Forum: Offtopic Verständnisproblem Quantencomputer


von Daniel A. (tagtraeumer)


Lesenswert?

Hallo mal wieder allerseits!

Ich lese mich zur Zeit (aber eher populärwissenschaftlich) durch die 
Thematik "Quantencomputer" und "Quanteninformation". Leider habe ich 
irgendwie ein hartnäckiges Verständnisproblem, dass mich pauschal sagen 
lässt: Quantencomputer können nicht funktionieren. Seltsamerweise wird 
diese Problematik (mein Verständnisproblem) in keinem Artikel erwähnt.

Ich versuche es mal einfach zu beschreiben:
Stellt euch vor, ein quantenmechanischer Rechenschritt (mit Qbits und 
dem ganzen drum und dran) kann in einem EINZIGEN Schritt vier Rechnungen 
ausführen (sagen wir die Addition). Das Ergebnis aller vier Additionen 
liegt nun als Superposition der Qbits vor.

Und jetzt mein Problem:
Wenn die Superposition nun durch eine Messung (populärwissenschaftlich 
gerne als Beobachtung bezeichnet) zerstört wird und in einen bestimmten 
Zustand (das ist dann ein bestimmtes Ergebnis von den vieren) zerfällt, 
hätte man quantenmechanisch gerechnet.

ABER: das Ergebnis, dass durch den Zerfall der Superposition entsteht, 
hängt völlig vom Zufall ab! Ich müsste also das Ergebnis schon vorher 
wissen, um es aus der zerfallenen Superposition herauszusuchen.

Ich verstehe es einfach nicht, vllt. sind gerade ein Paar Physiker 
anwesend

Danke
Klaus

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


Lesenswert?

Klaus A. schrieb:
> Und jetzt mein Problem:
> Wenn die Superposition nun durch eine Messung (populärwissenschaftlich
> gerne als Beobachtung bezeichnet) zerstört wird und in einen bestimmten
> Zustand (das ist dann ein bestimmtes Ergebnis von den vieren) zerfällt,
> hätte man quantenmechanisch gerechnet.
>
> ABER: das Ergebnis, dass durch den Zerfall der Superposition entsteht,
> hängt völlig vom Zufall ab!

Hier liegt der Hase im Pfeffer:  Der Essenz der "Rechnung" in einem QC 
besteht darin, diesen so durch Manipulationen wie Q-FFT zu manipulieren, 
dass das gewünschte Ergebnis eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit 
erhält.

Nehmen wir mal die Faktorisierung einer großen[tm] ganzen Zahl wie n=91. 
Der Q-Teil der Faktorisierung ist so getrimmt, dass er möglichst phi(n) 
liefert, in diesem Fall also 72.  Weil x^phi(n) = 1 mod n, kann man 
schnell überprüfen, ob man einen Kandidaten für phi hat.  Und dann 
findet man durch Probieren fix eine nicht-triviale Wurzel von 1 und hat 
damit effektiv n faktorisiert:
1
2^72 mod 91 = 1
2
2^36 mod 91 = 1
3
2^18 mod 91 = 64
4
5
3^72 mod 91 = 1
6
3^36 mod 91 = 1
7
3^18 mod 91 = 1
8
3^9 mod 91 = 27
9
10
4^72 mod 91 = 1
11
4^36 mod 91 = 1
12
4^18 mod 91 = 1
13
4^9 mod 91 = 64
14
15
5^72 mod 91 = 1
16
5^36 mod 91 = 1
17
5^18 mod 91 = 64
18
19
6^72 mod 91 = 1
20
6^36 mod 91 = 1
21
6^18 mod 91 = 64
22
23
...

Falls das Verfahren phi nicht ausspuckt sondern irgendwas anderes, 
wiederholt man das Verfahren einfach solange, bis man phi hat.  Das ist 
natürlich nur dadurch praktikabel, dass das Q-Verfahren eine gute 
Wahrscheinlichkeit aufweist, das korrekte phi zu liefern.

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


Lesenswert?

Johann L. schrieb:

Anmerkungen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Eulersche_Phi-Funktion

Die Anzahl der Einheitswurzeln ist i.w. durch die Anzahl der Faktoren 
von n gegeben, in diesem Falle (und für alle Zahlen, die aus 2 
unterschiedlichen Primfaktoren > 2 bestehen) gibt es 4 davon.  Für 91 
sind das: 1, -1=90, 64=-27 sowie 27=-64.

Einen Teiler von n findet man dann dadurch, dass w+1 und w-1 Nullteiler 
in Z/nZ sind:

1^2 = w^2  =>  0 = (1-w)·(1+w)

ggT (91, 64+1) = 13  =>  13 | 91
ggT (91, 64-1) =  7  =>   7 | 91
ggT (91, 27+1) =  7  =>   7 | 91
ggT (91, 27-1) = 13  =>  13 | 91

Je nach (zufälligem) Startwert bei der Wurzelsuche findet man keine 
nicht-triviale Einheitswurzel, z.B:
1
7^72 mod 91 = 14
2
7^36 mod 91 = 14
3
4
...
5
6
9^72 mod 91 = 1
7
9^36 mod 91 = 1
8
9^18 mod 91 = 1
9
9^9 mod 91 = 1
10
11
10^72 mod 91 = 1
12
10^36 mod 91 = 1
13
10^18 mod 91 = 1
14
10^9 mod 91 = 90

Die "7" als Startwert kann man quasi ausschließen wegen ggT(7,91) != 1, 
d.h. man hätte bereits auf anderem Wege einen Teiler gefunden.  Bei "9" 
kann man nicht weiter wurzeln weil ein ungerader Exponent erreicht ist, 
dito für "10", wo man nur die triviale Wurzel 90=-1 gefunden hat.  Da es 
aber nur 4 Wurzeln gibt, kann man einfach weiter probieren.

Und schlägt der Q-Teil ein falsches phi vor, z.B. 78, dann wirft man 
wegen

2^78 mod 91 = 64  =>  78 kann nicht phi sein

den Q-Teil erneut an.

: Bearbeitet durch User
von Daniel A. (tagtraeumer)


Lesenswert?

Vielen Dank,

ich hatte also das generelle Prinzip nicht verstanden.

Gruß
Klaus

von Simon B. (zmon)


Lesenswert?

Klaus A. schrieb:
> ich hatte also das generelle Prinzip nicht verstanden.

Ich schließe mich an. Gute Nacht.

von Daniel A. (tagtraeumer)


Lesenswert?

Hallo Leute!

Ich zititere noch einmal mein Verständnisproblem:

Klaus A. schrieb:
> ABER: das Ergebnis, dass durch den Zerfall der Superposition entsteht,
> hängt völlig vom Zufall ab! Ich müsste also das Ergebnis schon vorher
> wissen, um es aus der zerfallenen Superposition herauszusuchen.

Ich verstehe es nicht. Welchen Sinn macht es, mit Qubits zu rechnen? Das 
Ergebnis, dass wir erhalten möchten, steckt in der Superposition, ok 
soweit. Aber, wenn wir den Messvorgag durchführen, um ein klassisches 
Ergebnis zu erhalten (das ist der Kollaps der Superposition) entsteht 
ein ZUFÄLLIGES ERGEBNIS!

Was nützt uns das also, wenn wir das Quantenregister z.B. solange 
dekohärieren müssen, bis zufällig das richtige Ergebnis erscheint?


Gruß
Klaus

von Dumdi D. (dumdidum)


Lesenswert?

Klaus A. schrieb:
> Was nützt uns das also, wenn wir das Quantenregister z.B. solange
> dekohärieren müssen, bis zufällig das richtige Ergebnis erscheint?

Ziemlich viel. Nimm ein Problem in dem es sehr einfach ist zu 
ueberpruefen on eine Loesung stimmt, aber die.Loesung 
normal.auszurechnen.ewig dauert. Wenn jetzt der Quantenrechner zufaellig 
mit 95% Wahrscheinlichkeit das richtige Ergebnis ausspuckt, was Du dann 
ueberpruefst, ist das doch toll. Falls die.Ueberpruefung sagt Du hattest 
die 5% Pech, dann machst Du die Rechnung auf dem.Quantencomputer halt 
nochmal. Solltest Du nach 10 Mal immer noch nicht das richtige Ergebnis 
haben, solltesr Du Lotto spielen.

Zudem kann man auch ausrchnen wie hoch die mittlere Anzahl der noetigen 
Rechnungswiederholungen in Abhaengigkeir der Erflgswahrscheinlichkeit 
ist.

Der Trick ist halt, das der QC so.eingerichtet wird, dass das 
Zielergebnis eine genug hohe Eintrittswahrscheinlichkeit hat.

von Daniel A. (tagtraeumer)


Lesenswert?

Dumdi D. schrieb:
> Der Trick ist halt, das der QC so.eingerichtet wird, dass das
> Zielergebnis eine genug hohe Eintrittswahrscheinlichkeit hat.

Vielen Dank.

Noch einmal für mich: Also mein Denkansatz war schon richtig? Die 
Superposition enthält alle möglichen Lösungen, wobei meine gesuchte 
Lösung nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintritt?

Da heißt, man versucht also, die Wahrscheinlichkeit für den gesuchten 
Zustand (die Lösung der Addition zum Beispiel) zu erhöhen? Ist das so in 
etwa richtig? Wäre auch logisch für mich.

Gretchenfrage: Wie kann man denn die Wahrscheinlichkeit eines Zustands 
erhöhen durch QM-Hardware bzw. Quantengatter?


Grüße
Klaus

von Chr. M. (snowfly)


Lesenswert?

Man kann ja einfach die gleiche Rechnung oft genug messen,
bei der Annahme dass das Ergebis um so häufiger vorkommt
je näher es an richtig ist kommt man schon ein Stück weit.

: Bearbeitet durch User
von Daniel A. (tagtraeumer)


Lesenswert?

Chr. M. schrieb:
> Man kann ja einfach die gleiche Rechnung oft genug messen,
> bei der Annahme dass das Ergebis um so häufiger vorkommt
> je näher es an richtig ist kommt man schon ein Stück weit.

Ok, aber dazu müsste man die Lösung bereits vor der Berechnung wissen.

Wie wird die Wahrscheinlichkeit für den gewünschten Zustand (das wäre 
die gesuchte Lösung) erhöht? Geschieht das durch Quantengatter?


Gruß
Klaus

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


Lesenswert?

Hier ein Beispiel für Shor's Algorithmus:

https://www.youtube.com/watch?v=FRZQ-efABeQ

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.