Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Sicherheit Schaltnetzteil - Entladung Kondensator Primärseite


von Peter M. (r2d3)


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Hallo,

ich habe eine Frage zum Design von Schaltnetzteilen (z.B. 
Computernetzteilen oder auch Kleinspannungsnetzteilen mit 12V bis 24V DC 
am Ausgang) auf der Primärseite.

Gibt es eine Vorschrift, nach der auf der Primärseite, wo Kondensatoren 
hohe Spannungen tragen können, immer auch ein Widerstand vorhanden ist, 
der diese Kondensatoren entlädt, wenn das Schaltnetzteil ausgeschaltet 
ist?

Oder drückt so eine Konstruktion lediglich den guten Willen des 
Entwicklers aus und ist nicht zwingend erforderlich?

Gibt es da eine typische Zeitkonstante?

Ich habe mir diese Frage gestellt, als ich die Modellbezeichnung meines 
lärmenden Lüfters ablesen wollte, der in meinem Desktop-Computernetzteil 
verbaut ist und ich den Innereien mit Staubsauger (Kunststoffdüse!) und 
Pinsel zu Leibe rückte.

: Bearbeitet durch User
von test (Gast)


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Verlass dich nicht drauf.

BTW: Das Ladegerät meines ALDI Akkuschrauber hat keinen. Scheint also 
zulässig (weil sooo doof ist ALDI nicht das was nicht zulässiges 
rauszuhauen).

von Dieter (Gast)


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Die Grenze für Kleinspannung liegt bei max. 60V (inklusive temporärer 
Überspannungen und Toleranzen, d.h. max. Nennspannung liegt niedriger, 
z.B. 48V).
Entladung ist zwar kein muss, aber sinnvoll, wenn der Stecker auch an 
andere Anschlüsse gesteckt werden könnte. Die Ladung könnte so Bauteilen 
den Rest geben. Auch Aufladung im Generatorbetrieb mit dem Staubsauger 
ist möglich. Im worst-case ist de höher als die Betriebsspannung.

von Peter M. (r2d3)


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Dieter,

Dieter schrieb:
> Die Grenze für Kleinspannung liegt bei max. 60V (inklusive temporärer
> Überspannungen und Toleranzen, d.h. max. Nennspannung liegt niedriger,
> z.B. 48V).
> Entladung ist zwar kein muss, aber sinnvoll, wenn der Stecker auch an
> andere Anschlüsse gesteckt werden könnte. Die Ladung könnte so Bauteilen
> den Rest geben. Auch Aufladung im Generatorbetrieb mit dem Staubsauger
> ist möglich. Im worst-case ist de höher als die Betriebsspannung.

ich sprach von der Primärseite von Schaltnetzteilen, nicht von der 
Sekundärseite.

Ich verstehe auch nicht, was Du mit "Aufladung im Generatorbetrieb mit 
dem Staubsauger" meinst.

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Von aussen entladen kannst Du nur die sog X-Kondensatoren, dies sind 
parallell geschaltete Entstörer mit typischen Kapazitäten zwischen 0,1 - 
1,0uF.
Vor den Primärelkos schützt Dich der vorgeschaltete Gleichrichter.
Ja, es gibt eine Vorschrift, diese findet sich z.B. in EN60950-1 und 
auch in EN62368-1. Ab einem gewissen Wert muß ein Entladewiderstand rein 
für eine Zeitkonstante von max 1sec.

von Egon D. (Gast)


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Peter M. schrieb:

> Gibt es eine Vorschrift, nach der auf der Primärseite,
> wo Kondensatoren hohe Spannungen tragen können, immer
> auch ein Widerstand vorhanden ist, der diese Kondensatoren
> entlädt, wenn das Schaltnetzteil ausgeschaltet ist?

Ja... bzw. Jein.


> Oder drückt so eine Konstruktion lediglich den guten
> Willen des Entwicklers aus

Nein.


> und ist nicht zwingend erforderlich?

Doch.


> Gibt es da eine typische Zeitkonstante?

Ja: Eine Minute.

Meine Erinnerung sagt, dass es eine Vorschrift gibt, die
besagt, dass berührungsgefährliche Spannungen innerhalb
einer Minute auf ungefährliche Werte (=Kleinspannung)
abgesunken sein müssen. WIE das erreicht wird, ist egal.
Die Hochspannungsbox, die einen ISM-Sender gespeist
hat, enthielt z.B. ein Hochspannungsrelais, das beim
Abschalten abgefallen ist und den Entladewiderstand an
die Kondensatoren angeschaltet hat.

WO diese Vorschrift steht, weiss ich leider nicht mehr.

von Mark S. (voltwide)


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Egon D. schrieb:
>> Gibt es da eine typische Zeitkonstante?
>
> Ja: Eine Minute.

Wenn man nichts weiß, sollte man einfach mal die Klappe halten.

von Egon D. (Gast)


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Mark S. schrieb:

> Egon D. schrieb:
>>> Gibt es da eine typische Zeitkonstante?
>>
>> Ja: Eine Minute.
>
> Wenn man nichts weiß, sollte man einfach mal
> die Klappe halten.

Wenn man geistig verwirrt ist auch.

von moti (Gast)


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Mark S. schrieb:

> Wenn man nichts weiß, sollte man einfach mal die Klappe halten.

Ja genau! :-)
Die von dir zitierten Normen EN60950-1 und EN62368-1 beziehen sich ja 
nur auf Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik, elektrische 
Büromaschinen. Sie gelten nicht für Schaltnetzteile (oder überhaupt 
Netzteile) oder sonstige Hochspannungsbaugruppen im Allgemeinen.


Mark S. schrieb:
> Ab einem gewissen Wert muß ein Entladewiderstand rein
> für eine Zeitkonstante von max 1sec.

Könnte man den "gewissen Wert" vielleicht etwas genauer spezifizieren? 
Eine Sekunde scheint gerade bei größeren Kondensatoren mit der Forderung 
nach niedrigem Standby-Verbrauch zu kollidieren, sofern der Widerstand 
permanent parallel zu den Cs liegt.

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Jungs,

vielen Dank für Eure Anstrengungen, Informationen und Referenzen.
Bei Gelegenheit fahre ich mal zur nahe gelegenen Ausbildungseinrichtung 
um dort einen Blick in die Erzeugnisse des Freibeuter-Verlags zu werfen.

Ich verfolge den Faden weiter, falls es noch weiteres Erhellendes gibt.

Falls der Bedarf besteht, organisiere ich gerne eine gepflegte 
Drittortauseinandersetzung auf der nahegelegenen öffentlichen Wiese hier 
in Hannover-Südstadt. ;)

von michael_ (Gast)


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Peter M. schrieb:
> Gibt es da eine typische Zeitkonstante?
>
> Ich habe mir diese Frage gestellt, als ich die Modellbezeichnung meines
> lärmenden Lüfters ablesen wollte, der in meinem Desktop-Computernetzteil
> verbaut ist und ich den Innereien mit Staubsauger (Kunststoffdüse!) und
> Pinsel zu Leibe rückte.

Die gibt es, ist aber nicht dazu da, damit man bei geöffneten 
Schaltnetzteil keinen Schlag bekommt.
Sondern, wenn man an die Eingangsbuchse des Kaltgerätesteckers oder 
Steckerkontakte kommt, keinen Schlag bekommt.
Der Widerstand ist etwa 200 bis 400 KOhm.

Ich mußte das mal schmerzhaft am NT eines Commodore PC-10 (?) erleben.

Schau doch einfach nach, was in deinem PC-NT verbaut ist.

von Peter M. (r2d3)


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Hallo michael_,

michael_ schrieb:

> Schau doch einfach nach, was in deinem PC-NT verbaut ist.

Das zusammengebaute Netzteil speist den Rechner, an dem ich Dir 
schreibe.
Vor dem Zusammenbau hatte ich allerdings ein Foto für mich gemacht, aber 
darauf kann ich keinen Entladewiderstand sehen.

Ich habe das Netzteil auch nur seitlich aus dem Rechner herausgezogen um 
nicht die ganzen Verkabelungen zu trennen.

von dgg (Gast)


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Peter M. schrieb:
> Vor dem Zusammenbau hatte ich allerdings ein Foto für mich gemacht, aber
> darauf kann ich keinen Entladewiderstand sehen.

Ich sehe da die drei 1206er-Widerstände direkt unter der 
Kaltgerätebuchse
auf der Platinenunterseite.

von Gerd E. (robberknight)


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Peter M. schrieb:
> Vor dem Zusammenbau

ok, Dir geht es also um die Kondensatoren, die man erst beim Öffnen des 
Netzteilgehäuses erreichen kann.

Für die ist kein Entladewiderstand vorgeschrieben, da das Gehäuse des 
Netzteils nur durch Elektrofachkräfte geöffnet werden soll.

An den Kondensatoren hängt die Versorgung für den Standby-Zweig. Die 
wird die Kondensatoren bei komplett abgestecktem PC in der Praxis 
innerhalb von einigen Minuten soweit entladen bis der 
Undervoltage-Lockout greift. Bei einem Weitbereichsnetzteil dürfte das 
so zwischen 60 und 100 V sein. Danach geht das Entladen deutlich 
langsamer, die Spannung ist dann ja aber schon nicht mehr so gefährlich.

Für die von außen erreichbaren Kontakte des Kaltgerätesteckers gilt was 
Mark S. oben geschrieben hat.

: Bearbeitet durch User
von Egon D. (Gast)


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moti schrieb:

> Die von dir zitierten Normen EN60950-1 und EN62368-1
> beziehen sich ja nur auf Geräte der Informations- und
> Kommunikationstechnik, elektrische Büromaschinen. Sie
> gelten nicht für Schaltnetzteile (oder überhaupt
> Netzteile) oder sonstige Hochspannungsbaugruppen im
> Allgemeinen.

Naja, die Normen werden für die Geräte als Ganzes gelten.

Wenn also ein Computer (=Büromaschine?!) von einem
Schaltnetzteil gespeist wird, dann wird sich das SNT so
verhalten müssen, wie die Norm für Büromaschinen sagt.

Es gibt aber noch einen ganz anderen Punkt: Der Netzstecker
ist nach dem Entfernen aus der Steckdose ohne Werkzeug und
auch von Laien berührbar. Hier gilt möglicherweise die
Aussage mit der einen Sekunde; das weiss ich nicht.

Ich hatte Peters Frage aber so verstanden, dass es ihm um
die Spannung an Punkte IM INNEREN des Gerätes geht, die
NICHT ohne weiteres von Laien berührt werden können. (Dem
entspricht etwa mein Beispiel mit der Hochspannungs-
versorgung des ISM-Senders; da musste man eine Schaltschrank-
tür öffnen und einen Gehäusedeckel abschrauben, um da
heranzukommen.)
Überraschenderweise gibt es auch für DIESEN Fall ein
Festlegung, und meiner Erinnerung nach ist die geforderte
Zeit eine Minute. (Die Pöbelei eines Rüpels genügt mir
hier nicht als Widerlegung.)


> Mark S. schrieb:
>> Ab einem gewissen Wert muß ein Entladewiderstand rein
>> für eine Zeitkonstante von max 1sec.
>
> Könnte man den "gewissen Wert" vielleicht etwas genauer
> spezifizieren? Eine Sekunde scheint gerade bei größeren
> Kondensatoren mit der Forderung nach niedrigem Standby-
> Verbrauch zu kollidieren, sofern der Widerstand permanent
> parallel zu den Cs liegt.

Naja, wenn da eine aktive PFC drin ist (wovon ich bei einem
Computernetzteil ausgehe), dann liegen die Kondensatoren
nicht direkt hinter dem Primärgleichrichter. Das entspannt
die Sache.

von michael_ (Gast)


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Peter M. schrieb:
> michael_ schrieb:
>
>> Schau doch einfach nach, was in deinem PC-NT verbaut ist.
>
> Das zusammengebaute Netzteil speist den Rechner, an dem ich Dir
> schreibe.

Die Widerstände sind direkt parallel zu den großen Ladeelkos.

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