Forum: HF, Funk und Felder Dumme Frage: Antennen-Gain und Directivity


von Jemin K. (jkam)


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Ich habe eine Frage, die ich aufgrund meiner fast völligen 
Ahnungslosigkeit im HF-Bereich nicht beantworten kann: ist es möglich 
den Gain einer Antenne unabhängig von der Directivity zu erhöhen, indem 
man z.B. mehrere Antennen miteinander kombiniert bzw. "parallel/seriell" 
schaltet? Eine Solarplatte wird mehr Energie sammeln, wenn sie größer 
ist, aber bei Antennen scheint dieses Prinzip nicht zu gelten. Ist das 
so korrekt?
Ein konkretes Beispiel wäre eine Slot-Antenne in einem runden waveguide: 
mehr Slots entlang der Hauptachse erhöhen den Gain nur um den Betrag den 
die Antenne durch ihre höhere Directivity wieder verliert, oder?

von Hp M. (nachtmix)


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Jemin K. schrieb:
> Eine Solarplatte wird mehr Energie sammeln, wenn sie größer
> ist, aber bei Antennen scheint dieses Prinzip nicht zu gelten.

Doch, aber wegen der größeren Abmessungen explodiert dabei der 
technische Aufwand.

Jemin K. schrieb:
> ist es möglich
> den Gain einer Antenne unabhängig von der Directivity zu erhöhen, indem
> man z.B. mehrere Antennen miteinander kombiniert bzw. "parallel/seriell"
> schaltet?

Das macht man sogar, indem man die Antennen vertikal stockt.
Dann kann man das horizontale Diagramm beibehalten, aber weniger in die 
Höhe strahlen, wo sich meist kein Empfänger befindet.
Geschenkt gibt es allerdings auch dabei nichts.

von Jemin K. (jkam)


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Hp M. schrieb:
> Doch, aber wegen der größeren Abmessungen explodiert dabei der
> technische Aufwand.

Hast Du ein Beispiel? Alles was ich finde ist: no free lunch.
Beispiel wären die gängigen 2.4 GHz WLAN Patch Arrays: 4 Empfänger aber 
am Ende nur höherer Gain in einer Richtung und weniger in alle anderen.

von Hp M. (nachtmix)


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Jemin K. schrieb:
>> Doch, aber wegen der größeren Abmessungen explodiert dabei der
>> technische Aufwand.
>
> Hast Du ein Beispiel?

Dieser Trumm 
https://de.wikipedia.org/wiki/Radioteleskop_Effelsberg#/media/File:Effelsberg_total2.jpg 
kommt bei der genannten Frequenz mal gerade an das optische 
Auflösungsvermögen des menschlichen Auges heran.

Sieha auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Freiraumd%C3%A4mpfung

von Jemin K. (jkam)


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Das Teleskop ist aber extrem gerichtet. Das ist ja gerade mein Punkt! Es 
ist völlig unempfindlich gegen Signale aus anderen Richtungen. Aber 
meine Frage ist eher: kann ich 10 von den Dingern nebeneinander stellen 
und ein höheres Signal einer Quelle außerhalb der Hauptachse bekommen?

von Egon D. (Gast)


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Jemin K. schrieb:

> Das Teleskop ist aber extrem gerichtet. Das ist ja
> gerade mein Punkt! Es ist völlig unempfindlich gegen
> Signale aus anderen Richtungen.

Und das ist bei Solarzellen anders? Bestrahle die mal
90° von der Seite...

von Jemin K. (jkam)


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Vierfache Fläche gibt Dir trotzdem vierfache Leistung

von Mario M. (thelonging)


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'Eine Antenne mit erhöhtem Gewinn führt unvermeidlich zu einer 
Verringerung ihrer Halbwertsbreite, da die zur Verfügung stehende 
Energie auf einen engeren Bereich „fokussiert“, also nur umverteilt 
wird.'
https://de.wikipedia.org/wiki/Antennengewinn

Jemin K. schrieb:
> Eine Solarplatte wird mehr Energie sammeln, wenn sie größer
> ist, aber bei Antennen scheint dieses Prinzip nicht zu gelten. Ist das
> so korrekt?

Nein. Bei einem Parabolspiegel steigt der Gewinn mit der Fläche.

von Wolfgang (Gast)


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Jemin K. schrieb:
> Ein konkretes Beispiel wäre eine Slot-Antenne in einem runden waveguide:
> mehr Slots entlang der Hauptachse erhöhen den Gain nur um den Betrag den
> die Antenne durch ihre höhere Directivity wieder verliert, oder?

Wie soll eine Antenne mehr Gewinn erreichen können, ohne die 
Direktivität zu erhöhen. Antennen funktionieren prinzipiell für Senden 
und Empfangen gleich. Stelle dir als einfachstes den Sendeweg vor. Vom 
Sender steht eine bestimmte Sendeleistung zur Verfügung. Wenn du die 
über einen bestimmten Raumwinkelbereich verteilst, kommt eine bestimmte 
Leistung beim Empfänger an. Es ist egal, wie die Antenne aussieht, 
solange sie die Energie über den Winkelbereich verteilt. Und durch eine 
größere Antennenfläche steht nicht mehr Energie zum Verteilen zur 
Verfügung.

Mario M. schrieb:
> Nein. Bei einem Parabolspiegel steigt der Gewinn mit der Fläche.

... und die Richtwirkung steigt mit dem Durchmesser.

Sonnenlicht ist nicht kohärent.

von GHz-Nerd (Gast)


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Ein Punkt darf nicht vergessen werden:
Wann bzw wo findet die Detektion des Signals statt?

bei solarzellen findet die Detektion bzw "demodulierung" der EM Welle am 
Ort des Eintreffens statt. Bei Antennenarrays werden die Beiträge der 
Elemente aber zuerst kombiniert und erst dann dem Empfänger zur 
Demodulation gegeben.
Die Richtwirkung kommt bei diesem Kombinieren zustande weil es dann je 
nach Phase der einzelnen Beiträge zu Abschwächung oder Verstärkung 
kommt.
Würde man das Signal der einzelnen Elemente einzeln detektieren und erst 
danach kombinieren (zb im audio Bereich) würde man den von dir 
erwünschten Effekt erreichen.

von Jemin K. (jkam)


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Sehr interessante Erklärungen! Danke Jungs!

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Der Unterschied zwischen Gewinn und Direktivität sind lediglich Verluste 
durch schlechte Anpassung (also im Quellwiderstand) und Verluste in der 
Antenne (Wirkungsgrad).
Du kannst also demnach den Gewinn Verbessern bei gleicher Direktivität, 
wenn du die Antenne besser anpasst und die Verluste in der Antenne 
senkst. Da beides aber ein hartes Limit hat, geht das nicht unbegrenzt.

von Sven B. (scummos)


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GHz-Nerd schrieb:
> Ein Punkt darf nicht vergessen werden:
> Wann bzw wo findet die Detektion des Signals statt?

Ich denke, das ist genau der Punkt. Die Erklärung darunter halte ich 
auch für korrekt, außer:

> Bei Antennenarrays werden die Beiträge der
> Elemente aber zuerst kombiniert und erst dann dem Empfänger zur
> Demodulation gegeben.

Das muss nicht so sein. Bei einem Digitalinterferometer (z.B. LOFAR, 
eine der Stationen ist direkt neben dem bereits erwähnten 
Effelsberg-Teleskop ;)) kann man digital kombinieren und die Richtung 
bzw. den Gain-Pattern "nachträglich" auswählen. Das ermöglicht es 
natürlich auch, mehrere Gain-Pattern gleichzeitig anzuschauen.

> Würde man das Signal der einzelnen Elemente einzeln detektieren und erst
> danach kombinieren (zb im audio Bereich) würde man den von dir
> erwünschten Effekt erreichen.

Wie gesagt, das macht man auch im HF-Bereich bis 100 GHz oder mehr schon 
so. Der Trick ist lediglich, dass mit phasengleichen Lokaloszillatoren 
runtergemischt werden muss, was sich aber auch bei voneinander 
entfernten Stationen durch hinreichend synchronisierte Atomuhren 
erreichen lässt. Ebenso ist es möglich (wenn auch m.W. nicht gängig) 
einen Takt auch über große Distanzen über ein Glasfasernetz zu 
verteilen.
Lokal ist das ohnehin kein Problem.

: Bearbeitet durch User
von hfMensch (Gast)


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Simon K. schrieb:
> Der Unterschied zwischen Gewinn und Direktivität sind lediglich Verluste
> durch schlechte Anpassung (also im Quellwiderstand) und Verluste in der
> Antenne (Wirkungsgrad).

Anpassungsverluste sind im "Gain" nicht enthalten.
Diese sind im "Realized Gain" berücksichtigt.

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