Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum erhitzt sich der Stator einer KS-Asynchronmaschine ohne Läufer?


von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Aus $Gründen hatte ich ne Kurzschlussläufer-Asynchronmaschine zerlegt 
und wollte mir bei der Gelegenheit ein paar Fragen beantworten.

Bei "Was macht der Stator, wenn ich den Läufer entferne?" war meine 
Erwartung, dass sich der Motor wie ein unbelasteter Trafo verhält (= nur 
ein kleiner Magnetisierungsstrom fließt). Stattdessen floss ein großer 
Strom mit signifikanter Hitzeentwicklung in den Wicklungen.

Ich mutmaße, dass dieses Phänomen mit der Veränderung des Luftspalts 
zusammenhängt: Mit dem Läufer im Stator existiert ein radialer Luftspalt 
von <1 mm, ohne den Läufer ist der gesamte Innendurchmesser des Stators 
als Luftspalt effektiv.

von Wühlhase (Gast)


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Interessante Frage...

Zunächst einmal ist die Induktivität geringer, da größerer Luftspalt -> 
höherer mag. Widerstand im mag. Kreis.

Und geringere Induktivität -> überhaupt geringere Impedanz -> höherer 
Strom -> mehr Wärme am Widerstand der Wicklung.

Wenn du aus einer Trafowicklung ein großen Stück vom Eisenkern raussägst 
dürftest du denselben Effekt haben.

von Klaus (Gast)


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Marian  . schrieb:
> Stattdessen floss ein großer
> Strom mit signifikanter Hitzeentwicklung in den Wicklungen.

Es fehlt die Gegen-EMK des drehenden Rotors.

MfG Klaus

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Klaus schrieb:
> Marian  . schrieb:
>> Stattdessen floss ein großer
>> Strom mit signifikanter Hitzeentwicklung in den Wicklungen.
>
> Es fehlt die Gegen-EMK des drehenden Rotors.

Wenn ich bei einem Transformator eine Wicklung entferne, ändert das aber 
nicht (signifikant) das Verhalten des Trafos.

Die Gegen-EMK der Kurzschlusswicklung spielt m.E. für die Erklärung des 
Antriebsprinzips eine Rolle, sollte aber für das 
Magnetisierungsverhalten des Kerns keine Rolle spielen (?).

Bei dem Spezialfall der Asynchronmaschine verändere ich allerdings zwei 
Dinge beim Entfernen des Rotors: Einmal entferne ich die Rotorwicklung, 
aber ich entferne eben auch den magnetischen Kern des Rotors. (Oder: Ich 
kann den Kurzschluss im Rotor nicht aufheben, ohne den magnetischen Kern 
zu entfernen).

Daher...

Wühlhase schrieb:
> Zunächst einmal ist die Induktivität geringer, da größerer Luftspalt ->
> höherer mag. Widerstand im mag. Kreis.
>
> Und geringere Induktivität -> überhaupt geringere Impedanz -> höherer
> Strom -> mehr Wärme am Widerstand der Wicklung.

erscheint mir das eine schlüssige Erklärung.

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Die Gegen-EMK fehlt definitiv, weil so ein Motor ja halb wie ein Trafo 
funktioniert und ein Trafo immer in beide Richtungen arbeitet. Im Rotor 
hab ich zwar keine so hohe Spannung wie auf der Stator-Wicklung, aber 
dafür einen verdammt hohen Strom.

Zweitens ist der magnetische Fluß komplett unterbrochen. So wie wenn ich 
bei einem EI-Trafo, das I entferne - das findet der auch nicht lustig.

von Max M. (jens2001)


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Marian  . schrieb:
> Die Gegen-EMK der Kurzschlusswicklung spielt m.E. für die Erklärung des
> Antriebsprinzips eine Rolle, sollte aber für das
> Magnetisierungsverhalten des Kerns keine Rolle spielen (?).

Dann nimm mal einen Kurzschlussläufermotor mit stehendem(blockiertem) 
Rotor in Betrieb!

von Werner H. (werner45)


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Die Rotorkurzschlußwicklung kannst Du aufheben, wenn Du das Alu knapp am 
Eisenkern aufsägst. Dann bleiben nur noch die Wirbelströme im Alu.
Komplett entfernen geht eventuell mechanisch oder in heißer Natronlauge 
(die löst nur das Alu). Eisen wird nicht angegriffen. Lager vorher 
abziehen.

Gruß   -   Werner

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Dann nimm mal einen Kurzschlussläufermotor mit
> stehendem(blockiertem) Rotor in Betrieb!
Das ist ein anderer Betriebszustand, der einem kurzgeschlossenen Trafo 
ähnelt.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Marian  . schrieb:
> Wenn ich bei einem Transformator eine Wicklung entferne, ändert das aber
> nicht (signifikant) das Verhalten des Trafos.

Wenn du einem Trafo die Hälfte des Eisenkerns entfernst, dann ändert 
sich das Verhalten schon signifikant. Ungefähr das passiert auch beim 
Asynchronmotor, wenn man den Rotor entfernt.

: Bearbeitet durch User
von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Genau

von Wühlhase (Gast)


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Klaus schrieb:
> Marian  . schrieb:
>> Stattdessen floss ein großer
>> Strom mit signifikanter Hitzeentwicklung in den Wicklungen.
>
> Es fehlt die Gegen-EMK des drehenden Rotors.
>
> MfG Klaus

Die Gegenspannung einer ASM im Leerlauf kannst du vergessen, die ist 
praktisch nicht vorhanden. Der Läufer ist im Leerlauf auch stromlos-das 
würde dem unbelasteten Trafo entsprechen. Da gibt es im Leerlauf auch 
keine Gegeninduktion, da in der Sekundärspule kein Strom fließt und es 
folglich auch keinen Gegenfluß im magnetischen Kreis gibt.

von Sebastian S. (amateur)


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Wenn ich eine KS-Asynchronmaschine praktisch in einen "Heizwiderstand" 
umbaue, ist das auch normal.
Alles, was einen Motor/Trafo von einer Heizwendel unterscheidet hast Du 
ja entfernt.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Naja normalerweise sind Heizwendeln nicht aus x-hundert Windungen 
Kupferdraht auf Metall aufgebaut.

von gfunk (Gast)


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Ein interessantes Thema, das ich hier nochmal kurz aufgreifen möchte. 
Ich habe ebenfalls vorgehabt, eine ASM ohne Läufer in Betrieb zu nehmen. 
Alles was ich will ist ein rotierendes Magnetfeld, um damit einen 
Magnetrührer zu realisieren (vgl. Magnetic Tumbler Barrel). Dazu hätte 
ich ein Gefäß mit Flüssigkeit und magnetischen Partikeln in den Stator 
gestellt. Dann hätte ich zwar wieder einen etwas belasteten Fall und 
nicht nur Luft, aber es entspricht eben doch nicht dem Betriebsfall mit 
Rotor. Also keine guet Idee wg. zu hohen Strömen im Stator, oder?

von Walter T. (nicolas)


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gfunk schrieb:
> Ein interessantes Thema, das ich hier nochmal kurz aufgreifen
> möchte.
> Ich habe ebenfalls vorgehabt, eine ASM ohne Läufer in Betrieb zu nehmen.
> Alles was ich will ist ein rotierendes Magnetfeld, um damit einen
> Magnetrührer zu realisieren (vgl. Magnetic Tumbler Barrel). Dazu hätte
> ich ein Gefäß mit Flüssigkeit und magnetischen Partikeln in den Stator
> gestellt. Dann hätte ich zwar wieder einen etwas belasteten Fall und
> nicht nur Luft, aber es entspricht eben doch nicht dem Betriebsfall mit
> Rotor. Also keine guet Idee wg. zu hohen Strömen im Stator, oder?

Kommt darauf an. Wenn Du einen Frequenzumrichter mit Spannungsabsenkung 
nutzt, spricht überhaupt nichts gegen Dein Vorhaben.

von gfunk (Gast)


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Na klar, das ist eine gute Idee. Danke

von Sebastian S. (amateur)


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Wie bereits gesagt: Wenn Du die Eingangsleistung (FU) im Griff hast, 
könnte es gehen.

Bedenke aber, dass das Magnetfeld asymmetrisch ist. Also in der 
(ursprünglichen) Motorachse sehr gering, zu den Wicklungen hin extrem 
ansteigend.

von Michael U. (amiga)


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Hallo,
kleinere E/I-Trafos für Netzspannung wurden früher gern ohne "I" als 
Entmagnetisierungsdrossel benutzt.
Da gab es dann das gleiche Verhalten: nach 3 Minuten warm, nach 5 
Minuten heiß.
induktivität viel kleiner mit offenem Kern, Strom geht hoch.
Die Sekundärwicklung usw. spielt dabei erstmal keine Rolle.

Gruß aus Berlin
Michael

von Walter T. (nicolas)


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Da für die Rührer-Geschichte ohnehin der Luftspalt niemals so genau 
einstellbar wie für dne Ursprungsmotor sein wird, wird ohnehin eine 
deutlich kleinere Leistungsklasse erreicht.

von gfunk (Gast)


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Sebastian S. schrieb:
> Bedenke aber, dass das Magnetfeld asymmetrisch ist. Also in der
> (ursprünglichen) Motorachse sehr gering, zu den Wicklungen hin extrem
> ansteigend.

Hmm, ja, mal sehen. Versuch macht klug. Ich habe momentan auch noch 
überhaupt kein Gefühl dafür wie stark das Magnetfeld für meine Zwecke 
sein muss. Unter Umständen brauche ich dafür so hohe Ströme, dass es 
wieder keinen Wert hat.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Magnetruehrer mit einem statorgenerierten Drehfeld wurde schon 
realisiert, es geht. Eine Frage der Dimensionierung.

von gfunk (Gast)


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Sabberalot W. schrieb:
> Magnetruehrer mit einem statorgenerierten Drehfeld wurde schon
> realisiert, es geht. Eine Frage der Dimensionierung.

Danke, das lässt doch hoffen

von Pandur S. (jetztnicht)


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Also, du baust nun einen Niedervolt Drehstrom Frequenzgenerator und 
experimentierst etwas mit Wicklungen auf Blechen.

von Marian (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Da für die Rührer-Geschichte ohnehin der Luftspalt niemals so genau
> einstellbar wie für dne Ursprungsmotor sein wird, wird ohnehin eine
> deutlich kleinere Leistungsklasse erreicht.

Wenn man ein normales (kleines) Becherglas in den Stator stellen möchte, 
dann gehört der ja ohnehin schon zu einem Motor mit 1...2 kW.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Man will das Becherglas nicht in, sondern auf etwas stellen. Der 
innendurchmesser der Bleche wird bei 1.5 Ruehrerlangen liegen. Ein paar 
Bleche mit einer Gesammtdicke von wahrscheinlich 5mm werden genuegen.

von gfunk (Gast)


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@ Sabberalot: Kannst du das bitte näher erläutern?

Also ich hätte das Becherglas jetzt schon in den Stator hinein gestellt. 
D.h. längs, bzw. den Motor aufgestellt, so dass seine (nicht mehr 
vorhandene) Welle nach oben zeigen würde. Dann Läufer raus, und Becher 
rein.

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