Hallo, meine bisher verlöteten, bedrahteten Bauteile waren mit der Flussmittelseele des Lötzinns durchaus zufrieden, nun steht aber der Wechsel zu SMD, insbesondere zu SMD-ICs an. Ich möchte nun nicht die 1001. Diskussion "Wer nimmt am liebsten welches Flussmittel?" beginnen, sondern würde mich gern vor allem aus Interesse bei den Erfahrenen hier weiterbilden (lassen). Mir geht es dabei vor allem um die verschiedenen, für mich etwas verwirrenden Klassen an Flussmitteln, insbesondere deren Unterschiede und evtl. unterschiedlichen Einsatzgebiete. Daher Frage Nummer 1 - Was ist der Unterschied zwischen den folgenden Flussmitteln (mal abgesehen von der Konsistenz natürlich): - Propan-2-ol - Kolophonium + Alkohol (Isopropanol?) - diverse Pasten mit mir unbekannten Bezeichnungen SW26, SW32 usw. Frage Nummer 2: Was sind weitere in der Elektronik übliche Flussmittel und ihre typischen Einsatzgebiete? Meine Chemiekenntnisse sind leider sehr gering ausgeprägt (darin war ich als Kind schon Scheiße ;) ).
Naja, die Flussmittel unterscheiden sich in vielen Parametern. Unter anderem: -Leitfähigkeit der Rückstände (Muss nach dem Löten gereinigt werden oder kann man es lassen-erspart in der Billig-Massenfertigung einen Arbeitsschritt) -Korrosivität (nach mehreren Jahren und/oder unter verschiedenen Umgebungseinflüssen) -enthält kein/etwas/viel Halogene Das meiste ist für Hobbyanwender aber völlig uninteressant. Die Wahl des Flussmittels hat-meines Wissens nach-kaum etwas damit zu tun ob du SMD oder THT lötest.
Gastino G. schrieb: > weiterbilden (lassen). hmm. Bildung funktioniert meiner Erfahrung nach nicht durch Berieselung, Nürnberger Trichter, etc. - man muss schon selbst aktiv werden. > - diverse Pasten mit mir unbekannten Bezeichnungen SW26, SW32 usw. Such doch mal wo diese Bezeichnungen ursprünglich herkommen. Da gibts noch mehr von und auch eine genauere Beschreibung dazu.
Gerd E. schrieb: > hmm. Bildung funktioniert meiner Erfahrung nach nicht durch Berieselung, > Nürnberger Trichter, etc. - man muss schon selbst aktiv werden. Zum Beispiel durch nachfragen, oder? > Such doch mal wo diese Bezeichnungen ursprünglich herkommen. Da gibts > noch mehr von und auch eine genauere Beschreibung dazu. Tatsächlich ist der Wikipedia-Artikel zu Flussmitteln sehr hilfreich. Mittlerweile habe ich auch herausgefunden, dass Propan-2-ol und Isopropanol dasselbe sind und kein Flussmittel für sich alleine darstellen können, sondern nur das Lösemittel. Es scheint, als ob übliche Flussmittel meistens eine Mischung aus einem Lösemittel (Alkohol) und einem Harz sind. Ich hatte angenommen, dass es durchaus grundverschiedene Ansätze für Flussmittel im Elektronikbereich gibt.
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Sicher gibt es einige harzfreie Flussmittel für Elektronik. Wenn man etwas im Netz stöbert, bekommt man ein paar hinweise. In die Karten schauen lässt sich natürlich keiner. Eigentlich sollten da schon ein paar hinweise zum suchen, in der Wiki stehen. zB. Eisen, Alu lässt sich mit verdünnter Salzsäure (3-8%), sehr gut löten. Zum Handverlöten reicht aber wirklich eine Mischung aus IsoProp. (Spiritus geht auch, spritzt und klebt aber etwas mehr) oder Aceton. Das ganze dann noch aktiviert, mit ~500mg Acetylsalicylsäure. Das entspricht dann in etwa 98% der erhältlichen harzhaltigen. Die blassen Chinapasten, sind IMO alle für die Tonne!
Ich arbeite sehr viel mit SW32, was vermutlich das Standard-Flussmittel in der Elektronikfertigung ist. Habs als Paste in einer Spritze und nutze es gerne bei SMD-Lötungen in Kombination mit einer Hohlkehl-Spitze, um auch TQFP100 und Co sehr schnell und sauber verlöten. Einfach an zwei Pads das Bauteil fixieren, über die anderen Pins dann eine kleine Wurst Flussmittel und dann mit der gefüllten Lötspitze über die Pads ziehen. Mit ein bisschen Übung gibt es keine Lötbrücken zwischen den Pads. Ansonsten können diese auch einfach mit der Spitze rausgezogen werden. Und auch wenn es eigentlich nicht erforderlich ist, reinige ich meine Lötstellen grundsätzlich mit Isopropanol und einem Pinsel. Gerade bei der Verwendung von Flussmittel, das über das im Zinn enthaltene hinaus geht, ist das Ergebnis doch ziemlich bäh und klebrig. Sauber sieht es schöner aus und man kann sicher sein, dass es keine negativen Einflüsse auf die Schaltung hat.
Sebastian R. schrieb: > Ich arbeite sehr viel mit SW32 Teo D. schrieb: > Zum Handverlöten reicht aber wirklich eine Mischung aus IsoProp. > (Spiritus geht auch, spritzt und klebt aber etwas mehr) oder Aceton. Das > ganze dann noch aktiviert, mit ~500mg Acetylsalicylsäure. PS: Pro 100ml 100-500mg ASS (1g tut auch nich weh)
Es gibt auch noch die halogenhaltigen Flussmittel. Bei chronischem Loeten frosst das Zeug den Verstand weg...
Richard B. schrieb: > Teo D. schrieb: >> Die blassen Chinapasten, sind IMO alle für die Tonne! > > Weil? Alk, Verdicker und ein hauch Kolophonium (wenn überhaupt) -> Fake. Ein Tropfen Schweiß dürfte da mehr Wirkung haben. Flussmittel-Stifte scheint es aber brauchbare zu geben.
Gastino G. schrieb: > Frage Nummer 2: Was sind weitere in der Elektronik übliche Flussmittel > und ihre typischen Einsatzgebiete? Zuerst ganz normales Kolophonium, so wie man das bei Pollin oder im Musikalienladen für die Geige kriegt. Man kann das Kolo auch in diversen Alkoholen auflösen, aber das ist ne klebrige Angelegenheit und geschraubte Deckel kriegt man nach 3 Wochen nicht wieder auf. Ich verwende recht gern "batiflux gsp-2533". Ansonsten gibt es für schwieigere Fälle auch wässrige Hydrazin-Lösung oder Salzsäure. W.S.
W.S. schrieb: > Man kann das Kolo auch in diversen Alkoholen auflösen, aber das ist ne > klebrige Angelegenheit und geschraubte Deckel kriegt man nach 3 Wochen > nicht wieder auf. Das mit dem Deckel ist nich so wild. Bei Alk ne zeit auf den Kopf stellen, bei Aceton reich schütteln. Das mit dem Kleben ist allerdings wirklich ne üble Sache. Arbeitsflächen mit Alk reinigen, is ja noch OK, aber die Finger damit reinigen ist nicht gerade das schonenste. Seife kann man komplett vergessen. Selbst mit Sägespäne versetzt wird das nichts, da muss schon die altbewährte Sandseife her.
Naja. Da das Kolophonium in Alkohol loeslich ist, waescht man die Haende mit Brennspiritus.
Klonophon schrieb: > Naja. Da das Kolophonium in Alkohol loeslich ist, waescht man die Haende > mit Brennspiritus. OK, mach das 3-5 mal am Tag! ... ein Tag reicht...
Alex G. schrieb: > Wie kriegt ihr denn Flussmittel auf die Hände? z.B. indem man mit dem Lötkolbenkabel an der Flussmittelflasche hängenbleibt und die umkippende Flasche versucht aufzuhalten eh alles über den Tisch läuft. Was mit Pasten und Stiften natürlich so nicht vorkommt. Ich ziehe trotzdem die flüssige, mit dem Pinsel verteilbare Brühe vor. Habe noch eine letzte Flasche mit alter DDR-Löttinktur extra isolierend für CMOS-Schaltungen. Ansonsten Kolo im Iopropanol gelöst tut es allemal und ist auch preislich erheblich günstiger als die fertigen Sachen und lässt sich in der Konsistenz leicht selbst einstellen. Wenn man nicht weis wie leitfähig oder korrosiv das Flussmittel ist am besten immer abwaschen.
Ich nutze bisher den FL88 No Clean Flussmittelstift von Reichelt. Mit den anderen Stiften (ua. bei Farnell erhältlich) bin ich bisher auch gut gefahren.
Steffen W. schrieb: > z.B. indem man mit dem Lötkolbenkabel an der Flussmittelflasche > hängenbleibt und die umkippende Flasche versucht aufzuhalten eh alles > über den Tisch läuft. Kabel auf die eine Seite der Arbeitsfläche und ALLES was umkippen kann auf die Andere.... Du hast doch auch so mit 3 gelernt, das Dinge umkippen können. Nutze diese Erfahrung. ;) Leider können nicht nur Kabel, Flaschen umkippen. Lang nich mehr so geflucht... :P Aber selbst in einem Stift gezwängt, kommt früher o. später was an die Finger. Das klebt selbst bei geringsten Resten wie Hölle und lässt sich nicht mit Seife beseitigen. :( Beruflich habe ich NIE extra Flussmittel benutzt! Wenn das Material (neu Wahre) u. Wehrzeug stimmt, braucht man das auch nicht wirklich. Bei Reparaturen hilft meist der Glasfaser-Stift, wenn nötig, deutlich mehr. Hobbymäßig mit dem abgelagerten und recycelten Zeug, geht ohne fast nichts. Zumindest machts keinen Spaß. ABER 12fufzig für 50ml, von denen min. 15 verdunsten, NIEMALS! :) PS: Ja.. sag niemals Nie! Bei Zinnbädern kam ab und an, ein Klümpchen Kolophonium drauf. Wegen der sich sonnst zu schnell bildenden Oxidschicht.
Alex G. schrieb: > Wie kriegt ihr denn Flussmittel auf die Hände? Wenn man die Bauteile anfässt? Gastino G. schrieb: > - Propan-2-ol Das ist kein Flussmittel, sondern ein Lösungsmittel das erheblich reiner als Spiritus ist (was aber meist zum Reinigen reicht). Nachteil ist die Brennbarkeit. Die Industrie benutzt wässrigere Lösungen zum Reinigen. > - Kolophonium + Alkohol (Isopropanol?) Der Urvater des flüssigen Flussmittels beim Löten, dass dann aber auch weniger komfortabel ist. D.h. es qualmt und riecht stark und die Augen können auch brennen. Ist recht klebrig und da es mitunter auch Hygroskopisch sein soll bzw. leiten kann und unschön auf der Leiterplatte aussieht, muss/sollte man es abwaschen. Mit einer ausgedienten Zahnbürste mit angepasstem Stiel geht das recht gut. Wer diesen Aufwand scheut, sollte sich an die No-Clean-Flussmittel halten. > - diverse Pasten mit mir unbekannten Bezeichnungen SW26, SW32 usw. Die Eigenschaften dieser deuten auf schwache und nicht korrosive Eigenschaften hin, wie man bei Wikipedia gut nachlesen kann. https://de.wikipedia.org/wiki/Flussmittel_%28L%C3%B6ten%29 > Frage Nummer 2: Was sind weitere in der Elektronik übliche Flussmittel > und ihre typischen Einsatzgebiete? Da kann man sich ja die Artikel im Handel anschauen und prüfen welches einem am besten zusagt. Amtech hat da ein paar pastöse Flussmittel, die für BGA designt wurden, aber auch anderweitig zum Löten geeignet sind. Ist halt eine Glaubensfrage. Man kann auch Löthonig versuchen, aber das Zeug verklebt die Kappe und dann bekommt man es nach Monaten nicht mehr aus der Tube raus was den langlebigen Gebrauchswert einschränkt. Die Flussmittelstifte sind da anwendungsfreundlicher, können aber auch eintrocknen. Wenn man langfristiger plant, gibts die Stifte sehr preiswert aus China von div. Anbietern bei entsprechend längerer Lieferzeit. Wenn da dann mal so ein Stift eintrocknet, kann man das verschmerzen. Was man in der Elektronik meiden sollte, ist Lötfett.
Vielleicht doch noch eine blöde Frage: Was genau macht das Kolophonium und wodurch wird es heute ersetzt? Entfernt es Oxidschichten und setzt Oberflächenspannungen herab? Oder nur ersteres? Nur Aktivator und das "Fließen" übernimmt dann x? Dieser Satz im Kolophonium-Artikel bei Wikipedia verwirrt mich auch etwas: "Kolophonium diente früher in der Elektronik-Fertigung als Aktivator und Flussmittel beim Weichlöten, wurde in diesem Anwendungsbereich weitgehend durch Flussmittel auf Alkohol- oder Wasserbasis mit halogenfreien Aktivierungszusätzen wie Stearin-, Salicyl- und Adipinsäure ersetzt. " Alkohol ist ja nur ein Lösemittel, Salicylsäure eher noch ein zusätzlicher Zusatz zu den Kolophonium-Alkoholgemischen laut diversen Beiträgen hier.
Gastino G. schrieb: > Vielleicht doch noch eine blöde Frage: Was genau macht das Kolophonium > und wodurch wird es heute ersetzt? Entfernt es Oxidschichten und setzt > Oberflächenspannungen herab? Ja, beides. Die enthaltene Bernsteinsäure wird erst ab einer gewissen Temperatur aktiv. Was genau ein Aktivtor (zB. ASS) macht, müsste ich selbst erst noch mal nachlesen... Eine Protonenquelle??? Gastino G. schrieb: > "Kolophonium diente früher in der Elektronik-Fertigung als Aktivator und > Flussmittel beim Weichlöten, wurde in diesem Anwendungsbereich > weitgehend durch Flussmittel auf Alkohol- oder Wasserbasis mit > halogenfreien Aktivierungszusätzen wie Stearin-, Salicyl- und > Adipinsäure ersetzt. " In der Massenfertigung wird Kolophonium sicher nicht mehr eingesetzt. Zu Teuer mit schwankender Qualität... Wirklich NoClean ist das auch nicht (immer). Beim Rest denk dir den Alk bei früherer Anwendung einfach dazu, wurde halt nicht explizit erwähnt. Manch einer drückt auch gerne die Lötspitze in einen Klumpen Kolo. Funst auch, nur stinkt das gewaltig und versaut die Spitze.
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Um Acetylsalicylsäure aus Stärke-haltigen Aspirintabletten herauszulösen, kann man die Aspirintabletten zunächst in Wasser lösen. in kaltem Wasser löst sich die Stärke nicht so gut und bleibt als Bodensatz. Das Acetysalicylsäure-haltige Wasser gießt man ab und trocknet es ein. Der Verdunstungsrückstand ist also Acetylsalicylsäure und die ist genausogut in Alkohol löslich wie Stärke, oder Kolophonium. Ob die Stärke beim Löten Schwierigkeiten bereitet weiß ich nicht. Wenn ich spekulieren würde, funktionieren die Kolophonium-, Salizylsäure-, Stearinsäure- Reste als Seifenreste, die mit dem Metall reagieren und als Fremdkörper die Oberflächenspannung aufbrechen.
Gastino G. schrieb: > Propan-2-ol Kein Flussmittel, Lösemittel Isopropanol. > Kolophonium + Alkohol (Isopropanol?) Durchaus Isopropanol, auch Spiritus > diverse Pasten mit mir unbekannten Bezeichnungen SW26, SW32 usw. Alles was sie über Löten je wissen wollten: https://www.sonderlote.de/WebRoot/Store4/Shops/62173412/4A44/56B7/CF03/DF0B/7D1C/C0A8/2936/E9F1/FONTARGEN_0020_L_00F6_ten.pdf F-SW2x sind Zinkchlorid-Flussmittel für Dachrinnen etc. Für Elektronik ist nur F-SW3x relevant und das sind immer Harze. F-SW30, F-SW31 und F-SW32 ist Kolophoniumbasiert mit unterschiedlichem Zusatz an Aktivatoren wie Salicylsäure, F-SW33 synthetisch. Gastino G. schrieb: > Ich hatte angenommen, dass es durchaus grundverschiedene Ansätze für > Flussmittel im Elektronikbereich gibt. Nein. Eigentlich immer Kolophonium teuer verkauft.
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Es gibt mittlerweile schon noch eine Menge wasserbasierter Flussmittel. Für Gelegenheitslöter brauchts das natürlich nicht. In der Industrie vereinfachts halt die Reinigung. Bzw die Entsorgung der Abwässer.
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