Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik zeitabhängiger/zeitunabhängiger Kondensator


von Zarah M. (zarah)


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Hallo!

Ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin. Bei der Suche nach einer 
Antwort auf meine Frage bin ich in diesem Board gelandet.
In einem Skript für die Uni bin ich auf den Begriff "zeitunabhängiger 
Kondensator" gestoßen, welcher durch die Formel i(t) = C*du/dt 
charakterisiert wird. Die Formel ist klar. Meine Frage ist aber was hier 
"zeitunabhängig" bedeuten könnte. Strom und Spannung schon mal nicht, 
die sind klar zeitabhängig. Die Kapazität ist mir in den Sinn gekommen 
bzw. hab ich das auch bei der Suche ein Mal gelesen, was mir allerdings 
nicht gereicht hat um sicher zu sein. Außerdem fällt mir im Moment kein 
Kondensator ein, dessen Kapazität zeitabhängig ist und auch keine 
Anwendung dazu.
Was meint ihr?
Danke schon mal im Voraus!

von nachtmix (Gast)


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Zarah M. schrieb:
> Meine Frage ist aber was hier
> "zeitunabhängig" bedeuten könnte.

Na, dass seine Kapazität eben konstant ist.

Für die meisten der gebräuchlichen Kondensatoren trifft das zu, aber es 
gibt auch Kondensatoren, deren Kapazität man verändern kann, indem man 
z.B. den Plattenabstand variiert.

Auch keramische Kondensatoren und die Sperrschichten von 
Halbleiterdioden verändern ihre Kapazität u.U. recht stark, wenn man die 
angelegte Spannung ändert. Meist sinkt die Kapazität, je höher die 
Spannung ist.
Dieser Effekt kann lästig oder nützlich sein. Technisch wird er z.B. bei 
der Senderwahl von Radios verwendet

Jedenfalls kannst du deine Gleichung in der vorliegenden Form dann nicht 
mehr gebrauchen.

von Peter D. (peda)


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Zarah M. schrieb:
> Meine Frage ist aber was hier
> "zeitunabhängig" bedeuten könnte.

Frag einfach Deinen Prof, was er damit meint.
Gebräuchlich ist sowas für Kondensatoren nicht.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Zarah M. schrieb:
> Außerdem fällt mir im Moment kein Kondensator ein, dessen Kapazität
> zeitabhängig ist und auch keine Anwendung dazu.
Nimm mal dein Handy zur Hand: dort ist ein kapazitiver Touch verbaut.
Die dort ausgewerteten Kapazitäten ändern sich laufend.

Aber im Kontext hier ist es wahrscheinlich nur akademische 
Päterlesbohrerei (Krümelkackerei, Korinthenkackerei, 
Erbsenzählerei,...).

: Bearbeitet durch Moderator
von Wolfgang (Gast)


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Zarah M. schrieb:
> Außerdem fällt mir im Moment kein Kondensator ein, dessen Kapazität
> zeitabhängig ist und auch keine Anwendung dazu.

Dem kann abgeholfen werden.

Nimm eine Kapazitätsdiode. Für die wird die Sperrschichtkapazität als 
Funktion der Spannung spezifiziert. Sobald die Spannung sich zeitlich 
ändert, hast du eine zeitabhängige Kapazität. Eingesetzt wird sie zur 
Abstimmung in HF-Oszillatoren mit einem LC-Schwingkreis als 
frequenzbestimmendem Element, z.B. zur Frequenzmodulation.

von Peter D. (peda)


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Lothar M. schrieb:
> Nimm mal dein Handy zur Hand: dort ist ein kapazitiver Touch verbaut.
> Die dort ausgewerteten Kapazitäten ändern sich laufend.

Die ändern sich berührungsabhängig, aber nicht zeitabhängig.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Das ganze klingt sofort viel wissenschaftlicher, wenn man von 
Zeitinvarianz spricht
https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitinvarianz
Ich nehme an, dass der Prof an sowas gedacht hat.

von M.A. S. (mse2)


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Peter D. schrieb:
> Die ändern sich berührungsabhängig,
... und damit auch zeitabhängig, sehr schön verkannt.

von M.A. S. (mse2)


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Zarah M. schrieb:
> Außerdem fällt mir im Moment kein
> Kondensator ein, dessen Kapazität zeitabhängig ist und auch keine
> Anwendung dazu.
Irgendwelche Teile rotierender oder schwingender Systeme können durchaus 
zeitabhängige Kapazitäten zwischeneinander aufweisen.

Und noch ein Beispiel aus alter Zeit: ein Drehkondensator, der gerade 
gedreht wird.

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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M.A. S. schrieb:
> Und noch ein Beispiel aus alter Zeit: ein Drehkondensator, der gerade
> gedreht wird.

Nö, der ändert sich winkelabhängig und nicht zeitabhängig.

Nur weil für Änderungen Zeit benötigt werden, ergibt sich daraus keine 
zeitabhängigkeit, da ja die Änderung nicht zeitsynchron, sondern 
willkürlich erfolgt.

Du bist wohl in der Medizinforschung tätig, wo aus jeder Statistik 
gleich eine Abhängigkeit gefolgert wird.

von M.A. S. (mse2)


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Peter D. schrieb:
> Nö, der ändert sich winkelabhängig und nicht zeitabhängig.

Großartige Argumentation. Die Momentanspannung im Wechselstromnetz ist 
auch winkelabhängig, von der Stellung der Läufer der 
Kraftwerksgeneratoren.
Nach Deiner Sichtweise folgt daraus, dass unser Netz-Wechselstrom auch 
nicht zeitabhängig ist.

von Peter R. (pnu)


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Zarah M. schrieb:
> Hallo!
>

i = C mal du/dt ist schon "richtig"

nimm mal C als nicht konstant an.

denn wenn C eine Komponente mit dC/dt hat stimmt die Aussage  der obigen 
Gleichung nicht mehr.

gerade die elektrostatische Spannungserzeugung ist ein Beispiel für 
Veränderung des C. Da entstehen aus -zig mV in den Berührflächen sogar 
MV was man z.B. beim Bandgenerator ausnutzt.

Wenn sich zwei verschiedene Stoffe berühren, entsteht eine Doppelschicht 
Ladungen in der Berührfläche mit einer niedrigen Spannung wie z.B. bei 
einer PN Sperrschicht. Beim Trennen beträgt die zuerst nur wenige 100mV 
und der Abstand ist noch Bruchteile eines µm. Bei weiterem Trennen 
bleibt der "Kondensator" geladen, nur der Abstand der Platten ändert 
sich. Wenn  der auf Bruchteile von mm vergrößert wird, wird C um den 
Faktor 1000 verringert ohne dass sich die Ladung auf den Flächen 
verändert Dann werden aus den 100mV schon mal 100V. Schließlich gilt da 
die Gleichung  U = Q/C .Bei Metern Abstand werden dann schon hunderte kV 
aus den -zig oder -hunderte mV Berührspannung.

Diese Trennungsspannung wurde früher Reibungselektrizität genannt. Dabei 
ist das Reiben unnötig, der wesentliche Vorgang ist das Trennen der 
isolierenden Flächen. Trennungselektrizität wäre der richtigere 
Ausdruck.

Man darf bei i = C *du/dt

nicht als Naturgesetz annehmen, dass C unveränderlich wäre sondern den 
Vorbehalt machen, dass die Gleichung nur für konstantes C gilt. (was der 
prof auch getan hat.)

von Wolfgang (Gast)


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Peter D. schrieb:
> Nö, der ändert sich winkelabhängig und nicht zeitabhängig.

Dann rechne mal nach, wie sich die Kapazität benimmt, wenn jemand 
zeitabhängig den Winkel ändert.

Beim Auto ändert sich die Geschwindigkeit auch, obwohl eigentlich nur 
die Andruckkraft der Bremsbacken verändert wird.

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Ein besseres Beispiel ist wahrscheinlich die nonlinear Transmission 
Line. Hier ändert sich die Kapazität der varaktoren ständig was für eine 
Erzeugung vieler (erwünschter)) Oberwellen verantwortlich ist.

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