Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Abtastung und die Theorie


von Vicky M. (vicky_m)


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Hallo alle zusammen,

im Studium nehmen wir gerade das Abtasttheorem durch. Mathematisch 
verstehe ich dies eigentlich auch, aber ich habe Probleme mir das 
bildlich vorzustellen. Im Anhang habe ich zwei Bilder zur Verdeutlichung 
hochgeladen.

Sodelle, auf Blatt 1 sieht man wie ein kontinuierliches Zeitsignal mit 
Hilfe einer Kammfunktion diskret abgetastet wird. Durch die 
Fouriertransformation kann man das auch alles im Frequenzbereich 
abbilden.

Nun zu meinen Fragen:

Schaubild a.) welches das zeitkontinuierliche Signal darstellt wird nach 
der FT zu einem Rechteck. Das ist doch willkürlich von unserem Professor 
gewählt oder?
Warum gerade diese Form?

Bild c.), e.) und das daraus resultierende Bild d.) und f.) ist mir 
klar. Bei f.) wird ja nur auf die periodische Fortsetzung eingegangen.

Nun aber zu wirklich brennenden Frage für mich.

Auf Blatt 1 wurde das zeitkontinuirlche Signal (rot) zu Schaubuld b.) 
transformiert.
Wie lange hat man den das rote Signal angeschaut, damit es zum Rechteck 
wurde? Denn wenn ich jetzt wie auf Blatt 2 nochmal ein 
zeitkontinuierliche Signal an das von Blatt 1 endende Signal anhänge, 
wie würde dann das Rechteck aussehen?

Somit stellt sich mir die Frage:
Wie lange schaue ich ein Signal an?
Gib es da eine Formel wo eventuell besagt, das man eine gewisse 
Bandbreite z.B. 5 MHz anschaut und anschießend wieder neu hinschaut. Das 
würde bedeuten ich würde im Zeitbereich alle 200ns neu mit einem 
Dirc-Kamm abtasten.

Wie würde denn dann die periodische Fortsetzung aussehen wenn ich diese 
wie auf Blatt 1 zeichne?
Wie ich das verstehe wurde auf Blatt 1 nur ein Spektrum angeschaut, in 
der Realität habe ich doch mehrere wenn ich mein zeitkontinuierliche 
Signal fortführe?

Ich danke euch vielmals für eure Hilfe. Diese Vereinfachung bringt mich 
ganz aus dem Konzept und vielleicht könnt ihr mir ein wenig durchblick 
verschaffen.

Vielen Dank euch.

Beste Grüße
Vicky

: Verschoben durch Moderator
von Sven B. (scummos)


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Vicky M. schrieb:
> Wie lange schaue ich ein Signal an?

So lange wie du es eben anschaust.

> Gib es da eine Formel wo eventuell besagt, das man eine gewisse
> Bandbreite z.B. 5 MHz anschaut und anschießend wieder neu hinschaut. Das
> würde bedeuten ich würde im Zeitbereich alle 200ns neu mit einem
> Dirc-Kamm abtasten.

Hä? Sorry, ich kann deiner Frage nicht wirklich folgen. Kannst du mal 
versuchen so die eine wesentliche Frage herauszukristallisieren und dann 
nochmal formulieren, worum es eigentlich geht, ohne dass 7 Diagramme 
involviert sind die auf unbekannte Weise miteinander zusammenhängen und 
von denen nur ein Drittel für die Frage wirklich relevant ist?

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Vicky M. schrieb:
> Das ist doch willkürlich von unserem Professor
> gewählt oder?
Ja.

> Warum gerade diese Form?
Weils leicht zu zeichnen und bandbegrenzt ist, nehm ich mal stark an.

Vicky M. schrieb:
> Wie lange hat man den das rote Signal angeschaut, damit es zum Rechteck
> wurde?

Ist ja kein richtiges Rechteck, sondern eher ein Trapez, und das eben 
auch nur, weils einfach zu zeichnen ist.
Beim Fourierintegral von -unendlich bis +unendlich; bei der Fourierreihe 
ueber eine Periode des Signals.

Vicky M. schrieb:
> Denn wenn ich jetzt wie auf Blatt 2 nochmal ein
> zeitkontinuierliche Signal an das von Blatt 1 endende Signal anhänge,
> wie würde dann das Rechteck aussehen?

Dieses verdoppeln im Zeitbereich kann man erreichen durch Faltung des 
Originals mit 2 Diracstoessen. Das bedeutet, das Spektrum des 
Orignalsignals muss mit dem Spektrum der 2 Diracstoesse multipliziert 
werden, damit man das Spektrum der 2 aneinandergepappten Originalsignale 
kriegt. 2 Diracstoesse (einer bei t=0, der andere bei t=T) im 
Zeitbereich werden wohl zu irgendsowas vom Kaliber: 1+exp(-jwT)
im Frequenzbereich (bitte nicht auf irgendwelche Faktoren oder Einheiten 
festnageln, dafuer bin ich zu lange raus :-) )
Also wird dein Spektrum immernoch das olle Trapez sein, multipliziert 
mit (1+exp(-jwT))

Vicky M. schrieb:
> Wie lange schaue ich ein Signal an?

Bei der Fourierreihe ueber eine Periode, beim Fourierintegral ueber alle 
Zeit der Welt (also von -unendlich bis +unendlich). Dabei wirds manchmal 
einfacher sich das vorzustellen, wenn das Signal tatsaechlich kuerzer 
ist.

Gruss
WK

von Vicky M. (vicky_m)


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Dergute W. schrieb:
> Moin,

super vielen Dank das hat mir schon einmal sehr viel weiter geholfen :)

> Vicky M. schrieb:
>> Wie lange schaue ich ein Signal an?
>
> Bei der Fourierreihe ueber eine Periode, beim Fourierintegral ueber alle
> Zeit der Welt (also von -unendlich bis +unendlich). Dabei wirds manchmal
> einfacher sich das vorzustellen, wenn das Signal tatsaechlich kuerzer
> ist.

In technischen Geräten kann ich ja nicht unendlich lange ein Signal 
anschauen, deshalb wird man wie du meinst eine Periode verwenden. Aber 
wenn ich mir jetzt zum Beispiel eine Musikaufnahme anschaue mit vielen 
verschiedenen Frequenzen, kann ich doch nicht sagen wo eine Periode 
beginnt? Oder bei der Datenübertragung?

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Vicky M. schrieb:
> Aber
> wenn ich mir jetzt zum Beispiel eine Musikaufnahme anschaue mit vielen
> verschiedenen Frequenzen, kann ich doch nicht sagen wo eine Periode
> beginnt?

Naja, du kannst z.b. die Musikaufnahme komplett in ein Spektrum 
transformieren. So eine Aufnahme hat gluecklicherweise einen Anfang und 
ein Ende.
Du kannst auch hergehen, und die Aufnahme willkuerlich in einen Haufen 
gleichlange Stuecke schneiden und dann jedes der Stuecke fuer sich 
fouriertransformieren. Dann kriegst du halt einen Haufen Spektren raus.

Vicky M. schrieb:
> Oder bei der Datenübertragung?

Da faellt mir spontan jetzt bloss sowas wie COFDM ein, und da wird auch 
mit fixen Samplezahlen gearbeitet.

Gruss
WK

von Weltbester FPGA-Pongo (Gast)


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Dergute W. schrieb:
> Vicky M. schrieb:
>> Aber
>> wenn ich mir jetzt zum Beispiel eine Musikaufnahme anschaue mit vielen
>> verschiedenen Frequenzen, kann ich doch nicht sagen wo eine Periode
>> beginnt?
Klar kann man das. Für jede einzelne Frequenz geht das.

> Naja, du kannst z.b. die Musikaufnahme komplett in ein Spektrum
> transformieren.
Hätte aber keinen so richtigen Wert oder?

von W.S. (Gast)


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Vicky M. schrieb:
> im Studium nehmen wir gerade das Abtasttheorem durch. Mathematisch
> verstehe ich dies eigentlich auch, aber ich habe Probleme mir das
> bildlich vorzustellen.

Seltsam. Das ist doch eigentlich ganz einfach.

Also, stelle dir zwei Zeitpunkte vor, der eine früher und der andere 
später. Ganz einfach auf deinem Papier. Das sind deine zwei Samples N 
und N+1.

Nun stelle dir vor, was man so alles mit dem Kugelschreiber an 
Amplituden-Verläufen zwischen diese beiden Samples zeichnen könnte. Da 
gibt es ne Menge Kurven, die du würdest zeichnen können, gelle?

Aber hinter dem ADC wirst du rein GARNICHTS von all den lustigen Kurven 
zu sehen bekommen. Hinter dem ADC gibt's nur die zwei Amplituden-Werte 
der Samples N und N+1.

Nun würden ja alle deine lustigen Kugelschreiber-Kurven am Punkt von 
Sample N beginnen und am Punkt von Sample N+1 enden, gelle? Sie würden 
deshalb für all deine Berechnungen, die du hinter dem ADC mit diesen 
zwei Samples anstellen willst, gleich aussehen. Egal, ob da nun eine 
Gerade wäre oder ein bunter Kringel.

Siehste, nun hast du das Prinzip der Alias kennengelernt.

Aber eben deshalb, weil du ja anhand der zwei Samples nicht 
unterscheiden kannst, ob der Verlauf von Sample N zu Sample N+1 nun so 
einigermaßen gerade ist oder einer deiner wilden Kugelschreiber-Kringel, 
also ob dein Signal nun im Basisband liegt, oder jenseits von 
F_abtast/2, mußt du auf analogem Wege dafür sorgen, daß (wenn du Signale 
im Basisband auswerten willst) an den Eingang deines ADC keine 
Signalbestandteile kommen, deren Frequenz gleich oder höher liegt als 
die halbe Abtastfrequenz.

W.S.

von HildeK (Gast)


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Vicky M. schrieb:
> Schaubild a.) welches das zeitkontinuierliche Signal darstellt wird nach
> der FT zu einem Rechteck. Das ist doch willkürlich von unserem Professor
> gewählt oder?
> Warum gerade diese Form?

Er hat ganz allgemein den Frequenzbereich gezeichnet auf das das 
Zeitsignal bandbegrenzt sein soll. Es ergibt genau dann ein Rechteck, 
wenn links das Signal weißes Rauschen auf 1/(fa/2) bandbegrenzt ist und 
man eine möglichst lange Zeit transformiert, ansonsten hat es irgend 
eine Form bis zu einer einzelnen Linie (wenn links ein Sinussignal wäre) 
in dem Bereich.
Rechts ist also nicht das Spektrum des linken Signals gezeichnet, 
sondern nur das Nutzband veranschaulicht.

Vicky M. schrieb:
> Auf Blatt 1 wurde das zeitkontinuirlche Signal (rot) zu Schaubuld b.)
> transformiert.
> Wie lange hat man den das rote Signal angeschaut, damit es zum Rechteck
> wurde? Denn wenn ich jetzt wie auf Blatt 2 nochmal ein
> zeitkontinuierliche Signal an das von Blatt 1 endende Signal anhänge,
> wie würde dann das Rechteck aussehen?

Das Rechteck sieht gleich aus, weil es eine schematische Darstellung ist 
und direkt nichts mit dem links gezeichneten Signal zu tun hat. Es 
müssten eigentlich entsprechend des Signal nur einige Linien sein und da 
ändert die Wiederholung auch nichts daran, außer dass sich eine 
zusätzliche Linie bei 1/T durch die Wiederholung bildet.

Vicky M. schrieb:
> Somit stellt sich mir die Frage:
> Wie lange schaue ich ein Signal an?
Wenn du eine periodisches Signal hast, dann über mindestens eine 
Periode. Wenn man über n Perioden anschaut, ändert sich an der Form 
nichts. Bei einem Rauschsignal müsste man eigentlich unendlich lange 
anschauen, weil es keine periodische Wiederholung gibt. Da das aber 
nicht möglich ist, beschränkt man sich auf eine endliche Zeit T1 und 
erhält dann eben nur Linien im Abstand von 1/T1. Die Hüllkurve dieser 
Linien ergäbe dann diesen rechteckigen Verlauf.

Vicky M. schrieb:
> In technischen Geräten kann ich ja nicht unendlich lange ein Signal
> anschauen, deshalb wird man wie du meinst eine Periode verwenden. Aber
> wenn ich mir jetzt zum Beispiel eine Musikaufnahme anschaue mit vielen
> verschiedenen Frequenzen, kann ich doch nicht sagen wo eine Periode
> beginnt? Oder bei der Datenübertragung?

Ja, das ist ein grundsätzliches Problem. Deshalb wird dann das 
Zeitsignal gefenstert, d.h. man blendet praktisch am Anfang von 0 an ein 
und am Ende wieder aus - nach einer bestimmten Fensterfunktion und 
impliziert so eine periodische Wiederholung. Das verändert das Spektrum 
leider etwas, aber je nach Interessenlage an unterschiedlichen Stellen 
bei unterschiedlichen Fenstern; meist an den Rändern und bei tiefen 
Pegeln.
Da du schon das Stichwort Musikaufnahme nanntest: nimm z.B. Audacity 
o.ä. und lade ein Musikstück. Dann kannst du kürzere oder längere 
Abschnitte in der Frequenzanalyse anschauen. Dort findest du auch die 
diversen Fensterfunktionen (Rechteck, Hamming, Hanning, Blackman-Harris, 
Gauss u.a.), um für die FT die periodische Wiederholung möglich zu 
machen und kannst deren Einflüsse anschauen. Auch die Anzahl der Samples 
ist veränderbar.
Zum Ausprobieren: Audacity gibt es auch als Portabel-Version ohne 
Installation.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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HildeK schrieb:
> Dann kannst du kürzere oder längere
> Abschnitte in der Frequenzanalyse anschauen.

Na ob man da viel erkennt? Anbei das Pendant von Samplitude.

Der Hinweis der Fensterung ist aber ein wichtiger, denn der zeigt, wie 
schwierig es ist, Musik im Frequenzbereich zu bearbeiten. Die 
Deformation der Fensterung ist nämlich sehr gut hörbar. Zu gut!

von foobar (Gast)


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> Wie lange schaue ich ein Signal an?

So lange, dass mindestens eine Periode der niedrigsten zu betrachten 
Frequenz drin ist.

> Gib es da eine Formel [...]

Die Sampledauer bestimmt die niedrigste Frequenz, die Samplerate die 
höchste. Das Verhältnis der beiden das Frequenzraster 
("Frequenzauflösung").

von HildeK (Gast)


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Jürgen S. schrieb:
> HildeK schrieb:
>> Dann kannst du kürzere oder längere
>> Abschnitte in der Frequenzanalyse anschauen.
>
> Na ob man da viel erkennt? Anbei das Pendant von Samplitude.

Das ist die Spektralfrequenzanzeige, Frequenzverteilung über der Zeit.
Ich meinte das Spektrum an sich (Amplitude über der Frequenz) und das 
sieht dann so aus wie im Anhang. Und dort kann man auch links unten 
unter 'Funktion' verschiedene Fensterfunktionen auswählen und 
beispielhaft den Einfluss beobachten. Darum ging es mir.

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