Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Geräte mit Schaltnetzteil an 120V betreiben, Vorteile?


von Wolle R. (Gast)


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Hallo zusammen,

eine kleine Überlegung zum Feiertag. Daher auch nicht im OffTopic, damit 
alle antworten können die wollen.

Ich besitze mehrere HiFi-Geräte aus den USA, welche 120V benötigen. Die 
haben noch ein klassisches Trafonetzteil und der Unterschied zwischen 
50/60 Hz macht denen nichts. Keine Synchronuhren oder Antriebe. Ich 
weiß, dass die Trafokerne kleiner sind, aber wird nichts zu warm.

Da für diese Geräte ein Spannungswandler vorhanden ist, dachte ich mir, 
ich könnte doch auch die "neuen" Geräte wie PC und TV an 120V 
anschließen. Der Sinn dahinter: Die Geräte besitzen alle ein 
Schaltnetzteil mit Bereich 90-240V.

Ich liege mit meiner Netzspannung gut bei 244V, das ist ja in der 
Toleranz. Aber nach Gleichrichtung etc. kommt das schon stark an die 
Spannungsfestigkeit der verbauten Elkos.

Gedanke ist: 120V nehmen, da eh vorhanden, weniger Belastung im Netzteil 
des Computers und TV und damit längere Lebensdauer.

Wer weiß da was? Bin mit SNTs nicht so vertraut.

Gruß, Wolle

EDIT: Der Spannungswandler ist ein Spartrafo mit 1000VA Belastbarkeit, 
also real ca. 600W, was aber ausreicht.

von Peter II (Gast)


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Wolle R. schrieb:
> Gedanke ist: 120V nehmen, da eh vorhanden, weniger Belastung im Netzteil
> des Computers und TV und damit längere Lebensdauer.

dafür sind die Ströme größer. Ich denke nicht das eine niedrigere 
Spannung die Lebensdauer verlängert.

von Sebastian S. (amateur)


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Prinzipiell spricht nicht viel dagegen.

Allerdings steigen die Verluste - und das unnötig.

Immer vorausgesetzt, dass der Konverter (230/120V) kräftig genug ist.

Wenn ich mal unterstelle, dass deine Schaltnetzteile bei 120V einen 
ähnlichen Wirkungsgrad haben, wie bei 230V, bleiben noch die (unnötigen) 
Verluste, die bei der Wandlung von 230V auf 120V entstehen;-)

von Wolle R. (Gast)


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Sebastian S. schrieb:
> Immer vorausgesetzt, dass der Konverter (230/120V) kräftig genug ist.

Danke. Ist so ein Teil hier: Conrad 512971

Datenblatt sagt Wirkungsgrad sei 96%, im Leerlauf verbraucht der (mich) 
nichts.

Also muss das Netzteil bei halber Spannung den doppelten Strom 
aufnehmen.
Btw. weiß jemand, wie die neuen Netzteile die Eingangsspannung erkennen?
Früher gab es ja manuelle Umschalter, daran kann ich mich erinnern.

Gruß, Wolle

von Peter II (Gast)


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Wolle R. schrieb:
> Btw. weiß jemand, wie die neuen Netzteile die Eingangsspannung erkennen?

gar nicht. Sie regeln einfach den Ausgang bis die Sollspannung erreicht 
ist.

von oszi40 (Gast)


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Peter II schrieb:
> die neuen Netzteile

Sofern sie keinen Spannungsumschalter mehr haben, regeln sie mit dem 
Tastverhältnis alles aus. Interessant wäre eher, in welchem Bereich der 
Wirkungsgrad des Geräts optimal ist.

Falls jedoch irgendwo ein altes Netzteil MIT Spannungsumschalter 
auftaucht, würde ich immer die höheren 230V wählen (um weißen Rauch 
durch Irrtümer zu vermeiden)!

von Wühlhase (Gast)


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Wolle R. schrieb:
> Btw. weiß jemand, wie die neuen Netzteile die Eingangsspannung erkennen?
> Früher gab es ja manuelle Umschalter, daran kann ich mich erinnern.
Am Eingang gibt es eine Schaltung zur Phasenkorrektur. Die sorgt dafür 
daß das Netzteil mehr oder weniger schön sinusförmige Ströme mit 
möglichst keiner Verschiebung zwischen Strom und Spannung aufnimmt. (An 
dieser Stelle sei angemerkt daß die alten Trafonetzteile erstaunlich 
Oberwellen produziert haben da die Ströme eine reichlich verzerrte 
Sinusform hatten).

Wie auch immer, die Phasenkorrektur speist einen Kondensator mit einer 
(relativ hohen) Gleichspannung und versucht, diese möglichst konstant zu 
halten. Die Höhe dieser Gleichspannung ist damit unabhängig von der 
außen angelegten Spannung.

Alle nachfolgenden Schaltungen wandeln jetzt von diesem 
Gleichspannungskreis auf die jeweiligen niedrigeren Spannungen herunter, 
und entnehmen dem Gleichspannungskreis Energie. Um die Spannung jetzt 
konstant zu halten muß die Phasenkorrektur Strom nachschieben...

von der schreckliche Sven (Gast)


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Wolle R. schrieb:
> Gedanke ist: 120V nehmen, da eh vorhanden, weniger Belastung im Netzteil
> des Computers und TV und damit längere Lebensdauer.

Das Gegenteil ist richtig.

Die Stromaufnahme ist höher und der Wirkungsgrad schlechter. Dadurch ist 
die Erwärmung größer und das nagt an der Lebensdauer.
Ohnehin haben Schaltnetzteile mit mehr als ca. 70W eine PFC-Schaltung, 
die die Spannung am Speicherkondensator konstant hält - unabhängig von 
der Eingangsspannung.

von Teo D. (teoderix)


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der schreckliche Sven schrieb:
> Dadurch ist
> die Erwärmung größer und das nagt an der Lebensdauer.

Vor allem in/an den Elkos.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Es gab auch automatisierte Gleichrichter-Umschalter, die die 
Zwischenkreisspannung messen und den Netzgleichrichter elektronisch von 
Brückenbetrieb auf Spannungsverdopplung umgeschaltet haben.

von Wolle R. (Gast)


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der schreckliche Sven schrieb:
> Das Gegenteil ist richtig.
>
> Die Stromaufnahme ist höher und der Wirkungsgrad schlechter. Dadurch ist
> die Erwärmung größer und das nagt an der Lebensdauer.
> Ohnehin haben Schaltnetzteile mit mehr als ca. 70W eine PFC-Schaltung,
> die die Spannung am Speicherkondensator konstant hält - unabhängig von
> der Eingangsspannung.

Danke, wieder was gelernt!

Ben B. schrieb:
> Es gab auch automatisierte Gleichrichter-Umschalter, die die
> Zwischenkreisspannung messen und den Netzgleichrichter elektronisch von
> Brückenbetrieb auf Spannungsverdopplung umgeschaltet haben.

Ben, ich kenne das von alten AT-Netzteilen. Da wurden bei 230V die 
Ladekondensatoren in Reihe geschaltet und bei 120V parallel.

Zum Wirkungsgrad kann ich wenig sagen. Habe zum Test seit einer Woche 
den Computer (iMac mit eingebautem Netzteil) an 120V laufen und die 
Temp. ist 10°C geringer als bei 230V Betrieb. Hier ein Foto vom 120V 
Betrieb (aktuell): s.o.

von Darth Maul (Gast)


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Wolle R. schrieb:
> Zum Wirkungsgrad kann ich wenig sagen.

Mußt Du auch gar nicht.

Es ist Fakt, daß PFC-Schaltungen topologie-unabhängig normalerweise bei 
höherer RMS-V(in) den besseren Wirkungsgrad haben. (Außer "seltsam 
dimensionierte", oder Sondertopologien vielleicht.) Lediglich deren THD, 
also die ins Netz eingekoppelten Oberwellen, sind bei 120V~ meist etwas 
geringer.

Du aber willst die Netzspannung (teils) sogar erst noch "runtermachen"?
Das ergibt mit Sicherheit ein Vielfaches der "normalen" Verluste.

Wolle R. schrieb:
> Ben, ich kenne das von alten AT-Netzteilen. Da wurden bei 230V die
> Ladekondensatoren in Reihe geschaltet und bei 120V parallel.

STR80145A war zu der Zeit in viele Schaltnetzteile eingebaut.

von eProfi (Gast)


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Hier wird viel zu viel pauschalisiert.
Alles KANN sein, MUSS aber nicht, z.B. PFC ab 70W (wer weiß, was "neue 
Geräte" konkret heißt), automatische Umschaltung auf 
Spannungsverdopplung bei kleiner Eingangsspannung oder Ausgleich durch 
PFC.
Ein Faktor ist noch der Inrush-Current, der dürfte bei 120V niedriger 
sein (auch wegen der Impedanz des 230->120V-Trafos) und stresst viele 
Bauteile.
Ein Möglichkeit der Wirkungsgrad-Abschätzung wäre z.B., bei 
Lüftergeräten die Temperatur der Abluft zu messen.
Wenn man die Datenblätter von Weitbereichs-Netzteilen liest, sieht man 
oft, dass sie bei 230V einen besseren Wirkungsgrad, aber einen 
schlechteren PowerFactor haben. Kann sein, muss aber nicht.

von Peter II (Gast)


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eProfi schrieb:
> Kann sein, muss aber nicht.

Da die Verlustleitung in Bauteilen und Leitungen quadratisch zum Strom 
steigt ist es sehr unwahrscheinlich das der Wirkungsgrad bei niedriger 
Spannung besser wird.

Schon der Gleichrichter hat höhere Verluste.

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