Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Zockerbuden - ist das so schlimm?


von Joe J. (j_955)


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Moin,

ich möchte mal so Beginnen:
Ich will keine Werbung machen, habe meine 4 Jahre bei einem DL 
abgesessen und mich dann anderweitig umgesehen. Nun bin ich bei einem 
KMU gelandet.

Bezahlung mies, Kollegen ok, Aufgaben TOP. Zukünftiger Anwärter auf eine 
IGM Stelle, würde mir gut stehen.

Was ich mitbekommen habe beim DL aber ist, dass die gestandenen Ing. 
dort gar nicht so mies bezahlt werden. Hierzu möchte ich erwähnen, dass 
das keine Verleiherbude war, sondern ein Entwicklungsdienstleister aus 
der freiburger Gegend. Meist war das dann In-House-Entwicklung, also nix 
beim Kunden vor Ort, ausser bei Kickoffs/Übergabe o. unvorhergesehenen 
Problemen.

Der Job ist sehr stressig, auch für die älteren Herrschaften, man spielt 
meist Feuerwehr und darf seinen Samen überall in der Firma streuen, in 
der Hoffnung, dass mal was davon keimt.

Entgegen den allgemeinen Vorurteilen aber, behaupte ich mal, dass so ein 
Schritt durchaus überlegenswert sein kann. Man kann schnell 
Verantwortung übernehmen, Aufgbaen wie Kalkulationen, Kundenkontakt und 
Verhandlungen, PL, Gruppenleitung usw. Kurzum man kann für eine gewisse 
Zeit mit wachsen, um hinterher gemütlich in einem kleineren Laden eine 
Stufe in der Ernährungspyramide zu steigen und Leiter für i-was im 
Bereich der Entwicklung zu werden.

Klar ist auch, das ist der Idealfall. Der Schuss kann auch nach hinten 
losgheen. Ich habe durchaus auch Leute von dort wegkriechen sehen, die 
vll. etwas gemütlicher gearbeitet haben. Aber der Punkt ist, dass gerede 
im Bereich der EEntwicklung, bei der meist zu unvorhergesehenen 
Entwicklungen kommt und Projekte quasi nie zu einer Punktlandung 
kommen(zumindest bei den größeren Prj.> X-Mannjahre), die Erfahrung von 
einigen wenigen, die das Ruder in der Hand halten, sehr viel wert ist. 
Und wenn man nicht blöd ist, lässt man sich das auch bezahlen. Der achso 
harte Chef, hat erfahrene Leute hofiert und denen das Geld 
nachgeschmissen.

Was ist daran also so verkehrt?
Bin mal gespannt auf eure Meinungen.

JoeJoe

: Bearbeitet durch User
von Pizza Hawaii oridschinale (Gast)


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Joe J. schrieb:

> Chef, hat erfahrene Leute hofiert und denen das Geld nachgeschmissen.
Und von welchen Beträgen reden wir hier?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Nee. Alles im gruenen Bereich.

von Joe J. (j_955)


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Würde sagen, sicherlich unter dem, was eine Führungskraft vll. beim KMU 
verdient(Mittleres Alter, mind. 5 Jahre Erfahrung/Führung vom Team).

Evtl. gleichgestellt mit dem Gehalt eines IGM'lers ohne 
Führungsverantwortung(>70k).

Je nach Ausbildungshintergrund, ein Dr. wird da mehr kriegen, wenn er 
sich das denn verdient hat. Rede aber von normalen Ing. mit >10 Jahren 
Berufserfahrung.


Die, die die arbeit wirklich machen(eig. nur noch Handwerk), die wurden 
natürlich mit lächerlichen Beträgen abgespeist.

von Sklavenhändler Ombos (Gast)


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Sehr guter Beitrag!
Wir brauchen mehr positive Rückmeldung vor allem an den Hochschulen 
damit ich mehr Sklaven eh gute Absolventen für die aktuelle 
Hochkonjunktur bekomme und so den unglaublichen Mangel an Fachkräften 
bewältigen kann.

Zugleich müssen wir eine andere Denke etablieren bezüglich Zufriedenheit 
und Gehalt.
Absolventen muss beigebracht werden, dass 30-35k ein sehr gutes Gehalt 
zum Leben ist und eine homogene Gehaltsgesellschaft ein strebenswertes 
Ideal ist.
Wer mehr braucht ist entweder AFDler oder ein pöhser Alt-Right.

von Joe J. (j_955)


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Naja, wir brauchen nicht so tun, als ob das Konzernbeamtentum der 
Normalfall ist.

von Joe J. (j_955)


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Sklavenhändler Ombos schrieb:
> Zugleich müssen wir eine andere Denke etablieren bezüglich Zufriedenheit
> und Gehalt.
> Absolventen muss beigebracht werden, dass 30-35k ein sehr gutes Gehalt
> zum Leben ist und eine homogene Gehaltsgesellschaft ein strebenswertes
> Ideal ist.

Ist das nicht schon im vollen Gange?

von MaWin (Gast)


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KMU schafft Produkte für sich selbst die dann zu besserem Geschäft mit 
mehr Gewinn führen sollte, sammelt know how und Patente.

DL macht für andere, baut nichts für sich auf, nicht mal know how dafür 
ist er zu oberflächlich, ewig nur derselbe Level für dieselbe Bezahlung.

Denk an Software: der KMU schafft ein Programm als Produkt das er dann 
hundertausendmal verkauft,

der DL vermietet nut seine Programmierer-Arbeitsstunde für 100 EUR.

von Joe J. (j_955)


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MaWin schrieb:
> KMU schafft Produkte für sich selbst die dann zu besserem Geschäft
> mit
> mehr Gewinn führen sollte, sammelt know how und Patente.
>
> DL macht für andere, baut nichts für sich auf, nicht mal know how dafür
> ist er zu oberflächlich, ewig nur derselbe Level für dieselbe Bezahlung.
>
> Denk an Software: der KMU schafft ein Programm als Produkt das er dann
> hundertausendmal verkauft,
>
> der DL vermietet nut seine Programmierer-Arbeitsstunde für 100 EUR.

Das ist richtig. Kommt da noch was? Geht ein bischen an der 
Fragestellung vorbei. Der DL war auch bei 20 Mio Umsatz mit 100 Ing.

von Joe J. (j_955)


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Also man muss sein Fach schon beherrschen, wenn man sowas beruflich eine 
Zeit lang machen will. Ist schon eine ziemliche Herausfoderung, da das 
Prjektbudget meist hart verhandelt wird und natürlich nie genug Std. da 
sind. Und man muss sich damit arrangieren können, dass das Prj. am Ende 
eben nicht zu 100% den eigenen Qualitätsansprüchen entspricht.

Festpreisangebote für riesen Projekte, die regelmäßig an die Wand 
gefahren werden sind da keine Ausnahme und man zeigt sich da oft 
lernresistent. Da wird die Zeche geprellt, und die Aufwände teilt man 
sich hinterher dann. Es sit natürlich schon verlockend, Arbeit über den 
Tisch werfen und machen lassen. Nur kommt am Ende einfach nicht das 
raus, was man sich erhlfft hat. Nach Aufwand ist da eher die Ausnahme.

Natürlich gilt Umsatz!= Gewinn, aber der Senior konnte sich nicht 
bewschweren. Die 20Mio hatte er 10 Jahre, nachdem er die Firma gegründet 
hat.

Natürlich war er vom Fach(Vorher GF bei einem anderen DL), hatte die 
Beziehungen und auch ein bischen Glück.

Nur mit dem Geld konnte er nicht so richtig umgehen, Hehe.

: Bearbeitet durch User
von Erklärbär (Gast)


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Als Ing. spricht gegen DL, dass einem die Früchte seiner Arbeit nicht zu 
Gute kommen. Man entwickelt was und der Auftraggeber macht sich ggf. mit 
dem Produkt dann jahrelang die Taschen voll.

Man ist quasi das Trüffelschein, dass die ganze Arbeit macht und mit ein 
paar Maiskörnern abgespeist wird. Diese Analogie ist sogar etwas falsch, 
da man einen Trüffel (im Gegensatz zu einem technischen Produkt) nicht 
mehrfach verkaufen kann.

Der Auftraggeber lindert damit meist sein "zu viele Häuptlinge, zu 
wenige Indianer"-Syndrom, anstatt es zu heilen. Mir wurde schon von 
Firmen berichtet, da halten sich 3 Chefs einen(!) Indianer. Gemeinsam 
wohlgemerkt. Jeder rennt mit Krawatte rum und leitet irgendwas, aber 
keiner mehr da, der auch mal produktive Arbeit machen kann. Nur noch 
Schwafelköpfe und Excel-Tabellen-Schieber.

Also kommt der Dienstleister. Der DL selbst muss und will auch noch was 
von den Maiskörnern abhaben. Entsprechend hoch wird, betrachtet man 
diese ganze Futterkette, am unteren Ende dann das Pressing auf die 
Ingenieure und das für mageres Gehalt. Soll ja für alle noch Gewinn 
rausspringen.

von Erklärbär (Gast)


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Aber das Problem fängt aber m. M. schon beim Bildungssystem an. Wer 
wählt heute nach der Schule noch Arbeit oder Karrieren, die praktisch 
irgendwie für eine Gesellschaft nützlich sind? Jeder will Waschmaschine, 
Fernseher, Auto und im schönen Haus wohnen. Aber keiner will das 
entwickeln bzw. bauen und lieber als tantrischer Surflehrer auf Haiti 
mit Ausbildung in spätrömischer Dichtung und Ausdruckstanz sich selbst 
verwirklichen. Bezahlen müssen es die, welche den Fehler gemacht haben, 
keine brotlosen Mist studiert zu haben und von der Gesellschaft dann 
immer weiter ausgepresst werden, weil jetzt auch noch der tantrische 
Surflehrer mitversorgt werden muss für den sich schon irgendwo ein 
überflüssiger Posten finden wird.

von Curby23523 N. (Gast)


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Wir haben schon genug Sozialwissenschaftler, Philosophen etc. bla bla.

von Erklärbruno (Gast)


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Erklärbär schrieb:
> Aber das Problem fängt aber m. M. schon beim Bildungssystem an. Wer
> wählt heute nach der Schule noch Arbeit oder Karrieren, die praktisch
> irgendwie für eine Gesellschaft nützlich sind? Jeder will Waschmaschine,
> Fernseher, Auto und im schönen Haus wohnen. Aber keiner will das
> entwickeln bzw. bauen

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3246/umfrage/anzahl-der-studenten-nach-faechergruppen/

Wie viel mehr sollten es sein?

von cha-ar-196 (Gast)


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Erklärbruno schrieb:
> Jeder will Waschmaschine,
>> Fernseher, Auto und im schönen Haus wohnen. Aber keiner will das
>> entwickeln bzw. bauen

Liegt wohl dran, dass die Teile heute woanders entwickelt und gebaut 
werden.

von Humanistisch gebildet (Gast)


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Erklärbär schrieb:
> Aber das Problem fängt aber m. M. schon beim Bildungssystem an.
> Wer
> wählt heute nach der Schule noch Arbeit oder Karrieren, die praktisch
> irgendwie für eine Gesellschaft nützlich sind? Jeder will Waschmaschine,
> Fernseher, Auto und im schönen Haus wohnen. Aber keiner will das
> entwickeln bzw. bauen und lieber als tantrischer Surflehrer auf Haiti
> mit Ausbildung in spätrömischer Dichtung und Ausdruckstanz sich selbst
> verwirklichen. Bezahlen müssen es die, welche den Fehler gemacht haben,
> keine brotlosen Mist studiert zu haben und von der Gesellschaft dann
> immer weiter ausgepresst werden, weil jetzt auch noch der tantrische
> Surflehrer mitversorgt werden muss für den sich schon irgendwo ein
> überflüssiger Posten finden wird.

Wer sagt denn, dass Fernseher, Autos und schöne Häuser (mit 
entsprechendem Energieverbrauch) nachhaltig gut für die Gesellschaften 
sind?
Stichwort Umweltverschmutzung und Verrohung der Sitten getrieben durch 
manche der Unternehmen, für die pure Profitmaximierung über allem steht.
Wenn ein Riesenkonzern vorlebt, dass Lügen der richtige Weg zum Erfolg 
ist, dann ist das nicht gut.

Was wäre eine Gesellschaft, die nur noch aus Arbeitern und Ingenieuren 
besteht? Eine graue und düstere Vorstellung. Ist es nicht gerade die 
Kultur, die ihrerseits die Ingenieure inspiriert? Sind viele großartige 
Umbrüche nicht zunächst als Fiktion in der Belletristik aufgetaucht? 
Haben nicht die Ideen und Visionen von "Nichtsnutzen" wie Diogenes, 
Galilei, Machiavelli, Descartes, Rousseau und zahllosen anderen die 
Menschheit zu dem gemacht, was sie heute ist?

Ohne den Geist der Aufklärung und Revolution wäre Technologie heute ein 
verbotenes Teufelszeug. Vor nicht all zu langer Zeit hat manch einer 
gesagt: Nur der Glaube und die Unterwerfung sind nützlich für die 
Gesellschaft. Die Menschheit weiß bereits alles. Warum soll ich 
verrückte Tüftler durchfüttern?

Beitrag #5355957 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Erklärbär (Gast)


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von Erklärbär (Gast)


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Humanistisch gebildet schrieb:
> Diogenes,
> Galilei, Machiavelli, Descartes, Rousseau und zahllosen anderen die
> Menschheit zu dem gemacht, was sie heute ist?

Solcherlei Denker "produzieren" wir in DE schon lange nicht mehr. 
Galilei war nach heutigen Maßstäben zu 90% Naturwissenschaftler. Der 
wurde von der Kirche nicht wegen seiner schönen Gedichte verfolgt.

von Paul B. (paul_baumann)


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Erklärbär schrieb:
> Der
> wurde von der Kirche nicht wegen seiner schönen Gedichte verfolgt.

Das kann ich gut verstehen.
:)

MfG Paul

von Lars R. (lrs)


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Humanistisch gebildet schrieb:
> Was wäre eine Gesellschaft, die nur noch aus Arbeitern und Ingenieuren
> besteht? Eine graue und düstere Vorstellung.

Nein im Sinne der Fragestellung. Wir brauchen nicht so viel öffentlichen 
Dienst, eine so hohe Staatsquote, so viele Politiker und politische 
Ebenen (stammt aus Zeiten vor der Digitalisierung; Die Zuständigkeiten 
zwischen Kommune, Kreis, Land, Bund sind unklar verteilt und es wird 
eher schlimmer als besser).

> Ist es nicht gerade die
> Kultur, die ihrerseits die Ingenieure inspiriert? Sind viele großartige
> Umbrüche nicht zunächst als Fiktion in der Belletristik aufgetaucht?

In letzter Zeit kommen die sozialen Umbrüche längst von den 
Ingenieuren. Zwar nicht aus Deutschland, aber Google (Map), Facebook, 
Twitter, Smartphone, youtube, usw.

> Haben nicht die Ideen und Visionen von "Nichtsnutzen" wie Diogenes,
> Galilei, Machiavelli, Descartes, Rousseau und zahllosen anderen die
> Menschheit zu dem gemacht, was sie heute ist?

Haben, im Sinne von hatten, Vergangenheit. Heute kommt nicht mehr viel 
von Hollywood. Und was kommt in der heutigen Zeit tolles von Grass und 
Precht? Das kannst Du doch vergessen. Eher halte ich es mit Jordan 
Peterson und anderen (youtube macht es möglich). Wir hatten Birkenbihl, 
aber nun ja leider nicht mehr. Vielleicht auch gut, dass sie so manches 
nicht mehr miterleben muss.

> Ohne den Geist der Aufklärung und Revolution wäre Technologie heute ein
> verbotenes Teufelszeug.

Last but not least sind auch die von Dir Aufgezählten teilweise oder 
sogar größtenteils Ingenieure gewesen. Die entstammen eben nicht aus 
einer dem Selbstzweck verschriebenen Sozialkulturindustrie.

: Bearbeitet durch User
von IchGlaubeEsNicht (Gast)


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>Heute kommt nicht mehr viel von Hollywood.

Hollywood als Kulturquelle? Ich glaube es wirklich nicht.

von cha-ar-196 (Gast)


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Lars R. schrieb:
> Wir brauchen nicht so viel

"WIR",  die Entscheider wollen aber all das!
Warum wohl?

von cha-ar-196 (Gast)


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Lars R. schrieb:
> Haben, im Sinne von hatten, Vergangenheit. Heute kommt nicht mehr viel
> von Hollywood. Und was kommt in der heutigen Zeit tolles von Grass und
> Precht? Das kannst Du doch vergessen. Eher halte ich es mit Jordan
> Peterson und anderen (youtube macht es möglich). Wir hatten Birkenbihl,
> aber nun ja leider nicht mehr. Vielleicht auch gut, dass sie so manches
> nicht mehr miterleben muss.

Grass? Is der ned Tot? Precht, der hat es halt ins Stimmungsbild der 
kulturwissenschaftlichen Linken geschaft.

Birkenbihl?
Motivationstrainernin, wer braucht sowas?

von Lars R. (lrs)


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IchGlaubeEsNicht schrieb:
>>Heute kommt nicht mehr viel von Hollywood.
>
> Hollywood als Kulturquelle?

Ja, definitiv. Wesentlicher Einfluss auf die heutigen Ingenieure; 
beispielsweise Technolgie und Moralvorstellungen von Star Trek.
Hoffen wir einfach einmal, dass der Einfluss auf die zukünftigen 
Ingenieure mittlerweile vernachlässigbar ist (wenngleich die Hoffnung 
vergebens ist).

> Birkenbihl?
> Motivationstrainernin, wer braucht sowas?

Der Einführungssatz auf Wiki beschreibt eben nicht jede Person 
vollumfänglich. Genau genommen wird der gesamte Wiki-Eintrag der Person 
nicht gerecht.

von Humanistisch gebildet (Gast)


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Lars R. schrieb:
> Last but not least sind auch die von Dir Aufgezählten teilweise oder
> sogar größtenteils Ingenieure gewesen. Die entstammen eben nicht aus
> einer dem Selbstzweck verschriebenen Sozialkulturindustrie.

Ein interessanter Gedanke. Der Fehler ist, dass man heute die Denker in 
Disziplinen unterteilt und in Konkurrenz zueinander stellt. Damals war 
ein Ingenieur gleichzeitig auch ein Philosoph, da das eine nicht ohne 
das andere geht.
Der "ganzheitliche Managementansatz" ist somit nicht mehr als eine 
Rückkehr in die Zeit vor Taylor. Und das Eingeständis, dass 
Arbeitsteilung nur bis zu einem gewissen Punkt sinnvoll ist. Über diesen 
Punkt hinaus beginnt die Verdummung.

von Lars R. (lrs)


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Humanistisch gebildet schrieb:
> Ein interessanter Gedanke. Der Fehler ist, dass man heute die Denker in
> Disziplinen unterteilt und in Konkurrenz zueinander stellt.

Das sehe ich nicht kritisch. Nur: Gerade Ehrlichkeit ist tendenziell 
eine intrinsische Eigenschaft der Natur -Wissenschaften (logische 
Beweisführung, Formeln, usw).

Mir hat es nicht gefallen, dass Du weiter oben ausgerechnet die 
Ingenieure für existierende Missstände verantwortlich machst und dann 
auch noch schreibst, dass es mit mehr Ingenieuren noch schlimmer wäre. 
Dabei gehen die von Dir skizzierten Missstände gerade eher von Personen 
aus, die den Naturwissenschaften fern stehen.

> Und das Eingeständis, dass
> Arbeitsteilung nur bis zu einem gewissen Punkt sinnvoll ist.

Arbeitsteilung ist gut und wichtig. Problematisch sind 2 Dinge:
a. Die Berufsgruppen verselbständigen sich und es wird mehr Arbeit 
betrieben als erforderlich. Besonders schlecht ist dies in den 
Umfeldern, in denen der Markt nicht oder nur schlecht korrigierend 
wirken kann (zB, Juristen, Politiker)
b. Regelmäßig werden aufgrund des sozialen und technischen Fortschritts 
Arbeiten nicht mehr erforderlich bzw im Umfang reduziert. Die 
Berufsgruppe existiert aber weiterhin und arbeitet ihrer 
Abschaffung/Reduzierung entgegen.

> Über diesen
> Punkt hinaus beginnt die Verdummung.

Arbeitsteilung steht ganzheitlichem Wissen nicht entgegen. Ohne Wissen 
beginnt die Verdummung. Das hat aber mit der Arbeitsteilung nichts zu 
tun.

von Joe J. (j_955)


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Könnt Ihr einen eigenen Fred starten?
Interessantes Thema, echt.

Und nun zurück zur Fragestellung;-)

von Dipl Ing ( FH ) (Gast)


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Das mit der Familie , Altersvorsorge und sowas kannst Du komplett 
abschreiben

Von der verlorenen Lebenszeit sprechen wir mal garnicht ...

von Zocker_53 (Gast)


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> Re: Zockerbuden - ist das so schlimm?

Oh ja, sehr schlimm.

Ist in der Regel eine Einbahnstrasse nach ganz unten.

von fnord (Gast)


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Joe J. schrieb:
> Hierzu möchte ich erwähnen, dass das keine Verleiherbude war, sondern
> ein Entwicklungsdienstleister aus der freiburger Gegend. Meist war das
> dann In-House-Entwicklung, also nix beim Kunden vor Ort, ausser bei
> Kickoffs/Übergabe o. unvorhergesehenen Problemen.

Das Problem ist, dass derzeit viele Leihbuden in diese Richtung gehen 
wollen. Ich habe das live bei einem großen aus Frankreich stammenden 
sogenannten Entwicklungsdienstleister gesehen. Offiziell möchte man 
anders sein und versucht krampfhaft das flair zu verbreiten, ein guter 
Entwicklungsdienstleister und Arbeitgeber zu sein. Dazu prangert ein 
schickes Top100 Logo auf der Website, welche primär eigentlich eine 
Stellenbörse ist. Man wirbt mit einer Zahnzusatzversicherung (Wert 
irgendwas um die 30€/Monat) und Bildern von glücklichen Menschen.

Hinter den Kulissen werden Projekte mit unerfüllbaren deadlines und 
budgets verhandelt, während das management natürlich dem maximalen 
Gewinn machen will. Berufserfahrung wird Kunden gegenüber gerne in 5er 
Schritten aufgerundet, von Entwicklern angegebene schätzungen bezüglich 
des Aufwandes gerne halbiert, usw.

Ich glaube auch, dass 70k machbar sind, aber das ist eher selten und 
gewiss nicht unter IGM Bedingungen. 75k dürfte oberhalb der 
Schmerzgrenze sein. Zumindest haben auch Kollegen mit 10+ Jahren BE nie 
diese Grenze durchbrochen (Stand Ende 2016).

Das letzte was ich von einem (ex) Kollegen (Mitte 2017) hörte, waren 
knapp über 65k bei mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden inklusive. 
Real schafft der jetzt 60h, weil ihm quasi unbegrenzt Arbeit zugeschoben 
wird. Er hat zudem regelmäßig das Problem, dass Kollegen im selben 
Projekt für andere Projekte zugeteilt werden, weil man dort mehr marge 
generieren kann. Er hat damit zusätzliche Arbeit, da er regelmäßig 
frischlinge einarbeiten muss.

Es mag echte Entwicklungsdienstleister geben, ich kenne jedoch keinen 
bei dem man gute Arbeitsbedingungen, Aufstiegschancen und gutes Gehalt 
bekommt.

Ich habe aufgehört zu suchen und bin bei einen anderen Unternehmen, 
welches echte Produkte herstellt und gute Bedingungen, 
Aufstiegsmöglichkeiten und gutes Gehalt liefert.

von Paul (Gast)


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Erklärbär schrieb:
> Als Ing. spricht gegen DL, dass einem die Früchte seiner Arbeit nicht zu
> Gute kommen. Man entwickelt was und der Auftraggeber macht sich ggf. mit
> dem Produkt dann jahrelang die Taschen voll.
>
> Man ist quasi das Trüffelschein, dass die ganze Arbeit macht und mit ein
> paar Maiskörnern abgespeist wird. Diese Analogie ist sogar etwas falsch,
> da man einen Trüffel (im Gegensatz zu einem technischen Produkt) nicht
> mehrfach verkaufen kann.

Das kann man auch anders herum sehen: als DL kann es einem egal sein ob 
es überhaupt Bedarf für die Entwicklung gibt. Scheitert der Auftraggeber 
mit dem Produkt, macht der DL mit einem anderen Auftrag weiter. Er muss 
nicht in Maschinen, Material oder Gebäude investieren. Hat also nicht 
nur Nachteile.

Zusätzlich gilt das (der Auftraggeber macht sich die Taschen voll) auch 
für fest angestellte Ingenieure denen die Firma nicht gehört. Da macht 
sich halt der Eigentümer die Taschen voll.

von Qwertz (Gast)


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Paul schrieb:
> Zusätzlich gilt das (der Auftraggeber macht sich die Taschen voll) auch
> für fest angestellte Ingenieure denen die Firma nicht gehört. Da macht
> sich halt der Eigentümer die Taschen voll.

Ich würde eher sagen: bei Konzern-Ingenieuren machen sich beide, also 
Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, die Taschen voll, stell somit eine 
win-win-Situation dar. :-)

Bei "Dienstleistern" ist das dagegen nur beim Arbeitgeber der Fall; der 
arme Arbeitnehmer ist in diesem Fall nur die Zitrone, die ausgepresst 
und danach weggeworfen wird. :-(

von Dipl.- G. (hipot)


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Erklärbär schrieb:
> Humanistisch gebildet schrieb:
>> Diogenes,
>> Galilei, Machiavelli, Descartes, Rousseau und zahllosen anderen die
>> Menschheit zu dem gemacht, was sie heute ist?
>
> Solcherlei Denker "produzieren" wir in DE schon lange nicht mehr.
> Galilei war nach heutigen Maßstäben zu 90% Naturwissenschaftler. Der
> wurde von der Kirche nicht wegen seiner schönen Gedichte verfolgt.

Marx, Nietzsche, Heidegger, und zu einem gewissen Grad Sloterdijk, 
Precht und Lesch?

von (nur) (zu) (Gast)


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Dipl.- G. schrieb:
> Erklärbär schrieb:
>> Humanistisch gebildet schrieb:
>>> Diogenes,
>>> Galilei, Machiavelli, Descartes, Rousseau und zahllosen anderen die
>>> Menschheit zu dem gemacht, was sie heute ist?
>> Solcherlei Denker "produzieren" wir in DE schon lange nicht mehr.
>> Galilei war nach heutigen Maßstäben zu 90% Naturwissenschaftler. Der
>> wurde von der Kirche nicht wegen seiner schönen Gedichte verfolgt.
>
> Marx, Nietzsche, Heidegger, und zu einem gewissen Grad Sloterdijk,
> Precht und Lesch?

Sido, Frauenarzt, ...

Beitrag #5363449 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Ralf __ 4.0 (Gast)


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fnord schrieb:
> Das letzte was ich von einem (ex) Kollegen (Mitte 2017) hörte, waren
> knapp über 65k bei mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden inklusive.
> Real schafft der jetzt 60h, weil ihm quasi unbegrenzt Arbeit zugeschoben
> wird. Er hat zudem regelmäßig das Problem, dass Kollegen im selben
> Projekt für andere Projekte zugeteilt werden, weil man dort mehr marge
> generieren kann. Er hat damit zusätzliche Arbeit, da er regelmäßig
> frischlinge einarbeiten muss.

Ich finde die Regelung "1 Stunde für 1k" sehr fair. Eine 40 
Stunden-Woche bedeutet 40000 Euro im Jahr. Für 80 Stunden gibt es 80k. 
Wollt Ihr mehr Geld? Kein Problem, arbeitet mehr. So einfach ist das.

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