Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Zahnrad fräsen


von Carl (Gast)


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Rein aus Basteltrieb würde es mich interessieren, ein paar Zahnräder 
herzustellen. Ich habe von einem verstorbenen Onkel eine ganze Pallette 
Werkzeug geerbt, unter anderem auch div. Fräser. Darunter auch 
Zahnradfräser Modul 0.5 bis 2.0. Es sind Fräser mit Helixschliff, sehen 
wie ein Schneckenrad aus.
Ich frage mich, ob ich auf einer normalen Fräsmaschine oder Drehbank mit 
diesen Fräsern Zahnräder herstellen könnte?
Hier z.B.

https://youtu.be/ZhICrb0Tbn4

wird der Rohling noch mit einem Antrieb rotiert. Das kann meine 
Fräsmaschine nicht, aber ich frage mich, ob es nötig ist? der 
Zahnradfräser hat ja schon eine Form wie ein Schneckenrad, also würde 
ich erwarten, dass er den Rohling von selber rotiert.

Was sagen die Experten? jemand hier der schon Zahnräder hergestellt hat? 
:-)

von jemand (Gast)


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Carl schrieb:
> der
> Zahnradfräser hat ja schon eine Form wie ein Schneckenrad, also würde
> ich erwarten, dass er den Rohling von selber rotiert.

Ja, sobald schon rundherum die ersten Ansätze der Zähne vorhanden sind.
Ein Henne-Ei-Problem.

von Johannes R. (oa625)


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Hallo Carl,

Zahn(rad-)schneidemaschinen haben immer eine Zwangskopplung für 
Fräserantrieb, axialen Vorschub (bei Schrägverzahnung) und 
Werkstückantrieb. Das waren früher Wechselradsätze und 
Differentialgetriebe, heutzutage kann der Zwanglauf zwischen Frässpinel 
und Werkstück auch elektronisch realisiert werden.
Dein Problem ist: Um ein geradverzahntes Stirnrad zu fräsen, muss der 
Fräser exakt um seinen Steigungswinkel "schräggestellt" werden.
Ohne Zwanglauf zwischen Fräser und Werkstück wird das nichts.

Du kannst höchstens einen Versuch machen ein Schneckenrad zu fräsen, so 
wie in
https://www.youtube.com/watch?v=VARvLORDWWo

Gruß
Johannes
(Der viele Jahre als Konstrukteur in einer Zahnschneidemaschinenfabrik 
gearbeitet hat.)

von sepp222 (Gast)


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Ich kannte die alten Pfauter und Köpfer Zahnradfräsmaschinen.Habe aber 
nie an einer gearbeitet,nur kurzzeitig an einer Klingenberg Kegelrad 
Fräsmaschine für spiralverzahnte Kegelräder.
                              Gruß Hans

von Carl (Gast)


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O.k. ich sehe schon, ohne Spezialmaschine geht es nicht.
Es gibt ja noch die etwas einfacheren Zahnradfräser:

https://www.wabeco-remscheid.de/catalog/product/view/id/6376/s/zahnformfraeser-satz-hss-modul-1-25/

Dort kann man mit einem Teilapparat arbeiten. Ich frage mich, sind die 
tauglich? bekommt man da brauchbare Ergebnisse?
Es wäre ja schon auch sehr interessant, schrägverzahnte Räder selbst 
herstellen zu können, aber das ginge nur mit dem von mir im 1. Beitrag 
genannten Fräser, und dieser funktioniert natürlich nicht mit einem 
Teilapparat. :-(

von L. H. (holzkopf)


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Carl schrieb:
> O.k. ich sehe schon, ohne Spezialmaschine geht es nicht.
> Es gibt ja noch die etwas einfacheren Zahnradfräser:
>
> 
https://www.wabeco-remscheid.de/catalog/product/view/id/6376/s/zahnformfraeser-satz-hss-modul-1-25/
>
> Dort kann man mit einem Teilapparat arbeiten. Ich frage mich, sind die
> tauglich? bekommt man da brauchbare Ergebnisse?

Ja, sicher.
Warum auch nicht?

Die Schnittkraft wird dabei auf das Herausfräsen einer einzigen 
"Zahnlücke" konzentriert.
(Natürlich nur mit schrittweise "maschinenverträglichen" Zustellungen)
Haut auch noch bei weit geringeren Stabilitäten von Maschinen hin.

Grüße

von Johannes R. (oa625)


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Hallo Carl!

Beim Wälzfräsen in Deinem 1. Post ergibt sich die Zahnform (Evolvente) 
durch das Abwälzen ("Abrollen") des Fräserprofils auf dem Werkstück. Die 
Zahnform ist im Wesentlichen abhängig von Modul und Zähnezahl.
(Das kann bis zum Unterschnitt bei kleinen Zähnezahlen gehen.)

Beim Einzelteilfräsen findet logischerweise kein Abwälzvorgang statt. 
Deshalb muss die Form der Zahnlücke im Fräser verewigt werden. Das 
bedeutet, dass ein Fräser nur für einen gewissen Zähnezahlbereich 
geeignet ist. Außerhalb dessen weicht die Zahnform soweit von der 
Idealkurve ab, dass kein sauberes Abrollen mit dem Gegenrad erfolgt.

Schrägverzahnung erfordert auch im Einzelteilverfahren ein Kopplung von 
Fräservorschub und Werkstückdrehung, die dabei allerdings nur wenige 
Grad beträgt, abhängig von Zahnradbreite und Schrägungswinkel.

Siehe auch:
https://www.ahoefler.de/maschinenbau/getriebetechnik/verzahnungsarten/evolventenverzahnung/zahnrad-herstellung/145-zahnradherstellung.html

Gruß
Johannes

von Carl (Gast)


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Hallo Johannes!

danke dir für die Erläuterungen. Dass beim Profilfräser die Zahnform 
nicht exakt ist, wusste ich. Deshalb braucht man ja immer einen ganzen 
Satz Profilfräser, zB. Nr. 1 geht nur für 12 bis 14 Zähne, Nr. 2 für 15 
bis 21 Zähne (oder so ähnlich).
Deshalb wollte ich ja auch ursprünglich den Walzfräser benutzen, da 
dieser immer die richtige Zähnezahl ergibt.

Wenn ich dich aber richtig verstehe, dann brauche ich beim Walzfräsen 
einer Geradverzahnung nicht zwingend eine mechanische Kopplung zwischen 
der Spindel der Fräsmaschine und dem Futter, wo mein Zahnradrohling 
hinein kommt. In Wikipedia stand auch, dass bei geradverzahnung der 
Walzfräser gleichzeitig wie eine Schnecke auch für die Drehung des 
Werkstücks sorgt.

von Lurchi (Gast)


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Wenn man das Werkzeug nutzt um den Rohling weiter zu drehen kommt am 
Ende ggf. ein Zahnrad mit 20,4 Zähnen raus - irgendwer muss die 
Zähnezahl noch festlegen. Einfach über den Durchmesser wird nicht 
unbedingt eine ganze Zahl geben, zumal der Durchmesser des Rohlings 
anfangs etwas größer ist.

Beim Nachschneiden eines schon grob vergebenen Zahnrades kann das ggf. 
noch funktionieren.

von Johannes R. (oa625)


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Hallo Carl,

mit einem Profil-Scheibenfräser und einem Teilapparat lassen sich 
natürlich geradverzahnte Zahnräder herstellen.
Ich habe auch schon Videos gesehen, bei denen mittels Hand-Gewindebohrer 
(die mit durchgehenden Spannuten) Schneckenräder gefräst wurden. Die 
Schnecke ist dann natürlich nur ein Gewindebolzen:
https://www.youtube.com/watch?v=J0o3W4_LRBw

In http://maksunaut.bplaced.net/schneckengetriebe.htm wird darauf auch 
kurz eingegangen.

Dass sich gerad- oder schrägverzahnte Stirnräder mit dieser Methode 
herstellen lassen, bezweifle ich, lasse mich aber gern eines Besseren 
belehren. Mach' doch einfach mal einen Versuch mit einem Wälzfräser mit 
kleinem Modul und kleiner Zähnezahl, etwa ab 20z. Dazu brauchst Du wenig 
Material und einen Versuch ist es wert.
Für ein Rad mit z=40 und Modul m=0,5 wird bei Geradverzahnung ein 
Rohling mit einem Kopfdurchmesser von dk=z*m + 2m = 40*0,5+2*0,5 = 21mm 
benötigt.


Gruß
Johannes

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