Forum: Haus & Smart Home FI-Dimensionierung


von Hobby-Elektriker (Gast)


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Guten Abend,

ich würde gerne verstehen, wie man bei einer Elektro-Installation die 
FIs plant. Nehmen wir z.B. ein Haus, welches am Zählerkaste mit 63 
Ampere vorgesichert ist.

In Deutschland darf der FI hier wohl nicht weniger Leistung haben als 
die Vorsicherung, also wäre ein FI >= 63 A Nennstrom nötig. Was ich 
dabei nicht verstehe ist, ob die FIs allesamt eine Reserve eingebaut 
haben, der das Auslöse-Verhalten der Schmelz-Sicherungen 
berücksichtigt...die lösen ja glaube ich nicht bei exakt >63A aus, 
sondern benötigen meines Wissens nach deutlich mehr Strom und über einen 
längeren Zeitraum, bevor der Draht schmilzt. Wird die 
Auslöse-Chrarakteristik in Form einer Reserve in den FIs berücksichtigt?

Damit man beim Auslösen des FIs nicht komplett im dunkeln sitzt, soll 
man ja mehrere FIs einbauen (am besten wohl so, dass immer ein 
benachbarter Raum bei geöffneter Tür für eine Not-Beleuchtung sorgen 
kann). Wird in der Praxis dann im Verteiler ein einzelner 63 A 
Außenleiter auf z.B. 2 Vor-Stromkreise aufgeteilt und mit mehreren 35 A 
Schmelzsicherungen abgesichert, an denen dann mehrere kostengünstige 
40A-FIs sitzen?

Dann gibt es noch FIs mit eingebautem LSS, z.B.DS201A-B16/0,03. Das wird 
mit zunehmender Anzahl an LSS ziemlich teuer, aber müsste man dann nicht 
jeden FI einzel mit einer 16A Schmelz-Sicherung gegen Überlastung 
absichern?
Wo kommen diese Automaten sinnvoll zum Einsatz?

Vielen Dank und viele Grüße
Hobby-Elektriker

von René F. (Gast)


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Man muss unterscheiden zwischen RCDs zum Brandschutz (300mA und 500mA) 
und RCDs zum Personenschutz (10mA und 30mA), letztere hängen 
normalerweise an einzelnen Strängen welche mit bis zu 16A 
Leitungsschutzschalter abgesichert sind. Du wirst feststellen, die 
Brandschutztypen sind für deutlich höhere Ströme ausgelegt als die 
Personenschutztypen.

Der Trend geht inzwischen zur Trennung von Licht- und Geräte-Stromkreis.

Die RCDs haben natürlich eine Reserve, brauchen sie auch wenn man die 
Auslösecharakteristik von Leitungsschutzschaltern wie B- und C-Typ 
betrachtet.

von MaWin (Gast)


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Hobby-Elektriker schrieb:
> Wird die Auslöse-Chrarakteristik in Form einer Reserve in den FIs
> berücksichtigt?

Ja.

Ein 63A FI passt hinter eine 63A Vorsicherung und ist damit ausreichend 
abgesichert.
Es darf auch ein 40A FI hinter die 63A, wenn dahinter jede Phase mit 
maximal 40 (16+16+8 bzw. 13+13+13 bzw. 16+10+10 bzw. 16+24 etc.) 
abgesichert ist.

Hobby-Elektriker schrieb:
> Wird in der Praxis dann im Verteiler ein einzelner 63 A Außenleiter auf
> z.B. 2 Vor-Stromkreise aufgeteilt und mit mehreren 35 A
> Schmelzsicherungen abgesichert, an denen dann mehrere kostengünstige
> 40A-FIs sitzen?

Nein, man nutzt die Absicherung dahinter (nicht mehr als 3m entfernt) 
<40A.


NICHT erlaubt ist, was Elektriker zur Kosteneinsparung gerne taten, nach 
50A Vorsicherung ein 40A FI und pro Phase 3 oder mehr nachfolgende 16A 
Sicherungen, mit der Begründung des Gleichzeitigkeitsfaktors.

Hobby-Elektriker schrieb:
> Wo kommen diese Automaten sinnvoll zum Einsatz

Wo man wirklich JEDEN Stromkreis einzeln mit FI schützen will.
Vermutlich im Krankenhaus.

von René F. (Gast)


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Im Krankenhaus hat man typischerweise ein IT-Netz mit 
Isolationswächtern.

von Chris H. (Firma: Selbständig Denkender) (keiningenieur)


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Hobby-Elektriker schrieb:
> In Deutschland darf der FI hier wohl nicht weniger Leistung haben als
> die Vorsicherung, also wäre ein FI >= 63 A Nennstrom nötig.

Warum ?? Denn dürften FI/LS gar nicht verbaut werden.

> der das Auslöse-Verhalten der Schmelz-Sicherungen
> berücksichtigt...

Das Stichwort heißt Abschaltvermögen und Stoßstromfestigkeit. Jedes 
Sicherungselement in Deutschland und Österreich muss mindestens 6kA 
Abschaltvermögen haben bzw nur diese oder höher dürfen verbaut werden.

https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/D700/EATON_235427_DB_DE.pdf

> die lösen ja glaube ich nicht bei exakt >63A aus,

Bei Kurzschluss 63A * Charakteristik (A,B,C,D,E,K,Z usw usf)

dann gibs halt noch 2 Faktoren für den Überlastfall:
1,13 * 63A = 71,19A die die Sicherung tragen kann und das länger als 1h
1,45 * 63A = 91,35A die die Sicherung tragen kann dies aber nur bis max 
1h bzw 60min erreicht erfolgt die GARANTIERTE ABSCHALTUNG !!!!

> Wird die
> Auslöse-Chrarakteristik in Form einer Reserve in den FIs berücksichtigt?

Das Stichwort heißt Abschaltvermögen und Stoßstromfestigkeit.


> Wird in der Praxis dann im Verteiler ein einzelner 63 A
> Außenleiter auf z.B. 2 Vor-Stromkreise aufgeteilt und mit mehreren 35 A
> Schmelzsicherungen abgesichert, an denen dann mehrere kostengünstige
> 40A-FIs sitzen?

Der einzusetzende FI in Abhängigkeit der Dauerstrombelastbarkeit hängt 
von den nachgeschalteten Leitungsschutzschaltern ab!
Z.B.: 3x LS16A = 48A heißt FI mit 63A muss, eingesetzt werden
      3x LS10A = 30A heißt FI mit 40A muss, (63A kann) eingestezt werden


> aber müsste man dann nicht
> jeden FI einzel mit einer 16A Schmelz-Sicherung gegen Überlastung
> absichern?

Da die Abschalteinrichtung die LEITUNG, nicht Verbraucher(Gerät), 
schützen soll, kommt der FI als erstes dann die Abschalteinrichtung mit 
Verbraucher.
Deine 16A Schmelzsicheurng hat die Aufgabe den Leitungsteil zu schützen, 
bis einschließlich den FI, bis die nächste Abschalteinrichtung kommt.

Aufgabe FI ist der Personenschutz/Brandschutz nichts anderes !!!!



René F. schrieb:
> Du wirst feststellen, die
> Brandschutztypen sind für deutlich höhere Ströme ausgelegt als die
> Personenschutztypen.

300mA Fehlerstrom reichen dicke aus um einen Brand auszulösen somit 
erfüllen die kleineren Typen beides.

von Hobby-Elektriker (Gast)


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Wow, ganz herzlichen Dank für eure ausführlichen Erklärungen - ich 
verstehe dieses komplexe Thema jetzt schon etwas besser.

Viele Grüße
Hobby-Elektriker

von Nicht-Prüf-Elektriker (Gast)


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Bei den FI-LS-Kombinationen ist die Vorsicherung (nahezu) egal weil die 
sich selbst gegen Überstrom schützen. Also wenn der LS-Teil bei 16A 
auslöst dann kann durch den FI-Teil auch nicht mehr fliesen.

Ich empfehle die LS-FI-Kombis für einzelne besondere Stromkreise wie 
z.B: Beleuchtung oder Garten-Steckdosen und einen dicken FI für die 
restlichen Wohnungs-Stromkreise.

von Luisi (Gast)


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Alter Beitrag!

Also manche schreiben einen festen Blödsinn!

Somit hätte jeder Haushalt 5 bis 6 RCD's.... Und wie schaut es im 
Verteiler bei euch aus?
Laut Vorschrift müssen min. 2 RCD's verbaut sein.
Der Gleichzeitigkeitsfaktor spielt überall eine Rolle.
Oder glaubt jemand, dass das EVU alle Leitungen auf Volllast auslegt?

MfG
Luis

von Wolfgang (Gast)


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Luisi schrieb:
> Oder glaubt jemand, dass das EVU alle Leitungen auf Volllast auslegt?

Die werden sich noch umstellen müssen, wenn alle nach Feierabend schnell 
noch ihr BEV aufladen wollen.

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