Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Impulsbelastung von SMD Widerständen


von Michael (Gast)


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Habe mal eine Frage zur Impulsbelastung von (SMD) Widerständen.

In einem Einsatzfall, vergleichbar einem „Lauflicht“, werden 8 
Widerstände im Multiplexbetrieb jeweils für 1 sec. aktiviert. (1 sec. 
On, 7 Off). In der ON Phase beträgt die Verlustleistung im Widerstand 
max. 0,625W. Die Mittlere Leistung somit 0,625W/8 = 78mW. Kann ich dafür 
noch einen SMD Widerstand im 0805 Gehäuse mit Pmax = 125mW einsetzen? 
Finde in dem mir zur Verfügung stehenden Datenblatt jetzt keine Angabe 
die sich über die Impulsbelastung auslässt. Hat mir vielleicht jemand 
einen Link zu einem Datenblatt wo man sich über diese Problematik schlau 
machen kann?
Seitens der Spannung (SELV) bin ich im sicheren Bereich.

Meine Interpretation: Theoretisch funktioniert das und die mittlere 
Leistung wird immer 78mW sein. Nur wieweit kann man dies treiben? 60s On 
und 70s Off (um es mal extrem zu machen) werden die Widerstände nicht so 
leicht überstehen. Nur wieweit kann man dies treiben?

Besten Dank

von Joachim B. (jar)


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Michael schrieb:
> Meine Interpretation: Theoretisch funktioniert das und die mittlere
> Leistung wird immer 78mW sein. Nur wieweit kann man dies treiben?

soweit bis die Stromdichte den R sprengt, da nutzt es ja nichts wenn er 
nach dem Impuls ausruhen kann.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Michael schrieb:
> Meine Interpretation: Theoretisch funktioniert das
Die Realität zeigt dann aber, dass der kleine SMD-Körper zu wenig Masse 
hat um die Energie aufzunehmen und zu wenig Fläche um sie loszuwerden. 
Er wird dann also im 8s Takt überlastet. Und reißt sich im Laufe der 
Zeit die Kontaktierung ab.

> Nur wieweit kann man dies treiben?
Du bist bei dieser langsamen Taktfrequenz garantiert schon deutlich an 
der Grenze. Ich bin mir aber noch nicht ganz sicher auf welcher Seite... 
;-)

Die Serie CRCW-HP e3 von Vishay ist für hohe Impulslasten spezifizert, 
die hat schon ein P70 von 0,5W im 0805 Gehäuse:
https://docs-emea.rs-online.com/webdocs/14c5/0900766b814c54c5.pdf

> Hat mir vielleicht jemand einen Link zu einem Datenblatt
> wo man sich über diese Problematik schlau machen kann?
Probiers mal damit:
https://www.vishay.com/docs/28870/pulseloadsmdlimit.pdf

von M.A. S. (mse2)


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Michael schrieb:
> In der ON Phase beträgt die Verlustleistung im Widerstand
> max. 0,625W. Die Mittlere Leistung somit 0,625W/8 = 78mW. Kann ich dafür
> noch einen SMD Widerstand im 0805 Gehäuse mit Pmax = 125mW einsetzen?

Ich würde es nicht tun. Wie schon geschrieben wurde: 1 Sekunde ist für 
ein so kleines Bauteil eher eine Dauer- als eine Impulsbelastung.

Meine Empfehlung: entweder deutlich belastbarere Widerstände verwenden 
oder etwas am Gesamtkonzept ändern, so dass weniger Leistung in den 
Widerständen umgesetzt werden muss, aber dazu können wir natürlich 
nichts sagen, solange wir nicht mehr wissen, als das hier:

Michael schrieb:
> In einem Einsatzfall, vergleichbar einem „Lauflicht“, werden 8
> Widerstände im Multiplexbetrieb jeweils für 1 sec. aktiviert

Wenn es z.B. wirklich ein Lauflicht wäre: Betriebsspannung senken.

von Soul E. (Gast)


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Michael schrieb:

> Finde in dem mir zur Verfügung stehenden Datenblatt jetzt keine Angabe
> die sich über die Impulsbelastung auslässt. Hat mir vielleicht jemand
> einen Link zu einem Datenblatt wo man sich über diese Problematik schlau
> machen kann?

Deinen Widerstand kenne ich nicht. Bei Yageo gilt

"Intermittent Overload: IEC 60115-1 4.39. 2.5 times of rated voltage or 
maximum overload voltage whichever is less for 1 second on and 25 
seconds off; total 10,000 cycles. Acceptance Limits ±(1.0%+0.05 Ω) for 
1% tol., ±(2.0%+0.05 Ω) for 5% tol., <100 mΩ for Jumper"

Also grob gepeilt Faktor 2 - 2,5 kannst Du überlasten. Bei Deinen 625 mW 
wäre also ein 1206er passender. Ein 2010er wäre dauerfest.

von OS (Gast)


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Michael schrieb:
> werden die Widerstände nicht so
> leicht überstehen.

Kommt auch darauf an welcher SMD Widerstand, Kohleschicht oder 
Metallfilm Widerstand.
Die Hersteller machen hier schon Angaben was die Impulsbelastbarkeit 
angeht.
Ich hatte so was mal vor Jahren in der Arbeit, war so das ein 
Kohleschicht Widerstand nur ca. das 5 Fache der Nennleistung aushält, 
ein Metallfilm Widerstand das 30 - 40 Fache. Ich kann Dir jetzt aber 
nicht mehr sagen wie der Impuls definiert war. Aber das wirst Du schon 
noch herausfinden.

von Michael (Gast)


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Danke Euch,

das hilft mir weiter.

Heute ist tatsächlich ein 1206er verbaut und das funktioniert bestens. 
Im Rahmen einer Überarbeitung und Vereinheitlichung wollte man auf einen 
0805. Doch da halte ich mich lieber an "Never touch a running System".

von Falk B. (falk)


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@ Michael (Gast)

>Widerstände im Multiplexbetrieb jeweils für 1 sec. aktiviert. (1 sec.
On, 7 Off).

Das ist schon relativ lange, da gibt es schon einiges an Wärmeleitung.

> In der ON Phase beträgt die Verlustleistung im Widerstand
>max. 0,625W. Die Mittlere Leistung somit 0,625W/8 = 78mW. Kann ich dafür
>noch einen SMD Widerstand im 0805 Gehäuse mit Pmax = 125mW einsetzen?

Kann sein, muss nicht. das kommt auch auf dessen Technologie an. Die 
meisten Widerstände sind eher Dünnschichttypen, die nicht allzuviel 
Pulsleistung verkraften. Hier wäre es ja ca. Faktor 5.

>Finde in dem mir zur Verfügung stehenden Datenblatt jetzt keine Angabe
>die sich über die Impulsbelastung auslässt.

Das steht bei den meisten auch nicht drin, weil es schlicht 
unspezifiziert ist und die Dinger nicht explizit dafür gebaut sind. Es 
gibt aber wenige, pulsbelastbare Typen, da steht das drin.

>Leistung wird immer 78mW sein. Nur wieweit kann man dies treiben?

Bis dir der Widerstand thermisch beim Puls kaputt geht. Denn ein kurzer 
Puls heizt nur erstmal das Widerstandselement, in dem Fall die sehr 
dünne Graphit/Metall etc. Schicht. Deren Wärmekapazität ist sehr klein, 
d.h. es reichen wenige mJ, um sie zu überhitzen. Irgendwann, nach vielen 
Millisekunden setzt dann auch nennenswert Wärmeleitung ein und die 
Energie fließt auf den Keramikträger ab. Wie hoch sie Pulsbelastbarkeit 
ist, kann dir nur der Hersteller sagen. Aber der hat meist auch keine 
Meßdaten etc. weil das nie ein Entwurfskriterium war. Also bleibt nur 
selber messen + Sicherheitszuschlag.

von Falk B. (falk)


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@ soul eye (souleye)

>"Intermittent Overload: IEC 60115-1 4.39. 2.5 times of rated voltage or
>maximum overload voltage whichever is less for 1 second on and 25
>seconds off; total 10,000 cycles. Acceptance Limits ±(1.0%+0.05 Ω) for
>1% tol., ±(2.0%+0.05 Ω) for 5% tol., <100 mΩ for Jumper"

>Also grob gepeilt Faktor 2 - 2,5 kannst Du überlasten.

Was denn? Spannung oder Leistung? Denn 2,5fache Spannung = 6,25fache 
Leistung.

von Hmm (Gast)


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Kauf dir Widerstände, die spezifiziert sind.

Folgende zum Beispiel:
https://www.vishay.com/docs/28713/melfprof.pdf

Dort im Datenblatt findet man auf S6 Charts zur Pulsbelastbarkeit. Dein 
Fall ist "Continous Pulse Load".

Beispiel:
So ein 0204er MELF (250mW) kann mit 0,6W-Pulsen (1s-Dauer) belastet 
werden, wenn im zeitlichen Mittel die maximale Leistung (250mW) nicht 
überschritten wird. Es ist ab 70°C ein Derating nötig.

Man kann auch satte 15W verwenden, bei 100µs Pulsdauer.

Wenn du Pulsbelastbare Widerstände benötigtst, schau dich bei 
Dickschichtwiderständen um, die können noch viel mehr.

Es gibt große Unterschiede zwischen den veschiedenen Bauarten von 
Widerständen - mehrere Datenblätter wälzen lohnt sich.

von Soul E. (Gast)


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Falk B. schrieb:

>>Also grob gepeilt Faktor 2 - 2,5 kannst Du überlasten.
>
> Was denn? Spannung oder Leistung? Denn 2,5fache Spannung = 6,25fache
> Leistung.

Äh, ja, richtig. Aber nur 10.000 mal ;-)

von M.A. S. (mse2)


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soul e. schrieb:
> Äh, ja, richtig. Aber nur 10.000 mal ;-)

...das täte dann ja fast einen Tag lang halten.

von Hmm (Gast)


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soul e. schrieb:
> Falk B. schrieb:
>
>>>Also grob gepeilt Faktor 2 - 2,5 kannst Du überlasten.
>>
>> Was denn? Spannung oder Leistung? Denn 2,5fache Spannung = 6,25fache
>> Leistung.
>
> Äh, ja, richtig. Aber nur 10.000 mal ;-)

Darum verfügen Widerstände über eine Angabe einer "Continous pulse 
load". Dann klappts auch mit der Lebensdauer ;-)

von Soul E. (Gast)


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Von Vishay gibt es einige Serien, die explizit für Pulsbelastung 
freigegeben sind. Da ist dann auch die zulässige Leistung in 
Abhängigkeit von Pulsbreite und duty cycle spezifiziert. Technisch liegt 
der Unterschied im Lasertrimming: statt eines geraden Schnittes, der 
eine Engstelle hinterlässt, wird gleichmäßig Material abgetragen.

Das wäre die technisch saubere Lösung für die Großserie.

von knölke (Gast)


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(Mini) Melf Widerstände sind durch die umlaufende Metallkappe recht 
Impulsfest.
Kein Vergleich zu Chip Rs die schnell hochohmig werden.

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