Hallo, eben die klebrig schmierigen und bröseligen Reste der Gummiauflage eines Kamerastativs weg gepopelt. Vom Opa liegt im Keller noch ein Karton mit div. Gummiplatten und Profilen, bestimmt 40 Jahre alt, aber noch in Top Zustand. Habe eben aus einem 2mm Material eine Ersatzplatte ausgeschnitten. Hat man einen Gummi entwickelt, der sich nach 10 Jahren zuverlässig in klebrige Rotze verwandelt, oder ist der Industrie mit einer neumodischen Gummimischung der perfekte Griff ins Klo gelungen? Grüße von Gustav PS: Im Bild links hat sich eine Ecke der neuen Platte eingeschlichen
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Gustav K. schrieb: > Hat man einen Gummi entwickelt, der sich nach 10 Jahren zuverlässig in > klebrige Rotze verwandelt, oder ist der Industrie mit einer neumodischen > Gummimischung der perfekte Griff ins Klo gelungen? Letzteres. Das ist aber kein Problem der letzten 10 Jahre. Ich hatte schon mehrere Philips Plattenspieler und Tonbandgeräte aus den 60ern und 70ern in der Hand, bei denen sich die Antriebsriemen aus Gummi verflüssigt hatten.
Da könnte man ja mal HP befragen. Die hatten eine sehr glückliche Hand bei der Fertigung von selbstzerfallendem Gummi. Sämtliche Capstans von von HP gefertigten Magnetband-Laufwerken sind schon vor geraumer Zeit zuverlässig zetflossen. Egal ob 1/2-Zoll-Maschinen, Kassettenlaufwerke im z.B. HP85 oder den 264x-Terminals oder den Magnetkartenlesern im HP67/97. Die Aufzählung ist sicherlich unvollständig.
Richtiger Gummi wird mit Schwefelverbindungen vulkanisiert. Entweder mit Schwefelpulver verknetet und dann erhitzt oder kalt mit Schwefeldichlorid in Schwefelkohlenstoff gelöst vulkanisiert. https://de.wikipedia.org/wiki/Schwefeldichlorid https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffdisulfid Das Lösungsmittel Schwefelkohlenstoff will man sich gerne vom Halse halten (nicht umsonst stehen Viskosebuden nur noch in Indien und China). Also wird man auf Polyurethan statt Gummi ausweichen, nehme ich an. Ich hatte z.B. ein paar nagelneue Arbeitsschutzschuhe, die ich 7 Jahre im Keller habe "reifen" lassen. Als ich die zum Malern hervorholte und das 1x auf die Leiter stieg, dachte ich, ich sei in einen Hundehaufen reingetreten. Die Sohle löste sich ab und bildete klebrige Klumpen!
Gustav K. schrieb: > Vom Opa liegt im Keller noch ein Karton mit > div. Gummiplatten und Profilen, bestimmt 40 Jahre alt, aber noch in Top > Zustand. Keine Sonnenstrahlung und keine Fette/Öle, dann kann man Gummi lange lagern. Vorzugweise mit Talkum eingepudert. Es reicht, den Gummi einmal mit schwitzigen Händen anzufassen, dann nimmt die Zersetzung ihren Lauf. Daher sind auch Kondome nur für einmaligen Einsatz geeignet. Zur Gummipflege darf nur Silikonöl verwendet werden. Sinus T. schrieb: > Sämtliche Capstans von von HP gefertigten Magnetband-Laufwerken sind > schon vor geraumer Zeit zuverlässig zetflossen. Am besten erstmal die Lager reichlich fetten und dann mit den ungewaschenen Händen die Peese auflegen. Fertig ist die geplante Obsoleszenz.
Sven D. schrieb: > Letzteres. Hmm - hast du da mehr Informationen, bzw. einen Link zum Nachlesen? Gerald B. schrieb: > Also wird man auf Polyurethan statt Gummi ausweichen, nehme ich an. Das Lenkrad meines knapp 30 Jahre alten PKW ist m.W. mit Polyurethan umschäumt und ist wie neu. Trotz Kälte, Hitze, Sonne, Handfett usw. Das Lenkrad hält gefühlt noch weitere 100 Jahre. Die Gummiteile vom Opa sind überwiegend Schläuche aus Fahrrad/PKW/LKW, hier ist auch nach 40 Jahren keinerlei Alterung zu erkennen. Ebenso Gummiprofile, wie sie damals in der Industrie verwendet wurden. Wie kann es also sein, dass einem so ein gummibeschichteter Schraubendreher nach paar Jahren in der Werkzeugkiste wie ein Kaugummi in der Hand festklebt?
Gustav K. schrieb: > Das Lenkrad meines knapp 30 Jahre alten PKW ist m.W. mit Polyurethan > umschäumt und ist wie neu. Ich denke mal, da wird noch eine dünne PVC Schicht drüber sein, die wie Kunstleder aussieht. PU ist UV empfindlich und zerbröselt sonst. Außerdem sind Polyurethane eine Stoffklasse, die durch die Polyaddition aus Polyolen mit Polyisocyanaten entstehen. Die Wahl der Ausgangsstoffe beeinflusst maßgeblich die Eigenschaften des Endproduktes. Zum einen sind technisch reine Ausgangsstoffe mehr oder weniger Stoffgemische und zum anderen werden da bis zu einem Dutzend Verbindungen dieser Stoffklassen mit zusätzlichen Füllmitteln zusammengerührt, bis das Endprodukt die gewünschten Eigenschaften hat. Ich habe mal ein 3/4 Jahr in der Versuchsproduktion (im Labormaßstab) gearbeitet, wo der Kunde uns seine Anforderungsliste schickte, wir haben dann in unserem "Kochbuch" geblättert und Rezepturen, die dem geforderten nahe kamen, dann weiter optimiert, auf die geforderten Eigenschaften getestet und weiter optimiert... Das kann Reißfestigkeit, Dehnbarkeit, Schmelzpunkt, Brennbarkeit, Quellung in Wasser und anderen Lösungsmitteln usw. sein.
Gustav K. schrieb: > Sven D. schrieb: >> Letzteres. > > Hmm - hast du da mehr Informationen, bzw. einen Link zum Nachlesen? Nein.
Gerald B. schrieb: > ... wir haben > dann in unserem "Kochbuch" geblättert und Rezepturen, die dem > geforderten nahe kamen, dann weiter optimiert, auf die geforderten > Eigenschaften getestet und weiter optimiert ... Interessant, wie nähert man sich dann der Eigenschaft Alterung an? Man wird den Kunden kaum 10 Jahre warten lassen ...
Suche nach "Hydrolyse" und Du wirst sehen, daß man insbesondere bei Polyurethan mit diesem Effekt kämpft.
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