Guten Morgen, Das wurde zwar schon mal gefragt, jedoch sind die Beiträge allesamt etwas älter. Es geht mir eigentlich hauptsächlich um Erfahrungen bzw. gemachte Langzeiterfahrungen/Haltbarkeit. Ich habe bishher immer Laborkarten auf Hartpapierbasis verwendet, die eigentlich nie verzinnt waren. Nun habe ich mir Epoxyd-Leiterplatten (https://www.reichelt.de/laborkarte-epoxyd-160x100mm-cu-35-up-941ep-p23970.html? bzw. https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/C900/DE_RE315-LF.pdf)zugelegt, die halt verzinnt sind. Und zwar mit bleifreien Lot. Ich selber habe bishher allerdings immer mit bleihaltigen Lot gelötet und wollte das eigentlich auch weiterhin tun (solange man das noch irgendwo bekommt). Die Frage wäre daher folgende: Kann man zur Verlötung solcher Platinen trotz der bleifreien Verzinnung bleihaltiges Lötzinn verwenden? Habs testweise ausprobiert - das klappt wunderbar und sieht optisch in Ordnung aus. Darüber hinaus sind ja Bauelemente auch verzinnt (mit Sicherheit bleifrei) und das hat nie ein Problem dargestellt. Und die Zinnschicht verändert die Legierung der Lötstelle wegen ihrer geringen Dicke eigentlich minimal. Scheint also im ersten Moment gut zu klappen. Wie sieht es allerdings mt der langfristigen Haltbarkeit aus, gibt es da irgendwelche Probleme oder Gründe weswegen man das lassen sollte, die vielleicht auf den ersten Blick nicht so offensichtlich sind? Wie sehen da so die Langzeiterfahrungen bei euch aus?
M. S. schrieb: > Die Frage wäre daher folgende: Kann man zur Verlötung solcher Platinen > trotz der bleifreien Verzinnung bleihaltiges Lötzinn verwenden? Ja. > Wie sehen da so die Langzeiterfahrungen bei euch aus? Keine Auffälligkeiten. Auch nicht im Klimaschrank.
M. S. schrieb: > Die Frage wäre daher folgende: Kann man zur Verlötung solcher Platinen > trotz der bleifreien Verzinnung bleihaltiges Lötzinn verwenden? Was soll passieren - in Summe hast du eine Legierung mit etwas veränderter Zusammensetzung.
Theoretisch brauchst du etwas höhere Lötkolbentemperatur damit auch das bleifreie Zeug korekt schmilzt - die Temp ist dann aber etwas hoch für das bleihaltige. In der Praxis muss man dafür halt nur einen hauch schneller löten (damit das Flussmittel nicht verdampft). Also für den Hobbybereich geht das gut genug.
Alex G. schrieb: > Theoretisch brauchst du etwas höhere Lötkolbentemperatur damit auch das > bleifreie Zeug korekt schmilzt - die Temp ist dann aber etwas hoch für > das bleihaltige. Das eine wird flüssig bei etwa 185°C, das andere bei etwa 220°C. Die "normale" Lötkolbentemperatur liegt meist deutlich darüber.
Dankeschön für die hilfreichen Antworten und Tipps! Löten tuhe ich mit einer geregelten Lötstation und in der Regel bei 350°, daher sollte die Temperatur ausreichen denke ich. Eine Frage hätte ich noch: Was die Qualität der Lötstellen und vor allem die langfristige Haltbarkeit betrifft: Hätte ich unter Verwendung von bleifreien Lötzinn (anstelle dem bleihaltigen Lot) eher Vorteile oder wirkt sich das Verwenden von bleifreien Lot eher nachteilig aus? (Abgesehen davon das beifrei schlechter lötbar ist und man kalte Lötstellen nicht erkennt)
M. S. schrieb: > oder wirkt sich das > Verwenden von bleifreien Lot eher nachteilig aus? Eher im Gegenteil, für manche besonders zuverlässigen Schaltungen ist Bleilot noch als Ausnahme zugelassen (Medizin,Militär). Für bleihaltiges Lot liegen einfach mehr Langzeiterfahrungen vor. Georg
Da du von Hand lötest und nicht mit einer automatisierten Lötanlage, kannst du auf wechselnde Eigenschaften viel besser reagieren und dich entsprechend anpassen. Bleihaltige Legierungen sind bezüglich ihrer Zusammensetzung lange nicht so kritisch wie die verbreiteten bleifreien, es besteht also überhaupt kein Grund zur Sorge, erst recht nicht bei Laborkarten für Prototypen. Bleifrei löten ist allerdings kein Hexenwerk, sondern kann mit dem richtigen Equipment und insbesondere der richtigen Technik problemlos erlernt werden. Konkrete Vor- oder Nachteile gibt es für dich als Bastler erstmal keine. Ich löte gerne bleifrei, einfach weil ich es kann. Das freut mich. Außerdem wird bei mir alles bleifrei gelötet, was in die Hand genommen werden kann (zB. Breakout-Boards, Adapter, Kabel, ...). Natürlich ist es sehr unwahrscheinlich, davon Gesundheitsschäden davonzutragen, aber ich kann bleifrei löten und es geht nahezu genauso gut wie das Löten mit Blei, also kann ich es auch machen. Blei setze ich nach wie vor für Reflow-Löten ein. Ich habe noch einiges an bleihaltiger Lotpaste, die wird aufgebraucht. Außerdem ist das Temperaturprofil nicht so kritisch, da beschädigt man nicht so schnell Bauteile. Weiterhin hat bleihaltiges Lot eine höhere Oberflächenspannung, zieht die Bauteile also eher in Position.
> Haltbarkeit betrifft: Hätte ich unter Verwendung von bleifreien Lötzinn > (anstelle dem bleihaltigen Lot) eher Vorteile oder wirkt sich das > Verwenden von bleifreien Lot eher nachteilig aus? Ich denke das ist eine unzulaessige Vereinfachung. Es gibt naemlich unterschiedliche bleihaltige und bleifreie Lote und gerade in der Anfangszeit von bleifrei waren die Lote zum Teil unterirdisch. Das hat sich aber mittlerweile gelegt. Ich hab z.B mittlerweile ALLE(!) Loetstellen im Tacho meine Autos nachloeten muessen weil die alle Probleme hatten. Naechstes Problem Anwendung. Es ist ein Unterschied ob man eine Platine im DVD-Player immer im warmen Schrank stehen hat oder im Auto grosszuegige Temperaturzyklen bei ordentlich Vibration faehrt (besonders wenn die Kiste noch tiefer&haerter ist) Privat verzichte ich auf bleifrei weil ich da Loetstellen im Rahmen des Entwicklungsprozess oefters nochmal loese, also Bauteile ersetze. Das ist weniger Stress fuer die Platine. Ausserdem ist die Schwupdizizaet von verbleit besser wenn es an SMD mit geringen Pinabstaenden (0.5mm oder weniger) geht. Ein weiteres interessantes Problem in diesem Zusammenhang sind die Flussmittel im Lot. Ich hab manchmal den Eindruck das sich in modernen Loten nur noch levitiertes Wasser mit Umweltschutzertifikat befindet. :) Das ist Privat wo man auch mal an einer nicht verzinnten Platine die schon ein paar Monate/Jahre (Lochraster) eine wichtigere Sache als in der Industrie wo die Platinen immer neu oder in Stickstoff gelagert sind. Olaf
Hi, M. S. schrieb: > Wie sieht es allerdings mt der langfristigen Haltbarkeit aus, gibt es da > irgendwelche Probleme oder Gründe weswegen man das lassen sollte, die > vielleicht auf den ersten Blick nicht so offensichtlich sind? Wie sehen > da so die Langzeiterfahrungen bei euch aus? Es wurde ja schon mehrfach geschrieben das es bei Handarbeit "im großen und ganzen" unproblematisch ist (heutige!) bleifreie Lote und verbleite Elektroniklote zusammenkommen zu lassen. Insbesondere wenn sich die Menge des Fremdlotes nur auf eine Vorverzinnung beschränkt. Daher nur noch als Ergänzung: 1. Wichtig ist bei solchen undefinierten "Mischungen" dafür zur sorgen das wirklich das gesamte Lot an der Lötstelle gut aufschmilzt damit sich ein halbwegs homogenes Legierungsverhältnis bildet. Andernfalls hätte man schnell eine "Grenzschicht" als Sollbruchstelle. Wenn nicht gleich eine kalte Lötstelle. 2. Die Angabe das man bleifreies und bleihaltiges Lötzinn keinesfalls Mischen sollte stammt aus der "Anfangszeit" des bleifreien Lötens und hat(te) durchaus gute Gründe. Es gibt Bleifreie Lote die neben Zinn auch Bismuth zur Herabsetzung der Schmelztemperatur haben. Solche Legierungen werden beispielsweise Verwendet um besonders Temperaturempfindliche Bauteile einzulöten. (Oder aber auch als Temperaturempfindliche "Sollbruchstelle", z.b. Bei einer bestimmten Art von "Sicherungswiderständen") Ein Typisches Zinn-Bismuth Niedertemperaturlot hat so um 138C Schmelztemperatur. Kommt nun auch noch Blei mit ins Spiel erhält man plötzlich eine noch weitere Reduzierung des Schmelzpunktes. Da kann der Schmelzpunkt plötzlich unterhalb der zulässigen Betriebstemperatur von Leistungsbauteilen fallen. (deutlich unter 100C, google mal nach Woodsches Metall und Roses Metall) Heute sind Bismuthlote nur noch für Spezialanwendungen üblich wo der sehr niedrige Schmelzpunkt wichtig ist. Da weiß man in der Regel womit man es zu tun hat. "Damals" in der Anfangszeit des bleifreien Lötens für alle Anwendungsfälle hat man mit allerlei Legierungen experimentiert. Eine Variante waren Zinnlote mit einem geringen Bismuthanteil (deutlich geringer als beim SnBi58 Niedertemperaturlot) zu versehen um so einen Schmelzpunkt ähnlich wie bei bleihaltigen Lot zur erreichen damit sich das Lot genau so wie bleihaltiges Verarbeiten lässt. Wenn man nun in einem mit derartigen Lot gefertigten Gerät mit Bleilot herumlötet hätte man im Ergebnis plötzlich Lötstellen die schon bei 100C und weniger aufschmelzen könnten. Wirklich prima waren die Eigenschaften aber wohl nicht, mittlerweile hat man sich damit arrangiert das nun mit höheren Temperaturen gearbeitet werden muss und mit Ausnahme der Niedertemperatur Speziallote sind Bismuthhaltige bleifreie Lote nicht mehr üblich. (Imho waren die sowieso nie wirklich verbreitet und die Wahrscheinlichkeit in der freien Wildbahn auf ein Gerät zu treffen bei dem mehr als nur ein paar besonders Temperaturkritische Lötungen mit bismuthhaltigen Zinn gelötet sind dürfte gegen Null gehen) Für die Niedertemperaturlote gilt das "Ja kein zusätzliches Bleilot verwenden" aber natürlich weiterhin. Gruß Carsten
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