Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik reale Drossel in Simulation einbinden (Tina oder LT-Spice)


von oz (Gast)


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Hi :)

Ich habe eine Drossel vor mir liegen, welche aussieht, wie auf dem 
Symbolbild aus dem Anhang.
Hat 2 Anschlüsse, also eine Wicklung.
Habe leider nur folgende Informationen dazu:
"Drossel E25/13/7, 630Wdg/0,25mm, Luftspalt 1,0mm"
Weiters hätte ich noch ein LCR-Meter und einen VNA zum Messen zur Hand.

Wie kann ich diese Drossel mit halbwegs realen Eigenschaften möglichst 
einfach in Tina oder LT-Spice einbinden?
Um ehrlich zu sein, hab ich nicht wirklich eine Ahnung, wie ich mir als 
"Simulations-Anfänger" für diese Drossel ein passendes Spice Modell 
erstellen kann.

Es würde mich sehr freuen, wenn jemand einnen nützlichen Ratschlag für 
mich hat :)

Lg oz

: Verschoben durch Moderator
von Alter Hase (Gast)


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Kommt darauf an, wie genau das Modell sein soll. Was willst Du denn 
damit simulieren?
Du kannst ja Rs, Ls und Cp bestimmen und als Modell ablegen....

von c-hater (Gast)


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oz schrieb:

> Habe leider nur folgende Informationen dazu:
> "Drossel E25/13/7, 630Wdg/0,25mm, Luftspalt 1,0mm"

Kein Aufdruck, der auf einen Hersteller verweist?

> Weiters hätte ich noch ein LCR-Meter

Damit kann man schon einiges anfangen, wenn es nicht gar zu ungenau in 
den benötigten Messbereichen ist. Tatsächlich einmal alles messen: L,C 
und R, damit hast du eigentlich schon fast alles, um die Drossel 
halbwegs brauchbar zu simulieren.

Um das umzusetzen, fügst du einfache eine Spule in ein LTSpice-Schema 
ein, machst einen Rechtsklick drauf und trägst die drei gemessenen Werte 
bei "Inductance", "Series Resistance" und "Parallel Capacitance" ein. 
Rauszufinden, welcher Messwert in welches der drei Felder rein muss, 
überlasse ich einfach mal deiner Eigenintelligenz. Notfalls hilft ein 
Wörterbuch oder der Google Translator...

Übrigens: Für das "Peak Current"-Feld könnte man immerhin noch eine 
plausible Näherung finden, selbst ohne weitere Angaben zum Kernmaterial. 
Die Idee ist: der Hersteller wird den Kupferquerschnitt sicherlich so 
klein wie möglich gemacht haben, aber groß genug, um zverlässig den 
Strom durchzulassen, bei dem der Kern auf seine maximale Flußdichte 
erreicht. Im vorliegenden Fall würde ich mal ganz konservative 0,5A 
ansetzen, damit dürftest du auf jeden Fall auf der sicheren Seite sein. 
Was mehr geht, kann man nur in einem realen Versuchsaufbau ermitteln 
oder halt, indem man dem Spulenhersteller die Kerndaten aus dem Kreuz 
leiert...

von Klaus R. (klara)


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oz schrieb:
> Habe leider nur folgende Informationen dazu:
> "Drossel E25/13/7, 630Wdg/0,25mm, Luftspalt 1,0mm"
> Weiters hätte ich noch ein LCR-Meter und einen VNA zum Messen zur Hand.

Alter Hase schrieb:
> Du kannst ja Rs, Ls und Cp bestimmen und als Modell ablegen....

Bei einem ein Modell in LTspice könnte Dir das Tutorial von Gunthard 
Kraus helfen.
http://www.gunthard-kraus.de/LTSwitcherCAD/LTSpice%20_Tutorial_2017.pdf

Es geht auf Seite 59 mit "8.2.1. Ein idealer Trafo muss her!" los. Du 
brauchst ja nur eine Drossel, dann wäre noch einfacher. Wie "Alter Hase" 
schon bemerkte,  Rs, Ls und Cp kannst Du mit Deinen Meßgeräten ja 
bestimmen.

Etwas komplizierter wird es, wenn Kernverluste noch mit berücksichtigt 
werden sollen. Dazu findest Du im Buch "Simulation in LTspice IV" 
einiges was Würth Elektronik beigesteuert hat. Sollte die Drossel von 
Würth sein, so bieten die in der Regel auch ein Simulationsmodell für 
LTspice an.
mfg klaus

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Messe mit dem VNA die Impedanz über die Frequenz. Das machen die 
Hersteller von Spulen und Beads genau so. Hab das selber schon gesehen.

Die Impedanzkurve beginnt bei tiefen Frequenzen mit dem Serienwiderstand 
Rs. Dann steigt die Impedanz proportional mit 2*pi*f*L. Irgendwann 
steigt sie schneller an bis zu einem Maximalwert bei der 
Resonanzfrequenz f0. Das ergibt den Parallelwiderstand Rp parallel zu L. 
Außerdem kannst du mit der Formel
C=1/(2*pi*f0)^2*L)
die Parallelkapazität berechnen. Wenn man Zeit und Muse hat, dann kann 
man noch durch leichte Variation der berechneten Werte das Modell 
verbessern (fitten).


        /---Rp---\
o---Rs--o---L----o----o
        \---C----/

: Bearbeitet durch User
von oz (Gast)


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Danke für eure Antworten ;)

An das Erstellen eines Ersatzschaltbildes mit Rs, Ls und Cp hab ich auch 
schon gedacht. Mein LCR Meter kann bei 5 verschiedenen Frequenzen messen 
und bei jeder Frequenz kommen andere Werte raus - wie mache ich aus 
sowas dann sinnvoll ein Ersatzschaltbild?

Folgende Werte hab ich gemessen:

100Hz:
L= 38,52 mH
C= 65,75 µF
R= 10,12 Ω
Z= 26,22 Ω

120Hz:
L= 38,59 mH
C= 45,21 µF
R= 10,11 Ω
Z= 30,92 Ω

1kHz:
L= 38,50 mH
C= 657,8 nF
R= 10,25 Ω
Z= 242,1 Ω

10kHz:
L= 38,73 mH
C= 6,544 nF
R= 22,47 Ω
Z= 2,430 kΩ

100kHz:
L= 202,4 mH
C= 12,68 pF
R= 5,421 kΩ
Z= 126,5 kΩ

Die Spule scheint eher kundenspezifisch gefertigt zu sein, also nichts 
was man fertig so bei bekannten Herstellern kaufen könnte.

Mit dem VNA wäre es wohl die simpelste/genaueste Lösung gewesen, hat 
sich aber leider erübrigt. Der kann nur oberen MHz bis GHz Bereich 
messen.

Zur Genauigkeit: das Modell braucht nicht perfekt genau sein, es reicht 
wenn es sich in der Simulation zumindest ähnlich wie in real verhält.
Im wesentlichen möchte ich in einer kleinen Schaltung den Stromfluss bei 
anlegen einer PWM an die Spule mit unterschiedlichem DutyCycle 
simulieren. PWM Frequenzen sind auch unterschiedlich und liegen im 
Bereich von im Bereich von 3kHz bis 30kHz.

Lg

von Achim S. (Gast)


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oz schrieb:
> 100Hz:
> L= 38,52 mH
> C= 65,75 µF
> R= 10,12 Ω
> Z= 26,22 Ω

Bist du sicher, dass das LCR-Meter nicht C=-65,75µF anzeigt? Bei einer 
Frequenz kann der LCR-Meter nur den Wirkwiderstand und den 
Blindwiderstand bestimmen. Den Wikwiderstand zeigt es als R an. Den 
Blindwiderstand rechnet es über die Frequenz in L bzw. in C um.

j*2*pi*100Hz*38,52mH =j*24,21 Ohm = -j / (2*pi*100Hz*(-65,75µF))

Der C-Wert ist also nicht die Wicklungskapazität, sondern es ist die 
Induktivität der Spule umgerechnet in eine "negative Kapazität".

Um die Wicklungskapazität C_w zu bestimmen wäre die Resonanzfrequenz das 
einfachste. Da dein LCR-Messgerät die nicht bestimmt kannst du 
stattdessen C_w bestimmen indem du betrachtest, wie sich die Kapazität 
auf die effektive Induktivität auswirkt: ein L von 38,5mH parallel zur 
Wicklungskapazität ergeben bei 100kHz einen Blindwiderstand, der einer 
effektiven Kapazität L_eff=202,4mH entspricht.

Also:
1/(j*2*pi*100kHz*38,5mH) + j*2*pi*100kHz*C_w = 1/(j*2*pi*100kHz*202,4mH)

Auflösen liefert C_w = 53,2pF. (Theoretisch könnte die Rechnung auch 
falsch sein, wenn wir uns bei 100kHz schon oberhalb der Resonanzfrequenz 
befinden. Achte auch bei der Messung auf das Vorzeichen von L und C).

L_s und L_p kann ich aus den Messwerten nicht getrennt bestimmten. Ich 
würde an deiner Stelle statt des von Helmut vorgeschlagenen 
Ersatzschaltbilds ein etwas einfacheres ESB ansetzen (R in Serie mit L 
und C parallel zu beiden) und für R den Wert deiner ersten Messung 
nehmen (10,2Ohm). Damit hast du zumindest die Resonanzeffekte in R mit 
berücksichtigt. Wenn die Größen auch noch zusätzlich frequenzabhängig 
sein sollten (z.B. weil die Kernverluste mit der Frequenz ansteigen) 
kannst du das nicht abbilden, aber mehr geben die Messwerte imho nicht 
her.

oz schrieb:
> Zur Genauigkeit: das Modell braucht nicht perfekt genau sein, es reicht
> wenn es sich in der Simulation zumindest ähnlich wie in real verhält

Na: dann wird es schon halbwegs passen.

von Helmut S. (helmuts)


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Ein C mit uF ist bestimmt um Dekaden zu hoch.
Ich schätze da auf ein paar hundert pF bis 1nF.

Nimm einen Sinus-Generator + 1kOhm Serienwiderstand, Spule nach Masse. 
Messe mit einem 10:1 Tastkopf an der Spule die Spannung. Dann die 
Frequenz hochdrehen bis die Spannung maximal wird. das ist die 
Resonanzfrequenz f0.

w0=2*pi*f0

C = 1/((w0)^2*L)

: Bearbeitet durch User
von Achim S. (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> Ein C mit uF ist bestimmt um Dekaden zu hoch.

wie oben schon geschrieben:

Achim S. schrieb:
> Der C-Wert ist also nicht die Wicklungskapazität, sondern es ist die
> Induktivität der Spule umgerechnet in eine "negative Kapazität".

38mF haben bei 100 Ohm einen Blindwiderstand von j*24Ohm.
65,75µF haben bei 100 Ohm einen Blindwiderstand von -j*24Ohm.

Das Messgerät misst bei einer festen Frequenz jeweils nur den 
Blindwiderstand. Wenn man diesen Blindwiderstand als C ausgegeben haben 
will, dann zeigt es halt die Kapazität von 65µF an (und zeigt 
hoffentlich noch ein negatives Vorzeichen dazu als Hinweis, dass man 
sich eine Induktivität fälschlicherweise als Kapazität anzeigen lässt).

Wie sich Blindwiderstand aus Spuleninduktivität und Wicklungskapazität 
zusammensetzt, kann aus der Messung bei einer einzigen Frequenz nicht 
bestimmt werden. Wenn man die Werte von verschiedenen Frequenzen (100Hz 
und 100kHz) kombiniert, kommt man auf die oben berechneten 38mH // 53pF 
kommen.

von oz (Gast)


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Danke für die weiteren hilfreichen Antworten ;)

Ja bei der Kapazität hatte das LCR Meter tatsächlich ein negatives 
Vorzeichen angezeigt, welchem ich fälschlicher weiße keine Beachtung 
geschenkt habe.
Danke für den Hinweis ;)

Ich habe jetzt mit einem Funktionsgenerator und einem Oszi die 
Resonanzfrequenz ermittelt, Versuchsaufbau wie im Anhang zu sehen.
Zusätzlich habe ich mit einem zweiten Kanal direkt am Funktionsgenerator 
gemessen, um die Phasenlage zu ermitteln.
Bei 100,6kHz war die geringste Dämpfung und keine Phasenverschiebung.

Nun hab ich die Kapazität im Ersatzschaltbild der Spule so weit 
angepasst, dass auch laut Simulation die kleinste Dämpfung und der 
Phasen-Nulldurchgang bei 100,6kHz liegen.
Das hab ich mit Cp=64pF erreicht.

Die Dämpfung der realen Spule liegt jedoch selbst am geringsten Punkt 
bei etwa -0,3dB (6,777Vrms vor dem Vorwiderstand und 6,538Vrms danach).
Ich nehme mal an, das ist dann Kernverlusten oder anderen Effekten 
zuzuschreiben?

Meint ihr, hab ich damit jetzt ein halbwegs brauchbares 
Simulationsmodell beisammen?
Wie gesagt, es geht jetzt nicht um Hochpräzisionsanwendungen... aber es 
sollte halt so genau sein, wie es mit überschaubaren Aufwand möglich 
ist.

Lg

von Achim S. (Gast)


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oz schrieb:
> Ich habe jetzt mit einem Funktionsgenerator und einem Oszi die
> Resonanzfrequenz ermittelt, Versuchsaufbau wie im Anhang zu sehen.
> Zusätzlich habe ich mit einem zweiten Kanal direkt am Funktionsgenerator
> gemessen, um die Phasenlage zu ermitteln.
> Bei 100,6kHz war die geringste Dämpfung und keine Phasenverschiebung.

Ok. Für den genauen Wert der Wicklungskapazität denke dran, dass sich 
bei der Messung die Kapazität deines Oszi-Tastkopfs zur 
Wicklungskapazität dazuaddiert hat. Hat dein Tastteiler vielleicht 
~10pF? Dann ist die eigentliche Wicklungskapazität der Spule wieder im 
Bereich 53pF (also bei dem Wert, der auch aus den LCR-Messungen 
herauskam).

von oz (Gast)


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Danke für den Hinweis, daran hab ich nicht gedacht.

Auf dem Tastkopf steht:
10:1 probe
10MΩ//15pf
for
1MΩ//9-17pf

Dann würden die von dir berechneten 53pF also eh eh ca. passen?

Lg

von oz (Gast)



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Ich habe versucht nach dem selben Prinzip wie schon zuvor (mit 
Funktionsgenerator und Oszi) die Resonanzfrequenz eines Magnetventiles 
zu ermitteln.
Die Messschaltung ist wie in der Simulation zu sehen aufgebaut.
Die 15p Kondensatoren sollen dabei die Kapazität der Tastköpfe 
darstellen.

Bei 642kHz (Sinus) war am Oszi die geringste Dämpfung zu sehen und das 
Signal vor und nach dem 100k Widerstand war phasengleich.
(Amplitude bei 642kHz vor/nach dem Widerstand: 12V/770mV)

Wenn ich die Schaltung so simuliere (Cp noch mit 0pF angenommen), 
erhalte ich eine Resonanzfrequenz von 260kHz, sobald ich die parallele 
Kapazität erhöhe, sinkt die Resonanzfrequenz noch weiter.

Was ist da falsch?
Würd mich freuen, wenn mir da jemand ein bisschen auf die Sprünge helfen 
kann.

Gleichstromwiderstand (mit Multimeter gemessen) ist 12,37 Ohm und hier 
die Messwerte vom LRC Meter:

100Hz:
L= 25,10 mH
C= -100.92 µF
R= 14,93 Ω
Z= 21,71 Ω

120Hz:
L= 24,95 mH
C= -69,94 µF
R= 15,79 Ω
Z= 24,62 Ω

1kHz:
L= 14,19 mH
C= -1784 nF
R= 71,75 Ω
Z= 114,5 Ω

10kHz:
L= 3,714 mH
C= -68,32 nF
R= 224,8 Ω
Z= 322,6 Ω

100kHz:
L= 1537 µH
C= -1673 pF
R= 725 Ω
Z= 1204 Ω

Lg

von Achim S. (Gast)


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oz schrieb:
> Was ist da falsch?

Deine ersten Messungen hast du mit einer Spule mit Ferrit-Kern gemacht. 
Das Material behält seine magnetischen Eigenschaften über den 
betrachteten Frequenzbereich halbwegs. Die Frequenzabhängigkeit der 
gemessenen Größen kam dort primär durch das Wechselspiel von 
Spuleninduktivität und Wicklungskapazität.

Jetzt misst du an einem Magnetventil, das wohl einen Kern aus Eisen hat. 
Dort gibt es völlig andere Effekte, wenn du die Frequenz variierst. 
Während wir beim Ferrit L und C als halbwegs konstant ansehen konnten 
(und die Messwerte variierten, weil L und C sich bei unterschiedlichen 
Frequenzen unterschiedlich stark auswirken) werden jetzt alle Größen von 
sich alleine schon frequenzabhängig.

Ein wichtiger Faktor dabei sind die Wirbelströme im Eisen (die du im 
Ferrit nicht hattest). Die sorgen dafür, dass beim Eisen bei höheren 
Frequenzen die Verluste stark ansteigen. Und sie sorgen dafür, dass beim 
Eisen die Verstärkung des Magentfelds bei höheren Frequenzen in die Knie 
geht. Bei 100Hz durchdringt das Magnetfeld den Eisenkern noch viel 
besser als bei 100kHz (die Eindringtiefe des Felds unterscheidet sich um 
Faktor Wurzel(1000)=30).

Bei dieser Materialkonstellation und bei diesem Frequenzbereich darfst 
du also nichs mehr als konstant ansetzen: vor allem L und R in deiner 
Simulation werden selbst frequenzabhängig (was beim Ferritkern im 
betrachteten Frequenzbereich noch vernachlässigbar war).

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