Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Aktiver Freilauf bei H-Brücke, Unterschied zum Bremsen?


von Stefan (Gast)



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Hallo Elektronikfreunde,

ich habe eine Frage, die mich schon seit längerem beschäftigt.
Ich kenne es von Hoch- und Tiefsetzsteller, dass zur Verlustreduzierung 
die Diode für den Freilaufkreis durch einen aktiv geschalteten Mosfet 
überbrückt wird (Aktiver Freilauf).

Wenn ich bei der H-Brücke im Bild den Strom über T1 und T4 fließen lasse 
und den T1 fürs PWM ausschalte, dann fließt der Strom über T4 und D2.

Warum darf ich in diesem Fall nicht T2 einschalten?

T2 und T4 sind ja der Betriebsfall "bremsen".
Dies geschieht doch auch unweigerlich, wenn der Strom über D2 getrieben 
wird.

Was übersehe ich?

Viele Grüße
Stefan

von Falk B. (falk)


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@Stefan (Gast)

>Ich kenne es von Hoch- und Tiefsetzsteller, dass zur Verlustreduzierung
>die Diode für den Freilaufkreis durch einen aktiv geschalteten Mosfet
>überbrückt wird (Aktiver Freilauf).

Ja.

>Wenn ich bei der H-Brücke im Bild den Strom über T1 und T4 fließen lasse
>und den T1 fürs PWM ausschalte, dann fließt der Strom über T4 und D2.

Ja.

>Warum darf ich in diesem Fall nicht T2 einschalten?

Doch, das darfst du. Im Fall eines eingeschwungenen Zustands (Motor 
dreht mit konstanter Drehzahl entsprechend der mittlere PWM-Spannung) 
sind aktiver und passiver Freilauf nahezu identisch.

>T2 und T4 sind ja der Betriebsfall "bremsen".

Nein, das allein ist es nicht.

Der Unterschied entsteht, wenn srunghaft das Tsstverhältnis geändert 
wird. Sagen wir von 50 auf 25%.

Passiver Freilauf ohne T2: Motor bremst rein mechanisch ab und kommt 
irgendwann bei 25% Nenndrehzahl an.

Aktiver Freilauf mit T2: Motor bremst aktiv und speist Einergie in den 
Zwischenkreis zurück (Rekuperation wie es E-Autos machen), das Bremsen 
ist stärker und damit schneller.

>Dies geschieht doch auch unweigerlich, wenn der Strom über D2 getrieben
>wird.

Nein. Nur weil Strom über D2 fließt, heißt das noch lange nicht, daß der 
Motor gebremst wird! In der Freilaufphase der PWM wird der Motor über 
die Restenergie in den Spulen angetrieben. Der Strom sinkt zwar, liefert 
aber noch Antriebsenergie.

>Was übersehe ich?

Den Unterschied zuwischen konstanter PWM und einem Wechsel.

von Günter Lenz (Gast)


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Es fließt kein Strom durch D2 wenn T1 abschaltet,
wenn T2 duchgesteuert wird, wird auch gebremst.

von Stefan (Gast)


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Vielen Dank für die gute Erklärung.

Eine Frage habe ich noch

Das Zurückspeisen in den Akku erfolgt dann ja über D1, sobald die 
induzierte Spannung vom Motor, (im Ersatzschaltbild aus Ankerwiderstand, 
Ankerinduktivität und induktionsspannung),größer als die vom 
Zwischenkreis, Akku ist und T1, T3 abgeschaltet sind.

Warum funktioniert das nur, wenn T2 leitet?

Wenn ich mir die Maschengleichung aufstelle, taucht einmal die 
Diodenspannung anstatt dem Rdson * i auf.

Grüße Stefan

von der schreckliche Sven (Gast)


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Stefan schrieb:
> Was übersehe ich?

Wenn der "Freilauf"-Strom durch T2 und T4 fließt, ist der Motor 
kurzgeschlossen, und es entsteht kaum Verlustwärme. Der Motor-Generator 
wird nur sehr gering belastet und bremst kaum.

Der "Freilauf" bremst nicht.

Wären dagegen alle Transistoren abgeschaltet, würde der Generatorstrom 
in die Betriebsspannung (Akku) fließen, was den Motor-Generator 
entsprechend belasten und damit effektiv bremsen würde.

von Günter Lenz (Gast)


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der schreckliche Sven schrieb:
>Wären dagegen alle Transistoren abgeschaltet, würde der Generatorstrom
>in die Betriebsspannung (Akku) fließen, was den Motor-Generator
>entsprechend belasten und damit effektiv bremsen würde.

Das würde nur passieren, wenn der Motor schneller dreht
als vor dem Abschalten aller Transistoren, also aktiv mechanisch
angetrieben wird.

>Wenn der "Freilauf"-Strom durch T2 und T4 fließt, ist der Motor
>kurzgeschlossen, und es entsteht kaum Verlustwärme. Der Motor-Generator
>wird nur sehr gering belastet und bremst kaum.

Im Gegenteil, bei Kurzschluß wir der Motor richtig gebremst.

von der schreckliche Sven (Gast)


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Günter Lenz schrieb:
> bei Kurzschluß wir der Motor richtig gebremst....

...und die Energie verschwindet im Dimensionstor.

von Falk B. (falk)


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@ Stefan (Gast)

>Das Zurückspeisen in den Akku erfolgt dann ja über D1, sobald die
>induzierte Spannung vom Motor, (im Ersatzschaltbild aus Ankerwiderstand,
>Ankerinduktivität und induktionsspannung),größer als die vom
>Zwischenkreis, Akku ist

Ja, aber dazu muss der Motor schon sehr schnell drehen, praktisch ÜBER 
Nenndrehzahl. Das passiert eher selten. Das was du hier beschreibst ist 
rein passives Rückspeisen.

> und T1, T3 abgeschaltet sind.

>Warum funktioniert das nur, wenn T2 leitet?

Weil dann Die H-Brücke als Step Up Wandler arbeitet! Durch das 
Einschalten von T2 wird die Spuleninduktivität des Motors mit Strom 
aufgeladen, der Motor arbeitet als Generator. Wenn T2 öffnet und dann T1 
schließt, fließt die Energie über T1 und T4 in den Akku/Zwischenkreis 
zurück. Das Ganze funktiopniert auch, wenn der Motor deutlich unter 
Nenndrehzal läuft, eben weil durch das Schalten von T2 eine Step Up 
Funktion erreicht wird.

>Wenn ich mir die Maschengleichung aufstelle, taucht einmal die
>Diodenspannung anstatt dem Rdson * i auf.

Dann vergiß mal die Stromrichtung nicht. Beim Step Up muß Strom gegen 
die Sperrichtung der Diode D2 fließen. Das geht natürlich nicht. Also 
geht aktives Bremsen bei kleinen Drehzahlen nur mit T2.

Grüße Stefan

von Falk B. (falk)


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@der schreckliche Sven (Gast)

>Wenn der "Freilauf"-Strom durch T2 und T4 fließt, ist der Motor
>kurzgeschlossen, und es entsteht kaum Verlustwärme.

Unsinn.

> Der Motor-Generator
> wird nur sehr gering belastet und bremst kaum.

Jaja. Versuch mal einen Motor bei voller Drehzahl hart kurzzuschließen.

>Der "Freilauf" bremst nicht.

Stimmt.

>Wären dagegen alle Transistoren abgeschaltet, würde der Generatorstrom
>in die Betriebsspannung (Akku) fließen, was den Motor-Generator
>entsprechend belasten und damit effektiv bremsen würde.

Nur wenn er deutlich über Nenndrehzahl läuft. Denn sonst reicht die 
Spannung nicht.

von ACDC (Gast)


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Stefan schrieb:
> Warum darf ich in diesem Fall nicht T2 einschalten?
>
Darfst du, aber nur so lange I>0

> T2 und T4 sind ja der Betriebsfall "bremsen".
Ja, wenn I<0

von Günter Lenz (Gast)


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der schreckliche Sven schrieb:

>Günter Lenz schrieb:
>> bei Kurzschluß wir der Motor richtig gebremst....
>
>...und die Energie verschwindet im Dimensionstor.

Die Energie wird in der Motorwicklung in Wärme
umgesetzt.

von Stefan (Gast)


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Vielen Dank Falk für die tolle Erklärung.


Eine Frage zur praktischen Umsetzung habe ich noch, ich kann mir zwar 
Denken, wie es gemacht wird, aber nachdem ich schon unterschiedliches 
gehört habe, frage ich besser doch euch.


Wie wird denn der T4 beim aktiven Bremsen geschalten, falls der Motor 
zuvor über T1 und T4 angesteuert wurde und der Step-Up-Betrieb über T2 
genutzt wird?

Theoretisch kann der Strom, wenn die "Ersatzspannungsquelle" den Strom 
in den Akku zurückschickt, ja auch über die Bodydiode des T4 fließen 
oder bleibt der T4, über die ganze Zeit, um unnötige Schalt- und 
Durchlassverluste zu vermeiden, eingeschalten?

Viele Grüße
Stefan

von Dieter (Gast)


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Was Dir noch zum Verständnis fehlt, sind die unterschiedlichen 
Ansteuerverfahren der H-Brücken. Für die BLDC-Motoren gibt es eine 
interessante Übersichten im Netz zu finden.
Und als zweites wie hier die fiktiven DCDC-Aufwärtswandler arbeiten.

Wenn der Motor sich so schnell dreht, dass die induzierte Spannung höher 
als die Versorgungsspannung der Brückenschaltung wird, passiert 
folgendes:

Wenn alle MOS gesperrt wären, würde über D2 und D3 rückgespeist werden 
und massiv gebremst werden, wenn die Schaltung den Strom aufnehmen 
könnte.

Ist die Drehzahl geringer und die Spannung unter der 
Versorgungsspannung, dann kann Rückgespeist werden, indem T4 wie beim 
Aufwärtswandler PWM-mäßig getaktet wird. Die Induktivität des Motors 
wird hierbei als EnergieSpeicherElement verwendet. Der Flyback-Strom des 
Aufwärtswandlers nimmt dann den Weg über D2 (oder T2, wenn dieser 
durchgeschaltet würde) und D3.

Man könnte aber auch T3 durchschalten um in den Spannungsabfall über D3 
zu vermindern. Würde aber nun auch T2 durchgeschaltet, gäbe es ein 
Problem, wenn der lückende Betrieb des fiktiven Wandlers beginnt und T2 
noch durchgeschaltet wäre. Also bleibt T2 deshalb gesperrt. Der 
Spannungsabfall über D2 wird in Kauf genommen.

Im Hintergrund steht, dass theoretisch eine solche Steuerung zwar 
möglich wäre, aber nicht alle Schaltkombinationen in der Praxis möglich 
sind.
Der Grund ist ein zusätzliches Schleifen der Steuersignale über eine 
Schutzlogik (Schaltwerk) im internen der SteuerIC umd bei einem internen 
Hänger einen Kurzschlussfall durch die Ansteuerung zu vermeiden.

Ist nun klar geworden,
> Was übersehe ich?

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