Forum: Platinen 0603 auslöten - geklebt


von MiMa (Gast)


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Hallo,

bin wieder mal dabei 0603 Widerstände auszulöten was ja eigentlich keine 
Hexerei ist. Doch trotz langem heizen mit dem Lötkolben lassen sie nicht 
entfernen -> festgeklebt.

Gibt es eine Möglichkeit - Lösungsmittel o.Ä. - um die Widerstände bzw. 
den Kleber zu entfernen? Die Platine MUSS! heil bleiben, die Widerstände 
sind mir egal.

Gruss,

von Harald W. (wilhelms)


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MiMa schrieb:

> Gibt es eine Möglichkeit - Lösungsmittel o.Ä. - um die Widerstände bzw.
> den Kleber zu entfernen?

Der Kleber sollte ber Erhitzung zumindest weich werden, sodas man
das Bauteil währen der Erhitzung mit einem kleinen Schraubenzieher
zur Seite schieben kann. Vorher sollte man mit Entlötlitze soviel
Lot wie möglich entfernen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Gerade bei geklebten Bauelementen ist es um so wichtiger, nicht nur 
einzelne Pins zu erwärmen, sondern das ganze Bauteil. Die schonenste 
Methode besteht also darin, eine eher recht breite Lötspitze auf das 
Bauteil zu legen und hinreichend viel Lot zu verwenden, so dass beide 
Pins ordentlich erwärmt werden. Dann hebt man das Bauteil bei noch 
aufgesetzter Lötspitze mit einer geeigneten Pinzette ab.

Wenn man nur halbherzig mit möglichst wenig Wärmezufuhr an die Sache 
herangeht, erreicht man genau das Gegenteil, d.h. eine Ablösung von Pads 
auf Grund unvollständig aufgeschmolzenen Lotes. Auf Grund der Verklebung 
merkt man dann manchmal auch nicht, ob man die Kraft nur auf den Kleber 
ausübt oder eben auch ein Pad.

Wichtig: Odentliche Wärmezufuhr ist nicht gleichzusetzen mit hoher 
Lötpitzentemperatur im Leerlauf! Vielmehr sollte man keine feine 
Nadelspitze verwenden, sondern eben eine kegelförmige, die an der Spitze 
hinreichend abgeflacht ist.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Harald W. schrieb:
> Vorher sollte man mit Entlötlitze soviel Lot wie möglich entfernen.

Nein, das Lot wird benötigt, um den Pin und das Pad ordentlich zu 
erwärmen.

von soso... (Gast)


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MiMa schrieb:
> Hallo,
>
> bin wieder mal dabei 0603 Widerstände auszulöten was ja eigentlich keine
> Hexerei ist. Doch trotz langem heizen mit dem Lötkolben lassen sie nicht
> entfernen -> festgeklebt.

Bist du dir sicher, dass die geklebt sind?

das sollte man sehen. Das sieht so aus, wie auf dem dritten Bild von 
oben:
https://www.worthingtonassembly.com/blog/2014/12/30/cost-savings-double-sided-or-single-sided

https://static1.squarespace.com/static/54982a02e4b02e9f5e5d9ca7/t/582f2cd0d1758e034069fc94/1479486679983/?format=1000w

d.h. man müsste am seitlichen Rand der Bauteile den Kleber sehen.

Prüf das nochmal nach.

Normalerweise gibt es nämlich keine Notwendigkeit, 0603 zu kleben. Wenn, 
dann tut man das weil man besondere Anforderunge hat wie Wellenlöten, 
aber nicht "einfach so". Kleben kostet extra, und ist lästig.
Es kann gut sein, dass wegen guter Wärmeabfuhr bei einem der Pads das 
Zinn nicht ganz aufgeschmolzen war.

Mach doch mal ein Foto, und stell es hier rein.

von Joe F. (easylife)


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Ein 2. Lötkolben kann oft sehr hilfreich sein. Damit kann man von beiden 
Seiten gleichzeitig heizen.
Was auch funktionieren kann: einen fetten "Lötkleks" auf das Bauteil, so 
dass mit einem Lötkolben beide Seiten und auch das Teil selbst erhitzt 
wird.
Das überschüssige Lot kann man dann hinterher mit Litze wegsaugen.

: Bearbeitet durch User
von MiMa (Gast)


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soso... schrieb:
> Normalerweise gibt es nämlich keine Notwendigkeit, 0603 zu kleben. Wenn,
> dann tut man das weil man besondere Anforderunge hat wie Wellenlöten,
> aber nicht "einfach so". Kleben kostet extra, und ist lästig.
> Es kann gut sein, dass wegen guter Wärmeabfuhr bei einem der Pads das
> Zinn nicht ganz aufgeschmolzen war.
>
> Mach doch mal ein Foto, und stell es hier rein.

Hm also solche Klebepunkte sehe ich keine. Habe schon öfter 0603 gelötet 
und als ich ihn trotz langen Versuchen nicht herausbekommen habe stand 
für mich fest die müssen geklebt sein.
Gibt es nicht auch diese kleinen Klebepunkte unter dem Bauteil um 
doppelseitige PCB mit Reflow zu löten? Diese würde man dann doch nicht 
sehen oder?

von Andreas B. (bitverdreher)


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Um was für eine Platine geht es denn? Ich kann mir eine solche Kleberei 
nur bei Automotive Elektronik vorstellen.

von soso... (Gast)


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MiMa schrieb:
> Gibt es nicht auch diese kleinen Klebepunkte unter dem Bauteil um
> doppelseitige PCB mit Reflow zu löten? Diese würde man dann doch nicht
> sehen oder?

Ich weiß es nicht genau. Aber:
Viele 0603er liegen fast plan auf der Platine auf. Wenn man jetzt einen 
"Streifen" Kleber auf die Platine druckt und das Bauteil draufsetzt, 
dann müsste es eigentlich links und rechts ein bischen Kleber 
herausdrücken.

Bin aber kein Experte, ich kenne das nur wellenlöttauglichen Platinen.

Was ich schon oft hatte, sind aber 0603er mit Pads ohne Wärmefallen in 
der Massefläche. Gerne tun dass die ECADler bei Entkoppelkondensatoren. 
Dort kann es vorkommen, dass man es kaum schafft, das gesamte Pad 
aufzuschmelzen. Und dort hatte ich schon ähnliche Probleme.

Ich löte solche Bauteile meist mit der großen Spitze aus, mit einem 
Tropfen Zinn, der beide Pads umschließt.

Eine Warnung: Auf erhitzte Pads sollte man auf keinen Fall Kraft geben. 
Der Kleber, welche das Kupfer auf der Platine hält wird nämlich auch 
weich, und die Belastbarkeit sinkt.

von 6a66 (Gast)


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Andreas S. schrieb:
> breite Lötspitze auf das
> Bauteil zu legen und hinreichend viel Lot zu verwenden, so dass beide
> Pins ordentlich erwärmt werden. Dann hebt man das Bauteil bei noch
> aufgesetzter Lötspitze mit einer geeigneten Pinzette ab.

Oder seitlich an beide Pins, ordentlich Lötzinn drauf und dann 
vorsichtig das Ganze zur Seite schieben wenn beide Pins aufgeschmolzen 
sind.

Noch besser Heissluft wenn vorhanden.

rgds

von Soul E. (Gast)


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Geklebt wird beim Wellenlöten, sonst spült die Flut die Teile weg. Beim 
Reflow ist das unüblich. Auch für die erste Seite (smt stage 1), die 
beim zweiten Durchgang kopfüber hängt.

Nimm die dickste Lötspitze und häng einen Tropfen Lot dran, der das 
Bauteil komplett umhüllt. Damit kann man es einfach abnehmen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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6a66 schrieb:
> Noch besser Heissluft wenn vorhanden.

Beim  Auslöten hartnäckiger Bauelemente mittels Heißluft hat man aber 
zwischenzeitlich das ganze restliche Vogelfutter in der Bude verteilt.

Das optimale Werkzeug zum Auslöten ist daher eine Lötpinzette, gerne mit 
Heißluft von unten zum Vorwärmen der Baugruppe.

von MiMa (Gast)


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soso... schrieb:
> Ich weiß es nicht genau. Aber:
> Viele 0603er liegen fast plan auf der Platine auf. Wenn man jetzt einen
> "Streifen" Kleber auf die Platine druckt und das Bauteil draufsetzt,
> dann müsste es eigentlich links und rechts ein bischen Kleber
> herausdrücken.

Kleber kann ich auch mit der Lupe keinen finden. Dennoch ist nahezu 
jedes Bauteil ein bisschen schräg. Diese würden sich doch normalerweise 
beim Reflowlöten zentrieren wenn sie nicht geklebt wären oder?

soso... schrieb:
> Was ich schon oft hatte, sind aber 0603er mit Pads ohne Wärmefallen in
> der Massefläche. Gerne tun dass die ECADler bei Entkoppelkondensatoren.
> Dort kann es vorkommen, dass man es kaum schafft, das gesamte Pad
> aufzuschmelzen.

Meine grösste Lötspitze hat ca. die doppelte Kantenlänge wie der 0603. 
Diese Wärmefalle wäre DIE Lösung für alle Kühlprobleme der Elektronik 
:-)

soul e. schrieb:
> Nimm die dickste Lötspitze und häng einen Tropfen Lot dran, der das
> Bauteil komplett umhüllt. Damit kann man es einfach abnehmen.

Dann versuche ich es nochmal :-)

von Andre (Gast)


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soul e. schrieb:
> Nimm die dickste Lötspitze und häng einen Tropfen Lot dran, der das
> Bauteil komplett umhüllt. Damit kann man es einfach abnehmen.

Genau so mache ich das auch immer. Das haben bisher alle Platinen 
überlebt (habe so auch schon geklebte SOIC 14 versorgt) und wenn ich sie 
schnell genug raus gefischt habe die Bauteile sogar auch.

von 6a66 (Gast)


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Andreas S. schrieb:
> Beim  Auslöten hartnäckiger Bauelemente mittels Heißluft hat man aber
> zwischenzeitlich das ganze restliche Vogelfutter in der Bude verteilt.

Nein. Ich mach das beruflich jede Woche. Da fliegt niemals was. Es sei 
denn Du hast die Luftmenge hochgedreht. Ich löte mit etwa 30% Luftmenge 
und der kleinen Düse. Geht hervorragend ein und raus.

rgds

von Amateur (Gast)


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Ich würde folgendermaßen vorgehen:
1. Platine in einen kleinen Schraubstock einspannen.
2. Heißluftfön seitlich daneben. Nur so weit, möglichst von unten
   heizen, dass die Platine ordentlich heiß wird. Hier soll nichts
   entlötet werden. Auch sollte der Luftdurchsatz nicht zum Wegblasen
   sein.
3. Bauteilgroße (breite) Lötkolbenspitze, tüchtig mit Lötzinn
   benetzen. Mach Dir später Gedanken um die Reste.
4. Beachten, dass 170° nur anno Tobak ausreichend waren. Der meist
   verwendete Bleifreikram mag es wirklich warm. Darüber hinaus macht
   es ja nichts, wenn die Bauteile danach Schrott sind.
5. Erst wenn das Bauteil weg ist, kann man sich um Lötzinnreste oder
   Flussmittel Gedanken machen. Der gute, alte Sauger kann hier gute
   Dienste tun.

von stift (Gast)


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Amateur schrieb:
> 1. Platine in einen kleinen Schraubstock einspannen.
> 2. Heißluftfön seitlich daneben.

Eine hervorragende Methode, alle Bauteile zu ruinieren. Während die 
Platine die Wärme schön an den kalten Schraubstock abgibt werden die 
Bauteile munter erhitzt, bis sie hin sind.

Bravo!

Sowas macht man nur mit einer Wärmeisolierung zwischen Schraubstock 
und Platine.

von Alex G. (dragongamer)


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Guter Punkt. Hab schon erlebt wie eine ungünstig platzierte 
Krokodilklemme beim normalen Löten, sehr viel Wärme abzieht.

von Amateur (Gast)


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@stift
Toll wie selektiv man doch lesen kann!

Natürlich soll die Platine an den Schmalseiten gefasst werden und wie 
auch ausgeführt wurde: Hier soll nichts gelötet/Ausgelötet werden. Die 
Platine soll erwärmt werden, wie es im professionellen Bereich mit einer 
Heizplatte gemacht wird. Nur haben die nicht alle.

Das die Backe eines Schraubstockes, wie auch jede andere Masse, das 
thermische Gleichgewicht durcheinander bringt sollte eigentlich jedem 
Idi**en klar sein. Etwas, was ich zumindest dem TO nie unterstellen 
würde.

Viel Spaß noch bei der Fehlersuche und beim Erbsen zählen.

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