Hallo zusammen, ich designe einen Bassgitarrenverstärker auf Basis der klassischen Class AB Architektur und linearen Netzteilen. Mittlerweile bin ich ziemlich weit beim Schaltungsdesign und ich bekomme tolle Ergebnisse. Nun muss die erste Version sauber verarbeitet in ein Rack-Gehäuse! Bisher besteht nämlich das Ganze aus verschiedenen relativ schlecht verarbeiteten Home-made-PCBs und einem Riesen-Versuchsaufbau auf dem Tisch. Zu Entwicklungszwecken war bisher alles getrennt auf 1-lagigen PCBs. Eine für die Endstufe, eine für die Preamp und jeweils eine für die Netzteile. So jetzt habe ich heute nach Innenleben kommerzieller Produkte recherchiert und das Ganze hat mich sehr verwirrt. Jeder namhafte Hersteller hat's nämlich anders gemacht. Manche haben alle Komponenten separat gehalten, manche haben Netzteile auf separaten PCBs, manche haben Preamp separat, manche benutzen nur THT Teile, manche SMD und THT. Manche haben großflächige Groundflächen gegossen, manche hingegen nicht etc. pp.... Also es scheint, kein "State of art" zu geben..was mir erschwert, mich für eine gute, zeitgemäße Assembly-Strategie zu entscheiden. Ich habe eigentlich folgendes vor: -Packe alles inkl. Power Supplies, Preamp und Endstufe auf eine einzige 2-lagige PCB -Nutze nur Durchsteckteile -Nutze das untere Layer hauptsächlich für große Signale, Versorgungsstromleitungen und eine Riesen-Massefläche -Nutze das obere Layer hauptsächlich für Kleinsignale (relativ aufwändige Preamp) Fragen: -Was ist denn die Vor- und Nachteile dieses Konzepts, wo man alles auf einem Board hat? -Ist es sinnvoll, dass sich Netzteile und PA und Kleinsignalstufe dieselbe Groundfläche teilen? (Es sind 2 verschiedene Versorgungsspannungen bzw. Trafos für Preamp und PA, +-15 und +-43V) -Gibt's eine vernünftigere Assembly-Strategie? Danke im Voraus für konstruktive Inputs!
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> -Packe alles inkl. Power Supplies, Preamp und Endstufe auf eine einzige > 2-lagige PCB Keine gute Idee. Wenn dir ein Schaltungsteil nicht mehr gefällt, kannst du alles neu machen. Wenn es einer Erweiterung bedarf oder Reparatur, kannst du das Riesen-Trumm rausholen. Wenn dir ein Schaltungsteil abraucht, ist ggf. Die ganze Platine fratze. Mach eine Platine für Netzteil, +-15V low level analog, +12V Schutzschaltung, +-43V PA. Mach eine Platine für Preamp. Mach eine Platine für EQ. Mach eine Platine für Effects Loop. Mach eine Platine für PowerAmp. Mach eine Platine für Schutzschaltung. Schnittstellen sollten klar definiert sein. Regularität ist hier Trumpf. Siehst du, wie die Modularität und Wartbarkeit vielfach gewachsen ist? > -Nutze nur Durchsteckteile Das kannst du machen wie der Dachdecker. > -Nutze das untere Layer hauptsächlich für große Signale, > Versorgungsstromleitungen und eine Riesen-Massefläche > -Nutze das obere Layer hauptsächlich für Kleinsignale (relativ > aufwändige Preamp) Dann wird die Unterseite in der Preampsektion leer bleiben und die Oberseite bei der Endstufe. Wozu? Ich würde platzoptimiert, soweit Parasitics nicht dazwischenpfuschen, beides nutzen. > -Was ist denn die Vor- und Nachteile dieses Konzepts, wo man alles auf > einem Board hat? Ich sehe nur Nachteile. > -Ist es sinnvoll, dass sich Netzteile und PA und Kleinsignalstufe > dieselbe Groundfläche teilen? Es geht eher um Sternförmige Masseverdrahtung. Es sollte nur einen Punkt geben, wo Masse das Gehäuse küsst. Das wird eher dort sein, wo die Bassklampfe angeschlossen wird, da dort die empfindlichsten und brummanfälligen Schaltungsteile sind.
Dein Konzept klingt "interessant", aber nicht sehr erfolgversprechend. In der Audiotechnik wird Klein- und Großsignal lieber räumlich (also flächig) getrennt, um Übersprechen (Mitkopp- lungen!) zu vermeiden. Masseflächen in den inneren Layern sind schon OK, aber die haben nun mal keine 0,0000 Ohm, was sie bei deinem Konzept zur Entkopplung von Klein- und Großsignal bräuchten. Da hat sich die sternfömige Masseverbindung aller Bau- und Funktionsgruppen als besser erwiesen. Egal, ob auf einer Platine, oder über mehrere verteilt.
requirements engineer schrieb: > .... Er hat es bereits treffend und umfangreich beschrieben. Kommerzielle Produkte sind oft (eher fast immer) keine Vorbilder. Es soll günstig produziert werden. Wenn etwas defekt gehen sollte, sollte der Kunde etwas neues kaufen oder teuer große Komplettteile tauschen, die es in wenigen Jahren schon kaum mehr gibt.
Dieter schrieb: > requirements engineer schrieb: >> .... > > Er hat es bereits treffend und umfangreich beschrieben. So ist es. Sehr guter Beitrag. Trotzdem sind natürlich weitere Beiträge, welche "in die selbe Bresche schlagen", nicht automatisch vergeblich oder zu spät geschrieben - sondern könnten u.U. sogar entscheidend sein, um den TO davon wirklich zu überzeugen. Das hier ist ja kein Quiz mit Buzzer, sondern ein Forum. :)
vly schrieb: > Trotzdem sind natürlich weitere Beiträge, welche "in die selbe Bresche > schlagen", nicht automatisch vergeblich oder zu spät geschrieben > - sondern könnten u.U. sogar entscheidend sein, um den TO davon wirklich > zu überzeugen. Douglas Self, Power Amplifier Design Handbook. Insbesondere Kapitel 14, Grounding and practical matters.
Solocan Z. schrieb: > -Was ist denn die Vor- und Nachteile dieses Konzepts, wo man alles auf > einem Board hat? Wenn Potis und Buchsen an der Front des Chassis fixiert sind und die Endstufen-Transen am dicken Kühlkörper, der 20cm weiter hinten am Boden des Chassis befestigt ist, hat man beim häufigen Transport und Vibrationen auf Dauer ein mechanisches Problem, weil sich das Blechchassis immer etwas verbiegt und Kräfte auf die Lötstellen einwirken. Ich habe vor langer Zeit einen derartig konstruierten Combo repariert, bei dem eine losvibrierte Lötstelle eines Endstufentransistors zusammen mit den Vibrationen des Lautsprechers einen Wagnerschen Hammer ergab und gewaltigen Lärm produziert hat.
> Netzteil
Vergiss das Netzteil. Das hievt dein gesammtes Projekt auf einen anderen
Sicherheits- & Schwierigkeitslevel.
Normen muessen fuer ein Eigengebastel nicht zwingend eingehalten werden,
sind aber trotzdem nicht als stolperstein aus dem nichts gekommen.
Und die Schwierigkeit liegt auch noch in der Dimensionierung. Du
moechtest vielleicht +-15V. Das waere dann unter Last ein 12V Trafo,
dann moechte man noch bei etwas Unterspannung durchkommen, also waeren's
wieder ein 15V Trafo. Der hat im Leerlauf, da ein kleiner Trafo,
vielleicht eine Ueberhoehung von Faktor 2.5. Plus etwas Ueberspannung
vom Netz waeren's dann schon mehr wie ein 7815 vertraegt.
Deswegen verwendet man Steckernetzteile, dann ist man alle diese Sorgen
los.
Vielen Dank für zahlreiche Inputs! Die Idee mit der Modularität hatte ich auch ganz am Anfang. An dem Ganzen soll ja auch oft experimentiert werden. Doch die Kabelführerei zwischen den Modulen (gerade sinds ja nur überschaubare 4 PCBs + 2 Trafos) hat sich als sehr störungsanfällig erwiesen, was mir sehr auf den Sack ging. Ich habe das Ganze in ein Rack Gehäuse nach Sternarchitektur gepackt und habe mit unerklärlichen Massenschleifenbrummen zu kämpfen gehabt. Da merkte ich, es ist wohl sehr wichtig WIE und WO man Massenkabeln verlegt. Die Massenkabeln haben selber Brummen verursacht, wenn die entfernt voneinander verlegt worden sind, nah an Wechselstrom lagen, nah an Trafo lagen etc.. Ich habe zwar empirisch gute Positionen für Massenkabel gefunden aber das hat mich trotzdem sehr unglücklich gemacht mit meinem Assembly. Das mit der Modularität ist aber wohl ein sehr schweres Argument. Ich war schon davon überzeugt. Nach eurem Ermutigen bleibe ich auch dabei und versuche nicht mit einem Riesen Massenfläche zu arbeiten. Was PCBs angeht: Ich werde aus Wirtschaftlichkeitsgründen einen einziges großes Boarddesign bestellen. Mit cleveren Edge-Cuts, könnte ich die brechbar, also Modular machen. Es geht ja hauptsächlich um die Sternarchitektur. requirements engineer schrieb: > Es geht eher um Sternförmige Masseverdrahtung. Es sollte nur einen Punkt > geben, wo Masse das Gehäuse küsst. Das wird eher dort sein, wo die > Bassklampfe angeschlossen wird, da dort die empfindlichsten und > brummanfälligen Schaltungsteile sind. Sehr interessant! Du hast zwar argumentiert aber ich verstehe es trotzdem nicht so ganz, warum der Mittelpunkt des Sterns örtlich am Input sein muss. Rein intuitiv dachte ich, es sollte gerade unmittelbar vor Trafos bzw. Netzteil sein, wo das Null-Potential "definiert" wird...Und ich habe dann die Massen von Preamp und PA dorthin geführt. Das ist für mich ein sehr interessanter Punkt, weil ich gerade hauptsächlich große Probleme/Fragezeichen mit dem Thema hab. Ich möchte es also gut verstehen. ..eine nächste Frage: Wo sollen die Trafos am Besten platziert werden? Gerade sind sie bei mir an Seitenwand des Gehäuses vertikal angeschraubt. Die Dinger haben aber schon magnetische Störung auf Kabeln. Müssten die denn mit einer Art Blech isoliert werden? (Kommerzielle Produkte haben auch da keine Einigung getroffen...)
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Zitronen F. schrieb: > Deswegen verwendet man Steckernetzteile, dann ist man alle diese Sorgen > los. Nicht in einem 19" Gerät. Das klaut nur Platz und ist unnötig störanfälliges Gebastel. Solocan Z. schrieb: > wo das Null-Potential "definiert" wird... Da bist du beim modularen Aufbau frei, mehrere Varianten zu probieren. Doof sind Ausgleichsströme über die Masse, die dann Brumm provozieren, obwohl alles schön sternförmig angeordnet ist. Ich hab hier einen Bassverstärker, bei dem ist das eher eine Linie, die vom Input her kommt. Alles dahinter "schwebt" für sich allein. Oben wurde dazu doch schon ein wenig was verlinkt. Solocan Z. schrieb: > Gehäuse nach Sternarchitektur gepackt und habe mit unerklärlichen > Massenschleifenbrummen zu kämpfen gehabt. Signalmasse und Versorgungsmasse in jedem Modul miteinander verbunden, dann Signalmasse wie eine Kette und Versorgungsmasse wie Stern? Ja, das brummt gerne. Solocan Z. schrieb: > weil ich gerade hauptsächlich große Probleme/Fragezeichen mit dem Thema > hab. Da, wo die Signale klein und hochohmig sind, musst du sie besonders schützen. Solocan Z. schrieb: > Wo sollen die Trafos am Besten platziert werden? Weit weg vom Preamp, nah am Poweramp. Der Preamp muss vor elektrischen und magnetischen Feldern geschützt werden. Magnetische Abschirmung ist hier sehr sinnvoll. Nah am Poweramp, da der viel Strom zieht und die Leitungen da kurz sein sollten. Zudem ist der Poweramp weit unempfindlicher.
requirements engineer schrieb: > Signalmasse und Versorgungsmasse in jedem Modul miteinander verbunden, > dann Signalmasse wie eine Kette und Versorgungsmasse wie Stern? Nein, zum Glück, diesen Fehler habe ich nicht gemacht :) Alles nur sternförmig. (Signalmasse ist auf einem PCB die Massefläche und mit dem ganzen Rest über Stern gebunden. ABER (wo mein Hauptfehler womöglich liegt) Das alles am Null-Potential der Trafos! Ich las gerade bei Douglas Self, dass genau das ein No-Go ist. Er empfiehlt die Führung der Netzmasse an den Sternmittelpunkt erst NACH der geglätteten Versorgungsspannung. Und das Ganze soll NICHT mit Steckdosenerde am Sternpunkt verbunden sein (Habe ich auch gemacht) Aber was ich sehr abenteuerlich finde und nicht verstehe ist: Er verbindet mit einer zusätzlichen Direktverbindung die Inputmasse mit Steckdosenerde! Kann mir das mal jemand erklären? Führt das nicht zu einer Massenschleife??? Siehe das Bild seiner Architektur im Anhang:
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Solocan Z. schrieb: > Er verbindet mit einer zusätzlichen Direktverbindung die Inputmasse mit > Steckdosenerde! Kann mir das mal jemand erklären? Führt das nicht zu > einer Massenschleife??? Nein, wenn PE nur an einem Punkt mit Signalmasse verbunden ist, gibt es auch keine Schleife :)
Du musst dir vorstellen, was passiert, wenn ein Brummstrom über den Eingang fliesst. Dann wird klar, warum Self den PE an den Eingang hängt.
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