Hallo! Ich habe eine kurze Verständnisfrage und dazu eine kleine LTSpice-Simulation durchgeführt. Für einen FET-Verstärker, für den ich alle Werte habe, habe ich das Ersatzschaltbild (oben) aufgebaut und simuliert. Da es sich um einen invertierenden Verstärker handelt, kann (muss?) das Millertheorem angewendet werden, nach welchem - CGD und CGS (zusammen mit der Verstärkung A) zur Eingangskapazität Ci werden - und CDS und CGD (zusammen mit der reziproken Verstärkung) zur Ausgangskapazität Co werden. (Laut Literatur lauten die Gleichungen Ci = CGS + (1 - A) * CGD und Co = CDS + (1 - 1/A) * CGD) Wenn man das in diesem konkreten Fall macht (Schaltung unten) stellt man fest, dass der Amplitudengang - wie nach dem Theorem zu erwarten ist - quasi identisch ist (erst bei hohen Frequenzen gibt es irgendwann einen Unterschied, der hier mal egal sein soll). Jetzt frage ich mich jedoch, wozu das gut sein soll. In Büchern über Schaltungstechnik wird dieses Millertheorem häufig angewendet, nur mir ist der Vorteil nicht ganz klar. Ist es so, dass man einfach gerne eine effektive Kapazität am Eingang und eine effektive Kapazität am Ausgang des Verstärkers angeben möchte? Oder weil sich nachfolgende Rechnungen an der Ersatzschaltung dadurch leicht vereinfachen? Meine wichtigste Frage lautet: Ist es denn stets richtig mit dem oberen Ersatzschaltbild (also ohne Anwendung des Miller-Theorems) zu rechnen, wenn man den Verstärker zum Beispiel als Teil einer erweiterten Schaltung betreibt und berechnen will? Danke für eure Beiträge und viele Grüße Klaus
Das Problem ist, dass Du ideale Spannungsquellen verwendest. Wenn Du noch einen seriellen Widerstand von sagen wir mal 50 Ohm in die Eingangsleitung legst, oder für die Spannungsquellen einen entsprechenden Innenwiderstand spezifizierst, sollte sich das ändern. Dann bildet dieser Widerstand mit der Eingangskapazizät einen frequenzabhängigen Spannungsteiler, was bewirkt, dass Ugs bei höheren Frequenzen stark absinkt. Gruß, Bernd
Danke für den guten Hinweis, das habe ich ganz vergessen. Tatsächlich wird die Spannung am Gate dadurch früher bedämpft, sodass sich logischwerweise auch der Amplitudengang verändert (siehe Screenshot). Heißt das, dass ich also stets zuerst das Millertheorem anwenden muss und eine Rechnung mit dem "klassischen" Ersatzschaltbild (also mit CGS, CGD und CDS) zumindest für höhere Frequenzen falsche Ergebnisse liefert?
Klaus schrieb: > Danke für den guten Hinweis, das habe ich ganz vergessen. > Tatsächlich wird die Spannung am Gate dadurch früher bedämpft, sodass > sich logischwerweise auch der Amplitudengang verändert (siehe > Screenshot). > > Heißt das, dass ich also stets zuerst das Millertheorem anwenden muss > und eine Rechnung mit dem "klassischen" Ersatzschaltbild (also mit CGS, > CGD und CDS) zumindest für höhere Frequenzen falsche Ergebnisse liefert? Ja, Du hast gar keine andere Wahl. Es gibt keinen FET ohne diese Rückwirkungskapazität - und so ist es allein eine Frage der Schaltungsauslegung, ab welcher Frequenz der Tiefpasseffekt wirksam wird.
Naja, was heißt stets? Die Millerkapazität hat ja erst ab einigen MHz eine nennenswerte Auswirkung. Für Frequenzen darunter kann man sie also getrost ignorieren.
Klaus schrieb: > Heißt das, dass ich also stets zuerst das Millertheorem anwenden muss Nein. Das Millertheorem beschreibt eine Transformation. Elektrisch verhalten sich die originale und transformierte Schaltung identisch. Allerdings ist in vielen Fällen eine der beiden Varianten einfacher zum weiterrechnen. Beim MOSFET z.B. entfällt nach der Transformation die Kopplung zwischen dem Gate- und dem Drain-Knoten und man kann die Spannungen als unabhängig ansehen.
Bernd B. schrieb: > Die Millerkapazität hat ja erst ab einigen MHz eine nennenswerte > Auswirkung. Für Frequenzen darunter kann man sie also getrost > ignorieren. Axel S. schrieb: > Nein. Das Millertheorem beschreibt eine Transformation. Elektrisch > verhalten sich die originale und transformierte Schaltung identisch. > Allerdings ist in vielen Fällen eine der beiden Varianten einfacher zum > weiterrechnen. Beim MOSFET z.B. entfällt nach der Transformation die > Kopplung zwischen dem Gate- und dem Drain-Knoten und man kann die > Spannungen als unabhängig ansehen. Hallo nochmal! Danke für eure wertvollen Beiträge bis hierhin! Ich zeige einfach mal meine gesamte Schaltung, wegen der ich ursprünglich dieses Thema erstellt habe. Und zwar ist der Transistorverstärker Teil eines Ladungsverstärkers. Ich bin dabei den Frequenzgang bzw. den Noise Gain von dem Drainwiderstand RD zum Ausgang zu berechnen. Ihr seht 3 Schaltungen: 1. Richtige Schaltung mit dem Transistor 2. Statt Transistor dessen Ersatzschaltung ohne Millerkapazitäten 3. Statt Transistor dessen Ersatzchaltung mit Millerkapazitäten Wie man sieht, passt der Amplitudengang von Schaltung 2 super. Wenn die Millerkapazitäten berücksichtigt werden, passt es jedoch nicht mehr. Ich würde entsprechend Schaltung 2 berechnen. Dennoch würde ich gerne verstehen (ohne simulieren zu müssen), wann ich das Millertheorem anwenden muss, und wann nicht.
... hier nochmal ein aktualisierter Screenshot. In dem anderen stimmen die DC-Werte nicht.
Klaus schrieb: > Ihr seht 3 Schaltungen: > > 1. Richtige Schaltung mit dem Transistor > 2. Statt Transistor dessen Ersatzschaltung ohne Millerkapazitäten > 3. Statt Transistor dessen Ersatzchaltung mit Millerkapazitäten > > Wie man sieht, passt der Amplitudengang von Schaltung 2 super. Wenn die > Millerkapazitäten berücksichtigt werden, passt es jedoch nicht mehr. Mir ist nicht ganz klar, das du hier "Millerkapazität" nennst. Normalerweise bezeichnet man so die Koppelkapazität zwischen Ein- und Ausgang des Verstärkers, bei deinem MOSFET also C_gd (Gate ist der Ein- und Drain der Ausgang). Diese Kapazität kann man unter Umständen vernachlässigen - wenn man nur niedrige Frequenzen betrachtet. Im Normalfall wird man sie aber in die Simulation einbeziehen. Ja, man wird gar keine Wahl haben, wenn das MOSFET-Modell korrekt ist. Denn dann hat es alle parasitären Kapazitäten bereits eingebaut. Die Transformation nach Miller ist genau betrachtet nur eine Näherung, denn sie geht davon aus, daß die Verstärkung konstant (insbesondere unabhängig von der Frequenz) ist. In der Realität ist sie das aber nicht. Und deswegen verhalten sich Original und Transformierte auch subtil unterschiedlich. Wenn man die Rechnerei ohnehin einem Computer aufbürdet, dann sollte man tunlichst mit den real existierenden parasitären Elementen rechnen. Sofern man sie natürlich kennt oder wenigstens abschätzen kann. Der Vorteil der Millertransformation besteht darin, daß man das Verhalten einer Schaltung überschlagsmäßig viel leichter bestimmen kann, indem man die Koppelkapazität auf den Eingang (seltener auch: auf den Ausgang) transformiert. Beim MOSFET bleibt dann einfach der Tiefpaß aus Quellimpedanz und Eingangskapazität übrig. Das kann man bedarfsweise auch im Kopf ausrechnen. Die Simulation der untransformierten Schaltung ist aufwendiger. Aber den Computer kratzt das nicht.
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