Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Reverse-Engineering: Differenzierer mit Tiefpassverhalten


von Erwin Kr. (Gast)


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Hallo Liebe Forengemeinde,

ich hoffe ihr könnt mir bei dem Schaltbild weiterhelfen. Ich habe eine 
industrielle gefertigte Platine gefunden mit folgender Schaltung darauf 
und würde gerne herausfinden, was diese macht.

Meine Fragen dazu:

- Bin ich richtig in der Annahme, dass es sich um einen Differenzierer 
handelt der ein Tiefpassverhalten aufweißt?

- Warum sind an dem nicht-invertierendem Eingang so ein Haufen 
Widerstände für einen einfachen Spannungsteiler?

- Was ist der Sinn von R1 (und warum ist C1 davor und R2 danach 
angelötet?)

- Gehe ich richtig davon aus, dass R9 und C2 zu Glättung des 
Ausgangssignals vorhanden sind?

Wäre um jede Hilfe dankbar weil es mich wirklich juckt herauszufinden, 
für was das sein soll.

Danke

von Joe F. (easylife)


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Erwin Kr. schrieb:
> Meine Fragen dazu:
>
> - Bin ich richtig in der Annahme, dass es sich um einen Differenzierer
> handelt der ein Tiefpassverhalten aufweißt?

Es handelt sich um einen einfachen invertierenden Verstärker.

> - Warum sind an dem nicht-invertierendem Eingang so ein Haufen
> Widerstände für einen einfachen Spannungsteiler?

Da hat wohl jemand versucht einen 174,87 K Widerstand aus 4 
Standardwerten zusammenzubasteln.

> - Was ist der Sinn von R1

Dient der Strombegrenzung (z.B. bei Kurzschluss nach dem Verstärker).

> (und warum ist C1 davor und R2 danach
> angelötet?)

C1 stabilisiert den Verstärker bei hohen Frequenzen (TP Wirkung), R2 ist 
nach R1 angeschlossen, um R1 (und eine evtl. hinter R1 befindliche Last) 
in den Verstärkungsgrad einfließen zu lassen.

> - Gehe ich richtig davon aus, dass R9 und C2 zu Glättung des
> Ausgangssignals vorhanden sind?

R9 bildet mit R1 einen Spannungsteiler (vermutlich recht überflüssig).
Wahrscheinlicher ist, dass R9 den Ausgang auf 0V ziehen soll, wenn das 
Gerät ausgeschaltet ist.
R1 bildet mit C2 einen Tiefpass (Fc=19,4 MHz), der daher auch recht 
sinnlos erscheint.
Evtl. geht der Ausgang aber auch nach "draussen" und C2 (sowie R1) 
dienen als Schutzbeschaltung für ESD Pulse von aussen.
Umgekehrt mindert der 100p auch Abstrahlungen nach aussen, falls im 
Gerät noch andere Bauteile sind, die HF produzieren.

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Das ist ein invertierender Verstärker mit Tiefpass. Die Verstärkung ist 
-3,333 und die -3dB Grenzfrequenz fg liegt bei 7,2Hz. Der Widerstand R1 
dient zur Entkopplung kapazitiver Lasten am Ausgang. Die Spannung am 
Pluseingang bewirkt eine Verschiebung.

fg =1/(2*pi*R2*C1)
fg = 7,2Hz

Für Gleichspannung am Eingang
Ua = 10,55V - 3,3333*Ue

von Joe F. (easylife)


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Helmut S. schrieb:
> mit Tiefpass. Die Verstärkung ist
> -3,333 und die -3dB Grenzfrequenz fg liegt bei 7,2Hz.

Stimmt. 22n bei 1M Rückkopplung dient nicht mehr nur zur Kompensation.
Ich hatte übersehen, dass hier Fc=7,2 Hz rauskommt.

: Bearbeitet durch User
von Erwin Kr. (Gast)


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Vielen Dank für diese Aufklärungen, das hat mir extrem geholfen!
Eine kleine Frage hätte ich noch, wie kommt man auf die 10,55V?
Helmut S.:
"Für Gleichspannung am Eingang
Ua = 10,55V - 3,3333*Ue"

von Helmut S. (helmuts)


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Erwin Kr. schrieb:
> Vielen Dank für diese Aufklärungen, das hat mir extrem geholfen!
> Eine kleine Frage hätte ich noch, wie kommt man auf die 10,55V?
> Helmut S.:
> "Für Gleichspannung am Eingang
> Ua = 10,55V - 3,3333*Ue"

Direkte Berechnung von Ua mit Überlagerungsmethode.
Die Spannung am U+eingang wird mit 1+1Meg/300k verstärkt.
Die Spannung Ue am invertierenden Eingangswiderstand wird mit -1Meg/300k 
verstärkt.

Ua = U+eingang*(1+1Meg/300k) -Ue*1Meg/300k

Man könnte das natürlich auch umformen.

Ua = (U+eingang -Ue)*1Meg/300k + U+eingang

: Bearbeitet durch User
von Erwin Kr. (Gast)


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super vielen Dank :)

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