Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Der Spannungskonstanthalter


von Michael K. (mister_k)


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Hallo liebe Elektronik-Kollegen,

ich bin neu hier und möchte zuerst ein (ziemlich) altes Thema aufgreifen 
zu dem ich noch ein paar Fragen habe. Es dreht sich um den Theard "Der 
magnetische Verstärker", der ja leider gesperrt wurde.

Ich bin kürzlich im Netz auf die "Konstanze" aufmerksam geworden. Dabei 
handelt es sich um einen Spannungskonstanthalter, welcher in der DDR 
produziert wurde, um Spannungsschwankungen im Stromnetz auszugleichen. 
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich noch immer Schwierigkeiten 
habe zu verstehen, wie so ein Gerät im Detail funktioniert. Soweit ich 
das ganze erfasst habe handelt es sich ja nur um zwei Drosseln und einen 
Kondensator.

Im Radioforum habe ich folgenden Text gefunden:

"Ein viel verwendetes Gerät zur Versorgung von Verbrauchern mit 
konstanter Spannung ist der magnetische Spannungskonstanthalter. Er 
besteht im wesentlichen aus zwei in Reihe geschalteten Drosseln Dr1 und 
Dr2, (Bild131). Die Drossel Dr1 ist im normalen Betriebsbereich 
ungesättigt. Die am Ausgang des Gerätes liegende Drossel Dr2 ist dagegen 
hochgesättigt, so daß die an dieser Drossel auftretenden geringen 
Spannungsschwankungen große Stromänderungen verursachen, die noch durch 
einen entsprechend ausgelegten Kondensator C verstärkt werden. 
Schwankungen der Eingangsspannung wirken sich demnach bis zu einem 
gewissen Grade stets nur an der ungesättigten Drossel aus, während die 
Spannung an der gesättigten Drossel bei Spannungsschwankungen nahezu 
konstant bleibt."

Verstehe ich das richtig, dass diese Schaltung, ohne ein einziges 
variables Element, eine Eingangsspannung, die in beide Richtungen 
abweichen kann, konstant auf einem Sollwert halten kann?

Mein Ziel ist es, eine solche Konstanze in LTSpice zu simulieren, um das 
Konzept wirklich von vorne bis hinten zu verstehen.

Das Forenmitglied quinny hatte dazu ein Modell in dem alten Thread, das 
ich aber irgendwie nicht hinbekomme (warum so viele Spulen?).

Ich bin mir sicher, dass mir jemand hier auf die Sprünge helfen kann. 
:-D

Gruß,
Mister K.

: Verschoben durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Michael K. schrieb:

> Ich bin kürzlich im Netz auf die "Konstanze" aufmerksam geworden. Dabei
> handelt es sich um einen Spannungskonstanthalter, welcher in der DDR
> produziert wurde, um Spannungsschwankungen im Stromnetz auszugleichen.

Solche magnetischen Spannungskonstanthalter gab es nicht nur
in der DDR, sondern auch im "Westen". Dort allerdings eher im
Laborbereich zur Versorgung empfindlicher Schaltungen.

von MaWin (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Solche magnetischen Spannungskonstanthalter gab es nicht nur
> in der DDR, sondern auch im "Westen".

Üblicherweise sehr weit im Westen, in den USA, dort war das Netz so 
schlecht dass man es konstanthalten musste.

Magn. Spannungskonstanter nutzen die konstante Frequenz um daraus eine 
Soannung abzuleiten. So lange die Frequenz nicht schwankt ist also alles 
fein, am Insel-Synchron-Stromgenerator taugen sie nicht.

von Dieter (Gast)


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Schaltbild und Funktionsweise sind dort erklärt:

https://www.radiomuseum.org/forum/firma_shr.html

von Gerhard O. (gerhard_)


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Falls es interessiert:

Es gibt auch automatische Spannungskonstanter die mittels 
Stelltransformator und Regelkreis funktionieren.

Ich arbeitete vor über zwanzig Jahren in einem Meßgerätelabor wo ein 
solcher General Radio Modell 1592 5KWA Konstanter für konstante 
Netzspannung sorgte. An sich war das zwar nicht wirklich norwendig weil 
schon damals die Spannungsvesorgung in der Großstadt sehr zuverlässig 
war.

Das Gerät hatte eine SCR Motorsteuerung die mittels Brückenschaltung und 
Verstärker die Spannung mit dem Sollwert verglich und den Stelltrafo 
entsprechend nachsteuerte. In der Brücke befand sich übrigens eine 
Speziallampe. Es hatte nur ein paar Transistoren. Innen befand sich ein 
Trafo mit entsprechender Strombelastung dem die Stelltrafospannung einer 
Hilfswicklung im Addier- oder Subtraktmodus zugeführt wurde. Das Gerät 
funktionierte sehr störungsfrei. Nur einmal mußte die Brückenlampe 
ersetzt werden.

Hier ist ein Link dazu:

http://www.ietlabs.com/pdf/Datasheets/Variacs_all.pdf
http://www.ietlabs.com/pdf/Manuals/GR/1571A-%201582A%20Automatic%20Voltage%20Regulator%20Instruction%20Manual%20Complete.pdf

: Bearbeitet durch User
von loeti2 (Gast)


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MaWin schrieb:
> agn. Spannungskonstanter nutzen die konstante Frequenz um daraus eine
> Soannung abzuleiten. So lange die Frequenz nicht schwankt ist also alles
> fein, am Insel-Synchron-Stromgenerator taugen sie nicht.

Hallo,
das ist zumindest für die DDR-Spannungskonstanthalter nicht richtig,
denn die Netzfrequenz schwankte "dank" Ost-Verbundnetz fast so heftig
wie die Spannung.

Meiner Meinung nach sind das Geräte die die Nichtlinearität der
Eisenkerne geschickt ausnutzen um daraus eine Art Verstärkerschaltung
zu machen.

Genaues kenne ich nicht, wir hatten noch den Spannungsregler mit
Spartrafo mit Anzapfungen und "Regelung" durch den Nutzer über eine
Anzeige wo die obere und untere Hälfte einer Mattscheibe die durch
zwei Glühlampen von innen beleuchtet wurde,
auf gleich hell eingestellt wurde.

Grüße,
loeti

von Michael K. (mister_k)


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Hallo,

OK Danke für die Infos soweit.
Mein Problem ist glaube ich, dass ich mich zu wenig mit dem Thema 
magnetische Felder auseinandergesetzt habe.

Ich kann euch mal meine Version der Funktionsweise (soweit ich gekommen 
bin) schildern und hoffe es korrigiert mich jemand wenn ich falsch 
liege:

Also die ungeregelte Netzspannung liegt an der ersten Drossel an, die 
als Ballast wirkt um den Strom zu begrenzen. Diese Drossel ist nicht 
gesättigt, halt als noch Induktivität übrig um ev. auftretende Spitzen 
aus dem Netz abzufedern. Die geregelte Ausgangsspannung wird dann über 
der zweiten Drossel, die zusammen mit dem Kondensator einen 
Parallelschwingkreis bildet, abgegriffen. Durch die eigene Schwingung 
dieses Kreises ist die Ausgangsspannung nicht mehr so stark von der 
Netzfrequenz abhängig.

Und da bin ich leider schon am Ende...mich interessiert einfach wie 
diese Schaltung nun die Spannung mit so kleiner Tolleranz um die 230V 
halten kann.

Die Begriffe Spannungsteiler und Verstärker habe ich auch gelesen, aber 
für mein Verständnis funktioniert sowas immer nur in eine Richtung. Aber 
das Teil kann ja sowohl Über- als auch Unterspannung ausregeln.

von Bernhard R. (barnyhh)


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Magnetische Spannungskonstanter ließen sich auch als Transformator 
aufbauen. Die letzten mir bekannten Geräte mit derartigen magnetischen 
Konstantern sind ca. 1979 / 1980 auf den Markt gekommen; es handelte 
sich hierbei um Registrierkassen des Typs IBM 3684 und IBM 3685, also 
nichts DDR-Produkt.

Grüßle
Barnyhh

Edit: Der Leonhard-Satz in Drehstromantrieben / -generatoren 
funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Auf die Schnelle habe ich 
allerdings keine Wikipedia-Refferenz gefunden.

: Bearbeitet durch User
von Swinger (Gast)


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Warum reden alle in der Vergangenheitsform? Den magnetischen 
Spannungskonstanthalter gibt es sehr wohl immer noch. Man kann ihn 
überall einsetzen, wo eine einigermaßen konstante Netzspannung notwendig 
ist. Kann man kaufen, z.B. hier: 
https://www.reichelt.de/magnetischer-spannungskonstanthalter-kh-250-p100666.html?r=1 
oder hier: 
https://www.block.eu/de_DE/suche/?tx_auwsolr_search%5Bq%5D=bsd

von Andrew T. (marsufant)


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Gerhard O. schrieb:
> Ich arbeitete vor über zwanzig Jahren in einem Meßgerätelabor wo ein
> solcher General Radio Modell 1592 5KWA Konstanter für konstante
> Netzspannung sorgte.

Ein wirklich hübsches Teil.
Ich habe das im Original hier, Bj. 1963
echt solide und bockelschwer. Funktioniert auch nach 55 Jahren noch 
perfekt:-)

von Andrew T. (marsufant)


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Michael K. schrieb:
> Durch die eigene Schwingung
> dieses Kreises ist die Ausgangsspannung nicht mehr so stark von der
> Netzfrequenz abhängig.

Nicht ganz. Der Aufbau aller magnet. Spannungs-Konstanter ist immer 
recht stark frequenzabhängig (prinzipbedingt).
Eine gute Erklärung findest du z.B. hier:

http://www.aelgroup.co.uk/faq/faq001.php

von Der Zahn der Zeit (Gast)


Angehängte Dateien:

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Michael K. schrieb:
> Mein Ziel ist es, eine solche Konstanze in LTSpice zu simulieren, um das
> Konzept wirklich von vorne bis hinten zu verstehen.
>
> Das Forenmitglied quinny hatte dazu ein Modell in dem alten Thread, das
> ich aber irgendwie nicht hinbekomme (warum so viele Spulen?).

Ich arbeite nicht mit LTSpice und kenne es daher nur wenig. Aber 
vielleicht bietet LTSpice ja auch einen "Saturable Transformer/Inductor" 
wie SIMetrix Intro, was ich verwende. Dort wird eine solche Induktivität 
nach ihren geometrischen Eigenschaften und dem Kernmaterial definiert 
(nur Ferrit-Kerne?), was vielleicht nicht ganz trivial ist, aber 
immerhin prinzipiell zu den selben Ergebnissen führen müsste.

Einen alten Spannungskonstanter habe ich auch noch...

DZDZ

von Michael K. (mister_k)


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Andrew T. schrieb:
> Michael K. schrieb:
>> Durch die eigene Schwingung
>> dieses Kreises ist die Ausgangsspannung nicht mehr so stark von der
>> Netzfrequenz abhängig.
>
> Nicht ganz. Der Aufbau aller magnet. Spannungs-Konstanter ist immer
> recht stark frequenzabhängig (prinzipbedingt).
> Eine gute Erklärung findest du z.B. hier:
>
> http://www.aelgroup.co.uk/faq/faq001.php

Hallo,

diese Seite ist wirklich gut. Ich denke jetzt habe ich verstanden wie 
das Ganze funktioniert. Mein Denkfehler war, dass ich die beiden Spulen 
unabhängig von einander betrachtet habe. Ich hatte nur dieses 
vereinfachte Schaltbild aus dem Radioforum.

"The increasing flux produces an increase in the leakage reactance of 
the secondary and this approaches a value which resonates with the 
capacitor connected across it. As the condition of resonance is reached 
the secondary current rises rapidly saturating the lower portions of the 
magnetic circuit."

Das ist wohl der wichtigste Teil bei der ganzen Betrachtung. Auch habe 
ich davon noch nichts von der primärseitigen Kompensationswicklung 
gehört, die einer Spannungsänderung auf der Sekundärseite entgegenwirkt.

Nur etwas wundert mich noch: Beim Modell ganz oben auf der Website ist 
auf der Sekundärseite noch eine "Resonanzwicklung" eingezeichnet, die 
aber im Text nicht mehr erwähnt wird. Ich dachte sekundärseitig gibt es 
nur noch eine Wicklung mit einem Kondensator parallel?

Gruß,
Michael

von S------- R. (simonr)


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Nimm das:

http://www.extra.research.philips.com/hera/people/aarts/_Philips%20Bound%20Archive/PTechReview/PTechReview-17-1955_56-001.pdf

Der Witz ist einfach der Parallelschwingkreis mit einer gesättigten 
Induktivität.

Steigt die Spannung nur ein bisschen an, kann die Energie welche im 
Kondensator gespeichert ist (0.5*C*U^2) nicht mehr im magnetischen 
Feldenergie-Äquivalent (0.5*L*I^2) gespeichert werden. L sinkt 
dramatisch ab und somit MUSS I steigen. Dadurch geht die erste Drossel 
in die Knie und die Spannung sinkt wieder.

Das, was also "zu viel" am Spannungsteiler vorhanden ist, wird 
nichtlinear im Schwingkreis als magnetischen Feld "verarbeitet".

Das macht das ganze zu einem parametrischen Oszillator

Anstatt die Energie zu verheizen wird sie durch die nichtlineare 
Permeabilität in neue Frequenzen verwandelt (etwas Selbsphasenmodulation 
sowie zweite Harmonische (100Hz) durch Phasematching).

Das siehst du auch am Ausgang, da hier ein "Idler" übrigbleibt.

Das selbe Prinzip eignet sich auch als Verstärker, indem du den Strom 
durch die gesättigte Drossel von aussen steuert. Bring auf die 
gesättigte Drossel eine weitere Wicklung auf und lege ein Signal an. 
Dadurch änderst du im Signalrhythmus das µ von der Drossel.

Siehe hier: http://www.acousticplan.de/html/magamp_english.html

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