Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Transistorverstärkung allg. Frage


von Sawyer M. (sawyer_ma)


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Hallo alle zusammen,

ich stehe vor einem kleinen Rätsel. Ich habe die im Bild oben angehangen 
Transistorschaltung.

Ich versuche gerade die Schaltung zu verstehen. Somit habe ich den 
Kondensator Cp von 1pF bis zu 12pF gesweept und gesehen das für kleine 
Werte die Verstärkung bei hohen Frequenzen explodiert.

Es ist doch so, das die Parallelschaltung so funktionieren sollte:

Der Widerstand R10 ist für die Rückkopplung für kleine Frequenzen 
gedacht, um die Basis zu steuern. Bei hohen Frequenzen wird Cp 
niederohmig und erreicht ca. einen  Wert von 130 Ohm  was als 
Parallelschaltung ca. 70 Ohm entspricht. Aufgrund des kleineren 
Widerstandes bei hohen Frequenzen fließt mehr Strom. Somit gilt.

Daraus folgt, dass die Verstärkung zu hohen Frequenzen gedämpft wird.

Wenn ich nun den Cp mit 0.1pF als Extremfall annehme, wird dieser zu 
hohen Frequenzen sehr hochohmig:

In Parallelschaltung würde dies ca. 160 Ohm bedeuten. Somit das doppelte 
zu den 12pF und damit einen geringeren Rückgekoppelten Basisstrom. Mit 
der Verstärkungsformel über den Basisstrom würde dies bedeuten, dass die 
Verstärkung steigt.

Sehe ich das alles richtig?

Beste Grüße und vielen Dank für die Hilfe

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Sawyer M. schrieb:
> wird dieser zu hohen Frequenzen sehr hochohmig:
> würde dies bedeuten, dass die Verstärkung steigt.

Nein, er liegt parallel zu 160 Ohm von R2.

Hochohmig ist also wirkungslos, nur wenn er 160 Ohm oder darunter hat, 
hat er einen Effekt. Er hat also nur bei sehr hohen Frequenzen einen 
Effekt.

Sawyer M. schrieb:
> Daraus folgt, dass die Verstärkung zu hohen Frequenzen gedämpft wird.

Ja.

Denn ohne ihn neigt der Verstärker offenbar zu einer Überbetonung der 
hohen Freuqenzen.

Aber was ist hier eigentlich mit der Phase, schwingt der nicht ?

von Possetitjel (Gast)


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Sawyer M. schrieb:

> Somit habe ich den Kondensator Cp von 1pF bis zu
> 12pF gesweept und gesehen das für kleine Werte die
> Verstärkung bei hohen Frequenzen explodiert.

Nicht wirklich.

Das Ding hat wegen der sehr niedrig eingestellten
Verstärkung und den drei direktgekoppelten Transistoren
einfach eine Schwingneigung.


> Der Widerstand R10 ist für die Rückkopplung für kleine
> Frequenzen gedacht,

Komische Formulierung.
R10 bewirkt eine breitbandige (im Idealfall: frequenz-
unabhängige) Gegenkopplung.


> um die Basis zu steuern.

???

> Bei hohen Frequenzen wird Cp niederohmig und erreicht
> ca. einen  Wert von 130 Ohm  was als Parallelschaltung
> ca. 70 Ohm entspricht.

Bei Frequenzen knapp im GHz-Bereich rechnest Du wie
bei NF? Nicht wirklich, oder?!

> Aufgrund des kleineren Widerstandes bei hohen Frequenzen
> fließt mehr Strom. Somit gilt.
> gain=IcIbgain = \frac{I_c}{I_b}

Nein.
Nicht DC-Betrachtung und HF-Kleinsignal durcheinander-
matschen, das bringt nichts.


> Daraus folgt, dass die Verstärkung zu hohen Frequenzen
> gedämpft wird.

Ja, aber aus einem anderen Grund:
Der Transistorverstärker invertiert und hat außerdem eine
Phasenverschiebung. Das niederohmige Spannungssignal am
Ausgang kommt also (verglichen mit dem Eingang) später, als
es eigentlich dürfte.

Das ganze Bauwerk ist ein invertierender Verstärker,
daher ist am Eingang ein Stromknoten. Cp wirkt wie ein
frequenzabhängiger Shunt, der den Eingang mit steigender
Frequenz immer stärker belastet; also geht die Verstärkung
runter.

Meiner Meinung nach ist das das klassische Prinzip der
internen Frequenzkompensation beim OPV.
Gefällt mir übrigens, die Schaltung :) Woher stammt die
Vorlage?

von ArnoR (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Gefällt mir übrigens, die Schaltung :)

Aber nicht so wie sie ist.
Für Ucb(Q3)+Uce(Q5) steht nur Ube(Q6) zur Verfügung, was praktisch keine 
unverzerrte Aussteuerung in der ausgangsseitig negativen Signalhalbwelle 
zulässt. Man sollte den Emitter von Q6 um 2...3V mit einer C-gebrückten 
LED oder Z-Diode anheben und den Kaskodeteiler anpassen. Dabei ergibt 
sich wegen der höheren Spannungen an Q3/Q5 auch ein etwas besseres 
HF-Verhalten.

von Robert M. (r0bm)


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Sawyer M. schrieb:
> Ich versuche gerade die Schaltung zu verstehen. Somit habe ich den
> Kondensator Cp von 1pF bis zu 12pF gesweept und gesehen das für kleine
> Werte die Verstärkung bei hohen Frequenzen explodiert.

Zuallererst vielleicht die Arbeitspunkte überarbeiten, die stimmen von 
vorne bis hinten nicht. Die Eingangskaskode muss mit sehr wenig Spannung 
auskommen und der Längstransistor Q5 ist imo komplett durchgesteuert. Q5 
ist eigentlich gar nicht notwendig, eine einfache Emitterschaltung würde 
am Eingang reichen.

R10 ist für den Eingangswiderstand des Verstärkers zuständig und 
beeinflußt nur indirekt die Verstärkung. Die Spannungsverstärkung ist 
sehr hoch und wird hauptsächlich vom Verhältnis von R7 zum equivalenten 
Emitterwiderstand des Eingangstransistors bestimmt. Der 
Eingangswiderstand des Verstärkers ist sehr klein, bei ca. 100MHz 
schnellt dieser offensichtlich hoch, was sich dann indirekt in einem 
Verstärkungspeak äußert.

von Possetitjel (Gast)


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ArnoR schrieb:

> Possetitjel schrieb:
>> Gefällt mir übrigens, die Schaltung :)
>
> Aber nicht so wie sie ist.

Ich meinte die Grundstruktur. Die Dimensionierung
sollte man nochmal überdenken.

Vor vielen Jahren habe ich mal mit einer ähnlichen
Schaltung experimentiert, war seinerzeit aber zu blöd,
auf die Idee mit der Kompensation zu kommen.

> Man sollte den Emitter von Q6 um 2...3V mit einer
> C-gebrückten LED oder Z-Diode anheben und den
> Kaskodeteiler anpassen.

Ja. R11 ist ohnehin zu niederohmig.

von John Trafolta (Gast)


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Cool! Wie machst du die Pfeile an die Bauteile?

von ArnoR (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Ich meinte die Grundstruktur.

Auch die finde ich nicht gut. Durch die "normale" Kaskode müssen sich 
der Eingangstransistor, der Kaskodetransistor und der Arbeitswiderstand 
die Betriebsspannung teilen. Das führt zu wenig Freiheit bei der Wahl 
der Arbeitspunkte, zu kleinen Spannungen an den Transistoren 
(-->Kapazitäten) und zu einer sehr begrenzten Aussteuerbarkeit. Viel 
besser ist da eine gefaltete Kaskode.

von Possetitjel (Gast)


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ArnoR schrieb:

> Durch die "normale" Kaskode müssen sich der Eingangs-
> transistor, der Kaskodetransistor und der  Arbeits-
> widerstand die Betriebsspannung teilen. Das führt zu
> wenig Freiheit bei der Wahl der Arbeitspunkte, zu kleinen
> Spannungen an den Transistoren (-->Kapazitäten) und zu
> einer sehr begrenzten Aussteuerbarkeit.

Hmmja... das stimmt zwar, führt aber letztlich auf die Frage,
warum man überhaupt eine Kaskode will.

Meine Sicht mag eingeschränkt sein, aber ich denke an Kaskode
eigentlich nur, wenn ich zwar DC-Kopplung, aber trotzdem hohen
Spannungshub bei hoher Frequenz brauche.
In diesem Fall hat man naturgemäß eine relativ hohe Betriebs-
spannung, und die genannten Nacheile fallen nicht so ins
Gewicht.

von Marek N. (Gast)


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John Trafolta schrieb:
> Cool! Wie machst du die Pfeile an die Bauteile?

Es gibt eine Fremd-Library vom LTwiki für einen Widerstand mit 
Strompfeil: 
http://ltwiki.org/index.php?title=Most_frequently_asked_questions_for_beginners#Why_is_the_current_going_the_wrong_way_in_a_resistor.3F
Kann man sich aber auch selber zeichnen.

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