Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Induktivität messen am Network Analyzer Ls Rs


von Newbie (Gast)


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Hallo zusammen,

Für die Entwicklung einer Stromquelle vermesse ich aktuell einige 
Induktivitäten die dort als Last angehängt werden um diese dann in der 
Simulation in LTspice möglichst realitätsnah abbilden zu können.

Ich habe dafür zunächst ein gutes LC-Meter verwendet, die Ergebnisse für 
Rs haben aber stark mit der Frequenz variiert, also habe ich mich 
entschieden einen Networkanalyzer zu verwenden.

Set-UP:

NA: Agilent/Keysight E5061B mit 16047E als Messadapter 
(https://www.keysight.com/en/pd-1000000479%3Aepsg%3Apro-pn-16047E/test-fixture-40-hz-to-110-mhz?cc=DE&lc=ger)

Die Induktivitäten werden dort angeschlossen. Ich erwarte eine 
Grundfrequenz der PWM zwischen 20..100Khz. Zusätzlich werden 
Stromprofile gefahren, der Dutycycle kann jede PWM-Periode neu gewählt 
werden. Ich denke also dass der Frequenzbereich von ca. 1k-500k 
interessant ist.

Messspanne ist 1k-500k, IF-Bandbreite 100Hz, gemessen wird Ls, Rs und 
Abs(Z)

Soweit so gut, ich habe folgende Frage:

Laut Ersatzschaltbild habe ich ja eine ideale Induktivität Ls, einen 
Serienwiderstand Rs der doch eigentlich nur der Ohmsche Anteil des 
Kupfer ist, eine Parallelkapazität Cp und vllt zur idealen Spule noch 
einen Widerstand der die Eisenverluste repräsentiert.

Warum ist Rs ferquenzabhängig?

Ist die abnahme von Ls zwischen 5..100khz auf die Kernverluste 
zurückzuführen?

Für die Simulation muss ich mich eben auf einen Wert von Ls und einen 
von Rs festlegen. damit tue ich mich entsprechend schwer.

Grüße und Danke

von Bernhard S. (gmb)


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Newbie schrieb:

> Warum ist Rs ferquenzabhängig?

Das ist aus deinen Messungen nicht ersichtlich, du hast den Ohmschen 
Anteil deines Ersatzschaltbildes geplottet, der ist nicht identisch mit 
Rs.

Stell mal ein Ersatzschaltbild mit einem frequenzunabhängigen Rs auf und 
vergleiche das mit deiner Messung, die dürften dann schon ziemlich gut 
übereinstimmen.

Für viele Anwendungen reicht die Annahme eines festen Rs aus.

von Newbie (Gast)


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Bernhard S. schrieb:
> Das ist aus deinen Messungen nicht ersichtlich, du hast den Ohmschen
> Anteil deines Ersatzschaltbildes geplottet, der ist nicht identisch mit
> Rs.

Das verstehe ich nicht ganz: Trace 3 zeigt doch Rs?

von Martin O. (ossi-2)


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Die Resonanzfrequenz Deiner Spule liegt deutlich unter 500kHz. Darüber 
verhält sich Deine Spule wie ein Kondensator. Das vermeidet man 
üblicherweise.

Der Serienwiderstand für kleine Frequenzen sollte ziemlich niedrig sein.
Den kann man bestimmt mit nem guten LCR-Meter besser messen als mit nem 
Network-Analyser.

von Bernhard S. (gmb)


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Newbie schrieb:
> Das verstehe ich nicht ganz: Trace 3 zeigt doch Rs?

Ich glaube nicht ... Trace 3 zeigt den ohmschen Anteil deiner 
Induktivität, richtig? Also ist das nicht nur der Serien-R den du in der 
Induktivität hast.

Du willst plotten RCu in meinem Bild, plottest aber tatsächlich den 
ohmschen Anteil des Gesamtschaltbildes.

von Newbie (Gast)


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Bernhard S. schrieb:
> Trace 3 zeigt den ohmschen Anteil deiner
> Induktivität, richtig?

Okay, jetzt habe ich verstanden was du meinst.

Trace 3 Zeigt Rs. In der Literatur wird Rs in Serie mit Ls gezeichnet. 
Ich weiß jetzt natürlich nicht genau wie der E5061B Rs genau definiert.

von Newbie (Gast)


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Martin O. schrieb:
> Der Serienwiderstand für kleine Frequenzen sollte ziemlich niedrig sein.
> Den kann man bestimmt mit nem guten LCR-Meter besser messen als mit nem
> Network-Analyser.

Der Serienwiderstand ist 620Ohm für DC....kleiner wird es nicht werden. 
Aber das erklärt ja nicht warum er mit der Ferquenz bis zur Resonanz 
ansteigt.

Die Resonanz entsteht ja durch Ls und Cp und nicht dur Rs. Der bestimmt 
nur die Güte.

Ich hätte also angenommen dass Rs über der Frequenz konstant sein 
sollte.

von Achim S. (Gast)


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Newbie schrieb:
> Warum ist Rs ferquenzabhängig?

Wahrscheinlich gilt hier der selbe Grund wie für die Abnahme von Ls ab 
einigen kHz: das frequenzabhängige Verhalten deines Kernmaterials. Was 
für eine konrete Spule hast du denn und woraus besteht deren Kern? Ich 
habe es auf die schnelle in den bisherigen Beiträgen nicht gefunden.

Newbie schrieb:
> einen
> Serienwiderstand Rs der doch eigentlich nur der Ohmsche Anteil des
> Kupfer ist

Nein: Rs steht nicht nur für den Kupferwiderstand. Rs steht für alles, 
was zur Umsetzung von Wirkleistung führt. Wenn du den Kern per 
Kernverlusten heizt, dann schlagen sich die Kernverluste ebenfalls in Rs 
nieder. Wenn du z.B. einen Kern mit Wirbelströmen hast (also einen 
Eisenkern mit elektrischer Leitfähigkeit), dann steigt Rs mit der 
Frequenz stark an, Ls geht in die Knie (weil beim Eisenkern bei höheren 
Frequenzen nur noch eine dünne Oberflächenschicht das Magnetfeld 
verstärkt, im Innern ist der Eisenkern durch die Wirbelströme 
abgeschirmt und sein effektives µ geht in den Keller)

Ls steht für alles, was an dieser Spule zu Blindleistung führt. Das ist 
im allgemeine die überlagte Wirkung der magnetisch gespeicherten Energie 
in der Spule und der parallel wirkenden Wicklungskapazität. Beide 
ergänzen sich zu einem "effektiven" Ls, das du bei einer bestimmten 
Frequenz an den Klemmen misst. Bei einer anderen Frequenz hast du eine 
andere Zusammensetzung der beiden Blindwiderstände.

Newbie schrieb:
> Ich hätte also angenommen dass Rs über der Frequenz konstant sein
> sollte.

Ist es nicht. Selbst wenn du eine Luftspule ohne Kernverluste hättest 
führt z.B. die Stromüberhöhung bei der Resonanz dazu, dass das gemessene 
Rs an den Klemmen stark ansteigt.

von Newbie (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Was
> für eine konrete Spule hast du denn und woraus besteht deren Kern? Ich
> habe es auf die schnelle in den bisherigen Beiträgen nicht gefunden.


Genaugenommen handelt es sich um eine Black Box für mich. Elektrisch 
gesehen ist es quasi ein Solenoid. Das ganze Teil ist ein 
miniaturisiertes Ventil dass ich zukaufe. Es gibt keine genauren Daten 
dazu. Bei meinen Untersuchungen geht es um optimierung zu Öffnungs- und 
Schließzeiten - dafür war es nicht gedacht.

Ergo: ich kann über die genaue Konstruktion, also wasfür Kernmaterialien 
und welche Bleche im Anker verwendet werden nichts sagen. Sicherlich 
wird sich die Induktivität auch ändern wenn sich die Mechanik bewegt.



Ich habe beim VNA mal anstatt Rs nur R gemessen. Ist auf die 
nachkommastelle identisch - was für eine Verarsche. Oder verstehe ich da 
etwas falsch?  Würde ja deine These stützen.

Klar -L ist nicht wirklich konstant. Hast du vielleicht noch eine Idee 
warum R bei der Resonanz auch so stark ansteigt? Liegt das an der Art 
wie R bestimt wird?

von Bernhard S. (gmb)


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Die Messung zeigt ein Maximum für R bei der Resonanz, weil das R mit dem 
L und dem C hochtransformiert wird.

Bau dir mal in einem Schaltungssimulator ein Ersatzschaltbild für eine 
Spule und plotte den Realteil der Gesamtimpedanz - du bekommst genau den 
Verlauf den du in deinen Messungen auch hast.

von Achim S. (Gast)


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Newbie schrieb:
> Ich habe beim VNA mal anstatt Rs nur R gemessen. Ist auf die
> nachkommastelle identisch - was für eine Verarsche.

Das ist keine Verarsche, du setzt dich nur nicht ausreichend mit deinem 
Messgerät auseinander.

R ist der Realteil des gemessenen Z. Das ist identisch zum R_s im 
Serienersatzschaltbild -> es muss auf die Nachkommastelle identisch 
sein.

Würdest du dir R_p anschauen, dann bekämst du einen anderen Zahlenwert. 
Das wäre der Kehrwert des Realteils von Y.

Newbie schrieb:
> Ergo: ich kann über die genaue Konstruktion, also wasfür Kernmaterialien
> und welche Bleche im Anker verwendet werden nichts sagen.

Dann wirst du dich schwertun, eine realistische und gleichezeitig 
einfache LTSpice-Simulation zu bekommen. "Ventil" klingt nach Eisenkern, 
und da spielen bei höheren Frequenzen die Wirbelströme eine dominierende 
Rolle - die du mit konstanten Werten für R_s und L_s nicht modellieren 
kannst.

Newbie schrieb:
> Hast du vielleicht noch eine Idee
> warum R bei der Resonanz auch so stark ansteigt? Liegt das an der Art
> wie R bestimt wird?

R (bzw. R_s) wird bestimmt, indem Z gemessen und dessen Realteil 
betrachtet wird. Dieser Realteil sagt dir, wie viel Wirkleistung in dem 
Ventil umgesetzt wird.

Selbst wenn du kein frequenzabhängiges Kernmaterial hättest (was du nach 
deiner L_s-Kurve hast), dann würde das R, das an den beiden Klemmen 
deiner Black-Box wirkt, bei der Resonanz stark ansteigen.

Bei der Resonanz kompensieren sich die Blindleitwerte von Spule und 
Wicklungskapazität weitgehend (Blindleitwerte, weil es sich um eine 
Parallelresonanz handelt). Der Blindleitwert geht gegen Null, der 
Blindwiderstand geht gegen unendlich. Über die Klemmen fließt kaum Strom 
in deine Black Box. Zwischen L und C oszilliert allerdings ein 
wesentlich größerer Strom (entsprechend der Resonanzüberhöhung), und 
dieser wesentlich größere Ström heizt z.B. den Kupferwiderstand deiner 
Spule. Viel Wirkleistung bei geringem Strom an den Klemmen bedeutet: die 
Black Box hat bei dieser Frequenz einen überhöhten R.

Im Anhang mal eine LT-Spice Simu, die das ganze mit konstanten Parameter 
zeigt (also ohne Wirbelströme...) Trotzdem hast du bei der Resonanz eine 
Überhöhung des wirksamen R an den Klemmen deiner Black Box.

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