Hallo zusammen, ich versuche gerade für eine Filtersimulation die Induktivät von Leiterbahnen abzuschätzen (nach Faustformel ~1nH/mm). Dabei verwenden wir in unserem Design, aufgrund der hohen Ströme, auf mehreren Lagen parallel geführte Leiterbahnen (etwa 8mm breit, auf bis zu 8 Lagen verteilt jeweils 105um dick). Ich als Leistungselektroniker bin es gewohnt die Querschnitte der Leiterbahnen zu addieren, für die Stromdichte ist das OK. Wenn ich jetzt die Induktivität der Verbindung abschätzen soll bin ich mir da nicht so sicher. Möglichkeit 1: Alle Leiterbahnen als einen Leiter mit der Dicke 8x105um addieren und Induktivität abschätzen. Möglichkeit 2: Die Induktivität jeder einzelnen Leiterbahn abschätzen und dann alle 8 Induktivitäten parallel schalten. Der Unterschied beider Ansätze ist etwa Faktor 8 :-) Kann mich jemand erleuchten? Mir ist natürlich klar, dass ich auch meine Vorlesungsunterlagen zur Feldtheorie ausm Keller kramen könnte, aber ich bezweifle, dass ich das noch in sinnvoller Zeit lösen könnte. Vielen Dank Philipp
Leute, die sich mit hohen Strömen und HF beschäftigen, posten hier ja eher nicht. Daher sage ich mal: Vergiss die Induktivität der Leiterbahn für deine Simulation... Edit: Um etwas konstruktiver zu antworten: Wenn sich die Felder der N parallelen Leiter nicht überlappen, dann kannst ist die Induktivität gleich der Einzelinduktivität / N Ansonsten, wenn du wirklich glaubst, dass das einen Einfluss hat, ist der schnellste Weg zu messen.
Schön wärs wenn ich das nicht müsste, aber leider müssen auch wir Grenzwerte bis UKW einhalten. Ich habe bereits den Impedanzverlauf des Filters gemessen und versuche jetzt die Simulation zum gleichen (ähnlichen) Verhalten zu bewegen. Bis etwa 10 MHz schaffen wir das sogar einigermaßen, danach nicht mehr. Jetzt versuche ich mit genaueren Parametern die Darstellung zu verbessern. Nachmessen wäre tatsächlich nicht doof, ich muss mal schauen, ob ich das irgendwie geeignet kontaktiert bekomme. Aber ich glaube du hast mir die Antwort schon gegeben. Leiterbahnbreiten sind etwa 8 mm, mit ~200um prepreg dazwischen. Da würde ich mal tippen, dass wir fast nur Überlappung haben und damit die Ein-Leiter Abschätzung schon passen wird.
Udo K. schrieb: > Daher sage ich mal: Vergiss die Induktivität der Leiterbahn für deine > Simulation... Bloß nicht! Je nachdem bei welcher Frequenz man arbeitet, kann sowas gigantische Probleme machen. Filter verstimmen sich und so... Auch wichtig: Masseflächen. Damit das Feld nicht "abhauen will" und EMV-Störungen macht. Bei hohen Spannungen kann das natürlich wegen Überschlägen ein Problem sein. Ist es ein Schaltwandler oder Motorregler oder sowas? Dann würde ich möglichst nahe am Schaltelement filtern, sodass die Störung gar nicht den Weg über Leiterbahnen nehmen möchte. 8mm Leiterbahn und parallel schalten: Würde ich so machen. Setzt Vias durch alle verwendeten Lagen, dann reduzieren sich die Teilstücke in der Länge und kommen dem Einzelleiter schon wieder näher. Wie sich das auswirkt kann ich ohne Simulation auch nicht genau sagen. Händisch berechnen wird doof weil sich die Leiter beeinflussen werden. Wenn da jemand was weiß hätte ich Interesse.
Ich weiss ja nichts zu den Details, die für so eine Frage entscheidend sind... Aber selbst 10 cm ideale Leiterbahn sind bei 100 MHz gerade mal 62 Ohm... Deine sehr breiten Leiter mit Groundplane haben nur ein Bruchteil davon... Das Problem dürfte also woanders zu suchen sein. Versuche mal zu klären, ob es sich um Leitergebundene Störungen, oder um Abstrahlung handelt. Finde dann raus, ob es sich um Common-Mode Störungen handelt. In dem Fall nützt dir dein Signalfilter nichts. Schau dir die Schirmung an. Überlege dir, wie die Ströme fliessen. Und pack LTSpice wieder ein => falsches Tool.
Philipp K. schrieb: > Leiterbahnbreiten > sind etwa 8 mm, mit ~200um prepreg dazwischen. Da würde ich mal tippen, > dass wir fast nur Überlappung haben und damit die Ein-Leiter Abschätzung > schon passen wird. WÜrde ich auch so sehen. Wobei bei einem Leiter dieser Geometrie der Strom bei 10MHz fast nur an den äußeren Ecken fließen würde (Skin-Effekt). Und das selbe würde ich auch bei euren 8 parallelen Leitern erwarten (nur die äußersten führen nennenswert Strom). Als ersten Anhaltspunkt habe ich mal eine planare Simu mit FEMM angehängt (gerechnet für 10MHz und 100A und ohne die Platine - nur Kupfer und drumherum Luft). Versuch nicht, was quantitatives daraus zu bestimmen, dafür ist diese Simu viel zu einfach gestrickt. Aber sie zeigt imho qualitativ, dass die Ein-Leiter Abschätzung gut hinkommt. Und dass der Strom praktisch nur "außen" fließt (bei größeren Strömen mit größerem ohmschen Spannungsabfall am Kupfer kommt dann auch innen wieder mehr dazu, aber der Skineffekt bleibt bei 10MHz trotzdem entscheidend). In der Simu ist der Rückfluss des Stroms "sehr weit außen". Wenn der in der Nähe stattfindet (beispielsweise in der von anderen angesprochenen GND-Plane) sieht die Feldverteilung natürlich deutlich anders aus.
Kannst du die Groundplane dazuhängen? Ich würde da doch eine deutlich andere Stromverteilung erwarten.
@Michael: Ist ein Schaltwandler. Ich wünschte ich könnte näher an der Quelle ableiten, das ist aber Platzgründen nicht mehr möglich. Die parallelen Leiter im Filterbereich ist bereits, wo nur möglich, umgesetzt. Leider reichen die 8 Lagen hier bereits nicht mehr aus, um das Layout optimal gestalten zu können. Warum sollten Vias zwischen den Lagen etwas helfen? Wenn ich es schaffe die Leiterbahnen zu entkoppeln, komme ich dem Ansatz Iduktivität / N doch näher, was meine HF-Impedanz senken müsste? @Udo: Für die Filterung im UKW-Bereich verwenden wir kleine keramische Y-Kondensatoren, die haben selbst eine Impedanz < 10 Ohm @ 100MHz, das ist schon ein signifikanter Teiler. Insbesondere weil mir die Isolationsanforderungen nicht immer eine gute Platzierungen der Cy erlauben. Die Störungen an den Geräteklemmen sind CM, das deckt sich auch ganz gut mit unseren Erwartungen aufgrund der Topologie. Ob gestrahlt oder leitungsgebunden wüsste ich nicht, wie ich das ermessen kann, da mir das Gerät im Verbau keinen Zugang lässt. Und du hattest natürlich recht, dass auch wir LTSpice verwenden :-/ Gibt es da eine gute (kostenlose) Alternative, die du empfehlen kannst? @Achim: Danke für die Simulation :-) Wie sieht das denn bei kleinen Strömen aus. Wir hängen am Netz, also 50 Hz. Bei 10 MHz haben wir nur Störer, also keine nennenswerte Amplitude. Hab noch nie mit FEMM gearbeitet, vielleicht sollte ich da mal reinschauen, danke dafür!
Eine kostenlose LTSpice Alternative, die einfacher zu bedienen ist, kenne ich auch nicht... Der CM Filter funktioniert halt nur, wenn der Referenzpunkt HF mässig ruhig ist. Du brauchst dazu einen eigenen Ground, der idealerweise mit dem Gehäuse (Schirmung) verbunden ist, und der potentialmässig nicht "herumwackelt". Wenn du keinen ruhigen Ground zum entstören hast, kannst du nur Common Mode Spulen in die Leitungen einbauen (=Ferrite Bead). So wie ich das verstehe, ist dein Ziel nicht, dass die Leitungen eine möglichst geringe Induktivität haben, sondern eine möglichst grosse, damit der Filter am Gehäuseeinlass eine Change hat, die HF abzuleiten. Alternativ kannst du die Ursache der Störung angehen, und eventuell die Stromschleifen verkleinern, die den CM Strom verursachen. Ohne Messmöglichkeit ist das aber eine Fahrt durch einen sehr dunklen Tunnel..
Udo K. schrieb: > Kannst du die Groundplane dazuhängen? Ich würde da doch eine > deutlich andere Stromverteilung erwarten. Hier mal eine Simu mit "kleiner GND-Plane". In der Simu sind die oberen Kupferleiter parallel als Hinleiter geschaltet, der unterste (etwas breitere) Leiter ist die GND-Plane als Rückleiter. Klar stellt sich der Strom da deutlich anders ein - im wesentlichen so, dass Hin- und Rückleiter eine möglichst kleine Schleife bilden und dementsprechend eine möglichst kleine Induktivität haben.
Super interessant - Danke Achim! Wenn ich das richtig interpretiere, dann ist bei 10 MHz der Stromfluss nur mehr in der nächsten Ebene. Gibt es von dem Simulationsprogram (Ansys?) eine Demo version zum Ausprobieren? Ich würde das gerne mal testen. Ciao, Udo
Philipp K. schrieb: > Wie sieht das denn bei kleinen > Strömen aus. Wir hängen am Netz, also 50 Hz. Bei 10 MHz haben wir nur > Störer, also keine nennenswerte Amplitude. Oha, da hatte ich deine Bemerkung bezüglich UKW und 10MHz deutlich falsch interpretiert. Bei 50Hz ist die Verteilung natürlich gänzlich anders. Bei 50Hz ist die Eindringtiefe des Stroms in Kupfer >9mm und der Strom verteilt sich bei deiner Leitergeometrie primär nach dem ohmschen Widerstand (d.h. die parallelen Leiter werden gleichmäßig genutzt). Bei den zuvor simulierten 10MHz ist die Eindringtiefe einen Faktor sqrt(10^7/50)=447 kleiner, und die Stromverteilung wird dementsprechend vom Skineffekt dominiert. Die primäre Abhängigkeitist von der Frequenz, nicht von der Stromstärke. In der Simu ist ja alles weitestgehend linear (keine magnetischen Materialien, die sättigen könnten...) Philipp K. schrieb: > Hab noch nie mit FEMM gearbeitet, vielleicht sollte ich da mal > reinschauen, danke dafür! Die Bedienung ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber wenn man mal die Idee dahinter verstanden, dann kann man schön damit arbeiten. Falls du FEMM mal ausprobieren willst hänge ich hier auch gleich die entsprechende FEMM-Datei für deine Leitergeometrie mit an.
udok schrieb: > Gibt es von dem Simulationsprogram (Ansys?) eine Demo version zum > Ausprobieren? Das Simulationsprogramm ist FEMM, und das ist kostenlos. http://www.femm.info/wiki/HomePage
Die Frage macht in meinen Augen so wie sie gestellt ist keinen Sinn. Eine Induktivität ist immer nur für eine geschlossene Leiterschleife definiert - ohne den Rückpfad anzugeben kann man also gar keine Aussage treffen welche Induktivität die Leiterschleife aufweist. Es hängt also wesentlich vom Layout ab was du zu erwarten hast. Was ist das eigentlich für eine Topologie? Welche Spannungen und Ströme hast du und mit was für einer Schaltfrequenz arbeitest du?
Erwin Dirac schrieb: > Eine Induktivität ist immer nur für eine geschlossene Leiterschleife > definiert Nein, das stimmt überhaupt nicht. Jeder Leiter, egal ob gerade oder gebogen, offen oder geschlossen, hat eine Induktivität.
Sinus T. schrieb: > Erwin Dirac schrieb: >> Eine Induktivität ist immer nur für eine geschlossene Leiterschleife >> definiert > > Nein, das stimmt überhaupt nicht. Jeder Leiter, egal ob gerade oder > gebogen, offen oder geschlossen, hat eine Induktivität. Nein. Induktivität kann nur für geschlossene Leiterschleifen definiert werden, wobei ich immer wieder feststelle dass auch gestandene Ingenieure das vergessen haben. Das führt immer wieder zu "interessanten" Ergebnissen wenn versucht wird, die durch Induktion in einer Leiterschleife entstehende Spannung einem bestimmten Längenabschnitt der Schleife zuzuordnen.
Philipp K. schrieb: > Warum sollten Vias zwischen den Lagen etwas helfen? Da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt. Denk dir das Parallelschalten der verkoppelten Leitungen mit ganz vielen Vias und du bekommst den Einzelleiter. Auf dem gilt dann Skineffekt und Co. Wie weit das von der Simulation abweicht kann ich nicht sagen. Aber die Simulationen sind toll! Danke dafür. Möglichst kleine Schleifen bilden sollte auch funktionieren, wenn man die Lagen abwechselt, also Signal-GND-Signal-GND.
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