Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Wie detailiert sollte die Tätigkeitsbeschreibung sein?


von Auscheidender (Gast)


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Hallo zusammen,
nach vielen Jahren habe ich nun meinen ersten langjährigen Job bei einem 
KMU gekündigt und muss mir jetzt ein Arbeitszeugnis schreiben.
Mein Sorgenkind ist dabei die Tätigkeitsbeschreibung.
Diese fällt im Internet leider fasst immer der Anonymisierung zum Opfer, 
deshalb habe ich da aktuell keine Vorstellung, wie weit man hier ins 
Detail gehen sollte.

Um die Sache mal konkreter zu machen hier mal ein paar Stichpunkte von 
mir:

Schaltungsentwicklung und Entflechtung
Firmwareentwicklung für Mikrocontroller
Entwicklung und Wartung von Prüfadaptern und Prüfprogrammen für 
Funktions- und In-Circuit-Tests
Fehlersuche, -analyse und Reparaturen an Baugruppen
Unterstützung der Fertigung und des Einkaufs in technischen Fragen

Ich war der einzige Entwickler im Haus und das Hauptgeschäftsfeld ist 
die Leiterplattenbestückung. Ich war das Mädchen für alles Technische.

Mein Gedanke dazu ist, dass der Adressat des Zeugnisses ja primär 
Personaler sind.
Diese wissen wahrscheinlich sie nicht mal was Eagle, Altium und KiCad 
sind. Oder kennen AVR und STM32 nicht. Bei der Unterstützung ging es um 
die technischen Fragen, wie erzeugen der Koordinatenlisten für die 
Automaten, prüfen von Kundendaten, Freigaben für Leiterplattenfertigern, 
Abkündigungen, Alternativbauteile, ..

Andererseits würde diese Details die Fähigkeiten beurkunden, die man in 
den Lebenslauf schreibt.
Wie handhabt ihr das? Ich bin für jeglichen Input und Denkanstöße 
dankbar.

Vielen Dank schonmal

: Bearbeitet durch Moderator
von Peter (Gast)


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Juckt keine Sau was in deinem Arbeitszeugnis für Tätigkeiten stehen. 
Jeder weiss dass dieser Text bei Kackunternehmen vom Mitarbeiter selbst 
formuliert wird.

Die Bewertungen im Arbeitszeugnis, die du nicht beeinflussen kannst 
jucken Personaler schon eher. Der Lebenslauf und das Anschreiben liest 
der Fachbereich und ist entscheidend. Da muss das Zeug und deine Details 
rein. Langjähriger Job und so naiv...? Die Uhren ticken in Konzernen 
anders.

von Normal (Gast)


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Tätigkeitsbeschreibung ist Wichtigste Teil vom Zeugnis: Hier kannst Du 
alle Keywords unterbringen. Natürlich versteht der Personalfuzzy davon 
kein Wort, aber das ist egal. Er überprüft nur die wörtliche 
Übereinstimmung der Stellenanzeige mit Deinen Dokumenten. Also je mehr 
Produktnamen, Hersteller, Software, Libraries usw. Du da stehen hast, 
umso besser.

Spätestens der fachliche Verantworliche wird sich über Übereinstimmungen 
freuen. Vieles steht ja auch nicht explizit in der Stellenanzeige. Aber 
konkrete Angaben sind einfach prägnanter. Damit triggerst Du eher das 
Kopfkino beim Adressaten. Der liest STM32 und denkt sich vielleicht 
„endlich mal einer, der nicht nur Arduino und Raspberry kennt“.

Bedenke auch: Heute und in Zukunft noch mehr werden die Bewerbungen 
durch Wordprocessoren verarbeitet. Da kommt dann zum Schluss eine Zahl 
raus, welche Aussage darüber geben soll, wie gut Du auf die Stelle 
„matcht“.

von Taz G. (taz1971)


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Hi,
ihr unterschätzt die Personalfuzzys. Ich bin mir sicher, dass fast alle 
genannten Stichpunkte von so einem Personalfuzzy irgendwie eingeordnet 
werden können. Bei uns werden die Bewerbungen von der Personalabteilung 
in die jeweiligen Bereiche verteilt. Daher sehr gerne mit Fachbegriffen. 
So etwas wie Schaltplanerstellung mit Eagle, Plattform AVR usw. ist sehr 
gut der Personalfuzzy versteht Schaltplanerstellung leitet die Bewerbung 
zu uns und wir können uns ein ganz gutes Bild vom Bewerber machen.
Also Antwort beides - Die genannten Stichpunkte plus mehr Details.
Und Peter schrieb: juckt keine Sau was da steht - sorry ich lehne 
regelmäßig Bewerber ab weil dort nicht das steht was wir brauchen.

PS: ich lasse die Arbeitszeugnisse von unseren Azubis auch vorschreiben, 
die wissen doch am Besten was sie gemacht haben. Wird natürlich zusammen 
überarbeitet.

: Bearbeitet durch User
von Mad (Gast)


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Normal schrieb:
>
> Bedenke auch: Heute und in Zukunft noch mehr werden die Bewerbungen
> durch Wordprocessoren verarbeitet. Da kommt dann zum Schluss eine Zahl
> raus, welche Aussage darüber geben soll, wie gut Du auf die Stelle
> „matcht“.

Vielleicht in deiner Bude. Nicht in richtigen Unternehmen.

von SW I. (sw-ing)


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Mad schrieb:
> Normal schrieb:
>>
>> Bedenke auch: Heute und in Zukunft noch mehr werden die Bewerbungen
>> durch Wordprocessoren verarbeitet. Da kommt dann zum Schluss eine Zahl
>> raus, welche Aussage darüber geben soll, wie gut Du auf die Stelle
>> „matcht“.
>
> Vielleicht in deiner Bude. Nicht in richtigen Unternehmen.

Wenn du mit richtigen Unternehmen solche meinst, in denen man 
Urlaubsanträge noch auf Papier ausfüllt und auch sonst die meisten 
Anträge der schriftform bedürfen dann, ja.

Moderne Unternehmen, die nicht von der Politik behütet und geschützt 
werden, müssen natürlich effizient arbeiten und setzen solche Techniken 
ein.

von Cerberus (Gast)


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Auscheidender schrieb:
> Diese wissen wahrscheinlich sie nicht mal was Eagle, Altium und KiCad
> sind. Oder kennen AVR und STM32 nicht.

Wer KICAD angibt, hat wohl zu viel Zeit zum Spielen gehabt?
Firmen setzen dieses Tool gemeinhin nicht ein. Wenn keines
dieser Tools nachher erwartet wird, hat man schnell die A-Karte
gezogen.
AVR/STM32 zeigen zumindest in die richtige Richtung, wenn dann
aber PIC erwartet wird, genau der selbe Sche...
Da sollte man auch die Werkzeuge, also Compiler/Assembler erwähnen
und natürlich die Produkte, worin die Apps ticken, selbst
wenn das für Personaler Bahnhöfe sind.
Noch was, du schreibst hier nur was von "Job", aber nichts über deine
Qualifikation. Wenn es der neuen Firma nicht in den Kram passt,
wird dir die ganze Erfahrung nichts nützen, wenn die alte Firma
sich nur mit Bestücken beschäftigt hat.

Auscheidender schrieb:
> nach vielen Jahren habe ich nun meinen ersten langjährigen Job bei einem
> KMU gekündigt und muss mir jetzt ein Arbeitszeugnis schreiben.

Hm, gekündigt ohne einen neuen Vertrag schon in der Tasche zu haben?
Wer macht denn so was? Die ganze Geschichte kommt mir aber ziemlich
komisch vor. Da passt so einiges nicht zusammen.

von Taz G. (taz1971)


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Cerberus schrieb:
> Wenn keines
> dieser Tools nachher erwartet wird, hat man schnell die A-Karte
> gezogen.

Das stimmt.
Daher sollte man das Zeugnis nicht absolut sondern auch etwas offnener 
formulieren ohne zu lügen. Hat man mit KICAD gearbeitet könnte man so 
formulieren: gute Erfahrungen mit KiCAD aber auch einige Erfahrungen in 
anderen Tools wie CircuitMaker, xx,... - damit schmeisst man die Türe 
nicht gleich zu. Im Gegensatz zu "wir haben ausschliesslich KICAD 
verwendet". Es hilft bei Aufzählung "und weitere" zu schreiben.
Die Bewerbung sollte sowieso auf die Stelle angepasst werden - sucht 
eine Firma jemanden mit Altium Erfahrung schreibt man in der Bewerbung 
dass man zwar hauptsächlich mit KICAD gearbeitet hat, dass aber man 
offen für andere Tools ist und man schon einiges ausprobiert hat.

von oha (Gast)


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Auscheidender schrieb:
> nach vielen Jahren habe ich nun meinen ersten langjährigen Job bei einem
> KMU gekündigt und muss mir jetzt ein Arbeitszeugnis schreiben.

Yupp, kenne ich.
"Wir kenne Sie nicht gut genug, um ein Arbeitszeugnis zu schreiben".
Kam bei mir von einem Teamleiter. Nach geschlagenen 5 Jahren Tätigkeit 
unter ihm.

Die Überraschung meinerseits hielt sich in Grenzen. Da wusste ich, mit 
meiner Kündigung liege ich goldrichtig.

von Dennis (Gast)


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Die ganze Beschreibung bringt nichts wenn die BWL Bitch nichts davon 
versteht und du schon beim sichten rausfliegst.

von Normal (Gast)


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Im Übrigen sind die ganzen Keywords eine Hilfe bei der Formulierung des 
Bewerbungsanschreibens.

Beispiel:
- In der Stellenanzeige steht irgendwo „Labview. Du kannst dann im 
Anschreiben erwähnen: „Erfahrungen mit Labview sammelte ich während 
meines Praktikums/meiner Doktorarbeit/meiner Anstellung bei Firma XY“. 
So, der Personalfuzzy schaut dann kurz im Zeugnis nach, findet dort die 
Bestätigung, und Zack: hast Du einen Punkt gesammelt. Wenn Du das für 2 
oder 3 Themen/Keywords machen kannst, ist das Anschreiben eigentlich 
gegessen. Brauchst dann nicht rumschwurveln a la bin Teamfähig usw.

Von daher: Schau Dir Stellenanzeigen Deiner Traumjobs an, picke die 
Keywords heraus und baue sie in die Tätigkeitsbeschreibung in Deinem 
Zeugnis ein (muss natürlich der Wahrheit entsprechen, aber das dürfte 
klar sein).

von Cerberus (Gast)


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Normal schrieb:
> Von daher: Schau Dir Stellenanzeigen Deiner Traumjobs an, picke die
> Keywords heraus und baue sie in die Tätigkeitsbeschreibung in Deinem
> Zeugnis ein (muss natürlich der Wahrheit entsprechen, aber das dürfte
> klar sein).

Ob das realistisch ist? Für eine gegenwärtige Stelle mag das
klappen, aber die Arbeitswelt ist ständig im Wandel. Die
Anforderungen verändern sich ständig und wenn es aktuell nicht
mit dem Wechsel klappt, wie soll das dann in Zukunft klappen?
Die Halbwertzeit von Arbeitszeugnissen liegt auch nur bei ein
paar Jahren. Da sollte man sich vielleicht überlegen, die 
Tätigkeitsbeschreibung den Verhältnissen anzupassen und nicht
so absolut zu formulieren.

von Normal (Gast)


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Naja, trotz Wandel, viele Sachen gibt es schon seit Jahrzehnten, ob 
jetzt Visual Studio oder C oder FPGA oder oder oder. Schnell wandelt 
sich die Arbeitswelt vor allem für die Leute, die etwas von der Technik 
entfernt sind und immer nur die neuesten Buzzwords wiederkäuen können.

von ZF (Gast)


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Hallo Ausscheidender,

die Tätigkeitsbeschreibung ist wichtig, und kann der Türöffner sein. 
Hast du schon eine neue Stelle? Dann wird das Zeugnis sowieso erst für 
den nächsten Wechsel interessant. Hast du ohne neue Stelle gekündigt, 
dann richte den Text der Tätigkeitsbeschreibung nicht an die 
Personalabteilung sondern an den Fachvorgesetzen. Schaltungsentwicklung 
und Entflechtung kannst du mit Details auffüllen: Hast du LED-Blinker 
designed, oder war es anspruchsvoll, etwa rauscharm analog, mixed 
signal, high speed digital, HF oder Boards >1000 Bauteile oder >8 Lagen. 
Bei den Mikrocontrollern die Familien mit denen du gearbeitet hast 
benennen, aber kein Bullshit-Bingo. Also nicht alle erhältlichen µCs 
aller Hersteller auflisten, da fällt fällt der Fachvorgesetzte nicht 
drauf rein. Bei den anderen Punkten entsprechend die anspruchsvollen 
Teile der Arbeit zusätzlich erläutern.

Viel Erfolg beim Formulieren!

von Taz G. (taz1971)


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Cerberus schrieb:
> aber die Arbeitswelt ist ständig im Wandel.

Richtig, dafür halte ich es für wichtig in der Bewerbung/Zeugnis zu 
erwähnen, dass man für andere Tools, Sprachen, Technologien offen ist.
Wenn z.B. einer schreibt das er die letzten Jahren nur mit Eagle 
gearbeitet hat, sich kein anders Tools angeschaut hat und auch nicht 
schreibt dass er für andere Tools empfänglich ist - hat er sich schon 
disqualifiziert (weil wir kein Eagle benutzen).

Gut ist immer Hauptkompetenz und dahinter die "Nebenkompetenz":
"Habe Jahrelange Erfahrung in Kicad, habe mir aber auch andere Tools wie 
x,y,z angeschaut."
"Große Erfahrungen in digital Technik.. plus einige Tätigkeiten und 
Projekte in Analog Hf...."
Gut auch Aufzählungen offen zu lassen -> "Tool x,y, und noch weitere"
"Einsatz verschiedener Technologien unter anderm x,y,z"

von Techniker_t (Gast)


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Man sollte nix vergessen, gewisse Details sollten schon klar sein. Damit 
ersparen viele die Arbeit. Eigentlich sollte man das immer mit der 
Fachabteilung 1 zu 1 umsetzen.

Dann sollte man vielleicht auch überlegen, ob es solche "Fachkräfte" da 
draußen geben kann?

Könnt Ihr denn einschätzen wer sich da einarbeiten kann oder nicht? Wie 
leitet Ihr das ab?

von Jürgen Wissenwasser (Gast)


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In meiner Firma (Medizintechnik) sind für technische Stellen Personaler 
faktisch nicht involviert. Wir, die Techniker im Team, sichten die 
Bewerbungen und nur wir (no na, wer sonst) haben die notwendige 
Kompetenz um eine Bewerbung im Vorfeld zu bewerten.

Und ja, es ist sehr hilfreich zu wissen, welche MCUs man schon 
programmiert hat (ich bin z.B. beim MSP430 in Assembler stark) und je 
nach Firma kann die Frage nach KiCad oder Eagle auch ein Thema sein 
(wenn z.B. Altium zu teuer ist).
Wenn in der Beschreibung auf der A4-Seite noch Platz ist, dann schreib' 
es auch detaillierter hinein.

von Cerberus (Gast)


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Jürgen Wissenwasser schrieb:
> nach Firma kann die Frage nach KiCad oder Eagle auch ein Thema sein
> (wenn z.B. Altium zu teuer ist).

Schon mal drüber nach gedacht, wenn man ein Tool ohne Support
benutzt? Sollte es Probleme geben, steht der Mitarbeiter und
die Firma möglicherweise ziemlich dumm dar. Daher sind die Preise
für die Profi-Tools irgendwie wohl berechtigt.

von Timo (Gast)


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Cerberus schrieb:
> Jürgen Wissenwasser schrieb:
>> nach Firma kann die Frage nach KiCad oder Eagle auch ein Thema sein
>> (wenn z.B. Altium zu teuer ist).
>
> Schon mal drüber nach gedacht, wenn man ein Tool ohne Support
> benutzt? Sollte es Probleme geben, steht der Mitarbeiter und
> die Firma möglicherweise ziemlich dumm dar. Daher sind die Preise
> für die Profi-Tools irgendwie wohl berechtigt.

Kicad ist zwar toll aber auch in der Version 4.0.7 ist das Library 
management eine katastrophe. Für kleine Frickelbuden oder Hobby Projekte 
ist das alles brauchbar.

Kicad ist nicht schlecht sondern für ein freie tool äußerst mächtig aber 
manches fehlt eben.

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