Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Hochpass zur Frequenzganganhebung - MFB vs. Sallen-Key


von Burkhard K. (buks)


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Um die Tiefpasscharakteristik eines Ultraschallsensors (Knowles FG23629, 
Fc: ca. 12.5 kHz, -12 dB/Oktave) vor der AD-Wandlung anzupassen, habe 
ich im Verstärker einen Hochpass 2. Ordnung (Fc = 80 kHz, A=36dB) 
vorgesehen. Bei dieser Anwendung kommt es neben dem Durchlassbereich 
auch - und gerade - auf den Übergangsbereich an.

Mein erster Ansatz war ein Hochpass mit MFB-Topologie. Sieht in der 
Simulation gut aus und ist hinsichtlich Komponotenstreuung gutmütig. Auf 
Platine gebracht dagegen fällt die Signalqualität bei niedrigeren 
Frequenzen (< 50 kHz) absolut unterirdisch aus, erst oberhalb von 50 kHz 
nehmen die Verzerrungen erkennbar ab. (Eingangssignal vom Sensor: 100 mV 
pp max.)

Im Vergleich mit der  SK-Topologie fällt auf, dass das Eingangsignal 
nach dem ersten Kondensator (SK: C1, MFB: C3) gedämpft (bei SK 
verstärkt) wird. D.h. die MFB-Topologie verstärkt im Übergangsbereich 
ein stark abgeschwächtes Signal und muss daher zwangsläufig 
Signalverzerrungen erzeugen (in der Literatur habe ich dazu nichts 
gefunden)?

Und - ist die SK-Topologie für die vorgesehene Anwendung besser 
geeignet? Hier scheinen mir die Komponentenwerte viel kritischer zu sein 
- also gleich Widerstände mit 0,1 % Genauigkeit einsetzen?

: Bearbeitet durch User
von Der Zahn der Zeit (Gast)


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Du hast eine sehr hohe Verstärkung im Durchlassbereich vorgesehen. Das 
erfordert für eine saubere Arbeitsweise eine hohe GBW beim Op-Amp und 
macht(e) mich zunächst skeptisch. Anderseits hast du mit dem LT6230-10 
mit 1,5 GHz GBW eine für diesen Zweck gute Wahl getroffen und 80 kHz ist 
keine Raketenwissenschaft. Nun verstehe ich deine "Anamnese" auch nicht 
unbedingt richtig. Signalverzerrungen: Lineare oder nicht-lineare 
Verzerrungen? Amplitudenabhängig? Wie sieht der Versuchsaufbau aus 
(Foto)? Ich nehme an, dass sehr viel mehr Angaben oder Versuche für eine 
Ferndiagnose nötig wären, denn prinzipiell meine ich, dass es mit beiden 
gehen müsste und dass das Problem ganz woanders ist. Stromversorgung? 
Ausgangslast? Quellimpegdanz?

DZDZ

von Possetitjel (Gast)


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Der Zahn der Zeit schrieb:

> Du hast eine sehr hohe Verstärkung im Durchlassbereich
> vorgesehen.

Richtig.
Ich würde das vernünftigerweise auf mehrere Stufen aufteilen.

> Das erfordert für eine saubere Arbeitsweise eine hohe GBW
> beim Op-Amp und macht(e) mich zunächst skeptisch. Anderseits
> hast du mit dem LT6230-10 mit 1,5 GHz GBW eine für diesen
> Zweck gute Wahl getroffen und 80 kHz ist keine
> Raketenwissenschaft.

80kHz sind keine Raketenwissenschaft -- wohl aber 1.5GHz.
Den OPV interessiert nicht, was er verstärken SOLL - er
verstärkt, was er verstärken KANN. Das könnte im konkreten
Falle auch eingestreuter Behördenfunk oder Radio PSR sein.

Zwei Stufe a 15dB (=Faktor 5.5) sind schätzungsweise
schon mit einem NE5532 drin; die fehlenden 6dB kommen
vom Filter.

Echte Sportler klettern natürlich am Blitzableiter in
den 5. Stock -- aber ich würde dennoch die Treppe nehmen.

> Ich nehme an, dass sehr viel mehr Angaben oder Versuche
> für eine Ferndiagnose nötig wären, denn prinzipiell
> meine ich, dass es mit beiden gehen müsste und dass
> das Problem ganz woanders ist.

Schwer zu sagen.

Meiner Meinung nach kranken beide Filter daran, dass
krampfhaft versucht wurde, alles mit einem einzigen OPV
zu erschlagen.
Sallen-Key-Filter lassen sich in vielen Fällen mit
Spannungsfolgern oder mit 6dB-Verstärkern realisieren.
Die Polgüte sollte bei dieser Anwendung per se niedrig
sein; die Toleranzen sind dann nicht allzu kritisch.

U.U. ist eine Bandbegrenzung nach oben hin sinnvoll,
damit höherfrequente Störungen nicht mit voller Wucht
durchkommen.

von Nils P. (torus)


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Ich hab mal den Ansatz von Possetitjel umgesetzt: Einfach zwei RC 
Highpass Filter mit je einem Opamp als Gainstage/Impendanzwandler 
dahinter.

RC Filer ist jeweils 1nF/3.3k, Gain jeweils Faktor 8. Dabei lande ich 
ziemlich dicht an Deinen Designparametern.

Ist natürlich nur eine Prinzipschaltung. Von den Anforderungen an 
Toleranzen und der Opamp Performance ist das alles sehr gutmütig. Die 
1000pF gibt es sogar noch recht günstig als C0G Typ.

von Wolfgang (Gast)


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Burkhard K. schrieb:
> D.h. die MFB-Topologie verstärkt im Übergangsbereich
> ein stark abgeschwächtes Signal und muss daher zwangsläufig
> Signalverzerrungen erzeugen (in der Literatur habe ich dazu nichts
> gefunden)?

Kein Wunder - was hat Verstärkung mit Verzerrung zu tun. Das sind zwei 
grundverschiedene Dinge. Beim Filter, egal ob passiv oder aktiv, darf 
keine der Komponenten nichtlinear arbeiten, sonst ist soetwas wie eine 
(signalpegelunabhängige) Übertragungsfunktion überhaupt nicht definiert.
In keiner der Stufen des Filters darf soetwas wie eine Übersteuerung 
auftreten.

von Burkhard K. (buks)


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Der Zahn der Zeit schrieb:
> Nun verstehe ich deine "Anamnese" auch nicht
> unbedingt richtig. Signalverzerrungen: Lineare oder nicht-lineare
> Verzerrungen? Amplitudenabhängig?

Vielen Dank soweit für Eure Anworten. Um Butter bei den Fischen zu 
haben, habe ich Schaltplan und ein paar Messungen angehängt.

Ein Foto vom Versuchsaufbau würde meinen Küchentisch mit Oszi (mit 
Signalgenerator) und einem alten, aber linear geregeltem ELV Netzteil 
zeigen, beide verbunden mit der 20x60 mm großen Platine. Die 
Spannungsversorgung komm direkt auf J2, das Signal vom Generator auf die 
für das Mikro vorgesehenen Anschlüsse.

@dZdZ: Die Spannungsversorgung aus einem Linearregler ist sehr sauber. 
Das Eingangssignal geht vor dem HP durch eine (flache) Verstärkungsstufe 
von ca. 10 dB - solle also impedanzmäßig passen.

Meine Designüberlegungen waren:
  * Das ganze soll irgendwann batteriebetrieben laufen, später kommen 
noch ein FDA (als Antialiasingfilter) + ADC (ca. + 15 mA) dazu.
  * jede weitere Verstärkungsstufe erhöht die Gesamtstromaufnahme um ca. 
3 mA
  * jede weitere Verstärkungsstufe erhöht THD+Rauschen

Und - bitte beachten - problematisch ist der Übergangsbereich, 
besonders am unteren Ende (15 kHz).

Für mich sind Filteranwendungen Neuland, mein größtes Problem ist das 
Messsignal. Die 20 mV Signal aus dem Oszi-Generator sind mit weniger als 
60 dB Abstand Signal zur ersten Harmonischen alles andere als "sauber" - 
leider habe ich keinen feineren Generator zur Verfügung. Problematisch 
scheinen auch die "letzten Inches" vor der Platine zu sein - die 
angelöteten Kabelanschlüsse für den Signaleingang (die das eigentlich 
vorgesehene Mikro ersetzen).

Possetitjel schrieb:
> Den OPV interessiert nicht, was er verstärken SOLL - er
> verstärkt, was er verstärken KANN.

Das ist mir klar - in diesem Fall scheinen es aber weniger Behördenfunk 
oder DCF77 als bereits  im Signalvorhandene harmonische Verzerrungen zu 
sein. Ich sehe aber (noch ?) nicht, wie sich das durch ein zweistufiges 
Filter verbessern sollte. Im oder nahe am Durchlassbereich wird der 
Signalabstand zu den Verzerrungen größer, dort wird das Signal deutlich 
sauberer und weniger verzerrt. (siehe 50 kHz).
(Gelbe Spur: Eingangsignal, rot: TP2 vor dem HP, grün: Signal nachdem 
HP).

Nils P. schrieb:
> Einfach zwei RC
> Highpass Filter mit je einem Opamp als Gainstage/Impendanzwandler
> dahinter.

Meine Eingangsfrage war, ob die SK-Topologie sich aufgrund der fehlenden 
Dämpfung am Eingang gutmütiger im Übergangsbereich verhält. Sollte dies 
nicht zutreffen, werde ich den Ansatz mit zwei OPs weiterverfolgen.

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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Burkhard K. schrieb:
> Ich sehe aber (noch ?) nicht, wie sich das durch ein zweistufiges
> Filter verbessern sollte. Im oder nahe am Durchlassbereich wird der
> Signalabstand zu den Verzerrungen größer, dort wird das Signal deutlich
> sauberer und weniger verzerrt. (siehe 50 kHz).

Wenn die "Verzerrungen" bereits im Eingangssignal vorhanden sind, sind 
das für das Filter ganz normale Signalanteile.

Was genau meinst mit "Verzerrungen" - den Dreck auf dem grünen Signal?
Burkhard K. schrieb:
> 15kHz.png

von Helmut S. (helmuts)


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Die Verwendung eiens Verstärkers der nur für Verstärkung >10 gegeignet 
ist in  dieser Anwendung einfach falsch. Auch die Filterschaltung mit 
der kapazitiven Belastung C16/C14 ist eine ganz schlechte Wahl. Als 
dritter Fehler kommt dann noch die Belastung mit 15nF für den Verstärker 
davor hinzu.

Alles wegwerfen und eine andere Schaltung nehmen welche die drei 
genannten Probleme nicht hat.

von Der Zahn der Zeit (Gast)


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Ich habe auch Bedenken und halte die Schaltung für stark optimierbar. 
Aber abgesehen davon:

Wenn ich die Oszillogramme richtig errate, zeigst du einmal ein 50 
KHz-Signal mit noch relativ großer, und ein 15 KHz-Signal mit 3,3² = 
~10-fach geringerer Verstärkung und entsprechend kleiner Amplitude. Rot 
Eingang, Grün Ausgang, Gelb unbekannt. Das hättest du beschreiben 
sollen.

Dem grünen Signal ist eine HF mit ca. 30-facher Frequenz überlagert, 
also um die 500 kHz. Sofern diese Überlagerung asynchron ist, ist hat 
das nichts, aber auch gar nichts mit Verzerrungen zu tun. Dann sind es 
irgendwelche Einstreuungen von anderswo. Mit solchen und ähnlichen 
Einstreuungen habe auch ich ständig zu tun, aber ich weiß dann, woher 
sie kommen, kann sie ggf. ignorieren oder eliminieren.

Wenn sie synchron sind (was ich nicht vermute), tippe ich darauf, dass 
deine Quelle diese Oberwellen enthält.

Es spricht (noch) nichts dagegen, dass dein Filter korrekt arbeitet.

von Der Zahn der Zeit (Gast)


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Noch was:

Burkhard K. schrieb:
> * jede weitere Verstärkungsstufe erhöht THD+Rauschen
In der Theorie richtig, in der Praxis, wenn man es richtig macht, 
Unsinn.

Richtig heißt: Die erste Stufe verstärkt hoch, dann spielt das Rauschen 
der folgenden Stufen keine oder eine untergeordnete Rolle. Ähnliches 
gilt für THD.

Genau das hast du aber falsch gemacht: Einen Buffer mit G=1 und danach 
einen Verstärker erhöht tatsächlich das Rauschen. Dazu kommt, dass die 
Widerstandswahl so unglücklich ist, dass es noch nicht einmal die 
Op-Amps sind, die das meiste Rauschen verursachen, sondern die 
Widerstände.

Und zum Schluss ist die gesamte Rauschbetrachtung wahrscheinlich 
ziemlich irrelevant, weil allein die Mikrofonkapsel mehr Rauschen 
produziert, als deine ganze Schaltung mit all ihren Schwächen. Das habe 
ich aber nicht nachgerechnet, denn es ist etwas komplizierter. Es ergibt 
sich aus -53 dB re1V/0.1Pa und 26 dB “A” Weighted Noise 1kHz Equivalent 
SPL und ist bei solchen Kapseln üblicherweise viel mehr als das 
Rauschen besserer Op-Amps.

DZDZ

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