Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Impedanzwandler mit extrem geringer Eingangskapazität


von F. P. (pl504)


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Wenn man beispielsweise einen RTC-Oszillator direkt am Uhrenquarz 
oszillographieren möchte, braucht man ja nicht mit dem passiven 
Oszi-Tastkopf rangehen (viel zu hohe Kapazität, zu niederohmig), da die 
Messung viel zu stark verfälscht würde. Aktive Tastköpfe sind meist noch 
niederohmiger (1M || 1p) und damit auch ungeeignet.

Denkbar ist ein ordentlicher JFET-OPV als Spannungsfolger. Damit haben 
wir zwar erfolgreich den Eingangswiderstand hochgeschraubt, aber leider 
gibt es noch eine Eingangskapazität von wenigen pF.

Gibt es Möglichkeiten, die Eingangskapazität eines wie auch immer 
gearteten Spannungsfolgers noch weiter herunterzuschrauben, z.B. auf 
0,1p? Wo ist das Ende der Fahnenstange erreicht?

von Falk B. (falk)


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@F. P. (pl504)

>Wenn man beispielsweise einen RTC-Oszillator direkt am Uhrenquarz
>oszillographieren möchte, braucht man ja nicht mit dem passiven
>Oszi-Tastkopf rangehen (viel zu hohe Kapazität,

Ja.

> zu niederohmig),

Nein. 10M sind da kein Problem.

>Messung viel zu stark verfälscht würde. Aktive Tastköpfe sind meist noch
>niederohmiger (1M || 1p) und damit auch ungeeignet.

Sehe ich nicht so.

>Gibt es Möglichkeiten, die Eingangskapazität eines wie auch immer
>gearteten Spannungsfolgers noch weiter herunterzuschrauben, z.B. auf
>0,1p?

0,1pF? Das wird SEHR sportlich.

> Wo ist das Ende der Fahnenstange erreicht?

Keine Ahnung. Ich würde 1pF in Reihe zu einem normalen 10:1 Tastkopf 
schalten, damit kommt man auf knapp unter 1pF Gesamtkapazität. Mit dem 
sehr kleinen Pegel muss man dann halt leben.

Derartige ultra low capacity probes sind mir nicht bekannt.

von Helmut S. (helmuts)


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Ja man kann die Eingangskapazität auf fast 0pF verringern indem man 
mögichst nahe an v=1 an der Source kommt und zusätzlich die Spannung am 
Drain auch mit v=1 mitzieht. Damit wirken Cgs und Cgd praktisch nicht 
mehr.
Allerdings bleiben da immer noch die Zuleitungskapazitäten. Die lassen 
sich auch verringern indem man den Schirm statt auf Masse auch mit v=1 
mitzieht. Natürlich ist man mit den Maßnahmen auch nahe am Punkt an dem 
die Schaltung anfängt zu schwingen.

von F. P. (pl504)


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Das hört sich sehr interessant an, hast Du eine Schaltungsskizze?

von Helmut S. (helmuts)


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Schau mal hier auf der 3. Seite.

Ultra-High Z-IN AC Unity Gain Amplifier
http://www.ti.com/lit/an/snoa620/snoa620.pdf

von F. P. (pl504)


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"Nothing is left to chance in reducing input capacitance."
Ausgezeichnet, besten Dank!

von Werner H. (werner45)


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...und dann noch frei in Luft verdrahten ohne Platine. Eine Abschirmung 
ausreichend weit weg davon ist empfehlenswert.

Gruß   -   Werner

von F. P. (pl504)


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Habe die Schaltung mal in Pspice reingeknallt, einen LF356 schlägt sie 
nicht (oder die Simulation/Einstellungen/Modelle taugen nix).

100M Impedanz bei 32 kHz sind (noch) nicht zu erreichen. Da der 
Oszillator selbst weniger als 100 nA zieht, wäre das schon sehr deutlich 
zu merken.

von ArnoR (Gast)


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F. P. schrieb:
> Habe die Schaltung mal in Pspice reingeknallt, einen LF356 schlägt sie
> nicht (oder die Simulation/Einstellungen/Modelle taugen nix).

Manchmal sind die OPV-Modelle fehlerhaft und haben keine 
Eingangskapazität, bin da auch schon mal reingefallen.

Die Schaltung ist auch nicht sonderlich gut. Die Verstärkung zu Source 
ist deutlich unter 1, was Cgs nicht gut reduziert, und beim 
Emitterfolger ist Vu auch merklich kleiner 1, und daraus wird ja dann 
erst das Bootstrap-Signal für den Drain gewonnen.

Der 2N3644 ist real übrigens ein pnp.

von soso... (Gast)


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Halb offtopic:

Zu versuchen, so die Uhr abgzugleichen, wird schwierig. Schon allein die 
Kontaktierung beeinflusst das Ergebnis. Immerhin musst du ja auch mit 
einem Kabel ran.

Ich verwende für den Abgleich/Ziehen von Quarzen meist ein abgeleitetes 
TTL-Signal.Bei vielen RTCCs kann man einen Alarmausgang auf einen 
1s-Takt konfigurieren, bei einem µC kann man sich einen Timer aufsetzen.
Einen solchen Pin sollte man sich daher zumindest auf einen Testpunkt 
holen.

Es reicht aus, wenn man ein zyklisches Signal irgenwo herausbekommt, von 
dem das Timing bekannt ist.

Der große Vorteil der Methode liegt darin, dass man 100 sicher sein 
kann, den Quarz nicht durch irgenwelche Lötbatzen oder ähnliches zu 
verziehen, und das man das leichter bei zig Platinen tun kann.

von Günter Lenz (Gast)


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F. P. schrieb:
>Wenn man beispielsweise einen RTC-Oszillator direkt am Uhrenquarz
>oszillographieren möchte,

Der Quarz ist ja an ein Verstärker angeschlosen, eine Seite
am Ausgang und die andere Seite am Eingang des Verstärkers.
Sinnvollerweise geht man beim messen mit dem Tastkopf an
den Ausgang des Verstärkers. Dann reicht normalerweise
ein 1:10-Teiler-10MOhm-Tastkopf aus.

von F. P. (pl504)


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Abgeglichen werden soll nix, die Frequenz ist nebensächlich (ich würde 
an sowas auch ganz anders herangehen). Es geht um direkte, möglichst 
wenig verfälschende Messungen am Oszillator.

@Günter Lenz:
Wenn der gesamte Oszillator 30 nA zieht, zwingste ihn mit 10M gnadenlos 
in die Knie. Selbst 1 pF Last hat starke Auswirkungen auf die 
Stromaufnahme, man berechne nur mal den Blindwiderstand bei 32 kHz...

ArnoR schrieb:
> F. P. schrieb:
>> Habe die Schaltung mal in Pspice reingeknallt, einen LF356 schlägt sie
>> nicht (oder die Simulation/Einstellungen/Modelle taugen nix).
>
> Manchmal sind die OPV-Modelle fehlerhaft und haben keine
> Eingangskapazität, bin da auch schon mal reingefallen.
Beim LF356-Modell (von TI) ist Eingangskapazität vorhanden. Man sieht 
auch einen deutlichen Wechselstrom, da kann man die 6 pA DC unter den 
Tisch fallen lassen.

> Die Schaltung ist auch nicht sonderlich gut. Die Verstärkung zu Source
> ist deutlich unter 1, was Cgs nicht gut reduziert, und beim
> Emitterfolger ist Vu auch merklich kleiner 1, und daraus wird ja dann
> erst das Bootstrap-Signal für den Drain gewonnen.
Bin für Schaltungsverbesserungen immer offen.

> Der 2N3644 ist real übrigens ein pnp.
Habe ich mich auch schon gewundert, da muß ein anderer rein.

: Bearbeitet durch User
von ArnoR (Gast)


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F. P. schrieb:
> Bin für Schaltungsverbesserungen immer offen.

Na gut, dann leg ich mal vor. Im Anhang ein Entwurf mit nur 36fF 
Eingangskapazität.

Das Diagramm zeigt, wie sich eine am Eingang zugeschaltete Kapazität auf 
den eingangsseitigen Frequenzgang auswirkt. Bei zusätzlichen 32fF wird 
die eingangsseitige Grenzfrequenz von 438kHz etwa halbiert. Gesteuert 
wird mit einer Stromquelle (Ri=unendlich). Wird mit niederohmiger Quelle 
gesteuert, ergibt sich eine obere Grenzfrequenz von etwa 72MHz.

Wenn es sein muss, kann man in dieser Schaltung auch das Gate 
bootstrappen wie in der Schaltung von TI.

von F. P. (pl504)


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Famos!
So recht steige ich da noch nicht durch mit JFETs...
Laut Pspice hat Deine Schaltung 122 MOhm bei 32 kHz, rechnerisch sind 36 
fF 135 MOhm bei 32 kHz, dürfte also ungefähr hinkommen.

Die DC-Kopplung finde ich auch nicht schlecht. :)

von ArnoR (Gast)


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F. P. schrieb:
> Famos!

Danke.

> So recht steige ich da noch nicht durch mit JFETs...

Die beiden JFTEs arbeiten als Sourceschaltung (BF256) mit gebootstrapter 
Kaskode (J310).

F. P. schrieb:
> Die DC-Kopplung finde ich auch nicht schlecht.

Aber der Ausgang hat etwa +2V DC-Offset.

von jens (Gast)


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hat etwas über 10fF.

von georg (Gast)


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Wie immer man das realisiert, der Eingang ist extrem hochohmig, und 
natürlich kann man im Interesse der kleinen Kapazität keinerlei 
Schutzmassnahmen gegen Überspannugen einbauen - man sollte also SEHR 
pfleglich mit dem Tastkopf umgehen.

Georg

von Stromberg B. (Gast)


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Mal ganz doof gefragt, warum muss man unbedingt unter 1pF am Eingang 
haben?

Man kann doch auch nach dem hochohmigen Eingangswiderstand (1M) 
niederohmig abschließen (10k). Dann erhält man zwar nur 1/100stel der 
Signalspannung, aber die kann man doch wieder um den Faktor 100 
verstärken.

Dadurch würde doch die Schaltung deutlich einfacher ausfallen. Die 
Grenzfrequenz beträgt hier übrigens immerhin 16MHz.

von ArnoR (Gast)


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jens schrieb:
> hat etwas über 10fF.

Nicht schlecht, aber...

Die Schaltung macht bei Generatorwiderstand von 10Meg (vergleichbare 
Verhältnisse zu meinem Vorschlag oben) ein Überschwingen von etwa 3dB, 
da ist der Bootstrapfaktor am Drain des JFET wohl etwas zu dicht an 1.

Natürlich bekommt man durch hohe Versorgungsspannungen kleinere 
Transistorkapazitäten, aber 30V finde ich etwas unhandlich viel.

von Falk B. (falk)


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@ Stromberg B. (Gast)

>Mal ganz doof gefragt, warum muss man unbedingt unter 1pF am Eingang
>haben?

Weil man den Quarz extrem wenige belasten will/muss.

>Man kann doch auch nach dem hochohmigen Eingangswiderstand (1M)
>niederohmig abschließen (10k). Dann erhält man zwar nur 1/100stel der
>Signalspannung,

Ja.

> aber die kann man doch wieder um den Faktor 100
>verstärken.

Jain, dein Rauschabstand ist dann aber im Eimer.

>Dadurch würde doch die Schaltung deutlich einfacher ausfallen. Die
>Grenzfrequenz beträgt hier übrigens immerhin 16MHz.

Dream on ;-)
googel frequenzkompensierter Spannungsteiler streukapazitäten

von Falk B. (falk)


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@ArnoR (Gast)

>    LowCapBuffer2.png

Naja, Papier und LTSpice sind geduldig. Wer baut das mal REAL auf und 
mißt nach, was da WIRKLICH rauskommt? Denn bei dem Ding spielt das 
Layout eine extrem wichtige Rolle.

von ArnoR (Gast)


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Stromberg B. schrieb:
> Dann erhält man zwar nur 1/100stel der
> Signalspannung, aber die kann man doch wieder um den Faktor 100
> verstärken.

Der Signal-/Rausch-Abstand wird dabei für viele Anwendungen zu schlecht.

von ArnoR (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Naja, Papier und LTSpice sind geduldig. Wer baut das mal REAL auf und
> mißt nach, was da WIRKLICH rauskommt? Denn bei dem Ding spielt das
> Layout eine extrem wichtige Rolle.

Da hast du recht, aber ich kann dir versichern, daß mein obiger 
Vorschlag auch in der Praxis funktioniert. Ich habe den in etwas 
modifizierter Art in einem Photosensor bei mir in Betrieb und erreiche 
damit stabil eine äquivalente Eingangskapazität von ~100fF.

von Falk B. (falk)


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@ ArnoR (Gast)

>modifizierter Art in einem Photosensor bei mir in Betrieb und erreiche
>damit stabil eine äquivalente Eingangskapazität von ~100fF.

Das ist schon sehr beachtlich aber weit weg von den theoretisch 
gepriesenen 10fF oder 36fF ;-)

Grau teurer Freund, ist alle Theorie, doch grün des Lebens goldner Baum.

von ArnoR (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Das ist schon sehr beachtlich aber weit weg von den theoretisch
> gepriesenen 10fF oder 36fF ;-)
>
> Grau teurer Freund, ist alle Theorie, doch grün des Lebens goldner Baum.

Naja, zu früh gefreut, Falk. In den 100fF bei mir ist noch eine 
BPW34(!)eingeschlossen. Ich sagte doch: "etwas modifiziert"

von jens (Gast)


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@ ArnoR (Gast)

Danke für den Tip! Hab die Schaltung etwas optimiert. Trotz der 15V 
Versorgung können noch +-6,8V verarbeitet werden. Die obere 
Grenzfrequenz ist größer als 100MHz.

von W.S. (Gast)


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F. P. schrieb:
> Wenn man beispielsweise einen RTC-Oszillator direkt am Uhrenquarz
> oszillographieren möchte

Genau das ist das Problem.
Kurze Antwort: man kann es nicht, egal wie man es anstellt.

Bei allen Uhren ist der 32 kHz Oszillator so unsäglich hochohmig und 
empfindlich gegen schlichtweg alles, daß man nach anderen Lösungen 
suchen muß. Das Einzige, was man eventuell hinkriegt ist, an irgend 
einer anderen Stelle z.B. Sekundenimpuls-Ausgang oder Backplane des LCD 
oder so ein Signal abzugreifen. Das ist dann zwar nicht das originale 32 
kHz Signal, ist aber in aller Regel davon abgeleitet, so daß man es als 
Meßobjekt hernehmen kann.

W.S.

von F. P. (pl504)


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Wenn Du am Oszillator messen willst/mußt, etwa die Amplitude, Phase, 
Arbeitspunkt, Verzerrung usw., kannst Du kein abgeleitetes Signal 
messen, was hinten irgendwo aus dem nachgeschalteten Digitalteil 
herausgeklappert kommt. Sondern da mußt Du wirklich ran an den Quarz, 
natürlich mit unvermeidlichen Beeinflussungen.

Ich finde die Schaltungsvorschläge/-vorstellungen super, vielleicht baue 
ich mir bei Gelegenheit mal was nach.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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W.S. schrieb:
> Bei allen Uhren ist der 32 kHz Oszillator so unsäglich hochohmig und
> empfindlich gegen schlichtweg alles, daß man nach anderen Lösungen
> suchen muß. Das Einzige, was man eventuell hinkriegt ist, an irgend
> einer anderen Stelle z.B. Sekundenimpuls-Ausgang oder Backplane des LCD
> oder so ein Signal abzugreifen.

Ach was. Empfindliches Ultraschallmikrofon und ein Bandpaßfilter bei 32 
Komma nochwas Kilohertz. Oder gleich digital aufbereiten. 96kHz 
Abtastrate von Audio-Equipment könnten etwas knapp werden, aber es gibt 
ja auch besseres.

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