Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Strom im NF Bereich messen mit hohem Dynamikumfang


von Strommesser (Gast)


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Guten Tag,

ich habe eine Signalquelle die eine Sinusförmige Wechselspannung 
(~20Hz-50kHz, 0-20Veff) liefern kann, der entnehmbare Strom ist auf 
500mA begrenzt, wird aber meistens deutlich darunter liegen. Auch >100uA 
sind realisitsch. Ich möchte Strom und Spannung aufnehmen und per 24Bit 
AD-Wandler Digitalisieren um die entnommene (Wirk)Leistung zu berechnen.

Den Strom über diesen großen Dynamikbereich (<100uA - 500mA) zu messen 
ist aber leider nicht so einfach. Ein normaler Stromwandler mit Kern 
geht nicht, zumindest gibt es keinen fertigen der 20Hz bis mindestens 
20kHz umsetzen kann. Eine Rogowskispule kennt das Problem nicht, lässt 
sich sogar selber bauen. Ich bin mir aber sicher jede noch so kleine 
Störung in der Umgebung damit einzufangen, damit die Spannung Sekundär 
brauchbar wird sind viele Wicklungen und ziemlich viel Verstärkung 
nötig. Shunt klingt logisch, ein paar 100mOhm wären zu ertragen. Leider 
kann dieser nicht in die Masseleitung eingefügt werden, mit einem 
Differenzverstärker würde es gehen. Es gibt viele dafür gebaute ICs die 
auch die 20Veff locker verarbeiten könnten. Problem ist der CMRR, selbst 
die besten Chips würden bei 20V Gleichtaktsignal einen nicht 
unerheblichen Messfehler produzieren.

Mir gehen leider langsam die Ideen aus, bin über jeden Tipp froh.

Danke!

Gruß

von Gerd E. (robberknight)


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Strommesser schrieb:
> Shunt klingt logisch, ein paar 100mOhm wären zu ertragen. Leider
> kann dieser nicht in die Masseleitung eingefügt werden

Könntest Du vielleicht Deine Quelle über einen Trenntrafo versorgen und 
den Shunt dann in die Masseleitung hängen?

von Mark S. (voltwide)


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Mit 50Wdg auf einem Vitroperm-Toroiden bei 50 Ohm Bürde messe ich mit 
1V/1A.
Das funktioniert für Audio-Messungen auch noch bis ca 10Hz hinab.
Klirrfaktormessungen zeigten allerdings rasch die nicht zu 
vernachlässigende Unlinearität des Kernmaterials. So gesehen erscheinen 
mir Auflösungen von 24bit als utopisch.

: Bearbeitet durch User
von 8bit (Gast)


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Ich glaube du brauchst garnicht einen so großen Bereich wenn du am Ende 
eine Leistung heraus haben möchtest wieviele Counts soll die haben? Wenn 
man von einem Ohmschen Last ausgeht und als Signal Rauschen dann ist bei 
40000 Count(was echt ganzschön viel Währe) alles unter 100mV / 4mA 
Irrelevant

von Strommesser (Gast)


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Zuerst vielen Dank für Eure Antworten!

>Könntest Du vielleicht Deine Quelle über einen Trenntrafo versorgen und
>den Shunt dann in die Masseleitung hängen?


Das geht leider nicht, das würde mir das Quellsignal zu sehr verzerren. 
Ideal wäre "berührungslos" zu messen.

>Mit 50Wdg auf einem Vitroperm-Toroiden bei 50 Ohm Bürde messe ich mit
>1V/1A.
>Das funktioniert für Audio-Messungen auch noch bis ca 10Hz hinab.
>Klirrfaktormessungen zeigten allerdings rasch die nicht zu
>vernachlässigende Unlinearität des Kernmaterials.

Sehr interessant, selbst gewickelt? Mit >100 Windungen und einem OPV 
eventuell als Transimpedanzverstärker könnte das reichen, ich möchte das 
Quellsignal möglichst wenig belasten, auf keinen Fall nichtlinear. (Bin 
überfragt ob es eine nichtlineare Rückwirkung geben kann, auf jeden Fall 
bedeutet kleine Leistung Sekundär weniger Rückwirkung auf die Quelle) 
Sind Einkopplungen von Magnetfeldern ein Problem?
Ich wäre jetzt davon ausgegangen das Klirrfaktor erst bei größeren 
Strömen und niedriger Frequenz ein Problem sein würde, unter Umständen 
stört das garnicht. Wichtig ist halt das es auf das Quellsignal keinen 
nichtlinearen Einfluss hat und das die Phasenverschiebung zwischen 
20Hz-20kHz ungefähr konstant ist, sonst kann man die Auswertung 
vergessen.
Der Wandler wird ein Preiswerter Audio ADC, so 18-19 Bit "echte" 
Auflösung sollten sich machen lassen.

>Ich glaube du brauchst garnicht einen so großen Bereich wenn du am Ende
>eine Leistung heraus haben möchtest wieviele Counts soll die haben? Wenn
>man von einem Ohmschen Last ausgeht und als Signal Rauschen dann ist bei
>40000 Count(was echt ganzschön viel Währe) alles unter 100mV / 4mA
>Irrelevant

Gedacht ist das so: Es gibt ein 7-Segment Display mit 3 Anzeigeelementen 
für Peaks, der Anzeigebereich wird automatisch umgeschaltet (uW, mW, W) 
Eine Balkenanzeige mit 30 LEDs zeigt die Leistung als Art PPM (VU-Meter) 
logarithmisch. Der Anzeigebereich wäre im Optimalfall 10uW -> 10W. (also 
60dB Dynamik) 100uW als gerade noch angezeigter Wert wären Minimum, 
alles was besser ist nehme ich gerne mit :-)

Wichtig ist, es gibt keine dutzende Stellen, bei 10W Anzeige 
interessiert alles unter 100mW also nicht mehr.

Gruß

von 8bit (Gast)


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10 µA-100 mA, 0.05% Error, High-Side Current Sensing: 
http://www.ti.com/lit/ug/tidu033/tidu033.pdf

von Gerd E. (robberknight)


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Strommesser schrieb:
> Gedacht ist das so: Es gibt ein 7-Segment Display mit 3 Anzeigeelementen
> für Peaks, der Anzeigebereich wird automatisch umgeschaltet (uW, mW, W)
> Eine Balkenanzeige mit 30 LEDs zeigt die Leistung als Art PPM (VU-Meter)
> logarithmisch. Der Anzeigebereich wäre im Optimalfall 10uW -> 10W.

Aber warum musst Du dann mit dem vollen Dynamikumfang-Hammer zuschlagen 
und kannst nicht auch den Messbereich umschalten?

Für die Peaks könnte man bei Bedarf auch eine zweite, grob aufgelöste 
Messschaltung die ganze Zeit parallel im größten Messbereich mitlaufen 
lassen.

von Udo K. (Gast)


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Wenn du so hohe Anforderungen hast,
dann geht das nur mit einer galvanisch
getrennten Versorgung für die Meßschaltung,
die mit dem high-side Stromshunt mitschwimmt.

Differenzverstärker, ADC und uC werden damit
versorgt, und übertragen den Meßwert
über Optokoppler..

LG, Udo

von Mark S. (voltwide)


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8bit schrieb:
> 10 µA-100 mA, 0.05% Error, High-Side Current Sensing:
> http://www.ti.com/lit/ug/tidu033/tidu033.pdf

Wäre ja eine schöne Lösung, leider ist die Bandbreite auf 10kHz 
begrenzt.

von Mark S. (voltwide)


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Strommesser schrieb:
> Sehr interessant, selbst gewickelt? Mit >100 Windungen und einem OPV
> eventuell als Transimpedanzverstärker könnte das reichen, ich möchte das
> Quellsignal möglichst wenig belasten, auf keinen Fall nichtlinear. (Bin
> überfragt ob es eine nichtlineare Rückwirkung geben kann, auf jeden Fall
> bedeutet kleine Leistung Sekundär weniger Rückwirkung auf die Quelle)
> Sind Einkopplungen von Magnetfeldern ein Problem?

Ja, die 50Wdg sind ja schnell aufgebracht.
Da diese Vitroperm-Kerne eine sehr hohe Permeabilität aufweisen, dürfte 
die Empfindlichkeit gegenüber externen Feldern eher gering ausfallen.
Allerdings habe ich nie Messungen bei derart kleinen Strömen 
durchgeführt.

: Bearbeitet durch User
von Strommesser (Gast)


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>10 µA-100 mA, 0.05% Error, High-Side Current Sensing:
>http://www.ti.com/lit/ug/tidu033/tidu033.pdf

Danke, schaue ich mir an!

>Für die Peaks könnte man bei Bedarf auch eine zweite, grob aufgelöste
>Messschaltung die ganze Zeit parallel im größten Messbereich mitlaufen
>lassen.

Ist unschön, wäre aber ein Notfallplan.

>Wenn du so hohe Anforderungen hast,
>dann geht das nur mit einer galvanisch
>getrennten Versorgung für die Meßschaltung,
>die mit dem high-side Stromshunt mitschwimmt.

Da bräuchte ich einen DC/DC Wandler, den von ihm erzeugten HF-Dreck 
möchte ich nicht im Signal haben. Höchstens mit einem normalen Netztafo 
eine Zusatzspannung zur verfügung stellen, ich habe aber auch da 
bedenken das es in das Messsignal eingekoppelt werden könnte.

>Da diese Vitroperm-Kerne eine sehr hohe Permeabilität aufweisen, dürfte
>die Empfindlichkeit gegenüber externen Feldern eher gering ausfallen.
>Allerdings habe ich nie Messungen bei derart kleinen Strömen
>durchgeführt.

Ich werde mich herantasten, das ist immernoch die "sauberste" Lösung 
weil ohne großartigen Eingriff ins Signal. Hier liegen noch 2000:1 
Wandler bester Ebay Qualität, zum experimentieren reichen die.
Man könnte einen 500:1 Wandler nehmen mit 5k Bürdewiderstand. Bei 500mA 
Laststrom ergibt das Sekundär 5V, bei 10uA 100uV. (was sich ziemlich 
leicht mit einem OPV verstärken lässt weil man AC Koppeln kann sodass 
Offset und Biasstrom nicht stören)

von Mark S. (voltwide)


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Ein Nadelöhr der induktiven Stromsonde ist untere Grenzfrequenz - um 
diese möglichst weit auszudehnen benötigt mach hochpermeable Kerne (=max 
Induktivität). Verringerung des Bürdewiderstandes hilft auch, natürlich 
auf Kosten der Empfindlichkeit.

von Strommesser (Gast)


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>Verringerung des Bürdewiderstandes hilft auch, natürlich
>auf Kosten der Empfindlichkeit.

Hatte ich garnicht bedacht, danke für den Hinweis!
Gemäß L=R/(2xPixfg) bräuchte ich bei 5k Bürde Minimum 40H. Das klingt 
viel, die fertigen 1:2000 Wandler haben Teilweise aber laut Mouser 
Katalog schon mal >100H.

https://www.mouser.de/ProductDetail/Vacuumschmelze/T60404-E4629-X010?qs=sGAEpiMZZMsx8IbIvybzbMWDgYiCXak5XQva4WXXRT0%3d

Mein Ebay China 2000:1 Wandler für 50/60Hz zeigt zu meiner Überraschung 
auch >100H, wobei mein LCR Meter (Peak LCR45) "nur" bis 10H sauber 
messen kann. Vielleicht kann man den Draht mit dem zu messenden Strom 
einfach mehrfach durch den Wandler führen um von 2000:1 auf 500:1 zu 
kommen bei gleichzeitig hoher Induktivität der Wicklung. 2000 Wicklungen 
bekommt man selber aber leider eher nicht auf einen Kern.

Was begrenzt eigentlich die Bandbreite nach oben? Wicklungskapazitäten?
Ich wundere mich warum die fertig zu kaufenden Wandler mit Eisenkern 
nicht wirklich in den kHz Bereich kommen.

Doof ist auch das der zu messende Strom bei 100uA schon in den nA 
Bereich geht, ich muss mal schauen ob man MU-Metallgehäuse kaufen kann. 
Ich meine welche für Mikrofonübertrager gesehen zu haben die sich 
zweckentfremden lassen würden.

Gruß

von Strommesser (Gast)


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Wicklungen = Windungen. Sorry

von Dieter W. (dds5)


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Geht es hier eigentlich um Wirk- oder Scheinleistung?

Bei Wirkleistung spielt ja bekanntlich die Phasenverschiebung eine Rolle 
und ob die mit einem Trafo über den gesamten Frequenzbereich konstant 
ist?

Außerdem muss wegen der Multiplikation der Augenblickswerte die 
Abtastrate wesentlich höher sein und der A/D Wandler muss negative Werte 
verarbeiten können.

von Michael B. (laberkopp)


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Strommesser schrieb:
> Ideal wäre "berührungslos" zu messen.

Vergiss es.

Strommesser schrieb:
> Shunt klingt logisch, ein paar 100mOhm wären zu ertragen.

Richtig.

> Leider kann dieser nicht in die Masseleitung eingefügt werden,
> mit einem Differenzverstärker würde es gehen.

Über solche 'kann nicht' sollte man noch mal nachdenken, wenn die 
Alternative

> Es gibt viele dafür gebaute ICs die auch die 20Veff locker
> verarbeiten könnten. Problem ist der CMRR, selbst
> die besten Chips würden bei 20V Gleichtaktsignal einen nicht
> unerheblichen Messfehler produzieren.

also z.B. schon der genannte

8bit schrieb:
> 10 µA-100 mA, 0.05% Error, High-Side Current Sensing:
> http://www.ti.com/lit/ug/tidu033/tidu033.pdf

da problematisch wären. Es ist nun aber kein Hexenwerk, eine galvanische 
getrennte Hilfsspannungsversorgung aufzubauen und den A/D-Wandler daraus 
zu versorgen, der dann über Licht oder ADUM seine Daten überträgt.

Das Grundprinzip, Strom und Spannung messen und in Leistung umrechnen, 
schaffen viele Energiekostenzähler mit hoher Auflösung und gesetzlich 
garantierter Genauigkeit. Die haben es zwar etwas einfacher, 50Hz und 
höhere Ströme so daß Erdmagnetfeld nicht stört, aber sind billig.

Dieter W. schrieb:
> Bei Wirkleistung spielt ja bekanntlich die Phasenverschiebung eine Rolle
> und ob die mit einem Trafo über den gesamten Frequenzbereich konstant
> ist?

Na ja, Phasenverschiebung nützt nur bei sinusförmigem Signal. In der 
Realität ist die Berechnung also untauglich, da muss man schon 
Strom*Spannung instantan selber multiplizieren.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Für eine großen Dynamikumfang wäre eine Logarithmierung vielleicht das 
richtige. Und für Wechselspannung gibt es dazu schöne integrierte 
Lösungen, ein AD8307 oder der gute alte NE614 funktionieren mit großem 
Koppelkondensator auch für Niederfrequenz. Philips hat zum NE614 mal 
eine Applikationnote verfasst:
https://www.nxp.com/docs/en/application-note/AN1991.pdf

: Bearbeitet durch User
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