Forum: Offtopic Wie werden Chips hergestellt?


von Dimitri R. (Firma: port29 GmbH) (port29) Benutzerseite


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Hallo Leute,

ich bin gerade dabei mit den Chinesen etwas zu kämpfen und brauche mal 
eine kleine Info von euch. Nehmen wir mal an, ich würde gerne einen Chip 
bauen, der für eine 230V AC => 5V DC sorgt. Nehmen wir mal als Beispiel 
den LP3773 Chip.

http://www.dianyuan.com/upload/community/2014/09/11/1410416964-87535.pdf

Wie geht man da vor?
Sagt man, dass man einen Chip baut der etwa die und die Funktion hat, 
bzw. legt mehr oder weniger die Bauteile fest. Dann wird ein Die 
produziert und zersägt und anschließend wird der Chip spezifiziert?

Oder weiß man von vorne, welche Eigenschaften der Chip genau haben wird?
Bzw. wie viele Chips (kA wie groß das Silizium tatsächlich ist) passt 
denn auf ein Die drauf? Kommen da alle Chips funktionierend raus? Oder 
gibt es (außerhalb der Ränder) noch defekte?

von Harald W. (wilhelms)


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von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Dimitri R. schrieb:
> ich würde gerne einen Chip
> bauen, der für eine 230V AC => 5V DC sorgt.

?

Probier mal lieber Kartoffelchips

von Christian B. (luckyfu)


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Dimitri R. schrieb:
> Oder weiß man von vorne, welche Eigenschaften der Chip genau haben wird?

Natürlich weiß man das, so ein IC wird auf drei Grundbausteine 
reduziert: Kondensatoren, Widerstände und Transistoren. Diese werden 
dann entsprechend. der Struktur in Masken zerlegt und nach einander 
prozessiert.

Dimitri R. schrieb:
> Kommen da alle Chips funktionierend raus? Oder
> gibt es (außerhalb der Ränder) noch defekte?

Natürlich ist das die Wunschvorstellung, allerdings ist die realität so, 
daß auch immer im Wafer mal ein Chip nicht funktioniert. das liegt 
daran, daß auch so ein Einkristall nicht 100% homogen ist und durch die 
Prozessierung ebenfalls Kristallstörungen auftreten können. Wenn diese 
sich an einer Stelle häufen funktioniert der Chip dann nicht, welcher 
den Bereich einschließt.
Wie hoch die Ausbeute ist, wirst du von keinem Hersteller erfahren, das 
ist ein streng gehütetes Geheimnis.

von Mac G. (macgyver0815)


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Natürlich gibt es defekte Chips auf Wafern.
Große Chips (GPUs, FPGAs) mit neuen Technologien sind u.a. deshalb so 
teuer, weil da viele Defekte auf dem Wafer auftreten.
Oft wird auch ein und dasselbe Die für verschiedene "Qualitätsstufen" 
genutzt - z.B. bei einer GPU kann man Recheneinheiten deaktivieren.


In China wird alles verkauft was halbwegs funktioniert, bzw. oft auch 
ungetestetes oder Ausschuss.
Es werden auch gerne mal leere Gehäuse mit falschem Aufdruck verkauft 
oder z.B. bei Leistungstransistoren ein kleineres billigeres Die 
verbaut.
Nicht nur Klamotten kann man fälschen... wurde hier im Forum ja schon 
oft diskutiert.

Also wenn sowas in der Art Dein Problem ist, wäre das nichts 
ungewöhnliches.

von Axel L. (axel_5)


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Dimitri R. schrieb:
> Hallo Leute,
>
> ich bin gerade dabei mit den Chinesen etwas zu kämpfen und brauche mal
> eine kleine Info von euch. Nehmen wir mal an, ich würde gerne einen Chip
> bauen, der für eine 230V AC => 5V DC sorgt. Nehmen wir mal als Beispiel
> den LP3773 Chip.
>
> http://www.dianyuan.com/upload/community/2014/09/11/1410416964-87535.pdf
>
> Wie geht man da vor?
> Sagt man, dass man einen Chip baut der etwa die und die Funktion hat,
> bzw. legt mehr oder weniger die Bauteile fest.
Ja, man schreibt eine Spezifikation, in der jeder, aber auch wirklich 
jeder Parameter und jede Funktion des Chipos sauber spezifiziert werden. 
Dann wird der Chip entwickelt, d. h. am Computer entworfen und 
simuliert, bis in der Simulation alle Parameter unter allen 
Betriebsbedingungen passen. Dabei werden dann auch Teststrukturen 
eingebaut, die den Test des Die ermöglichen. Mit diesen Informationen 
entstehen dann die Masken.

> Dann wird ein Die
> produziert und zersägt und anschließend wird der Chip spezifiziert?
Nein, spezifiziert wird vorher im Detail.

> Oder weiß man von vorne, welche Eigenschaften der Chip genau haben wird?
Ja. In der Regel machen die Die auch genau das, was sie sollen, 
allerdings nicht immer das, was man wollte. Fehler sind meistens auf 
schlechte Spezifikation oder schlechte Simulation zurückzuführen.

> Bzw. wie viele Chips (kA wie groß das Silizium tatsächlich ist) passt
> denn auf ein Die drauf?
Das hängt von der Grösse des Chips ab. Die Wafer haben üblicherweise ein 
paar Standardgrössen (5 Zoll, 8 Zoll, 300mm).

> Kommen da alle Chips funktionierend raus? Oder
> gibt es (außerhalb der Ränder) noch defekte?
Nein, es gibt Defekte. Bei einem digitalen Serienchip üblichwerweise 
DEUTLICH unter 5% Defekte, bei ganz neuen Technologien oder 
komplizierten Analogchips kann das am Anfang aber auch mal 50% sein. Man 
versucht das dann im Lauf der Serie aber zu reduzieren, indem man 
Fertigungsparameter verändert.

Gruss
Axel

von Dimitri R. (Firma: port29 GmbH) (port29) Benutzerseite


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Mac G. schrieb:
> Also wenn sowas in der Art Dein Problem ist, wäre das nichts
> ungewöhnliches.

Mein Problem ist tatsächlich, dass wir eine Baugruppe in China fertigen 
lassen, die unter anderem ein 230V auf 5V Netzteil enthält. Wir haben 
sehr lange mit den Chinesen "verhandelt", damit die tatsächlich auch das 
bauen, was wir haben möchten. Die ersten 10.000 Units waren in Ordnung. 
Bei den zweiten 10.000 Units hat beim Chip schon mal der Aufdruck 
gefehlt. Die Tests ergaben aber, dass der Chip tatsächlich dem 
ursprünglichem entspricht.

Jetzt meint der Chinese, dass er nur noch ein paar tausend von den alten 
Chips hat. Der ursprüngliche Hersteller der Chips sei mit der Fabrik 
umgezogen, neue Maschinen, etc.  und die hätten nun eine neue 
Produktion. Die Chips seien aber die gleichen, hätten nur eine andere 
Bezeichnung.

Im gleichen Zug verkaufen die aber auch die Info mit, dass bei unserer 
Baugruppe mit dem neuen Chip statt 5V nur 4,5V rauskommt und die zwei 
Widerstände etwas anpassen müssen.

Was mich absolut wundert ist, dass die Datenblätter beider Chips von den 
Daten identisch sind. Der Chinese meint aber "there is no data prove on 
data sheet". So nach dem Motto: Was kümmert uns, was im Datenblatt 
steht......

von Axel L. (axel_5)


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Kann natürlich sein, dass die die alten Masken jetzt mit anderen 
Maschinene verwenden, aber auch dass die Geräte/Fertigung noch nicht 
feinjustiert ist.

Ich würde sagen, die versuchen, euch den Ausschuss (der gerade beim 
Neustart so einer Fertigung anfällt) zu verkaufen. Den haben sie vom 
eigentlichen Chiphersteller vermutlich etwas billiger bekommen.

Gruss
Axel

von Mac G. (macgyver0815)


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Wenn es denn tatsächlich nur zwei Widerstände sind die geändert werden 
müssen - OK.
Aber stell Dir vor die würden nicht funktionierende Chips verbauen oder 
Chips die nach einem Jahr ausfallen (kann diverse Gründe dafür geben).
Das wäre dann tatsächlich ein Problem.


Das die Werte in einem chinesischen Datenblatt nicht der Realität 
entsprechen ist definitiv nicht ungewöhnlich.
Da musst Du dann halt doch besser einen ordentlichen Hersteller (TI, On 
Semi o.ä...) nehmen wenn Dir das wichtig ist... auch wenn das dann 10 
cent mehr kostet.

von Falk B. (falk)


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You get what you pay for.

Hatten wir nicht vor einiger Zeit hier eine Diskussion um Massen an 
China-Boards, wo mal fix ganz kreativ ein neues Layout mit einer anderen 
USB-Buchse verbaut war, wo es dann massiv Kurzschlüsse gab?

Never change a running system!

Schon gar nicht ungetestet in einer Massenproduktion!

von Cyblord -. (cyblord)


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Falk B. schrieb:
> You get what you pay for.

Schön wärs. Heute hat man meist nur noch die Wahl zwischen billigem 
Schrott und teurem Schrott.

von Dimitri R. (Firma: port29 GmbH) (port29) Benutzerseite


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Falk B. schrieb:
> You get what you pay for.

Das Problem ist nur, dass sich dieser Satz durch die ganze 
Produktionskette zieht. Und leider angefangen beim Kunden, der nicht 
mehr gewillt ist, Geld auszugeben.

Falk B. schrieb:
> Hatten wir nicht vor einiger Zeit hier eine Diskussion um Massen an
> China-Boards, wo mal fix ganz kreativ ein neues Layout mit einer anderen
> USB-Buchse verbaut war, wo es dann massiv Kurzschlüsse gab?

Japp, hatten wir. Und soll ich dir verraten, was danach passiert ist? 
War übrigens ein 1A USB Ladestecker...  Der Kunde hatte noch einen 2A 
Ladestecker auf dem Markt. Die erste Produktionsreihe hatte 0,1% 
Rückläufer. Die zweite Produktionsreihe, bei der nach der Angabe der 
Chinesen nichts geändert wurde, hatte 10%.

Also ging wieder ein exemplar an mich. Und was sehe ich da? Ein 
Widerstand wurde durch einen Draht ersetzt. Die Kondensatoren sind 
geschrumpft, eine fette Diode wurde durch irgendein IC ohne Aufschrift 
ersetzt. Und beim Spark-Gap sind die Zacken weggefallen.

Falk B. schrieb:
> Never change a running system!

Naja, also so einfach lässt sich das auch nicht sagen. Denn auch bei 
einer Massenproduktion liegen wir im KVP. Fehler werden behoben, die 
Kosten werden optimiert, etc. Am schlimmsten ist jedoch, wenn ein 
Bauteil abgekündigt wurde oder einfach Out of Stock ist.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Christian B. schrieb:
> Wie hoch die Ausbeute ist, wirst du von keinem Hersteller erfahren, das
> ist ein streng gehütetes Geheimnis.

Naja.  Größenordnungen kennt man mittlerweile schon.  In der
Anfangszeit der Halbleiterei hat man sich über 10 % Ausbeute gefreut,
heutzutage sollten es schon deutlich über 50 % sein, damit man
wirtschaftlich arbeitet.  Hängt natürlich auch davon ab, wie groß der
einzelne Die und wie viele davon auf der Scheibe sind.  Ein großer Die
(z.B. eine CPU) hat eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, eine
Fehlstelle auf der Scheibe zu erwischen als viele kleine Dies.

Bei ganz kleinen Dies (Single-gate logic und so) kann ich mir gut
vorstellen, dass es über 90 % Ausbeute sind.

von Bernhard K. (bkom)


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AMD: "acceptable silicon yields are something like 80%" - 32 
nanometer...
https://www.pcgamesn.com/amd/amd-llano-lawsuit

von Michael B. (laberkopp)


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Dimitri R. schrieb:
> Oder weiß man von vorne, welche Eigenschaften der Chip genau haben wird?

Nicht genau, aber annähernd.

Man muss sich erst mal eine Schaltung ausdenken, die mit den auf Chips 
üblichen Bauelementen funktioniert. Das sind nicht dieselben 
Entscheidungskriterien wie bei Bauelemente auf Platinen.
In deinem Beispiel geht es vor allem um die Spannungsfestigkeit der 
Transistoren, und daß keine Kondensatoren benutzt werden müssen.

Dann wird die Schaltung mit Spice simuliert. Funktioniert sie, werden 
die Bauelemente wie im Leiterplattenlayoutprogramm auf dem Chip 
angeordnet und verdrahtet.
Dann werden MPW-Run Masken gefertigt auf denen der Chip ein mal drauf 
ist und die Chips gefertigt und getestet.

Taugen sie was und man wird sie in Stückzahzlen produzieren, gibt es 
eigene Masken für den Chip, die können so 400000 EUR kosten.

Man tut also gut daran, gleich gut funktionierende Schaltungen zu bauen. 
Bei kleinen Chipherstellern ist es aber kein Wunder, wenn der Chip auch 
in schlechter Richtung von den gewünschten Eigenschaften abweicht. Die 
verkaufen die Chips dann trotzdem :-)

Ganz einfach wäre:
https://www.youtube.com/watch?v=ouAXAD5GxCs

Designrules:
http://www.sm.luth.se/csee/courses/smd/099/scmos72.html

Hier ein kostenloses Buch
http://www.designinganalogchips.com/

Kosten: Bei Mosis bekommt du 40 Chips a 5mm2 für 125$ pro Stück.

http://www.dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.7.4

von John D. (Gast)


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Jörg W. schrieb:
>
> Bei ganz kleinen Dies (Single-gate logic und so) kann ich mir gut
> vorstellen, dass es über 90 % Ausbeute sind.

Bei 1-2mm² Chips liegt man eher bei 98%. Das beinhaltet natürlich nur 
Halbleiterdefekte.
Bei einem schlechten Design, bei dem man sich zu nahe an einem der 
Spezifikationslimits befindet, dann weniger. Da habe ich bei 2mm² auch 
schon einmal rund 50% gesehen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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John D. schrieb:
> Bei einem schlechten Design, bei dem man sich zu nahe an einem der
> Spezifikationslimits befindet, dann weniger.

Schlechte Simulation. ;-)

von Axel L. (axel_5)


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Jörg W. schrieb:
> Christian B. schrieb:
>> Wie hoch die Ausbeute ist, wirst du von keinem Hersteller erfahren, das
>> ist ein streng gehütetes Geheimnis.
>
> Naja.  Größenordnungen kennt man mittlerweile schon.  In der
> Anfangszeit der Halbleiterei hat man sich über 10 % Ausbeute gefreut,
> heutzutage sollten es schon deutlich über 50 % sein, damit man
> wirtschaftlich arbeitet.  Hängt natürlich auch davon ab, wie groß der
> einzelne Die und wie viele davon auf der Scheibe sind.  Ein großer Die
> (z.B. eine CPU) hat eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, eine
> Fehlstelle auf der Scheibe zu erwischen als viele kleine Dies.
>
> Bei ganz kleinen Dies (Single-gate logic und so) kann ich mir gut
> vorstellen, dass es über 90 % Ausbeute sind.

Diese Werte sind geradezu grotesk falsch (sorry, wenn ich das so 
deutlich schreibe). Bei so schlechten Ausbeuten wären die alle längst 
pleite.

Gruss
Axel

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Axel L. schrieb:
> Diese Werte sind geradezu grotesk falsch (sorry, wenn ich das so
> deutlich schreibe).

Dann schreib doch genauere Zahlen, wenn du kannst.

Davon abgesehen kann „deutlich über 50 %“ auch gar nicht so „grotesk“
falsch sein, denn es schließt ja letztlich alles bis an die 100 heran
mit ein …

: Bearbeitet durch Moderator
von Mac G. (macgyver0815)


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Axel L. schrieb:
> Diese Werte sind geradezu grotesk falsch (sorry, wenn ich das so
> deutlich schreibe). Bei so schlechten Ausbeuten wären die alle längst
> pleite.
>
> Gruss
> Axel


Ahso.
Nur mal ganz schnelle Suche:

http://www.pcgameshardware.de/Grafikkarten-Grafikkarte-97980/News/Yield-Rate-stark-gefallen-698697/


"Morris Chang erklärte, dass die Chipausbeute (Yield-Rate) mit der 
neuesten Fertigungsgröße auf inzwischen nur noch 40 Prozent gefallen 
sei. Nachdem diese im zweiten Quartal 2009 nur magere 20-30 Prozent 
betrug, waren es zu Spitzenzeiten im Juli immerhin 60 Prozent. Laut 
digitimes.com verspricht der TSMC-Chef jedoch, dass die Probleme noch 
bis Ende 2009 gelöst werden. Falls dies stimmt, dürfte einer besseren 
Lieferbarkeit von Grafikkarten mit 40-nm-Chips zu diesem Zeitpunkt 
nichts mehr im Wege stehen."

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