Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Von der Industrie in die Beratung wechseln


von In die Beratung wechseln (Gast)


Lesenswert?

Direkt nach meinem Master bin ich in die Automobilzuliefererindustrie. 
Der Job ist gut, man hat sehr viel Verantwortung und lernt dabei auch 
viel. Ist in der Provinz (was kein Nachteil ist), das Gehalt ist ok 
(50.000). Dafür ist die Wohnung quasi kostenlos. Einzige Kritikpunkte: 
Ich will ggf. doch in die Produktion und das Gehalt.

Nun denke ich nach, in die Beratung zu gehen. Die Firma ist relativ 
klein und gibt sich als Management-Beratung. Geht mir allerdings 
allgemein um die Branche.

Grundsätzlich gehen mir folgende Sachen durch den Kopf:

- Ich müsste in die Großstadt umziehen, die Mieten werden sehr viel 
höher sein (wie gesagt, ich zahle praktisch nichts hier) zudem erwarte 
ich auch einen deutlichen Gehaltssprung, ansonsten lohnt sich der 
Aufwand kaum. Was kann man mit, gerade mal, einem Jahr Erfahrung sowie 
Master in der Beratung erwarten? Um die Miete zu kompensieren und etwas 
mehr zu haben, müsste man ja über bei 70.000€ liegen. Das wird man kaum 
fordern können?

- Dienstreisen... Ich bin aktuell alle 1-2 Monate im Ausland unterwegs. 
Es sind immer 3-4 Tage und daher gut verträglich. Die Anzahl an 
Dienstreisen kommt natürlich immer auf die Firma/Kunde drauf an. Aber 
bewegt man sich dort eher bei 4-5 Tage die Woche im Hotel oder eher zum 
Projektstart mal 1-2 Wochen und zur Umsetzung mal 1-2 Wochen beim 
Kunden? Wenn ich mehr im Hotel als zuhause schlafe, ist das doch nichts 
für mich.

- Dienstwagen... Es wurde mir ein Dienstwagen angeboten. Es wird nun 
kein 5er sein. Obs ein Golf oder ein 3er ist, keine Ahnung. Spart man 
sich durch den Dienstagen sehr viel? Ich muss ja als Privatnutzer 
jeweils 1% des LP versteuern. Wenn ich beim privaten Leasen einen 
Leasingfaktor von 1 habe, spare ich mir etwa 50% (Lohnsteueranteil). Bei 
einem Golf und einer Rate von 200€ wären das ja gerade mal 100€. Dafür 
habe ich dann aber jede Menge Einschränkungen.

von Purzel H. (hacky)


Lesenswert?

Beratung... Dir ist aber schon klar, dass du nicht beratest, da du gar 
nichts weisst. Die brauchen billige Datensammler. Du sammelst die Daten, 
mit happig Ueberzeit, und lieferst die dann ab. Dein Vorgesetzter spielt 
den dicken Bimbo und labbert zum Kunden fuer 1000 Euro die Stunde... 
Irgendwann spaeter, nach dem ersten Infarkt darfst du dann vielleicht 
auch den dicken Bimbo spielen, wenn die anderen Sammler deines 
Jahrganges verschwunden sind. Dann kommt der Lohn fuer das Durchhalten.

: Bearbeitet durch User
von Beraten und verkauft (Gast)


Lesenswert?

In die Beratung wechseln schrieb:
> Nun denke ich nach, in die Beratung zu gehen. Die Firma ist relativ
> klein und gibt sich als Management-Beratung. Geht mir allerdings
> allgemein um die Branche.

Was wären deine Aufgaben, was würdest du da verdienen? noch kein 
Gespräch mit denen gehabt? heute nennen sich viele Klitschen "Beratung". 
Dort wo richtig Geld verdient wird, sind die bekannten und großen 
Beratungen mit entsprechendem Namen in der Wirtschaft, welche die hohen 
Tagessätze abrechnen können. Umziehen in eine Großstadt? manche die bei 
Beratungen arbeiten, können wohnen wo sie wollen, solang sie von da aus 
eine gute Anbindung zum Kunden und schnelles Internet haben. Kommt immer 
darauf an. Einstieg normalerweise ist als Junior Berater, wo man die 
Erfahrenen unterstützt, z.B. wie schon angesprochen durch "Daten 
sammeln". Entweder man überzeugt oder man fliegt up or out, nennt sich 
das im Consulting. Sowas wie 5 Jahre lang auf der selben Stufe wie in 
der Entwicklung gibt es da normalerweise nicht.

von Ex_Junior_Berater (Gast)


Lesenswert?

Deine Frage ist wohl besser im WiWi-Forum aufgehoben als hier :-)

Du willst also in die Beratung, okay. Überleg dir das gut.

Klar gibt es mehr Gehalt, aber das ist eher als Schmerzensgeld 
anzusehen. In der Regel hockst du Mo-Do beim Kunden und buckelst deine 
40-60h ab. Abends dann Hotel. Am Freitag wird meist „Facetime“ im Office 
verlangt, um Gesicht zu zeigen und dich mit anderen auszutauschen. Halt 
das typische Netzwerken. Meist bringt jemand Kuchen mit, weil man weiß, 
dass freitags das Office voll wird. Also, wenn du anfängst, lege deinen 
Einstand auf Freitag. Mettbrötchen gehen immer, aber bitte achte auf die 
Veganer!

So. In der Beratung ist es typisch, dass die Gehaltsbänder sehr fluide 
sind. Also in meiner Bude geht es ab Stufe 1 von rund 30k bis knapp 60k. 
Mit einem Master, ich habe gerade mal geschaut, geht’s von 45 bis 80k. 
Du siehst, da ist massssig Spielraum. Dieser wird auch benötigt, da sich 
in Beratungen Hinz und Kunz bewerben und dementsprechend auch die 
Qualifikationen sind. Da hast du plötzlich Einsteins Cousin mit 
doppelten Dr.-Titel auf deinem Projekt sitzen und das muss natürlich 
bezahlt werden. Ob du deine angesprochenen 70k fordern kannst weiß ich 
nicht. Also ja, du kannst es fordern, aber ich sehe das nicht aus 
eigener Erfahrung ;-)

Umziehen in eine Großstadt? Das hört sich so an als hättest du kein Bock 
drauf. Richtig? Aber so ist es halt. Aber du kannst ja an den Stadtrand 
ziehen. Du musst ja eh zum Kunden pendeln und bist meist nur freitags im 
Office. Oder du machst ständig Homeoffice und bist selten im Büro. Aber 
das wirkt sich langfristig negativ aus. Warum? Es kann sein, hängt von 
der Bude ab, dass du auch Intern Projekte stemmen musst, und wenn du 
denn nie da bist, wie willst du das machen? Per VPN kann man nun mal 
nicht alles regeln.

Ach ja, merke dir einen der zwei Sprüche:
- Go or grow
- Up or out

Die gibt es nicht umsonst. Entweder du erreichst deine vereinbarten 
Jahresziele oder du bleibst stehen bzw. wirst gegangen. Stehenbleiben 
bedeutet u. a. auf Projekte zu kommen, auf die keiner Bock hat. Oder 
einfach gehaltstechnisch nicht vorwärts zu kommen.

Wie sieht es eigentlich aus bei dir? Hast du eine Frau, Kinder? Hast du 
Hobbies? Dir muss halt klar sein, dass diese massiv leiden werden, da du 
nicht die notwendige Zeit zur Pflege investieren kannst. Wäge das 
gründlich ab junger Krieger!

Du klingst doch eigentlich zufrieden mit deiner jetzigen Situation. 
Viele würden gerne das haben, was du gerade besitzt. Du hast ein 
ordentliches Gehalt, kannst sparen usw.

Frage dich ernsthaft warum du diesen beruflichen Wandel, welcher mit 
vielen Nachteilen daherkommt, durchführen möchtest.

Und überlege dir auch was deine Exit-Strategie ist. Also willst du 
später zum OEM wechseln weil du auf einem Projekt super Arbeit 
abgeliefert hast? Oder willst du Partner werden? Später mal als CEO 
abgeworben werden? Niemand ist in der Beratung einfach nur so ohne einen 
Exit-Plan. Warum? Weil man das physisch & psychisch nicht auf Dauer 
durchsteht!

Wenn du Fragen hast, frag. Ansonsten lies auch mal ein paar Thread im 
WiWi-Forum. Einfach in der Suche deine anvisierte Firma eingeben und mal 
schauen was kommt an Erfahrungsberichten.

PS: Kannst du näher eingehen wo du bist? Ich würde mir gerne mal die 
Jobsituation anschauen und ggf. dorthin ziehen. Hört sich nach Osten an.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.