Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schaltregler Spulentemperatur


von Andreas M. (amesser)


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Hallo zusammen! Ich arbeite gerade an einem MPP Solar Laderegler für 
etwa 200W Eingangsleistung. Eingangsspannung (MPP) sind 18,5V am Ausgang 
typischerweise zwischen 12,5V und 13.8V. (Bleiakku) Duty ist etwa 70% 
dann. Der Regler arbeitet komplett analog nach dem ACMC Verfahren und 
funktioniert soweit auch. Aber ich habe bereits bei ca 1/3 der 
Eingangsleistung ein (unerwartetes) Temperaturproblem mit der Spule.

Ich habe mit den verschiedenen Spulenmaterialen noch nicht allzuviel 
Erfahrung, bisher habe ich meist fertige SMD Spulen eingesetzt, aber bei 
diesen Strömen geht das nicht mehr so ohne weiteres. Deswegen versuche 
ich mich mich bisher mit Ringkernen aus alten PC Netzteilen. 
Informationen gibt es dazu zwar eine Menge aber ganz klar komme ich 
damit nicht, insbesondere wie problematisch die Kernverluste werden.

Bisher habe ich folgende Kombinationen bei etwa 80W eingangsleistung 
probiert (siehe Foto):

- Gelb/Weis, vermutlich Amidon T94-26 oder T94-36: 12 Wdg 2x AWG18 ~ 
10µH, 4mOhm, Frequenz 56kHz: Die Spule wird nach 10~15 Minuten spürbar 
warm, man verbrennt sich nicht sofort aber den Finger will man auch 
nicht länger drauf halten
- Grün/blau , vermutlich Amidon T94-52: 15Wdg 2x AWG18 ~ 12µH, 7mOhm, 
Frequenz 39 kHz (testweise runtergesetzt): Gefühlt nicht ganz so warm 
wie mit Gelb/Weis aber immer noch zuviel für meinen Geschmack.

In beiden Fällen kann man in 5cm Höhe über der Platine noch die Wärme 
(Luft) aufsteigen spüren. Der Kühlkörper für die Transistoren/Dioden ist 
dann kaum warm.

Nach dem Gleichstromwiderstand der Spulen dürften da höchstens ~500mW 
abfallen. (Bei 80W Eingangsleistung) Ich hätte erwartete das bei dem 
riesigen Spulenkörper eher so mit 35-40 C Temperatur zur erwarten wären?

Mein Befürchtung ist, das es bei 200W viel zu Heiß wird. Ich habe kein 
Gefühl, ob die Kernverluste in den Eisenkernen hier schon eine Rolle 
spielen oder ob das von mir beobachtetet Verhalten normal ist. Kann ich 
durch andere Frequenzwahl das noch optimieren? Bei niedriger Frequenz 
sind zwar die Kernverluste theoretisch niedriger (weniger 
Magnetfeldwechsel), aber es steigen der Ripple-Strom und damit die 
Stärke der Magnetfeldänderung. Wenn ich die Q-Diagramme richtig deute 
werden dadurch die Kernverluste ja auch wieder größer?

Oder ist man bei diesen Leistungen auf einen Lüfter angewiesen? Unsere 
24V/10A Hutschienen Industrienetzteile hier haben allerdings auch keinen 
Lüfter und bei 10A bin ich noch lange nicht.

Auf dem Foto auch zu sehen ist eine ~10µH (gemessen) Feritspule aus 
einem PC-Netzteil. Könnte die besser funktionieren? Bei Ferrit gibt es 
ja noch mehr zu beachten.

Schonmal vielen Dank für im Vorraus für Eure Hilfe!

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Andreas M. schrieb:
> Die Spule wird nach 10~15 Minuten spürbar warm, man verbrennt sich nicht
> sofort aber den Finger will man auch nicht länger drauf halten
Und was genau ist jetzt dann hat das Ding grad mal so um die 50..55°C. 
Ein Temperaturmessgerät und Wärmeleitpaste ist da für verbindliche 
Aussagen echt Gold wert.

> Mein Befürchtung ist, das es bei 200W viel zu Heiß wird.
Dann probiers doch einfach mal aus...

> Oder ist man bei diesen Leistungen auf einen Lüfter angewiesen? Unsere
> 24V/10A Hutschienen Industrienetzteile hier haben allerdings auch keinen
> Lüfter und bei 10A bin ich noch lange nicht.
Amidon T94-26
https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/B400/18%20_26%20Material.pdf
http://www.amidon.de/contents/de/d612.html
Der hat bei 10kHz die geringsten Verluste. 56kHz scheinen mir unnötig 
hoch für dieses Ding.

Und das Material -52 taugt prinzipiell auch super zur Vernichtung von 
Energie:
http://www.amidon.de/contents/de/d629.html

Warum nimmst du nicht eine Spule, die wirklich zur Leistungsübertragung 
bei hohen Frequenzen ausgelegt ist?
https://katalog.we-online.com/de/pbs/WE-SI

von Michael B. (laberkopp)


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Andreas M. schrieb:
> Kann ich durch andere Frequenzwahl das noch optimieren?

Natürlich, niedrigere Frequenz, weniger Ummagnetisierungsverluste und 
geringerer Skin-Effekt.

> Oder ist man bei diesen Leistungen auf einen Lüfter angewiesen?
> Auf dem Foto auch zu sehen ist eine ~10µH (gemessen) Feritspule aus
> einem PC-Netzteil.

Die erreichen ihre Leistung nur wenn der Lüfter draufbläst.

Eine Spule darf (innendrin) so warm werden wie die Curie-Temperatur des 
Kernmaterials zulässt (die Isolation des Kupferlackdrahtes hält meist 
mehr aus). Sie darf also heiss werden, aus Sicht deines Fingers, und 
kommerzielle Schaltnetzteile sind auch so ausgelegt, daß bei Volllast 
alles warm wird, und per Lüfter gekühlt werden muss.

Natürlich sind as Verluste, wer also ein effizientes Netzteil will, 
nimmt besseres Kernmaterial.

von hinz (Gast)


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Andreas M. schrieb:
> Amidon T94-26

Amidon ist ein auf Hobbyfunker orientierter Händler, kein Hersteller. 
Dieser Metallpulverkern stammt von Micrometals.

Bessere Metallpulverkerne gibts z.B. von Magnetics Inc.

von Sven S. (schrecklicher_sven)


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Hallo Andreas,
Der Gelb-Weiße Ringkern und die Stabkernspule werden in Schaltnetzteilen 
zur Entstörung eingesetzt. Die Ringkerne produzieren recht hohe Verluste 
bei höheren Frequenzen, das ist gut für die Entstörung, aber schlecht 
beim Einsatz als Speicherdrossel. Die Stabkerne sparen vor allem Platz 
auf der Platine. Ihr Nachteil besteht darin, daß sie ein starkes 
Magnetfeld produzieren. Wenn sie nur eine kleine Welligkeit der 
Ausgangsspannung filtern sollen, fällt das nicht so ins Gewicht, aber 
beim Einsatz als Speicherdrossel wird sich das Wechselmagnetfeld störend 
bemerkbar machen. Beide Spulen sind als Speicherdrossel kaum geeignet.
Grün-Blaue Ringkerne werden für Speicherdrosseln verwendet. Die 
Kernverluste sind relativ gering, aber mit Leistungs-Ferriten können 
auch sie nicht mithalten.
Mein Vorschlag: Kern E25, Material N87 (oder ähnlich), 2mm Luftspalt, 13 
Windungen. Macht 10 µH. Viel Spaß.

von hinz (Gast)


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Sven S. schrieb:
> Der Gelb-Weiße Ringkern und die Stabkernspule werden in Schaltnetzteilen
> zur Entstörung eingesetzt.

Blödsinn, das sind übliche Speicherdrosselkerne in billigen SNT.

von Andreas M. (amesser)


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Erst mal vielen Dank für die vielen Antworten!

Lothar M. schrieb:
> Und was genau ist jetzt dann hat das Ding grad mal so um die 50..55°C.
> Ein Temperaturmessgerät und Wärmeleitpaste ist da für verbindliche
> Aussagen echt Gold wert.
>
>> Mein Befürchtung ist, das es bei 200W viel zu Heiß wird.
> Dann probiers doch einfach mal aus...

Du hast Recht, aber Leider fehlt mir da einfach das passende Werkzeug - 
Thermometer und 200W Netzteil habe ich nicht. Wird sowieso ein 
Einzelstück und meine bessere Hälfte wird bestimmt auch nicht 
glücklicher wenn der Gerätepark/Bastelkram immer größer wird. Ich wollte 
eigentlich mal verkleinern :-)

Lothar M. schrieb:
> Und das Material -52 taugt prinzipiell auch super zur Vernichtung von
> Energie:
> http://www.amidon.de/contents/de/d629.html
Verstehe ich nicht, da steht doch das es weniger Kernverluste als das 
-26/-36 Material hat. Aber ich habe von Kernmaterial nicht wirklich 
Ahnung.

Lothar M. schrieb:
> Warum nimmst du nicht eine Spule, die wirklich zur Leistungsübertragung
> bei hohen Frequenzen ausgelegt ist?
> https://katalog.we-online.com/de/pbs/WE-SI

Selbst die Größte aus der Liste wäre sehr knapp vom Strom, wenn nicht 
sogar schon zu klein. DC Strom ist ~16A, im Worst Case sogar noch mehr.

Michael B. schrieb:
> Natürlich sind as Verluste, wer also ein effizientes Netzteil will,
> nimmt besseres Kernmaterial.

hinz schrieb:
> Amidon ist ein auf Hobbyfunker orientierter Händler, kein Hersteller.
> Dieser Metallpulverkern stammt von Micrometals.
>
> Bessere Metallpulverkerne gibts z.B. von Magnetics Inc.

Danke für den Hinweis auf deren Webseite habe ich eine Design Tool 
gefunden und mal meine Parameter durchgeschickt. Natürlich spuckt der 
dann eine ganze Menge toller Kerne aus aber ob es die 150mW Kernverlust 
eines 60$ Kernes gegen die 700mW des T106-52 (Auch einer der Vorschläge 
des Tools, den ich bei mir in der Restekiste noch gefunden habe) 
wirklich bringen sein mal dahingestellt. Die meisten der effizienteren 
Vorschläge basieren auf Kabelquerschnitten jenseits von dem was ich noch 
gut verarbeiten kann (AWG8 und dicker) - Was bedeutet eigentlich AWG -4?

Ich habe jetzt den T106-52 nach Vorgaben des Tools bewickelt, diesmal 
mit 3xAWG18 und es sieht schon viel besser aus. Außerdem habe ich die 
Spule räumlich anders angeordnet, nicht schön aber funktioniert, denn 
ich denke die Wärmeabfuhr war nicht wirklich gegeben. Auch waren eine 
Menge anderer Heizer recht Nah - Gleichrichterdiode, Shunt.

Sven S. schrieb:
> Mein Vorschlag: Kern E25, Material N87 (oder ähnlich), 2mm Luftspalt, 13
> Windungen. Macht 10 µH. Viel Spaß.

Aus meinen (lainenhaften) Augen sieht der nicht schlecht aus, aber extra 
einen Kern kaufen will ich für das Projekt nicht.

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