Forum: HF, Funk und Felder Leiterbahnen in HF-Schaltung mit Lötzinn überziehen


von Holger D. (hodoe)


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Hallo,

ich habe mal eine Frage. Welchen Sinn (oder Unsinn) macht es 
HF-technisch (100 KHz ... 500 MHz), die Leiterbahnen händisch mittels 
einer Schicht Lötzinn nachzuziehen?

Die Leiterbahnstärke ist für die auftretenden Ströme (750 W 
Senderausgangsleistung) eigentlich ausgelegt.


Gruß
Holger

von Base64 U. (6964fcd710b8d77)


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die bahnen sind vermutlich impedanzkontrolliert? wieso würde man da, 
schwer reproduzierbar und hinsichtlich hf parameter kontrollierbar 
lötzinn auftragen?

von ??? ?. (wookiee)


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Base64 U. schrieb:
> die bahnen sind vermutlich impedanzkontrolliert? wieso würde man da,
> schwer reproduzierbar und hinsichtlich hf parameter kontrollierbar
> lötzinn auftragen?


Punkt 1.
Punkt 2 ist, dass sich aufgrund des Skineffektes das Signal effektiv so 
oder so in den Kupferbahnen fortbewegt und kaum in die aufgetragene 
Zinnschicht eindringt.

von Purzel H. (hacky)


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Zinn bringt Null und gar nichts. Zinn ist 16 mal schlechter leitend als 
Kupfer, sodass eine Verdoppelung der Leitfaehigkeit der Bahn mit 35um 
Dicke eine zusaetzliche Schicht von 0.5mm bedingen wuerde. Im DC Fall. 
Fuer HF waer's schlechter.

von Michael D. (sirs)


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Kann den beiden Punkten zustimmen. Zusätzlich wirst du auch noch deine 
Leiterbahngeometrie stören, da das Zinn nicht so genau fließen wird wie 
man es erwartet. In der Fertigung vielleicht machbar, aber von Hand viel 
zu unregelmäßig.

Bei 100kHz wirst du das nicht merken, aber bei 500MHz könnte der Effekt 
schon mit guten Mitteln messbar werden. Im zweistelligen GHz-Bereich 
wird der Effekt dann krasser bis tödlich. Denn dann liegen die "Umwege" 
um Störungen noch näher an der Wellenlänge.

https://www.elektronikpraxis.vogel.de/hochfrequenzboard-theorie-versus-prozesstoleranzen-teil-2-a-444231/index2.html

von Teo D. (teoderix)


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Holger D. schrieb:
> Die Leiterbahnstärke ist für die auftretenden Ströme (750 W
> Senderausgangsleistung) eigentlich ausgelegt.

Verbessert das Thermischeverhalten bei Impulsblastun. Extra Masse zum 
aufheizen. Schont die Verklebung zum Trägermaterial.

von Kemin (Gast)


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Ich habe auch nie verstanden wieso bei hf schaltungen oft alles in 
Lötzinn getränkt ist...

von Mike (Gast)


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Verzinnen der Leiterbahnen ist HF-technisch gesehen absoluter Unsinn.

Der spezifische Widerstand von Lötzinn ist mit ca 0.2 uOhm*m gut 10 mal 
schlechter als der von Cu (0.018 uOhm*m). Wegen dem Skinnefekt fliesst 
dann der Strom auf der Lötzinnoberfläche statt im Kupfer und dies 
bewirkt zusätzliche Verluste.

p.s. Oft sid die Leiterbahnen für HF sogar versilbert oder vergolded

von Elektrolurch (Gast)


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Wenn es eine Micro-Stripline ist, also eine Kupfer-Leiterbahn mit 
definiertem Wellenwiderstand und festgelegter Breite und einer 
Massefläche auf der anderen Seite des Epoxyd oder Teflon Substrats, 
spielt sich der gesamte HF-Ladungsfluss in einer dünnen Kupferschicht 
auf der der Massefläche zugewandten Kupferseite ab. Quasi auf der 
"Innenseite" des Kupferlaminats.

Ein Zinnauftrag aussen hilft demnach nichts und schadet nur

von nachtmix (Gast)


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Holger D. schrieb:
> Die Leiterbahnstärke ist für die auftretenden Ströme (750 W
> Senderausgangsleistung) eigentlich ausgelegt.

Auch bei der benutzten Frequenz?

Eine Verzinnung (nicht: Blei-Zinn) bringt vielleicht etwas, wenn die 
Kupferoberfläche durch Korrosion gefährdet ist.
Besser ist aber sicher eine Versilberung oder Vergoldung oder nur eine 
Lackschicht.
Versilbern und vergolden ist aber nichts zum Selbermachen für die 
Waschküche, weil man vorher noch vernickeln muss. Andernfalls 
diffundieren die Edelmetalle besonders bei höherer Temperatur zügig ins 
Kupfer und danach ist die Oberfläche elektrisch schlechter als ohne 
diese "Veredelung".

Im Übrigen läuft trotz bzw. wegen des Skineffekts der größere Teil des 
HF-Stromes nicht auf der Oberfläche der Leiterbahn, sondern auf der 
Unterseite an der der Grenzfäche zwischen Kupfer und Platinenmaterial 
entlang.

von nachtmix (Gast)


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Kemin schrieb:
> Ich habe auch nie verstanden wieso bei hf schaltungen oft alles in
> Lötzinn getränkt ist...

Das war das Resultat vom billigen Schwallöten in der Massenfertigung.
Heute ist das Lot teurer, weil kein billiges Blei mehr drin ist, und die 
Platinen müssen wegen der winzigen SMD-Bauteile und der höheren 
Frequenzen präziser gefertigt werden.
Damit hat sich Thema wohl weitgehend von selbst erledigt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wellenl%C3%B6ten

von Michael D. (sirs)


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Leiterbahnen werden auch deshalb vergoldet, weil die Lötstellen an den 
Enden dann besser sind. Fragt mich jetzt aber nicht wie viel besser. Die 
Bauteile mit fine pitch lassen sich auf alle Fälle besser löten wiel das 
Zinn auch besser fleißt.

Auch bei Massenfertigung gibt es doch Lötstopplack. Wenn man vernüftig 
rechnet und mal nachmisst kann man den sogar seine Einflüsse 
vorhersagen. Definitiv besser als verzinnen. Nur das thermische Argument 
bleibt.

von Holger D. (hodoe)


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Moin, vielen Dank für die Meinungen. Also im weitesten Unsinn.


Gruß
Holger

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