Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Alte (Elektrolyt)Kondensatoren austauschen


von Dierk V. (vman)


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Hallo Forum,

ich bin gerade dabei einen alten Dual CV 40 Verstärker wieder fitt zu 
machen. Das Gerät ist von 1970. Eigentlich hatte ich vor all Elkos zu 
ersetzen. Jetzt habe ich den 5000µF Sieb Elko mal gemessen, und mein 
Messgerät zeigt 7000µF Kapazität an, also 2000 mehr als der Nennwert.
ESR wird 0.1 Ohm und VLoss 2,2% angezeigt.
Ich habe hier einen neuen 6800µF Elko den ich zur Vergleichsmessung mal 
durch gemessen habe, und da zeigt mein Messgerät auch ca. 6800µF an.

Was denkt Ihr, kann ich dem Messgerät vertrauen (hat nur 20 Euro 
gekostet). Oder sollte ich den Elko besser wechseln?

Gruß Dierk

: Bearbeitet durch User
von hinz (Gast)


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Drin lassen!

von Made in West Germany (Gast)


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Der Elektrolyt Kondensator ist noch gute deutsche Wertarbeit (Made in 
W-Germany). Damals war es üblich bis zu 20% mehr Kapazität zu liefern. 
Die heutigen China Kracher haben typischerweise 10% unter Nennkapazität. 
Da es kein Schaltnetzteil mit hoher Beanspruchung der Elkos ist, muß man 
nicht "alle" Elkos austauschen. Das ist sogar kontraproduktiv!

von Icke ®. (49636b65)


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Dierk V. schrieb:
> Eigentlich hatte ich vor all Elkos zu ersetzen.

Das ist nicht sinnvoll. In Analogschaltungen altern die Elkos längst 
nicht so dramatisch wie bei den heute üblichen, stark impulsbelasteten 
Digitalschaltungen. Ich besitze noch eine Menge Elkos aus den 80ern, die 
tadellose Meßwerte liefern. Und auch Geräte aus den 80ern funktionieren 
bis heute klaglos, ohne daß jemals Elkos gewechselt wurden.

> Was denkt Ihr, kann ich dem Messgerät vertrauen

Ich kenn dein Gerät nicht, aber meines war auch nicht teurer und ist 
trotzdem genau. Solche Toleranzen sind durchaus normal bei älteren 
Elkos. Und da sie in diesem Fall positiv sind und der Elko wohl ein 
Ladekondensator aus dem Netzteil ist, würde ich ihn nicht tauschen.

: Bearbeitet durch User
von René F. (Gast)


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Made in West Germany schrieb:
> Damals war es üblich bis zu 20% mehr Kapazität zu liefern.

Das wären dann trotzdem nur 6000μF ;)

Bei +50% wäre es aber denkbar, es gibt auch Kondensatoren welche mit 
+50%/-10% spezifiziert sind, von daher nichts ungewöhnliches.

von Dierk V. (vman)


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Danke für die Hinweise. Ich werde diesen Kondensator erst mal im Gerät 
belassen.

von oszi40 (Gast)


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Dierk V. schrieb:
> erst mal im Gerät belassen.

Es kann bei Geräten, die recht lange Jahre stromlos herumgestanden 
haben, sinnvoll sein, diese erst am Regeltrafo langsam hochzufahren. 
Allerdings hatte ich auch schon einen Fall, wo 4 Wochen später plötzlich 
sich ein 500V-Elko in Konfetti verwandelte. Das konnte auch ins Auge 
gehen.

von Icke ®. (49636b65)


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oszi40 schrieb:
> Es kann bei Geräten, die recht lange Jahre stromlos herumgestanden
> haben, sinnvoll sein, diese erst am Regeltrafo langsam hochzufahren.

Wenn man keinen hat, tut es auch eine in Reihe geschaltete 100 Watt 
Glühlampe als Strombegrenzer.

von Soul E. (Gast)


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Dierk V. schrieb:

> ich bin gerade dabei einen alten Dual CV 40 Verstärker wieder fitt zu
> machen. Das Gerät ist von 1970. Eigentlich hatte ich vor all Elkos zu
> ersetzen. Jetzt habe ich den 5000µF Sieb Elko mal gemessen, und mein
> Messgerät zeigt 7000µF Kapazität an, also 2000 mehr als der Nennwert.

Diese Becher haben meist Toleranzen von -20/80%. Und während heute neue 
Elkos fast immer 15% unter dem Nennwert haben war man damals noch 
großzügiger.

Wenn Dein LCR-Meter zuviel anzeigt kann es aber auch an einem erhöhten 
Leckstrom liegen. Den kann man direkt messen -- Nennspannung anlegen und 
nach fünf Minuten den Strom ablesen. Mehr als 50 µA sollten das nicht 
sein.

Wenn der alte Elko lange gelegen hat, 1k in Reihe und mit der halben 
Spannung anfangen. Nach 30 min auf volle Spannung, nach 1 h ablesen.

Elkos ab 1990 dürfen direkt an Spannung. Die haben oxidierende 
Elektrolyte und brauchen nach längerer Lagerung nicht formiert werden. 
Dafür ätzen sie die Platine an wenn sie auslaufen.


> ESR wird 0.1 Ohm und VLoss 2,2% angezeigt.

Das spricht für beste Gesundheit, drin lassen!



Grundsätzlich:

* Elkos vor 1980 gehen auch schonmal kaputt, sind aber in der Mehrheit 
zuverlässig und in Ordnung. Nur tauschen wenn wirklich defekt!

* SMD-Becherelkos um 1990 neigen gerne zum Auslaufen. Wenn es im Gerät 
nach Essig riecht, um die silbernen Becher mit der schwarzen Grundplatte 
Pfützen erkennbar sind oder gar Grünspan auf der Leiterplatte -- raus 
damit!

* Elkos in Schaltnetzteilen werden mehr gestresst als in 
Netzgleichrichtern, diese haben mehr Arbeit als Sieb- oder Koppelelkos 
im Geräteinneren.

* Seit der Jahrtausenwende kann keine Firma mehr Geld verschenken. Egal 
ob China oder Europa. Daher betreibt man requrements engineering, d.h. 
die Bauteile werden so ausgelegt dass sie gerade eben die Anforderungen 
erfüllen. Und das sind meist 25 Monate Lebensdauer in einer gut 
geheizten Wohnung. Daher sind die Elkos in Deinem 2010er 
Flachbildfernseher schon zum zweiten Mal kaputt, wogegen die 
Stereoanlage von 1970 immer noch läuft wie am ersten Tag.

von Edi M. (edi-mv)


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Autor: soul eye (souleye)
Datum: 21.04.2018 17:14
* Seit der Jahrtausenwende kann keine Firma mehr Geld verschenken. Egal
ob China oder Europa. Daher betreibt man requrements engineering, d.h.
die Bauteile werden so ausgelegt dass sie gerade eben die Anforderungen
erfüllen. Und das sind meist 25 Monate Lebensdauer in einer gut
geheizten Wohnung. Daher sind die Elkos in Deinem 2010er
Flachbildfernseher schon zum zweiten Mal kaputt, wogegen die
Stereoanlage von 1970 immer noch läuft wie am ersten Tag.

soul e. schrieb:
> Grundsätzlich:
>...
> * Seit der Jahrtausenwende kann keine Firma mehr Geld verschenken. Egal
> ob China oder Europa. Daher betreibt man requrements engineering, d.h.
> die Bauteile werden so ausgelegt dass sie gerade eben die Anforderungen
> erfüllen. Und das sind meist 25 Monate Lebensdauer in einer gut
> geheizten Wohnung. Daher sind die Elkos in Deinem 2010er
> Flachbildfernseher schon zum zweiten Mal kaputt, wogegen die
> Stereoanlage von 1970 immer noch läuft wie am ersten Tag.

Kann ich nur bestätigen.
Ich habe in den letzten Tagen für einige Versuche Elkos aus Monitoren, 
12V/230V- Transvertern, PC- Netzteilen, alles etwa 3- 10 Jahre alt. und 
... einem Farbfernseher von Telefunken -aus den 70er oder 80er Jahren- 
ausgelötet.
Keine ausgefallenen Werte: 2,2; 4,7; 10; 50 und 100 µF.

Irre- obwohl die Teile zum Teil aus Geräten, die noch funktionierten, 
stammen:

Die modernen Teile größtenteils Schrott !!!
Abweichungen bis Minus 80% !

Dagegen die über 30 Jahre alten Telefunken- Elkos Minus 10%, Plus bis 
20%, die meisten hatten Plus 10%.

Ähnlich alte DDR- Lagerware, und einige ausgebaute aus den50er/60er 
Jahren, die ich eben mal gemessen habe.

von oszi40 (Gast)


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Icke ®. schrieb:
> oszi40 schrieb:
>> Es kann bei Geräten, die recht lange Jahre stromlos herumgestanden
>> haben, sinnvoll sein, diese erst am Regeltrafo langsam hochzufahren.
>
> Wenn man keinen hat, tut es auch eine in Reihe geschaltete 100 Watt
> Glühlampe als Strombegrenzer.

Eine Lampe in Reihe begrenzt zwar bei einer Reparatur den Strom und 
schont die Sicherungen, reduziert aber kaum die anliendende Spannung! 
Daher wirklich nur NOTbehelf, da die ganze Spannung bedingt durch den 
Kaltwiderstnd des Glühfadens doch recht schnell anliegen wird. Besser 
mit Stelltrafo hochfahren damit die Elkos etwas Zeit haben sich zu 
formieren. Allerdings startet da auch nicht jedes Schaltnetzteil. Das 
klappt aber dafür bem nächsten einschalten mit weniger weißem Rauch.

von Icke ®. (49636b65)


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oszi40 schrieb:
> Besser mit Stelltrafo hochfahren

Ja sicher. Hat aber nicht jeder rumstehen. 100W Glühobst ist dagegen 
trotz Ächtung wohl noch in fast jedem Haushalt aufzutreiben. Die Lampe 
wirkt als Schadensbegrenzer, sodaß bspw. bei einem durchlegierten 
Transistor im Netzteil nicht weitere Baulemente mit in den Tod gerissen 
werden.

von Soul E. (Gast)


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oszi40 schrieb:

> (...) Besser
> mit Stelltrafo hochfahren damit die Elkos etwas Zeit haben sich zu
> formieren. Allerdings startet da auch nicht jedes Schaltnetzteil.

Das macht nichts. Der Primärelko sieht trotzdem die Spannung und auf der 
Sekundärseite hat man es im allgemeinen mit niedrigeren Spannungen und 
begrenztem Ladestrom zu tun. Ausnahmen sind natürlich Boost Converter, 
z.B. in historischen Röntgenanlagen. Aber wer sich auf sowas einlässt 
sollte sich ohnehin mit der Theorie befasst haben.

von die gute alte Zeit (Gast)


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Edi M. schrieb:
> die über 30 Jahre alten Telefunken- Elkos Minus
> 10%, Plus bis 20%, die meisten hatten Plus 10%.

Habe ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, nur nicht mit so vielen 
verschiedenen. 8 Stück Frako 4700µF 80V- GPF sind seit mehr als
40 Jahren die Glättung für einen Verstärker (der ebenfalls so
alt ist, und nie kaputt war).

Die Elkos wurden vor Jahren mal von einem Freund (der hat ein LCR-
und ein ESR-Meter) überprüft. Kein merklicher Kapazitätsverlust
(alle knapp unter 5000µF, vermutlich "wie neu"),und der ESR war
auch gut - obwohl ich den Durchschnitts-Wert nicht mehr weiß.

Ich wollte damals eine neue Platine, weil die alte von meinem
Bruder "zerbraten" worden war. Und hatte ebenfalls an neue Teile
gedacht. Das aber habe ich mir schnell anders überlegt. Es kamen
wieder die originalen Teile auf die neue Platine.

Danach habe ich aus Neugier was ausprobiert: Nach 2 Stunden volle
Power mit 250W an 8 Ohm waren die grade mal ein klein bißchen warm.
Scheinbar taugen die alten Bauteile wirklich etwas, und die Glättung
von 100Hz stellt keine echte Anforderung dafür dar.

(Diese Elkos haben aber auch einen Durchmesser von 40mm, und dazu
sind sie auch noch 60mm hoch. Ich glaube, viele moderne Elkos
haben da eher nur das halbe Volumen, wenn überhaupt.)

Es ist wohl wirklich das Beste, die Teile nach Möglichkeit drin
zu lassen. Da kann ich den anderen Usern nur zustimmen. So lange
die ihren Dienst tun, wäre es Unsinn, sie durch etwas (wahrsch.)
Schlechteres ersetzen zu wollen.

In diesem Sinne, VG.   :-)

von Elektrofan (Gast)


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> Alte (Elektrolyt)Kondensatoren austauschen

Warum denn sowas?

Alte Politiker(Innen) werden doch auch nicht entsorgt!    SCNR

von Elektrofan (Gast) (Gast)


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Ich erhielt ca. 1990 Elkos im MIL-Standard als Versuchsmuster,
seitdem lagen die nutzlos herum.
Jetzt endlich ergab sich die Gelegenheit, sie einzubauen; bei der 
Nach-Formierung zogen die keinen auffälligen Strom. -
Auch die Elkos (vom Basteltisch, damals musste ich erst recht sparen!),
die ich von vor fast 45 Jahren in meinen Verstärker einbaute, gehen
immer noch.

von Lulle (Gast)


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Die radialen Frakos gehen hier regelmäßig mit Kurzschluss defekt ...

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