlossen wurde

Also ein Fehler, der genau 1mal aufgetreten ist - das ist keine 
statistische Basis, aus der man irgendwelche Schlüsse ziehen könnte. 
Natürlich kann das wieder vorkommen, aber ebensogut tritt der Fehler nie 
wieder auf und alle Massnahmen sind daher sinnlos.

Georg

von Mac G. (macgyver0815)


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Alex B. schrieb:
> Für mich war die Verwendung von 0402 "Neuland". In der "Industrie" ist
> es, wie oben schon erwähnt wurde, schon "grobschlächtig".


Es ist eine ganz normale Bauform und sicher nicht "grobschlächtig", im 
Gegenteil.
Ab 0603 kann man vielleicht von grobschlächtig sprechen, aber auch das 
wird in richtigen INDUSTRIEllen oder Automotive Anwendungen immer noch 
gern genommen und ist an vielen Stellen gar nicht anders machbar.

Im Bereich mobile Consumer-Elektronik, da sieht das natürlich ganz 
anders aus.


Zum Thema: Ich hatte mit 0402 noch nie Probleme.
Vereinzelte Lötkügelchen bilden sich bei meinen Platinen eher an manchen 
größeren Bauteilen mit größeren Lötpads...

von Bestücker1000 (Gast)


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Hallo,
also generell gilt, dass es immer Ausfälle vom Bestücker geben wird. Mal 
mehr mal weniger.
Ich weiß es, schließlich bin ich beim Bestücker dafür verantwortlich 
;-).
Bis 10% Ausfallrate ist vorallem bei Prototypen üblich. Um diese Fehler 
festzustellen werden Prüfadapter verwendet. Die Prüfung sollte nach dem 
letzten Schritt erfolgen (z.b. Coating) da jeder Bearbeitungsschritt 
eine Fehlerquelle darstellt (z.b. Vereinzeln, Vergießen, Coating, 
Verstemmen, Einbauen ...).
Unternehmen kalkulieren auch oft mit 10% Ausfall bei den Bestückkosten.

von Christian B. (luckyfu)


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Ich vermute das Problem eher im Layout. Wie groß sind deine Pads? Gerade 
für Reflow benötigt man kaum größere Pads als die Anschlussflächen der 
Bauteile sind. Hast du Löcher in den Pads? die können ebenfalls dazu 
führen, daß Zinn irgendwohin geschleudert wird.

Ich würde also versuchen, Via in Pad zu vermeiden und die Zinnmenge zu 
reduzieren.

Als ich hier in der Firma begonnen habe war noch Eagle das 
Layoutprogramm. Nach der Einführung von Altium habe ich die Eagle 
Footprints aus den Projekten übernommen, um keine Bestückungsfehler 
durch fehlerhaft angelegte Footprints zu generieren. Nachdem ich mir 
dann einiges Wissen dazu beschafft habe hab ich die Pads vor nunmenr 2 
Jahren radikal reduziert. Folge ist nun, daß man auf ein 0603 Footprint 
auch nur ein 0603 Bauteil sicher befestigen kann und nicht auch noch 
0805, wie vorher. Zwar sind die Leiterplatten jetzt nicht mehr so leicht 
mit dem Lötkolben bestückbar, aber der Reflowprozess ist sicherer. Die 
Ausfälle / Nacharbeit beim Bestücker ist seither deutlich reduziert.

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