Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik SSR Schutzbeschaltung bei reiner ohmscher 2kW Last


von Jan (Gast)


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Hallo,

ich möchte mit einem handelsüblichen Tauchsieder (1000W) bei 220V einen 
Topf voll Wasser über mehrere Stunden auf einer genauen Temperatur 
halten (Kochmethode Sous-Vide).

Der Tauchsieder ist zwar an der Spitze 4fach gewendelt aber ich nehme 
an, dass ich die Induktivität dieser Spule vernachlässigen kann und mit 
einer reinen ohmschen Last von ca. 55 ohm rechnen kann.

Diese soll mit einem µC, angeschlossenem Temperaturfühler DS18B20 und 
Tauchsieder an SSR mittels PIR-Regelung auf +-1°C gehalten werden.

Ein Magnetrührer sorgt für die nötige Wasserumwälzung.

Ich habe ein SSR mit 230V Schaltspannung und bis 40A Schaltstrom, 3-32V 
Ansteuerspannung ohne weitere Kennwerte oder Datenblätter.

Bei rechnerisch 4A sollten etwa 8W Verlustleistung am SSR beim vollen 
Durchschalten entstehen, die über eine massive Aluminiumplatte abgeführt 
werden.

Das SSR ist nicht als nullspannungsschaltend spezifiziert, weshalb 
meines Wissens induktive Lasten schlecht für die Lebensdauer sind. Die 
Anschlussleitungen zum Tauchsieder sind 1 Meter lang. Daher rechne ich 
immer noch mit sehr kleiner Induktivität.

Kann ich  den Tauchsieder gefahrlos bei einer Schaltfrequenz von 1Hz mit 
dem SSR alleine schalten oder sind Snubber-Circuit, selbst gebaute 
Nulldurchgangs-synchronisation oder Varistor auf Lastseite sinnvoll / 
wirklich nötig um länger als wenige Minuten daran Freude zu haben?

in den bisher gelesenen SSR-Beiträgen wurden eher Lasten mit induktiven 
Anteilen behandelt. Mein Problem konnte ich jedenfalls nicht finden.

MfG. Jan

von hinz (Gast)


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Jan schrieb:
> Ich habe ein SSR mit 230V Schaltspannung und bis 40A Schaltstrom, 3-32V
> Ansteuerspannung ohne weitere Kennwerte oder Datenblätter.

Und ganz ohne Namen?

von Bastian W. (jackfrost)


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Hi,

die SSRs die keine Nullspannungsschaltung haben nimmt man für 
Phasenanschnitt. Das dürfte dein EVU bei 2 kW ohmscher Last eh nicht 
erlauben.

Schau das du ein SSR mit Nullspannungsschaltung besorgen kannst, dann 
ist die Regelung einfacher. Bei einer Zykluszeit von 1 Hz kannst du 
theoretisch das SSR voll nutzen, da 1% Stellgrad eine Halbwelle sind.

Gruß JackFrost

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Jan schrieb:
> ich möchte mit einem handelsüblichen Tauchsieder (1000W) bei 220V einen
> Topf voll Wasser über mehrere Stunden auf einer genauen Temperatur
> halten (Kochmethode Sous-Vide).
> Der Tauchsieder ist zwar an der Spitze 4fach gewendelt aber ich nehme
> an, dass ich die Induktivität dieser Spule vernachlässigen kann und mit
> einer reinen ohmschen Last von ca. 55 ohm rechnen kann.
Ja, es ist pragmatisch gesehen, nur ein Widerstand.

> Diese soll mit einem µC, angeschlossenem Temperaturfühler DS18B20 und
> Tauchsieder an SSR mittels PIR-Regelung auf +-1°C gehalten werden.
> Ein Magnetrührer sorgt für die nötige Wasserumwälzung.
Trotzdem wird die Temp.-Verteilung wahrscheinlich außerhalb 1 Grad 
liegen.

> Ich habe ein SSR mit 230V Schaltspannung und bis 40A Schaltstrom, 3-32V
> Ansteuerspannung ohne weitere Kennwerte oder Datenblätter.
> Bei rechnerisch 4A sollten etwa 8W Verlustleistung am SSR beim vollen
> Durchschalten entstehen, die über eine massive Aluminiumplatte abgeführt
> werden.
Prüfe die techn Daten darauf hin, ob die Alu-Platte einen PE-Anschluss 
benötigt. Zu empfehlen ist das sicher.

> Das SSR ist nicht als nullspannungsschaltend spezifiziert, weshalb
> meines Wissens induktive Lasten schlecht für die Lebensdauer sind. Die
> Anschlussleitungen zum Tauchsieder sind 1 Meter lang. Daher rechne ich
> immer noch mit sehr kleiner Induktivität.
Halte ich für unkritisch
> Kann ich  den Tauchsieder gefahrlos bei einer Schaltfrequenz von 1Hz mit
> dem SSR alleine schalten oder sind Snubber-Circuit, selbst gebaute
> Nulldurchgangs-synchronisation oder Varistor auf Lastseite sinnvoll /
> wirklich nötig um länger als wenige Minuten daran Freude zu haben?
Ich denke, dem SSR wird an der rein ohmschen Last gar nix passieren.
Weil ein Topf Wasser thermisch aber sehr träege ist, empfehle ich die 
Schaltfrequenz auf eher ca. 10s zu verlangsamen. Das erzeugt auch 
weniger Störungen. Eine PWM mit einer Periodendauer von 10s ist leicht 
zu realisieren und mit einer Aktivitäts-LED kannst du die Einschaltzeit 
leicht bewerten.

> in den bisher gelesenen SSR-Beiträgen wurden eher Lasten mit induktiven
> Anteilen behandelt. Mein Problem konnte ich jedenfalls nicht finden.
Ich habe in Industriemessgeräten auch Heizungen im kW-Bereich 
eingesetzt, die mittel SSR von Omron geschaltet werden. Die 
funktionieren ohne zusätzlichen Aufwand seit Jahrzehnten problemlos.
Gruß Öletronika

: Bearbeitet durch User
von Walta S. (walta)


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Sous-vide kochen also.

Ein paar grad auf oder ab ist zunächst mal egal. Ich hab meinen Topf mit 
einem Rex-c 100 (ssr Ausführung) gesteuert. Einfach und billig.
Aber mit der Temperatursteuerung in meinem Ceranfeld Hat es auch 
funktioniert.

Walta

von Teo D. (teoderix)


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U. M. schrieb:
>> Ein Magnetrührer sorgt für die nötige Wasserumwälzung.
> Trotzdem wird die Temp.-Verteilung wahrscheinlich außerhalb 1 Grad
> liegen.

Wenn der Behälter gut isoliert ist, geht das auch ohne rühren. Dauert 
halt was, bis sich das eingestellt hat. Nicht anders funzen die 
Profi-Teile. Da ist auch nur ein Tauchsieder integriert (also nur auf 
einer Seite beheizt) und gerührt wird da auch nichts. +-0,5° o.ä. ist 
nur papalapap, um den Preis zu rechtfertigen.

von Michael B. (laberkopp)


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Jan schrieb:
> Mein Problem konnte ich jedenfalls nicht finden.

Da du über 300 Watt Heizleistug hast, darfst du den Tauchsieder nur im 
Pulspaketsteuerung betreiben. Zur Einhaltung der Flickergrenze EN 
61000-3-2 muss die PWM 0.25Hz oder weniger schnell sein.

Zum Schutz des SSR sollte vor das SSR ein VDR um Überspannungsimpulse 
aus dem Netz abzuwehren. Da du 230V Netzspannung hast, muss der VDR die 
1.25 fache Spannung laut VDE haben, nächster Nennwert 300V, 
beispielsweise Epcos S14K300 begrenzt bei 50A auf 775V, also muss dein 
SSR 800V aushalten.

Da ein VDR altert und dann immer Strom leitet und überhitzt, muss der 
VDR in einem Schrumpfschlauch mit einer 95 oder 110 GradC 
Temperatursicherung stecken, die dann die Stromzufur unterbricht.

Da eine Regelung nicht als sicher gilt, muss deine Heizung mit einer 
Übertemperatursicherung ausgestattet sein, die bei erkennbarer Übertemp 
(Bei Wasser also 120 GradC wäre zu viel aber noch wenig genug damit das 
Plstik kein Feuer fängt) die Stromzufuhr unterbricht.

Da ein SSR nicht sicher trennt, muss das Gerät einen Hauptschalter 
haben, der nach dem Einsatz aber bei noch steckendem Stecker die 
Stromversorgung allpolig abschaltet.

Der Standbystromverbrauch wird damit auch klein genug.

Da beim Einschalten mit dem Hauptschalter zufällig im Spannungsmaximum 
das SSR wegen Überschreitung von dU/dt zündet, könnte ein Snubber am SSR 
zusammen mit dem 55 Ohm der Heizwicklung den Spannungsanstieg so 
begrenzen, daß das SSR nicht zündet. Da bei einer Heizung so ein 
1/200-Sekunden Impuls aber nicht stört und nicht sichtbar ist wie er bei 
einer Glühlampe wäre, kann man sich den Snubber auch sparen.

Von DS1820 halte ich bei feuchtem Medium nichts "DS1820 (Maxim, bleiben 
nach hundert Auslesungen schon mal einfach stehen, nur VCC aus/an 
hilft)".

Eigentlich tut es so ein Ding 
https://www.ebay.de/itm/Digital-Temperaturregler-Thermostat-Temperatur-Regler-40-120-230V-93434v-XL/113255912029 
und ersetzt gleich dein SSR.

Von Thermoelement 
https://www.ebay.de/itm/REX-C100-PID-DigitalTemperaturregler-Thermostat-Regler-Kit-0-1300-Max-40A-SSR/401368634594 
würde ich abraten, die sind nicht 1 GradC genau, der Messbereich viel zu 
gross.

von Jan (Gast)


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Hallo Zusammen,

Danke für die freundliche Unterstützung!

Um alles nochmal zusammenzufassen und festzuhalten für Personen mit 
vergleichbarem Projekt:

Aufgrund der Vorgaben der örtlichen EVU (Energieversorgungsunternehmen) 
und der Europäischen Norm EN 61000-3-2 darf ein 2kW Tauchsieder nur in 
Wellenpaketsteuerung (siehe Wikipedia) mit Schaltgeschwindigkeiten von 
weniger als einmal pro 4 Sekunden genau im Nulldurchgang geschaltet 
werden. Phasenanschnitt ist nicht erlaubt und auch unsinnig bei trägen 
Systemen wie Heizungen.
Dementsprechend ist ein SSR zu wählen, dass im Spannungs-Nulldurchgang 
an und abschaltet.

Ein Schutz des SSR vor Überspannungsimpulsen durch Störungen aus dem 
Hausnetz und nicht durch die Induktivität der Last erscheint gerade 
aufgrund des sehr niedrigen Preises eines Varistors (auch VDR -Voltage 
Dependent Resistor)  sinnvoll. Die Ausführung von Michael B. war für 
mich verständlich, als ich mir im Datenblatt des genannten S14K300 die 
Kurve zur Spannung/Strom-Charakteristik angeschaut habe.

Die Tipps zur Übertemperatursicherung bei Versagen des VDR erscheinen 
mir auch sinnvoll, da ich den Selbstbau aber nicht alleine lassen werde 
und ziemlich eindeutig ist, ab wann die Regelung versagt (Wasser kocht), 
werde ich die fürs Erste weglassen. Hauptschalter ist eingeplant.

Das fertige "Digital Temperaturregler Thermostat" von Ebay ist besonders 
wegen des Preises von 6,60€ interessant, mir fehlen allerdings 
Informationen zur Anpassbarkeit der PID-Regelparameter. Im Text steht, 
dass dieser Apparat für Aquarien gedacht ist, die mit mehreren 100 
Litern sicher ein anderes Regelverhalten als ein 5 Liter Wassertopf 
haben.

Nachdem ich neben Kochliteratur jetzt auch diverse wissenschaftliche 
Publikationen gelesen habe scheint eine Genauigkeit von +-1 
gerechtfertigt. Mehr oder weniger Präzision scheinen nicht sinnvoll. 
(Per Internet-Bildersuche nach "Sous-Vide Ei" suchen, dort lässt sich 
sehr anschaulich in einigen Bild-Vergleichen sehen, wie groß der 
Unterschied im Kochergebnis bei einer Stunde Kochzeit und Temperaturen 
zwischen 58°C und 66°C ist.)

Der Tipp, dass der DS1820 Chip sich schonmal aufhängt ist gut. Das 
sollte sich aber per Software recht einfach berücksichtigen und 
automatisch korrigieren lassen denke ich.

Meine Idee ist fürs erste drei DS1820 in den Topf auf verschiedenen 
Höhen zu fixieren um mir die Temperaturverteilung und zeitliche 
Entwicklung mit und ohne Rührer mal anzuschauen. Vielleicht geht es 
wirklich ohne Rührer.

Der Prototyp wird ordentlich isoliert, sodass ich davon ausgehe, dass 
ich die +-1°C einhalten kann. Lediglich die Genauigkeit der Sensoren 
könnte ein Problem sein. Im Datenblatt von Maxim ("Typical Performance 
Curve") sind bei 70°C ein mittlerer Fehler von +0,15°C mit einfacher 
Standardabweichung von ca. 0.1°C  angegeben, was meiner Einschätzung 
nach ausreichend sein sollte.

Vielen Dank für die freundliche Hilfe!!!

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Jan schrieb:
> Lediglich die Genauigkeit der Sensoren
> könnte ein Problem sein. Im Datenblatt von Maxim ("Typical Performance
> Curve") sind bei 70°C ein mittlerer Fehler von +0,15°C mit einfacher
> Standardabweichung von ca. 0.1°C  angegeben,
Eigentlich ist das kein Problem, wenn du ein ordentliches Laborthermoter 
als Referenz zum Kalibrieren  hast. Dann spielt die absolute Genauigkeit 
des Sensors weniger eine Rolle, nur noch die Reproduzierbarkeit der 
Messwerte.
Gruß Öletronika

von Elektrotechnischer Analphabet (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Zur Einhaltung der Flickergrenze EN
> 61000-3-2 muss die PWM 0.25Hz oder weniger schnell sein.

Das heißt für Nicht-Elektronik-Sprach-Sprecher übrigens:

Die Frequenz in Hz (1/Sekunde) = Kehrwert der Periodendauer.
Periodendauer wäre also auf mindestens 4 Sekunden festzulegen.
(Und Periodendauer ist natürlich auch T_ON plus T_OFF.)

Bis vor kurzem wußte ich das nämlich nicht so genau...
vielleicht hilft es ja jemand anderem in der gleichen Lage.

von Jan (Gast)


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Kurzes Feedback zu dem Experiment.

Ich habe den Sous Vide Temperatruregler aufgebaut und ausprobiert und 
folgendes festgestellt:

Auch bei einem passabel isolierten Topf (10 Liter Wasser)  bildet sich 
bei der Benutzung eines Tauchsieders ein Temperaturgradient im Topf von 
oben nach unten von bis zu 10°C (An der Wasseroberfläche ist es heißer). 
Die Wärmediffusion bzw. Wärmeströmungen durch den Temperaturgradienten 
allein sind also keine Lösung für eine homogene Temperaturverteilung.

Ein Experiment mit einem Magnetrührer, der durch den Topfboden des 
Edelstahl-Topfes ein magnetisches Wechselfeld auf einen "Rührfisch" 
induziert und diesen dadurch in Drehungen versetzt (bekannt aus dem 
Chemieunterricht) ist gescheitert, da das von unten angelegte Magnetfeld 
im Topfboden "absorbiert" wird (Prinzip Induktionskochfeld).

Ansatz zwei war ein Mini-Quirl zum Milchaufschäumen, den ich statt mit 
3V (2xAA Batterien) an 1.5V Festspannung angeschlossen habe und so eine 
langsame Verwirbelung erzwungen habe. Dadurch kann der 
Temperaturgradient auch bei bestücktem Topf auf unter 0.2°C gehalten 
werden.

Hat also unterm Strich super funktioniert. Danke nochmal für alle 
Ratschläge.

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