Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisproblem Trafo an unsymmetrischer Rechteckspannung


von Fragender (Gast)


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Hallo Leute, ich steh momentan irgendwie auf dem Schlauch.
Kann man einen (Ferrit-)Trafo mit (rechteckiger) Wechselspannung 
ansteuern, die 50% Pulsweite hat, wobei die pos. Welle jedoch 6V, die 
negative Welle aber nur 5V hat?
Die Werte sind nur ein Beispiel, es geht um das Verständnis.

Mir ist klar, daß eine Halbwelle bei Trafos auch deutlich höhere 
Spannungen haben kann als die andere, allerdings ist dann ja im Gegenzug 
immer ihre Pulsweite stark verkürzt. Wie ist es bei 50%, sind 
unterschiedliche Spannungen pos. und neg. möglich?

von nachtmix (Gast)


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Fragender schrieb:
> Kann man

Man kann, aber das ist nicht gut, da eine solche Spannung einem 
symmetrischen Rechteck entspricht, dem eine Gleichspannung überlagert 
ist.
Diese Gleichkomponente treibt den Kern des Trafos in die Sättigung 
und/oder verursacht hohe Verluste am ohmschen Widerstand der 
Primärwicklung.

Auf der Sekundärseite ist von der Gleichspannnung natürlich nichts mehr 
zu sehen.

von nachtmix (Gast)


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Fragender schrieb:
> Mir ist klar, daß eine Halbwelle bei Trafos auch deutlich höhere
> Spannungen haben kann als die andere, allerdings ist dann ja im Gegenzug
> immer ihre Pulsweite stark verkürzt.

Maßgeblich ist (unabhängig von der Kurvenform) die Spannungs-Zeitfläche 
im positiven und im negativen Bereich.
Wenn beide sich zu 0 aufsummieren, hast du eine reine Wechselspannung 
vorliegen.

von Fragender (Gast)


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nachtmix schrieb:
> Wenn beide sich zu 0 aufsummieren, hast du eine reine Wechselspannung
> vorliegen.

Das wäre der Normalfall. Ich möchte eben wissen, ob es in gewissen 
Grenzen auch anders geht. Allerdings schon bei idealisiertem Trafo, also 
dieser Spannungsunterschied soll nicht vollständig verheizt werden.

Könnte man das mit einem Luftspalt im Kern machen? So daß der Trafo 
während der 6V Halbwelle Strom aufnimmt, aber während der 5V Halbwelle 
wieder abgibt.

Daß dieser DC-Offset am Ausgang nicht erscheinen würde, ist auch klar. 
Fragt sich aber, was der Trafo dann ausgibt? 5,5V?

von Mark S. (voltwide)


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Egal was Du machst, sekundär ist üblicherweise gleichspannungsfrei, d.h. 
der Mittelwert der Spannung ist Null. Ein 50% getaktetes Rechteck wird 
sich von daher auf symmetrische Plateauspannungen einstellen.
Ein asymm Rechteck wird asymm Plateauspannungen liefern, und zwar so 
dass pos und neg Spannungszeitflächen gleich sind.
Jedenfalls solange Du keinerlei Gleichrichterdioden ins Spiel bringst.

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Ein Ausnahme bildet der Stromwandler. Pulsierende Gleichspannungspulse 
auf der Primärseite produzieren sekundär ebenfalls Gleichspannungspulse. 
Dies gilt aber eben nur für den Stromfluss bei kurzgeschlossener 
Sekundärwicklung und wenn der Kern nach jedem Puls vollständig 
entmagnetisieren kann, nicht für die Übertragung von Spannungen bei 
offener Sekundärwicklung.

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


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Fragender schrieb:
> Kann man einen (Ferrit-)Trafo mit (rechteckiger) Wechselspannung
> ansteuern, die 50% Pulsweite hat, wobei die pos. Welle jedoch 6V, die
> negative Welle aber nur 5V hat?

Am Eingang ja, aber am Ausgang werden 5.5V und 5.5V rauskommen, denn 
Gleichspannungen werden nicht transformiert, sie führen nur zur 
Sättigung des Kernes und erfordern damit einen grösseren Kern. Es wäre 
also blöd.

Bei anderem Tastverhältnis, z.B. 33% zu 67% gilt: Die Fläche muss gleich 
gross sein, also 6.6V zu 3.3V um gleichspannungsfrei zu sein.

von aye (Gast)


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Fragender schrieb:
> Mir ist klar, daß eine Halbwelle bei Trafos auch deutlich höhere
> Spannungen haben kann als die andere, (...) Luftspalt

Zu dem Thema könnte man vieles sagen.

Extrembeispiel Flyback-"Trafo". Dabei handelt es sich um 
Leistungsübertragung mittels Aussteuerung des Kernes in nur eine 
Richtung.

Es ist ein sogenannter "Speichertrafo" - aus Sicht Deines idealen Trafos 
wird ein parasitärer Effekt (Streufeld) essentiell für die 
Gesamtfunktion. Denn tatsächlich sind das zwei Spulen, die allein über 
die (praktisch fast vollständig im Luftspalt) gespeicherte Energie 
arbeiten.

Genaugenommen ist das also kein Trafo, da bei "echten" Trafos 
(Netztrafo, Flußwandler) der sekundäre Stromfluß annähernd gleichzeitig 
mit dem primären erfolgt.

Und einen "richtigen" Trafo wird man i. A. auf möglichst gute Kopplung 
(also geringes Streufeld) für recht hohe Induktivität, also geringem 
Magnetisierungsstrom, hin-konstruieren.

Obwohl es möglich ist, Flybacks mit relativ hohem Wirkungsgrad zu bauen, 
wird man einen Ferritkern (o. ä.) am effektivsten immer mit einem 
Gegentakt-Flußwandler oder auch -Resonanzwandler (aber auch bei 
letzterem werden die parasitären Eigenschaften benutzt - hier für 
Soft-Switching) betreiben können.

Die maximale Leistungsübertragung ist also nur bei symmetrischer 
Aussteuerung drin - obwohl man natürlich (mit etwas mehr 
Materialeinsatz) auch einen 50 Kilowatt Sperrwandler bauen kann. Macht 
nur kaum jemand - teuer.

Was genau hättest Du denn überhaupt vor?

von aye (Gast)


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https://en.tdk.eu/download/531536/133c4190b4d8aac6ea08cc21352bf2d8/pdf-applicationnotes.pdf

Hier findet man was dazu (falls pdf-Viewer mit Suchfunktion: "ptrans").
Ab Seite 25 auch direkt in den Kerntabellen, angegeben bei einer 
typischen
Arbeitsfrequenz. Damit kann man durchaus so arbeiten (auch interpolieren
ist möglich, da mit ein paar Prozent Sicherheitsmarge zu verstehen).

von Fragender (Gast)


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MaWin schrieb:
>> Kann man einen (Ferrit-)Trafo mit (rechteckiger) Wechselspannung
>> ansteuern, die 50% Pulsweite hat, wobei die pos. Welle jedoch 6V, die
>> negative Welle aber nur 5V hat?
>
> Am Eingang ja, aber

Warum geht das? Wie sehen die Ströme dabei aus und wo bleibt die 
zusätzliche Leistung resultierend aus dem einen Volt Überspannung?
Nimmt der Trafo dann den kompletten Primärstrom nur aus den 6V auf, aber 
gibt ihn gleichmäßig auf beiden 5,5V Halbwellen (sekundär bei N=1:1) 
wieder ab?

von nachtmix (Gast)


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Fragender schrieb:
> wo bleibt die
> zusätzliche Leistung resultierend aus dem einen Volt Überspannung?

Damit heizt du nur die Primärwicklung auf.
Hatte ich mit anderen Worten ja bereits geschrieben.

von Al3ko -. (al3ko)


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Fragender schrieb:
> Allerdings schon bei idealisiertem Trafo,

kann ein idealer Trafo sättigen?

Gruß,

von Roland L. (Gast)


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Al3ko -. schrieb:
> kann ein idealer Trafo sättigen?

nein, ein idealer Trafo kann auch Gleichspannung übertragen. Legt man 
eine Gleichspannung an, nimmt der Magnetisierungsstrom linear zu und 
wird unendlich groß. Dabei wird auf der Sekundärseite eine 
Gleichspannung induziert.
Nur beim realen Trafo werden dem, wegen des ohmschen Widerstands der 
Wicklung und der Sättigung des Kerns, Grenzen gesetzt.
Deshalb darf beim realen Trafo die Spannungs-Zeitfläche einen bestimmten 
Wert nicht überschreiten.

von MaWin (Gast)


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Fragender schrieb:
>> Am Eingang ja, aber
>
> Warum geht das?

Das geht genau so, wie bei einer Drossel, d.h. Spule für überwiegenden 
Gleichstromanteil, die zur Filterung von Gleichspannung benutzt wird. 
Der Kern muss das halt aushalten.

> Wie sehen die Ströme dabei aus und wo bleibt die
> zusätzliche Leistung resultierend aus dem einen Volt Überspannung?

Nun, der Gleichstromanteil führt am Drahtwiderstand zu Verlusten und 
magnetisiert den Kern vor, aber möglichst nicht in Sättigung.

von Carsten R. (kaffeetante)


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Geht es nur um die Theorie?
Oder steckt da auch eine Anwendungsabsicht dahinter?

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