Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Übertragungsfunktion eines Filters


von Glenn Q. (Gast)


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Hallo Leute,

ich habe hier mehrere Spulen mit Eisenkern, die in Reihe zu einem 
Kondensator geschaltet sind. Zusätzlich befinden sich noch Widerstände 
als Dämpfungselemente ebenfalls in Reihe. Es sind somit zwei 
LC-Tiefpässe hintereinander geschaltet, womit es sich um zwei LCL-Filter 
handelt.

Anhand des einphasige Ersatzschaltbildes habe ich mir die 
Übertragungsfunktion hergeleitet und dann mit Matlab plotten lassen.

Nun wollte ich mir mit einem Bode 100 
(https://www.omicron-lab.com/bode-100/product-description.html) die 
einphasige Übertragungsfunktion messen lassen. Hierbei bin ich am 
Eingang der ersten Spule und am Ausgang der letzten Spule jeweils auf 
die gleiche Phase gegangen, während ich mit der Masseleitung jeweils auf 
den Sternpunkt gegangen bin.

Anhand der Messung ist zu erkennen, dass der Verlauf im höhergelegenen 
Frequenzbereich etwas ganz anderes anzeigt als in der Simulation.


Liegt diese Abweichung an der starken induktiven Kopplung der Spulen 
zueinander? Durch den stärkeren magnetischen Fluss können sie sich doch 
gegenseitig beeinflussen, oder? Ist das der Effekt, den ich im Bereich 
größer 10 kHz sehe? Spielen noch zusätztliche Effekte wie kapazitive 
Effekte und die entstehenden Kabellängen eine Rolle?

Oder habe ich falsch gemessen?


Danke für eure Hilfe.

Glenn Q.

von Klaus R. (klara)


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Glenn Q. schrieb:
> Anhand der Messung ist zu erkennen, dass der Verlauf im höhergelegenen
> Frequenzbereich etwas ganz anderes anzeigt als in der Simulation.

Je nach Modell wird die Simulation die reale Welt mehr oder minder genau 
wiedergeben. In der realen Welt hat eine Spule eben auch parasitäre 
Werte, Streuung, Wicklungs- und Langenkapazitäten, ohmscher Widerstand, 
Skineffekte, .... Leiterbahnen haben ebenfalls einen Induktivitätsbelag, 
letztlich auch einen Kapazitätsbelag und damit einen Wellenwiderstand.

Diese Effekte treten aber immer erst ab gewissen Frequenzen in 
Erscheinung. So kann im Bereich der Eigenresonanz einer Spule aus der 
Induktivität auch eine Kapazität werden.
mfg klaus

von Der Andere (Gast)


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irgendein Eisenkern und höhere Frequenzen
parasitäre Kapazitäten der Wicklungen
...
Reicht das an Gründen?

Nimm mal schöne Korbspulen wie sie früher in Lang und 
Mittelwelleempfängern waren und teste damit.

von Helmut S. (helmuts)


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Entweder hast du in der Simulation falsche Werte für die Kondensatorwen 
und/oder die Spulen genommen oder deine selbst erstellte Formel ist 
falsch.

Zeig doch mal die Schaltung mit den Werten der Bauteile und deine 
Formel.

: Bearbeitet durch User
von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Wie sind denn Ein- und Ausgang abgeschlossen? Der Bode100 hat 
anscheinend 50 Ohm Quellenimpedanz, hat er am Ausgang des Filters 
ebenfalls 50 Ohm, oder ist er hochohmig? Was ist bei der Simulation 
angenommen?

von Caesar (Gast)


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Ich bin mir unsicher mit meiner Vermutung, aber wenn ich dich jetzt 
richtig verstanden habe, besitzt du mehrere Spulen die auf dem gleichen 
Eisenkern positioniert sind. Könnten die sich nicht untereinander 
beeinflussen? Du machst deine Messung an einer Spule, durch das sich 
wechselnde Signal was durch die Spule fließt werden die anderen Spulen, 
die auf dem gleichen Eisenkern positioniert sind beeinflusst, welche 
wiederum die Spule selbst an der du Messungen machst beeinflussen.

Falls meine Vermutung falsch ist, bitte ich um Korrektur.

War grad nur so ein Gedankengang.

von Martin O. (ossi-2)


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Vielleicht hilft es, die Spulen zuerst einzeln zu vermessen. Welche 
Daten haben Deine Spulen?

von Glenn Q. (Gast)


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@ Christoph Kessler
Eingang und Ausgang haben die gleiche Impedanz von 50 Ohm.


@ Martin O.
Erste Spule: 0,390 mH pro Phase
Zweite Spule: 0,584 mH pro Phase
Dritte Spule: 0,350 mH pro Phase

Mit diesen Werten wurde auch die Simulation (plus die Kondensatoren (110 
uF) und Widerstände (0,2 Ohm)) durchgeführt.

von Helmut S. (helmuts)


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> ich habe hier mehrere Spulen mit Eisenkern, die in Reihe zu einem
Kondensator geschaltet sind. Zusätzlich befinden sich noch Widerstände
als Dämpfungselemente ebenfalls in Reihe. Es sind somit zwei
LC-Tiefpässe hintereinander geschaltet, womit es sich um zwei LCL-Filter
handelt.

Das was hier steht ist mehrdeutig. Zeichne doch mal ein Schaltbild.

: Bearbeitet durch User
von Glenn Q. (Gast)


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@ Helmut S.
Hier ist das Schaltbild.
Es handelt sich um einen doppelten LCL-Filter.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Glenn Q. schrieb:
> Oder habe ich falsch gemessen?

und/oder gerechnet.

Dafuer seh' ich diverse Anhaltspunkte.
Erstmal: Ist ja bei dir alles recht streng geheim, aber so Sachen wie 
"Einphasiges ESB" naehren den Verdacht, dass da 50Hz eine gewisse Rolle 
im  Frequenzgang spielen koennten. Die ist auf dem Plot schon garnicht 
mehr drauf - oder geht der ueber die Kreisfrequenz, das waere wohl eher 
unueblich bei Filterfrequenzgaengen
Weiter sind Daempfungen von >100dB dann mal auch langsam gut. Muss also 
nicht bis 400dB gehen. Bei 400dB Daempfung werden aus 230V dann noch 
stolze 2.3 Attovolt. Hmmm. In die andere Richtung aehnlich.
Gut, bis hierher nur Schoenheitsfehler.
Amplitudengang: Sieht so aus, als steigt der Richtung tiefe Frequenzen 
weiter an. Entweder es kommt noch ein Peak und danach faellt er wieder 
Richtung 0 Hz  - das passt nicht zu deiner gezeichneten Schaltung, die 
duerfte hoechstens 2.5 Peaks (eben einen halben bei 0 Hz) haben. Oder 
der Amplitudengang faellt Richtung 0 Hz nicht mehr ab, liegt dann aber 
irgendwo deutlich ueber 0dB: Glueckwunsch zur Erfindung des 
Gleichstromtrafos.
Phasengang: Die 90° ueber >1.5 Dekaden sehen komisch aus. Da muesste zu 
niedrigeren Frequenzen hin noch eine Stufe kommen.

Glenn Q. schrieb:
> Liegt diese Abweichung an der starken induktiven Kopplung der Spulen
> zueinander?

Wie stark sind die denn gekoppelt? Selber Eisenkern? Mit Spulen aus dem 
mehrphasigen Originalschaltbild?

Weiterhin sind natuerlich die Widerstandsmaessigen Abschluesse an Ein- 
und Ausgang eines Filters, grad wenns um die Hoehe von irgendwelchem 
Ripple geht, ziemlich wichtig. Da mal am Eingang und Ausgang einfach 50 
Ohm annehmen fuer ein Filter aus der Energietechnik ist - hm - gewagt.

Ich fuercht', du stehst da grad' an ziemlich vielen Stellen ziemlich im 
Wald. Das dann bei Messfrequenzen von >10kHz irgendwelche kapazitiven 
und sonstigen Dreckeffekte von grossen, eisengefuellten Spulen im echten 
Leben auftreten ist auch nicht wirklich verwunderlich. Wuerd' mich nicht 
wundern, wenn dann auch die Widerstaende und Kondensatorwickel schon 
etwas induktiv sind...

Gruss
WK

von Caesar (Gast)


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Dergute W. schrieb:
> Die ist auf dem Plot schon garnicht
> mehr drauf - oder geht der ueber die Kreisfrequenz, das waere wohl eher
> unueblich bei Filterfrequenzgaengen

In dem Plot steht ja (Hz).

Dergute W. schrieb:
> Glueckwunsch zur Erfindung des
> Gleichstromtrafos.

:D

Dergute W. schrieb:
> Ich fuercht', du stehst da grad' an ziemlich vielen Stellen ziemlich im
> Wald. Das dann bei Messfrequenzen von >10kHz irgendwelche kapazitiven
> und sonstigen Dreckeffekte von grossen, eisengefuellten Spulen im echten
> Leben auftreten ist auch nicht wirklich verwunderlich. Wuerd' mich nicht
> wundern, wenn dann auch die Widerstaende und Kondensatorwickel schon
> etwas induktiv sind...

Sprich mit diesem Satz willst du auf die Parallelresonanz einer Spule 
aufmerksam machen ? Parasitäre Effekte wirken und der Amplitudengang 
steigt wieder an.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Caesar schrieb:
> In dem Plot steht ja (Hz).

Ich mein' den anderen Plot, wo rad/s steht.

Caesar schrieb:
> Sprich mit diesem Satz willst du auf die Parallelresonanz einer Spule
> aufmerksam machen ? Parasitäre Effekte wirken und der Amplitudengang
> steigt wieder an.

Naja, bei hoeheren Frequenzen arbeiten fast alle Bauteile nicht mehr so, 
wie man sich's erhofft. Zuallerest faellt einem da vielleicht die 
Kapazitaet einer Spule ein, aber es gibt eben noch viel mehr. Was dann 
jeweils genau wirkt: Keine Ahnung, kommt halt auf die tatsaechlichen 
Bauteile und ihre parasitaeren Eigenschaften an. Wie siehts denn mit den 
magn. Kopplungen der Spulen untereinander aus; das wird dann ggf. auch 
schon bei tiefen Frequenzen zu lustigen Ueberraschungen fuehren?
Haste mal n Foddo? Vielleicht mit 'ner Kippenschachtel oder einem 
VW-Kaefer oder einem Fussballfeld oder dem Saarland als 
Groessenreferenz.

Gruss
WK

von Glenn Q. (Gast)


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Das ist mein Aufbau.

Durch den Aufbau bedingte Verkabelungen sorgen ja auch noch für 
parasitäre Effekte?

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Sowas hatt' ich befuerchtet. Die Spulen sind ja "in echt" 
3Phasentransformatoren. Die werden sich ganz anders verhalten als eine 
"gewoehnliche" Spule. Und das eben schon bei tiefen Frequenzen.

Gruss
WK

von Julius Klose (Gast)


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Inwiefern verhalten sich diese anders?
Durch ihre gegenseitige Kopplung oder was genau meinst du?

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Julius Klose schrieb:
> Durch ihre gegenseitige Kopplung oder was genau meinst du?

Ja klar. Stell dir doch mal als vereinfachtes Beispiel in deinem 
Ersatzschaltbild vor, z.B. die L1 waere die Primaerwicklung eines 
(Einphasen)trafos. Dessen Sekundaerwicklung waere erstmal offen. Dann 
hat die Spule L1 die Hauptinduktivitaet des Trafos. Wenn jetzt die 
Sekundaerwicklung kurzgeschlossen waere, dann haette L1 ungefaehr die 
Werte der Streuinduktivitaeten; also viel weniger. Diese Aenderungen in 
der Induktivitaet von L1 durch die Aenderung der Beschaltung der 
Sekundaerseite haette sicherlich Einfluss auf den Frequenzgang des 
Filters.
Und bei deinem Filter ist's berechnungsmaessig noch ne Tour heftiger, da 
haengen an all deinen Spulen jeweils noch 2 weitere Spulen, die 
magnetisch  miteinander gekoppelt sind und an denen haengt ihrerseits 
auch nochmal jeweils der restliche Filterkram (der anderen Phasen). Das 
kann man nicht einfach so untern Tisch fallen lassen.

Gruss
WK

von Glenn Q. (Gast)


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@ Dergute Weka

Danke für deine Erklärungen.

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