Hallo Leute, ich muss in ein massives Gussteil zwei Sacklöcher nebst Gewinde bohren. Dabei hat sich überraschend herausgestellt, daß das Material wohl extrem hart ist. Hatte zunächst mit HSS-Bohrern probiert, da passierte rein gar nichts. Dann mit nagelneuen HSS-Co, die vielleicht je 1mm Tiefe brachten, bis sie stumpf wurden. Heute nun mit VHM weitergemacht, die halten wohl, aber es dauert, nur feinste Stäube fallen aus dem Bohrloch. (Nein, ich zähle nicht zu den Leuten, bei denen Bohrer zu rauchen oder zu glühen beginnen...;-)) Die Bohrungen scheine ich morgen mit viel Arbeit vollenden zu können. Nun stellt sich aber die Frage, womit man die Gewinde wird schneiden können? Muss ich mir eine Familienpackung Gewindebohrer mit Blauring zulegen, und diese im Pilgerschritt mit je 1/20 Vorwärtsdrehung benutzen?! Das Gussteil ist der Lagerbock für die Spindel einer uralten Drehbank. Ich hätte nicht im entferntesten mit Problemen gerechnet, zumal der Hersteller ja auch mal die Lagersitze und Schmieranschlüsse eingebohrt hat.
Unter Vorbehalt, da ich nicht gerade ein Fachmann darin bin: Aber ich vermute, dass die spanenden Bearbeitungen im wesentlichen vor dem Härten geschehen.
Womit ich sagen will, dass ich eher nicht annehme, dass Du in das Ding Gewinde schneiden kannst. Müsstest das Teil wohl erst anlassen.
Wird Guss denn gehärtet? Ich dachte, der bringt das von Haus aus mit, wegen des hohen C-Gehalts. Anlassen bzw. Ausglühen kann ich das massive Teil zumindest nicht...
Offen gesagt, stosse ich auf diese Frage bei Drehmaschinen auch das erste Mal. Es kommt mir aber plausibel vor. Jedenfalls kann man Guß härten, anlassen etc. https://www.gontermann-peipers.de/uploads/media/fachartikel_waermebehandlung.pdf
Elekchaniker schrieb: > Wird Guss denn gehärtet? Ich dachte, der bringt das von Haus aus mit, > wegen des hohen C-Gehalts. > > Anlassen bzw. Ausglühen kann ich das massive Teil zumindest nicht... GGG wird gehärtet, ja. GGL kann man Härten wird aber selten gemacht. Grüsse, René
René H. schrieb: > Elekchaniker schrieb: >> Wird Guss denn gehärtet? Ich dachte, der bringt das von Haus aus mit, >> wegen des hohen C-Gehalts. >> >> Anlassen bzw. Ausglühen kann ich das massive Teil zumindest nicht... > > GGG wird gehärtet, ja. GGL kann man Härten wird aber selten gemacht. > > Grüsse, > René Naja. Ich weiß es natürlich auch nicht, aber wenn man mit VHM nur Stäubchen abhebt, scheint es mir zumindest möglich, dass das Ding gehärtet ist. Und so "alte" Maschinen ... na ja. Damals hat man noch ein bisschen mehr Aufwand getrieben und für die Ewigkeit gefertigt; denke ich jedenfalls oft. Allerdings eben alles nur Vermutungen von mir.
Das mit dem Härten ist sehr plausibel, und erklärt, wie die die Bohrungen damals machen konnten. Leider löst das das Problem noch nicht. Werde wohl unschöne Tricks anwenden müssen. Entweder die Kernbohrung viel zu groß machen, und hoffen, daß die Spitzen des Gewindebohrers das wenigstens aushalten. So daß ich wenigstens den absoluten GAU eines komplett abgebrochenen Gewindebohrers vermeide. Die Gewinde können sehr tief sein, so daß entsprechend lange Schrauben noch genug Zugkräfte aufbringen sollten. Oder gar kein Gewinde bohren, aber die Bohrung fast auf Schraubendurchmesser ausführen. So daß diese sich in die Bohrung fest reinziehen, und dabei ihre Gewindespitzen einbüßen. Falls sie sich überhaupt reinziehen, mal sehen. Zur Not bohre ich deutlich größer, und verwende Dübel und Treibschrauben. Die Schrauben werden nicht wirklich auf Zug beansprucht, sondern seitlich. Es wäre aber schön, wenn sie das Blech, das sie halten sollen, auch gegen die Maschine ziehen. Die Maschine ist ursprünglich für Riemenantrieb mit externem Motor gebaut, das will ich loswerden. An die Stelle, wo bisher das 3fache Riemenrad saß, kommt jetzt ein dicker Außenläufermotor (Papst, kein Modellbaukram). Die Schrauben sollen einen als U geformten Blechstreifen an die Maschine fixieren, über den der Stator des Motors gegen Verdrehung gesichert wird. Gelagert wird der Stator allerdings über die Spindel, es soll nur das Drehmoment beim Beschleunigen und Bremsen übertragen werden. Danke auf jeden Fall für alle Hinweise, und den überraschend netten Ton!
Natürlich ist es gehärtet, der hohe C Gehalt dient bei GGG zum härten. Grüsse, René
Elekchaniker schrieb: > Leider löst das das Problem noch nicht. Du könntest mit einer kleinen CNC-Bude Kontakt aufnehmen. Gewinde kann man m.W. auch durch Zirkularfräsen herstellen; theoretisch müsste auch Zirkularschleifen machbar sein. Mit geeigneten Werkzeugen (Vollhart- metallfräser bzw. geeigneter Schleifkörper) kann man auch gehärtetes Material bearbeiten. Von Erodieren will ich jetzt nicht anfangen :)
Elekchaniker schrieb: > Die Schrauben sollen einen als U geformten Blechstreifen > an die Maschine fixieren, Könntest Du evt. auch Stehbolzen nehmen, oder wären die im Weg? Die Stehbolzen könntest Du dann einkleben und das Blech mit Stop-Muttern befestigen.
Versuch's am besten mit HSS-E und Schneidöl. Grüße
Ich glaube nicht, daß ein Spindelstock absichtlich gehärtet wurde - normalerweise waren für die Gleitpaarungen extra Lagerschalen eingepreßt. Da hat eine Härtung des Rests nicht viel Sinn. Eventuell hat der Spindelstock mal einen heftigen Temperaturzyklus mit einem heißlaufenden Gleitlager überlebt - das könnte eine Aufhärtung bewirkt haben. Aber das ist Spekulation. Wenn das Werkzeug bei Guß schnell stumpf wird, sind oft mineralische Gußrückstände Schuld. Die nehmen ein paar Millimeter unter der Oberfläche aber schnell ab. Dann lautete die Lösung einfach: Die Gewinde erst im sauberen Material anfangen lassen. Wenn es sich ums verrecken nicht gut bearbeiten läßt, würde ich überlegen, konstruktiv möglichst wenige Gewinde herstellen zu müssen, sprich: Möglichst viele Schrauben durch andere Elemente zu ersetzen. Eingeklebte Stehbolzen wurden ja schon genannt. Paßstifte sind für Querbelastungen auch besser geeignet als Schrauben. Oder Gewindehülsen einkleben. Der Temperaturbereich von Loctite Welle-Nabe sollte von so einem Spindelstock nicht mehr überschritten werden.
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Wie tief bist du denn schon beim Bohren? Ich habe vor einiger Zeit die Erfahrung machen müssen, dass die ersten 1-2mm vom Guss sehr hart waren, danach sich das Material gut bohren ließ. Hat wohl was mit dem Auskühlen zu tun gehabt.
Ich habe mit Gewindeschneiden in Gusseisen noch keine Erfahrung gemacht, habe aber festgestellt das sich Gusseisen sehr gut bohren läst, es passiert da kaum daß sich der Bohrer verklemmt und abbricht. Anders bei Edelstahl, zum Beispiel bei einer Waschmaschinentrommel oder Stahlblech von einem Computergehäuse, daß ist so störrisch, der Bohrer ist schnell stumpf, man braucht da manchmal mehrere Bohrer für ein Loch.
https://www.gewinde.com/grauguss_gewindebohrer_trend_B.htm So wie ich das sehe, sind die Teile auch speziell beschichtet ... 0815 Bohrer und Gewindebohrer scheint bei GGG nicht das Optimum zu sein;-)
Günter Lenz schrieb: > das sich Gusseisen sehr gut bohren läst, Kommt ganz darauf an. Versuch das mal an einem Panzer. Walter T. schrieb: > Wenn es sich ums verrecken nicht gut bearbeiten läßt, würde ich > überlegen, konstruktiv möglichst wenige Gewinde herstellen Wie dick ist das Material? Gute Schraube durch und Mutter dahinter? Nicht jeder Bohrer ist für jedes Material geeignet. Es ist trotzdem billiger 10 Bohrer optimal anzuschleifen als x neue Gewindebohrer zu kaufen. Wenn allerdings der Kobaltbohrer schon versagt, ist es gehärtetes Material! Mit dem Brenner erwärmen wäre ich aber vorsichtig bei Gußteilen. Da könnte auch was reißen.
Hab mir jetzt nicht alles durchgelesen, aber wurde Kleben schon erwähnt? Bohr ein paar mm größer mit VHM Bohrer und klebe z.B. mit Loctite Hochfest eine billige Gewindebuchse ein. Hält normalerweise ewig... schönen Gruß, Alex
Egon D. schrieb: > Von Erodieren will ich jetzt nicht anfangen Doch, sollte man, zwar gibt es VHM Gewindebohrer, aber die sind teuer. Knalllopp schrieb: > Schonmal Rechtslauf probiert? Auch eine Gute Idee. oszi40 schrieb: > Wenn allerdings der Kobaltbohrer schon versagt, ist es > gehärtetes Material! Ich kann mir nicht vorstellen, daß man ein masshaltiges Teil das nicht verziehen soll härtet, so ein Lagerbock hat keinen Grund gehärtet zu sein aber jeden Grund exakt zu bleiben. Günter Lenz schrieb: > habe aber festgestellt das sich Gusseisen sehr gut bohren läst Eigentlich ja.
Egon D. schrieb: > Von Erodieren will ich jetzt nicht anfangen :) Warum nicht? Wenn es zu hart ist zum schneiden, ist Gewinde errodieren doch das Mittel der Wahl.
Beitrag #5540093 wurde von einem Moderator gelöscht.
Elekchaniker schrieb im Beitrag #5540093: > Was ist Schneidöl? Google kaputt? https://de.wikipedia.org/wiki/Schneid%C3%B6l
Der letzte Beitrag stammt natürlich nicht von mir, sondern von irgendeiner Knalltüte. Sollte wohl lustig sein, na was haben wir alle gelacht! Habe eure Tips gelesen, nochmals danke. Mach jetzt erstmal in die Werkstatt, berichte heute Abend....
Elekchaniker schrieb: > Mach jetzt erstmal in die > Werkstatt, berichte heute Abend.... Och nöö - dafür gibt's doch heutzutage WCs... SCNR :-)
So, eben fertig geworden. Und sogar ca. 10mm tiefe Gewinde reingeschnitten bekommen, das reicht. Beim VHM-Bohrer habe ich mich irgendwann einfach getraut, mehr Schub zu geben. Schon ging er vergleichsweise gut rein. Gefühlt doppelt so viel Schub, wie man ihn gewöhnlich bei einem Bohrer dieser Größe braucht. Dann Gewindeschneiden mit neuem HSSCo. M5 in ein 4,4er Kernloch, also 0,2mm zu groß. Das Schneiden selbst ging erstaunlich gut, aber man merkte doch wieder die Härte des Materials. Und zwar konnte man den Bohrer auch -zig Mal reversieren, sogar gänzlich rausdrehen, säubern, ölen, wieder reindrehen, er wurde dennoch regelrecht im Material eingeklemmt. Sprich, mit jeder Umdrehung mehr Reibung, und das eben schon vor dem eigentlichen Schneidepunkt. Ab ca. 10mm musste ich daher aufhören, sonst hätte ich ihn abgebrochen. Bei Materialien üblicher Härte kann man Gewindebohrer nach einigen "Leerläufen" mit den Fingern drehen, hier absolut nicht. Das Material ist durch und durch gehärtet, kein Unterschied zwischen Oberfläche und tieferen Schichten zu bemerken. Problem gelöst, nochmal danke für alle Tips!
Gut gemacht und gute Beschreibung! Kleiner Hinweis noch: Zwischendurch Öl ist schonmal nützlich, und natürlich penibel jeden einzelnen Span entfernen, nötigenfalls jede halbe Ummdrehung, also genau richtig gemacht. Spürbar-besser als Öl ist aber offizielle Gewindeschneidpaste, der genannte "Einklemm-Effekt" entfällt dann praktisch, zudem haften Späne besser im Gel-Matsch, wenn der Schneider zwischendurch entnommen wird. Der gefühlte Unterschied zwischen Öl und Schneidpaste ist bei problematischen Hart-Materialien in der Tat dramatisch.
Jim Beam schrieb: > Der gefühlte Unterschied zwischen Öl und Schneidpaste ist bei > problematischen Hart-Materialien in der Tat dramatisch. Das ist natürlich sehr interessant für zukünftige Projekte. Ich verwende normalerweise ein Schneidöl, ein rotes Zeug, das wasserlöslich ist (die große Butte mit dem Namen drauf ist irgendwo weggeräumt, nutze nur ein kleines, selbstabgefülltes Fläschchen). Daß ein Fett da besser ist, klingt logisch. Es muss ja ungeheuren Druckkräften bei sehr niedrigen Drehzahlen standhalten, ohne daß der Schmierfilm abreißt. Kannte bisher einfach nur Schneidöle... Mit Öl habe ich die Erfahrung gemacht, daß der Bohrer besser läuft, solange er in Bewegung ist. Steht er einmal, reißt der Ölfilm offenbar ab, es muss mit höherer Kraft wieder angedreht werden. Werde mir mal solch ein Fett zulegen, danke für die info.
Elekchaniker schrieb: > Dann Gewindeschneiden mit neuem HSSCo. Also ging's doch - wie viel w.o. empfohlen - mit HSS-E. ;) Grüße
Ich habe mich immer gefragt, wofür man diese 3-Stufigen Gewindeschneidsets braucht (Vor-, Mittel- und Fertigschneider). In diesem Fall wäre es wohl angebracht gewesen.
Also GG bohrst du normaler weise 0,1 kleiner. Bei GG mit VHM bohren, nimm normale HSS Bohrer und jag den mit Vorschub rein. Das staubt und geht gut. Da ist normalerweise nicht mal Stahlguss ein Problem.
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