Forum: HF, Funk und Felder Antennen-Verständnisfrage


von Jana (Gast)


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Hallo Zusammen

Ich setze mal auf Euer Schwarmwissen. Vielleicht mag ja der ein- oder 
andere mir ein wenig Unterstüzung geben oder mich in die richtige 
Richtung leiten.

Ich bilde mich gerade privat fort und habe eine Aufgabe zu lösen. Ein 
kleiner Teil dieser Aufgabe beschäftigt sich mit der Antennenthematik 
und dort steig ich aus.

Folgende gegebenheit:
- Receiver hat eine omnidirektionale Antenne mit -120 dBm Sensitivity 
und einem Gain von 6 dB

Auf der Sendestrecke habe ich einen potenziellen Verlust (durch 
Vegetation) von 15 dB und eine zusätzliche Leistung von 10 dB für eine 
optimale Signalstärke.

Die Frage lautet nun, wie hoch ist die benötigte "radiated power"?

Ich hätte spontan gesagt 25 dB. Ich verstehe den Zusammenhang zur 
Receiversensitivity nicht ganz?

Vielen Dank vorab für Eure Hilfe!

von nachtmix (Gast)


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Für die Verbindung ist neben dem Gewinn von der Sende- und 
Empfangsantenne vor allem die Entfernung wichtig und der benötigte 
Rauschabstand.

Auch besagt eine Empfindlichkeit von -120dBm alleine nicht viel.
Empfängt man da den Sender gerade über dem Rauschen, will man 
Stereorundfunk machen oder Fernsehen, oder wie groß ist bei einer 
digitalen Verbindung die Fehlerrate?

von ZF (Gast)


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Die Vegetationsdämpfung scheint ja nur zusätzlich zu sein, zusätzlich 
zur entfernungs- und topografieabhängigen Dämpfung. Für einen Einstieg 
zum meist Optimalfall: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Freiraumd%C3%A4mpfung

Jana schrieb:
>
> Die Frage lautet nun, wie hoch ist die benötigte "radiated power"?
>
> Ich hätte spontan gesagt 25 dB. Ich verstehe den Zusammenhang zur
> Receiversensitivity nicht ganz?

Die abgestrahlte Leistung muss um die Dämpfungssumme höher sein als die 
Empfängerempfindlichkeit.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Jana schrieb:
> Receiver hat eine omnidirektionale Antenne mit -120 dBm Sensitivity und
> einem Gain von 6 dB

Das passt übrigens nicht zusammen: eine omnidirektionale Antenne
kann keinen Gewinn (Gain) haben.  Antennengewinn kann ausschließlich
aus einer Richtwirkung entstehen.

nachtmix schrieb:
> Für die Verbindung ist neben dem Gewinn von der Sende- und
> Empfangsantenne vor allem die Entfernung wichtig und der benötigte
> Rauschabstand.

Dafür steht ja offenbar die Angabe "10 dB für optimale Signalstärke",
d. h. am Empfängereingang sollten -110 dBm anliegen statt der -120 dBm,
die als Grenzempfindlichkeit angegeben wird.

Bezüglich der Freiraumdämpfung, wenn ich zu faul bin, die Formel
jedesmal komplett mit der Hand durchzutippen, diese Webseite hat das
alles verjavascriptet:

https://www.random-science-tools.com/electronics/friis.htm

von sumo (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Das passt übrigens nicht zusammen: eine omnidirektionale Antenne
> kann keinen Gewinn (Gain) haben.  Antennengewinn kann ausschließlich
> aus einer Richtwirkung entstehen.

Was ist mit gestockten Vertikalantennen?
Ich denke da zum Beispiel an die X700 (von Diamond).
Die ist eine 5x 5/8 für 2m und 11x 5/8 für 70cm.
Der Gewinn ist mit 9dBi für 2m angegeben und mit 13dBi für 70cm.

von MitLeserin (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Das passt übrigens nicht zusammen: eine omnidirektionale Antenne
> kann keinen Gewinn (Gain) haben.  Antennengewinn kann ausschließlich
> aus einer Richtwirkung entstehen.

Präziser:

omnidirektional = Kugelstrahler:

hat keinen Gewinn - per Definition

Rundstrahler:

kann Gewinn haben, durch Konzentration der Energie in die horizontale 
Ebene.


Beispiel:
Koaxial-Kollinear ist rund strahlend und hat Gewinn.
http://f5ann.pagesperso-orange.fr/Antennecolineaire/index.html

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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sumo schrieb:
> Was ist mit gestockten Vertikalantennen?

Die sind nicht omnidirektional, denn das Wort unterstellt ja in jede
Richtung eine gleichmäßige Abstrahlung.

Wenn man sich nur auf die Fläche bezieht (und nicht den Raum), dann
kann man natürlich einen Gewinn haben.  Theoretisch hat ja dann schon
ein Viertelwellenstrahler (über idealer Erde) etwas mehr als 5 dBi
Gewinn (2,15 dBi für den Dipol und weitere 3 dB, da er im Vergleich
zum Dipol nur die Hälfte des Raums „ausleuchtet“).

Ich würde das dann allerdings nicht mehr „omnidirektional“ nennen,
um Missverständnisse zu vermeiden.

von sumo (Gast)


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MitLeserin schrieb:
> omnidirektional = Kugelstrahler:
>
> hat keinen Gewinn - per Definition
>
> Rundstrahler:
>
> kann Gewinn haben, durch Konzentration der Energie in die horizontale
> Ebene.
>
> Beispiel:
> Koaxial-Kollinear ist rund strahlend und hat Gewinn.
> http://f5ann.pagesperso-orange.fr/Antennecolineair...

Da stimme ich 100% zu.

von sumo (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Ich würde das dann allerdings nicht mehr „omnidirektional“ nennen,
> um Missverständnisse zu vermeiden.

Stimmt. Ich hatte angenommen, daß ein Rundstrahler gemeint sei.

von Bernhard S. (gmb)


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Für den theoretischen Kugelstrahler hat man eigentlich das Wort 
"isotrop", wenn man mit omnidirektional das gleiche meinen würde, dann 
hätte man zwei Fachbegriffe für ein und das selbe.

Die

http://www.graw.de/de/produkte/antennen-and-antennensysteme/antennen/omnidirektionale-antenne/

verstehen unter omnidirektional einen Rundstrahler, das ist auch die 
Bedeutung, die mir geläufig ist.

von ham (Gast)


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Zumindest in der englischsprachigen Wikipedia differenziert man
durchaus zwischen isotropen und omidirektionalen Strahlern:

https://en.wikipedia.org/wiki/Omnidirectional_antenna

von Manfred (Gast)


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Jana schrieb:
> - Receiver hat eine omnidirektionale Antenne mit -120 dBm Sensitivity
> und einem Gain von 6 dB

Ich denke eher, da sollte stehen:
- Receiver hat eine Sensitivity von -120 dBm und die Antenne einem Gain 
von 6 dB

Oder Besser:
- Ein Empfänger hat eine Empfindlichkeit von -120 dBm und die Antenne 
einen Gewinn von 6 dB.

Jörg W. schrieb:
> Bezüglich der Freiraumdämpfung,
Da stand ja noch "Auf der Sendestrecke habe ich einen potenziellen 
Verlust (durch Vegetation) von 15 dB" (Erscheint mir etwas wenig)

> Dafür steht ja offenbar die Angabe "10 dB für optimale Signalstärke",
> d. h. am Empfängereingang sollten -110 dBm anliegen statt der -120 dBm,
> die als Grenzempfindlichkeit angegeben wird.

Also -110 dBm gegen 15 dB, damit komme ich auf eine benötigte 
Abstrahlleistung ERP von -95 dBm, ganz schön wenig.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Bernhard S. schrieb:

> Die
>
> 
http://www.graw.de/de/produkte/antennen-and-antennensysteme/antennen/omnidirektionale-antenne/
>
> verstehen unter omnidirektional einen Rundstrahler, das ist auch die
> Bedeutung, die mir geläufig ist.

OK.  Ich würde den Begriff im Deutschen wohl lieber vermeiden, weil
ich ihn nicht eindeutig genug finde (bezogen auf die lateinischen
Wortstämme) – „Rundstrahler“ ist eindeutig.

Manfred schrieb:
> Da stand ja noch "Auf der Sendestrecke habe ich einen potenziellen
> Verlust (durch Vegetation) von 15 dB" (Erscheint mir etwas wenig)

Ja, wenn das der einzige Verlust sein soll, wäre es wirklich wenig.

So viel kann auf der kurzen Entfernung noch gar nicht wachsen, dass
man von „Vegetation“ reden kann. :-)  (Bei 2,4 GHz entspricht diese
Dämpfung einer Strecke von ca. 5 cm.)

: Bearbeitet durch Moderator
von ZF (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> So viel kann auf der kurzen Entfernung noch gar nicht wachsen, dass
> man von „Vegetation“ reden kann. :-)

Zur Entfernung war oben nichts geschrieben, ich denke da wurde uns was 
an Information vorenthalten.

von Manfred (Gast)


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ZF schrieb:
> Zur Entfernung war oben nichts geschrieben, ich denke da wurde uns was
> an Information vorenthalten.

Traut sich denn niemand hier, die Zahlen von Jana auf ein Ergebnis zu 
rechnen?

von Jana (Gast)


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Hallo zusammen

Erst einmal wow und vielen Dank für den Input.

Also was ich bisher mitgenommen habe:

Sendeleistung = Empfängerempfindlichkeit + Loss (Vegetation) + Loss 
(Freiraumdämpfung) + Overhead

Kann man in der Rechnung problemlos dBm und dB in Relation setzen?

Der Anwendungsfall ist ein netzwerk von Sensorknoten. Die Sensoren haben 
eine Reichweite von bis zu einigen hundert Metern bis zum Sender. Sie 
sollen lediglich alle 10 Minuten senden mit einer Datenrate unterhalb 
von 20 kBit/s.

Ich denke, dafür wird sich ein Frequenzband des ISM eignen (2,4 GHZ oder 
433 MHZ). Weiter drunter werden die Antennen doch recht groß und weiter 
drüber wird es empfindlicher was die Signalqualität angeht.

Bei 433 MHz und 400m Abstand erhalte ich eine Freiraumdämpfung von 77,2 
dB

von ZF (Gast)


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Jana schrieb:

> Sendeleistung = Empfängerempfindlichkeit + Loss (Vegetation) + Loss
> (Freiraumdämpfung) + Overhead
- Antennengewinn fehlt noch

> Kann man in der Rechnung problemlos dBm und dB in Relation setzen?
dBm +-dB = dBm
dBm ist die Leistung bezogen auf 1 mW
dB ist logarithmierte Dämpfung / Gewinn

von Manfred (Gast)


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Jana schrieb:
> Kann man in der Rechnung problemlos dBm und dB in Relation setzen?

dB hat den Zweck, dass man die Werte einfach vorzeichenrichtig addieren 
kann. Grundlagen der Mathematik (nicht meine Welt), recherchiere selbst 
danach. dB ist ein Logarithmus, anstatt Werte zu multiplizieren, kann 
man deren Logarithmus einfach addieren.

dBm ist ein Pegel, dB eine Verstärkung.

Mein Sender hat an der Anschlußbuchse 25 dBm Pegel.
Der Steckverbinder macht 1 dB Verlust.

Mein Kabel hat 40 db pro 100 Meter Verluste, ich verbaue 10 Meter, macht 
also 4 dB Verlust.

Der zweite Stecker hat nochmal 1 dB Verlust.

25 -1 -4 -1 = 20, damit kommen an der Antenne 20 dBm Pegel an.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Jana schrieb:

> Kann man in der Rechnung problemlos dBm und dB in Relation setzen?

Das sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe.

dBm ist eine Leistung, sie wird logarithmisch (daher die Dezibel)
gemessen und auf 1 mW bezogen (dafür steht das „m“).  0 dBm sind also
1 mW, 10 dBm sind 10 mW, 20 dBm sind 100 mW usw.

dB ist ein reines Verhältnis, 10 dB sind 10:1, 20 dB sind 100:1
usw. usf.

Dass man in der HF-Technik gern mit Dezibeln rechnet, liegt einfach
daran, dass sich normalerweise alle Verstärkungen und Dämpfungen
multiplizieren: kommt am Ende deiner Übertragungsstrecke durch die
Freiraumdämpfung nur noch 1 % (0,01) dessen an, was am Anfang war,
und du hast zusätzlich einen Faktor 0,5 für die Vegetation sowie
einen Faktor von 4 für den Antennengewinn, dann müsstest du das alles
miteinander multiplizieren: 0,01 · 0,5 · 4 = 0,02.  Da reale
Dämpfungen oft sehr viel größer sind als in meinem Beispiel, werden
die Zahlen schnell unhandlich.

Nimmt man stattdessen ein logarithmisches Maß, dann kann man die
Multiplikation auf eine Addition zurückführen (das war/ist ja auch
das Prinzip des Rechenschiebers).

In meinem Beispiel wären das -20 dB für die Freiraumdämpfung, -3 dB
für die Vegetation und +6 dB für den Antennengewinn, also alles
zusammen -17 dB.

Nun kannst du am Anfang noch eine absolute Leistung einspeisen,
sagen wir 3 dBm (nicht ganz unüblich für solche kleinen Sender),
dann hast du nach Abzug der Gesamtdämpfung 3 dBm - 17 dB = -14 dBm
am Empfängereingang.  „Ganz außen“ sind es also reale Leistungen,
„in der Mitte“ dagegen Verhältnisse.

> Bei 433 MHz und 400m Abstand erhalte ich eine Freiraumdämpfung von 77,2
> dB

Denk dran, dass das ein rein theoretischer Rechenwert ist: der passt
nur, wenn der komplette Übertragungsweg frei von Hindernissen ist.
Das heißt nicht nur, dass die beiden Antennen Sichtkontakt haben
müssen, sondern die so genannte erste Fresnelzone zwischen beiden muss
ebenfalls hindernisfrei sein.  Letztlich läuft das auf eine
Berg-zu-Berg-Kommunikation hinaus, bei der man diese Bedingung
erfüllt hat.

In allen anderen Fällen wird die Streckendämpfung selbst ohne Vegetation
um einiges höher ausfallen.

: Bearbeitet durch Moderator
von Lothar Mayer (Gast)


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Manfred schrieb:
> Oder Besser:
> - Ein Empfänger hat eine Empfindlichkeit von -120 dBm und die Antenne
> einen Gewinn von 6 dB.

Empfängerempfindlichkeiten werden in dB  microVolt angegeben.
Das ist eine andere  Hausnummer!

von ZF (Gast)


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Lothar Mayer schrieb:
> Manfred schrieb:
>> Oder Besser:
>> - Ein Empfänger hat eine Empfindlichkeit von -120 dBm und die Antenne
>> einen Gewinn von 6 dB.
>
> Empfängerempfindlichkeiten werden in dB  microVolt angegeben.
> Das ist eine andere  Hausnummer!

Nö, geht beides. Natürlich ist der Zahlenwert in dBµV anders.

von ZF (Gast)


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Jana schrieb:
> Bei 433 MHz

Bedenke, dass du auf 433MHz (wie auch anderen Frequenzen) nicht alleine 
bist. Speziell auf 433MHz musst Du aber nicht nur mit Störungen durch 
andere ISM Nutzer, sondern auch durch andere Nutzer mit viel höherer 
Leistung rechnen.

von Korinthenkacker (Gast)


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Manfred schrieb:

> 25 -1 -4 -1 = 20, damit kommen an der Antenne 20 dBm Pegel an.

Präzise gerechnet eher 19.

> Grundlagen der Mathematik (nicht meine Welt),

Sieht wohl so aus.

SCNR ;O)

von Ralph B. (rberres)


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unter den Randbedingungen, das die Entfernung 400m ist, die Frequenz 
440MHz ist die Antennen Sende und Empfangsseitig 0dbi betragen und der 
Sender 1mW Leistung hat, kommen am Empfänger -77dbm an. Bei einer 
Grenzempfindlichkeit von -110dbm ist der Empfangspegel 33db über dem 
Grundrauschen.

Vorausgesetzt die Strecke zwischen Sender und Empfänger ist frei ( 
Fresnelzone erster Ordnung ).

Das reicht dicke auch für amplitudenmodulierte Signale.

Ralph Berres

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