Forum: Offtopic Autonomer Schienenverkehr


von Thorsten M. (Gast)


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In diversen Threads über autonome Autos ist das Thema schon etwas 
angeklungen, aber nie ausdiskutiert worden. Dabei scheint das Potential 
eines automatisierten Schienenverkehrs besonders groß zu sein, da durch 
die Schienenführung die Steuerung relativ einfach ist, d.h. eine 
Automatisierung mit bekannter Technik durchgeführt werden könnte. Auch 
handelt es sich um ein in gewisser Weise in sich geschlossenes System. 
Gleichzeitig stehen die LKW auf der Autobahn im Stau (unnötigerweise?) 
und binden Kapazitäten.

Selbstfahrende Wagons, die von A nach B geleitet werden und ohne 
irgendwelche Rangiervorgänge auskommen, dabei zumindest streckenweise 
trotzdem im Verband fahren können um eine gute Streckenauslastung zu 
ermöglichen. Das wäre ein (mögliches?) Szenario um den Güterfernverkehr 
auf die Schiene zu holen.

An was scheitert es bisher?
Welche Technik wäre notwendig?
Welche Szenarien könnt ihr euch noch vorstellen? Langfristig und 
übergangsweise.

Ein großes Problem sehe ich in der Fernsteuerung der Fahrzeuge. Sobald 
eine Fernsteuerung möglich ist, kann auch unbefugter Zugriff erfolgen. 
Bei 50t Gefahrgut auf einem Wagon muss das aber ausgeschlossen sein. 
Beim autonomen Auto (ohne Fernsteuerung) bestimmt immernoch der 
Passagier, wo es hin geht. Das Fahrzeug orientiert sich anhend der 
Straßen und mittels GPS. Ein äußerer Eingriff wäre also nicht möglich.

Züge fahren im Gegensatz zum Straßenverkehr nicht auf Sicht, sondern 
verlassen sich auf die Signaltechnik. Daher müssen Blockabschnitte, bzw. 
"reservierte" Streckenbereiche, je nach Geschwindigkeit sehr groß sein. 
Das schränkt die Kapazität stark ein. Durch Telemetrie könnten andere 
Züge wissen, wo sich Züge in relevanter Reichweite befinden und 
Abstände entsprechend der Geschwindigkeiten einhalten und so auf ein 
Minimum reduzieren. Telemetrie birgt aber wieder Risikopotential. Durch 
den Ausfall von Sendern, Manipulation etc. können Züge unerkannt 
bleiben, als Geisterfahrer durch das Netz jagen oder als unerkanntes 
Hindernis liegen bleiben.

: Verschoben durch Moderator
von Ursus P. (unwichtig)


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Thorsten M. schrieb:

> An was scheitert es bisher?

Politik.

Mfg aus dem Rhein-Ruhr Gebiet

von Michael B. (laberkopp)


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Thorsten M. schrieb:
> An was scheitert es bisher?

Betonköpfe bei der Bahn.
Das 100 Jahre alte Blockstellensystem mit PZB (was immer noch nicht auf 
auf jeder Bahnstrecke realisiert ist)

> Welche Technik wäre notwendig?

GPS Koordinaten von jedem Zug.

Man könnte autonome Züge machen, die müssten dann ihren Fahrplan kennen 
und die anderen Züge in der Nähe, oder zentral gesteuerte, dann wäre 
halt bei Ausfall der Zentrale Stillstand auf allen Gleisen.


Die Bahn jammert, daß sie zu wenig Gleise hat, dabei warten Züge immer 
bis die Blockstelle frei ist bevor sie ein Gleis befahren., Es würde 
(ähnlich einer Autobahn) reichen wenn die Züge direkt nacheinander 
fahren so dass zwischendrin nur die Weiche umschalten kann.

Natürich eigentlich sich die Schiene tausendmal besser für autonomes 
Fahren als die Strasse.

Aber bevor man sich bei der Bahn was beim LKW abguckt, müssen 
Weihnachten, Neujahr und Ostern auf einen Tag fallen.

von Harald W. (wilhelms)


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Thorsten M. schrieb:

> Dabei scheint das Potential eines automatisierten Schienenverkehrs
> besonders groß zu sein,

Deshalb hat man einen solchen ja auch schon zumindest bei U-Bahnen
an verschiedenen Stellen verwirklicht.

von Matzerus (Gast)


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Thorsten M. schrieb:
> An was scheitert es bisher?

An Geld.

> Welche Technik wäre notwendig?

ETCS

Die Bahn nennt das ganze auch gerne "digitale Schiene" und beziffert das 
ganze auf 35 Milliarden Euro. Das will aber niemand zahlen.

von Thorsten M. (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Thorsten M. schrieb:
>> Welche Technik wäre notwendig?
> GPS Koordinaten von jedem Zug.
Wie setzt du das sicher um? Dass die Koordinate auch dann noch 
zuverlässig vorliegt, wenn der Zug liegen geblieben ist, Sender 
ausfallen/manipuliert werden, der Strom ausfällt, oder Frequenzen 
gestört werden?

> Man könnte autonome Züge machen, die müssten dann ihren Fahrplan kennen
> und die anderen Züge in der Nähe, oder zentral gesteuerte, dann wäre
> halt bei Ausfall der Zentrale Stillstand auf allen Gleisen.
Ist bei der bestehenden Signaltechnik ja ähnlich.

> Die Bahn jammert, daß sie zu wenig Gleise hat, dabei warten Züge immer
> bis die Blockstelle frei ist bevor sie ein Gleis befahren., Es würde
> (ähnlich einer Autobahn) reichen wenn die Züge direkt nacheinander
> fahren so dass zwischendrin nur die Weiche umschalten kann.
Da ist halt genau der Unterschied zum Fahren auf Sicht. Sollte die 
automatisierte Bahn vielleicht auch "auf Sicht" fahren? Durch die 
geringe Reibung sind halt dann nur noch langsame Geschwindigkeiten 
möglich. Außer man setzt eben auf die Koordinaten.


Harald W. schrieb:
> Deshalb hat man einen solchen ja auch schon zumindest bei U-Bahnen
> an verschiedenen Stellen verwirklicht.
Nur scheint mir gerade da das Potential am geringsten zu sein. Bzw. man 
spart im Grunde nur den Fahrer ein. Was bei vollen U-Bahnen kaum lohnt, 
bzw. den Verkehr nicht verbessert.
Aber klar, als Anfang um Erfahrungen zu sammeln ist das gut.

von Cyblord -. (cyblord)


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Die Automatisierung des Zugverkehrs ist sicher alles, nur kein 
technisches Problem.

von Walter K. (vril1959)


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Das Problem ist nicht die Technik - sondern ganz schlicht Die Bahn!

Deren herausragende Leistungen waren in den letzten Jahrzehnten
1. die Verhinderung des Transrapid
2. mit der Spedition Schenker der größte Feind von „Güter auf die Bahn“ 
zu werden -

 in keinem vergleichbaren Land sind soviel Güter auf der Straße und die 
Infrastruktur der Bahn so verottet - wie bei uns

von Thorsten M. (Gast)


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Walter K. schrieb:
> Das Problem ist nicht die Technik - sondern ganz schlicht Die Bahn!
Mit Die Bahn meinst du alle Bahngesellschaften der Welt? ;-)

von Dirk (Gast)


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Ich denke die Technik ist auch kein Problem, weil es beim Auto viel mehr 
Einflüsse von Außen geben kann. Ich würde den Zug nicht nur autonom 
fahren lassen, sondern den kompletten Zugverkehr über eine AI regeln. 
Ich vermute die AI dürfte für ganz Deutschland/Europa effektiver 
arbeiten und Personalkosten können eingespart werden.

von jemand (Gast)


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Die deutsche Bahn wird das zu verhindern wissen...

Was das für ein träger Haufen altersschwacher Tränentiere ist, sieht man 
hier:
https://www.suedkurier.de/ueberregional/panorama/Megaprojekt-Brenner-Basistunnel-Am-Ende-wartet-AErger;art409965,9430774
Währen Österreich schon baut, hat die DB noch nicht mal geplant.

Solange des die deutsche Bahn gibt, wird es in Deutschland keine 
Automatisierung geben, soviel ist sicher.

Jaja, die DB, die weckt wirklich unschöne Geühle bei mir. Als 
langjähriger (inzwischen ehemaliger) Kunde kenne ich sie nur zu gut :-(

Beitrag #5725887 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Alex G. (dragongamer)


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Denke in erster Linie der vergleichsweise geringe Ausblick auf 
wirtschaftlichen Vorteil.

So eine Bahn kostet mehrere Millionen (die S Bahnen in Stuttgart, 
scheinbar 15 Mio pro Stück) und viel an Wartung. Was sind da schon die 
3000€ Monatsgehalt des Lokführers?

Für Autos macht autnonomes Fahren entsprechend schon deswegen mehr Sinn, 
auch wenn es technisch schwieriger ist.

von Michael B. (laberkopp)


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Alex G. schrieb:
> Denke in erster Linie der vergleichsweise geringe Ausblick auf
> wirtschaftlichen Vorteil.
>
> So eine Bahn kostet mehrere Millionen (die S Bahnen in Stuttgart,
> scheinbar 15 Mio pro Stück) und viel an Wartung. Was sind da schon die
> 3000€ Monatsgehalt des Lokführers?

Falsch.

Die Bahn hat das Problem, daß auf den Haupttrassen zu Stosszeiten zu 
wenig Züge fahren können.

Sie müssten neue Trassen bauen, die kosten aber Milliarden, Geld wass 
sich nicht wirtschaftlich wieder einspielen lässt.

Und das nur, weil Züge nicht wie Autos direkt hintereinander fahren, 
sondern Abstand im 100 Jahre alten Blockstellensystem halten müssen.

Es geht um das Aufheben der Blockstellen, um damit doppelt oder zigfach 
so viele Züge auf den Gleisen zu haben ohne Mehrkosten.

Ob da nun ein Lokführer drinsitzt oder nicht, ist irrelevant, die 
Gewerkschaften möchten ja möglichst noch einen Heizer mitfahren lassen.

Ja, die Bahnhöfe sind manchmal auch voll, aber das hängt vor allem an 
den unsinnigen überkonzentrierten Knotenpunkten ab, ist also nur eines 
der vielen  Organisationsprobleme der Bahn. Nur weil Köln Hbf von JEDEM 
Zug benutzt wird. Dabei würden sich viele Leute freuen, wenn sie 
woanders umsteigen könnten.

Mehr Züge heisst also auch, daß die dezentraleren Bahnhöfe mal ein paar 
Züge mehr abbekommen.

von Thorsten M. (pappkamerad)


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Schade, ich habe mir eine bessere Diskussion erhofft. Mit ein paar 
konkreten Szenarien, wie ein optimierter Schienenverkehr aussehen 
koennte. Ohne so Allgemeinplaetze wie "100 Jahre alten 
Blockstellensystem".

M.E. waere das Geld und der Willen etwas zu verbessern schon da, aber es 
muss ein ausgekluegeltes Gesamtkonzept sein, das wirklich massive 
Vorteile bringt. Nur um ein paar Lokfuehrer zu sparen lohnt natuerlich 
kein Aufwand.

: Bearbeitet durch User
von Cyblord -. (cyblord)


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Thorsten M. schrieb:
> ein ausgekluegeltes Gesamtkonzept sein, das wirklich massive
> Vorteile bringt. Nur um ein paar Lokfuehrer zu sparen lohnt natuerlich
> kein Aufwand.

Ein Vorteil wäre auch die erhöhte Sicherheit. Es kann nicht sein dass 
heute noch ein daddelnder Typ im Stellwerk einen schweren Unfall 
verursachen kann.
Ein automatisches System, dem alle Zugpositionen und alle 
Weichenstellungen bekannt sind, könnte das wirkungsvoll verhindern.

von Percy N. (vox_bovi)


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Woher kommt eigentlich die Kraft, die diese autonomen Waggons 
beschleunigt, in beiden Richtungen?

von Matthias L. (limbachnet)


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Cyblord -. schrieb:
> Ein automatisches System, dem alle Zugpositionen und alle
> Weichenstellungen bekannt sind, könnte das wirkungsvoll verhindern.

Ja - wenn es zu 100% zuverlässig funktioniert. Wenn so ein System mal 
die Grätsche macht, dann scheppern im dümmsten Fall nicht nur zwei Züge 
ineinander, sondern viele. Da wäre es sinnvoll, so eine Lösung mal nicht 
auszuschreiben und dem billigsten Anbieter zuzuschlagen...

von Cyblord -. (cyblord)


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Matthias L. schrieb:
> Ja - wenn es zu 100% zuverlässig funktioniert. Wenn so ein System mal
> die Grätsche macht, dann scheppern im dümmsten Fall nicht nur zwei Züge
> ineinander, sondern viele. Da wäre es sinnvoll, so eine Lösung mal nicht
> auszuschreiben und dem billigsten Anbieter zuzuschlagen...

Naja, funktionale Sicherheit und Redundanz wurden schon erfunden.

von (prx) A. K. (prx)


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Percy N. schrieb:
> Woher kommt eigentlich die Kraft, die diese autonomen Waggons
> beschleunigt, in beiden Richtungen?

Von Autos natürlich, daher der Name.

von Matthias L. (limbachnet)


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Cyblord -. schrieb:
> Naja, funktionale Sicherheit und Redundanz wurden schon erfunden.

Natürlich. Aber kennst du ein real existierendes wirklich großes System, 
dass absolut sicher wäre?

Dass so etwas technisch machbar wäre möchte ich gar nicht bezweifeln!

von Matthias S. (dachs)


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Walter K. schrieb:
> Deren herausragende Leistungen waren in den letzten Jahrzehnten
> 1. die Verhinderung des Transrapid
> 2. mit der Spedition Schenker der größte Feind von „Güter auf die Bahn“
> zu werden -

zu 1. - der liess sich in D einfach nicht sinnvoll bauen und betreiben
zu 2. - wenn man "letzte Jahrzehnte" entsprechend weit fasst: Die 
Spedition Schenker wurde 1931 von der Reichsbahn übernommen.

Matthias

von Cyblord -. (cyblord)


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Matthias L. schrieb:
> Cyblord -. schrieb:
>> Naja, funktionale Sicherheit und Redundanz wurden schon erfunden.
>
> Natürlich. Aber kennst du ein real existierendes wirklich großes System,
> dass absolut sicher wäre?

Warum denn absolut? 100% ist nichts sicher. Aber um Größenordnungen 
sicherer als der Mensch.

Als real existierendes System fällt mir das Airbus Fly-by-Wire System 
ein. Hochumstritten bei der Einführung, aber hat jetzt schon >20 Jahre 
auf dem Buckel. Nicht ganz ohne Zwischenfälle, das muss man sagen. Aber 
nichts was das System als solches in Frage stellen würde.

> Dass so etwas technisch machbar wäre möchte ich gar nicht bezweifeln!

Also mal nicht übertreiben. Die meisten technischen Geräte an denen 
Menschenleben hängen funktionieren doch meistens ohne Probleme. 
Abgesehen vom obigen Beispiel fallen mir da noch Aufzüge, Med-Technik, 
Herzschrittmacher usw. ein.
Und es gibt ja schon genug autonome Bahnen. Sowohl U-Bahnen als auch 
Shuttle Bahnen an Flughäfen usw. Da hängen auch Menschenleben nur an der 
Software.

Funktionale Sicherheit ist halt teuer. Aber an und für sich stellt es 
ein gelöstes Problem dar.

: Bearbeitet durch User
von Matthias L. (limbachnet)


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Cyblord -. schrieb:
> Funktionale Sicherheit ist halt teuer.

Eben. Deshalb ja der letzte Satz meines Postings oben, mit Ausschreibung 
und so...

von Cyblord -. (cyblord)


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Matthias L. schrieb:
> Cyblord -. schrieb:
>> Funktionale Sicherheit ist halt teuer.
>
> Eben. Deshalb ja der letzte Satz meines Postings oben, mit Ausschreibung
> und so...

Ja nur das ist doch kein Argument. Bei jetziger Technik machst du dir 
auch keine Sorgen dass da an anderer Stelle gespart wird, die auch 
gefährlich ist.
Mit dem Argument kann ich alles in Frage stellen. Wenn ich nur annehme 
es wird gespart und geschludert, dann ist nichts sicher und nichts 
machbar.

von Matthias L. (limbachnet)


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Cyblord -. schrieb:
> Bei jetziger Technik machst du dir
> auch keine Sorgen dass da an anderer Stelle gespart wird, die auch
> gefährlich ist.

Eigentlich schon, doch... :-/

Cyblord -. schrieb:
> Mit dem Argument kann ich alles in Frage stellen.

Sicher - etwas kritisch (vorzugsweise konstruktiv) in Frage zu stellen 
ist doch aber nicht schlecht, sondern IMHO unabdingbarer Bestandteil bei 
der Einführung sicherheitskritischer Technik. Das heißt ja nicht, dass 
ich grundsätzlich dagegen wäre - bin ich auch nicht. Aber die 
Infrastruktur bei den Versorgungs- und Verkehrsnetzen wird in den 
letzten Jahr schon sehr, hm, sagen wir mal "kostenbewusst" 
weiterentwickelt - und das beißt sich dann eben mit

Cyblord -. schrieb:
> Funktionale Sicherheit ist halt teuer.

Deshalb das leise Unbehagen - grundsätzlich finde ich die Idee aber 
schon interessant.

von Michael B. (laberkopp)


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von (prx) A. K. (prx)


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Zumindest besteht dann eine realistische Chance, dass der Zug in 
Wolfsburg auch wirklich hält.

von Roland E. (roland0815)


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Michael B. schrieb:
>
> Die Bahn hat das Problem, daß auf den Haupttrassen zu Stosszeiten zu
> wenig Züge fahren können.
>
> Sie müssten neue Trassen bauen, die kosten aber Milliarden, Geld wass
> sich nicht wirtschaftlich wieder einspielen lässt.
>

Bis hier her fast richtig. Auf Druck der Politik wurden eben massiv 
Gleiskapazitäten abgebaut.

> Und das nur, weil Züge nicht wie Autos direkt hintereinander fahren,
> sondern Abstand im 100 Jahre alten Blockstellensystem halten müssen.
>
> Es geht um das Aufheben der Blockstellen, um damit doppelt oder zigfach
> so viele Züge auf den Gleisen zu haben ohne Mehrkosten.
>
>

Falsch. Der (seit etwa 175 Jahren wechselnd) definierte Blockabstand 
spiegelt den Anhalteweg bezogen auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 
wieder.
 Einfach gesagt: Es ist tatsächlich der Mindestabstand zwischen zwei 
Zügen. Die Schwierigkeit ist die, dass die Signale nun mal im Boden 
verankert sind, und nicht zwischen den Zügen mitwandern können.

Lösungen für das Problem wurden und werden bereits eingesetzt mit LZB 
bzw ETCS.

von Harald W. (wilhelms)


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A. K. schrieb:

> Zumindest besteht dann eine realistische Chance, dass der Zug in
> Wolfsburg auch wirklich hält.

Welcher Wolfsburger will denn in einen Zug einsteigen?
Die fahren doch alle Ihren VW!

von Thorsten M. (pappkamerad)


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Cyblord -. schrieb:
> Ein Vorteil wäre auch die erhöhte Sicherheit. Es kann nicht sein dass
> heute noch ein daddelnder Typ im Stellwerk einen schweren Unfall
> verursachen kann.
Sicherer wie Blocktechnik mit Zugbeeinflussung geht es eigentlich nicht. 
Der daddelnde Typ war halt auf einer Strecke eingesetzt auf der gar 
keine Sicherheitstechnik vorhanden war. Die Ironie daran: Es war seine 
einzige Aufgabe diese beiden Züge zu überwachen.

2011 gab es in China einen schweren Unfall, wo durch einen 
Blitzeinschlag ein Schnellzug automatisch gestoppt wurde und dann "vom 
Radar" verschwunden ist. Ein darauffolgender Zug ist in den 
liegengebliebenen Zug gefahren. Das Sicherungssystem hat wohl auch nach 
dem Verfahren Wandernder Raumabstand, wie bei ETCS Level 3, gearbeitet. 
Klar, die Entwicklung ist nicht zuende, das sind aber halt schon sehr 
komplexe System mit tausenden von Zügen.

von Percy N. (vox_bovi)


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Harald W. schrieb:
> A. K. schrieb:
>
>> Zumindest besteht dann eine realistische Chance, dass der Zug in
>> Wolfsburg auch wirklich hält.
>
> Welcher Wolfsburger will denn in einen Zug einsteigen?
> Die fahren doch alle Ihren VW!

Damit kommen die wenigstens von der Stelle. Bei den tollen autonomen 
Waggons müsste man wohl immer noch eine Großpackung Triebkraft mit 
laden.

Oder habe ich was verpasst?

von Reinhard S. (rezz)


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Percy N. schrieb:
>> Welcher Wolfsburger will denn in einen Zug einsteigen?
>> Die fahren doch alle Ihren VW!
>
> Damit kommen die wenigstens von der Stelle. Bei den tollen autonomen
> Waggons müsste man wohl immer noch eine Großpackung Triebkraft mit
> laden.
>
> Oder habe ich was verpasst?

Ja, die Elektrifizierung. Und (genau wie beim Auto) Dieseltanks.

von (prx) A. K. (prx)


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Percy N. schrieb:
> Damit kommen die wenigstens von der Stelle. Bei den tollen autonomen
> Waggons müsste man wohl immer noch eine Großpackung Triebkraft mit
> laden.

Wieso? Die Triebkräfte steigen ein und strampeln.
Voll autonom, braucht keinen Strom, keinen Diesel.

von Alex G. (dragongamer)


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Matthias L. schrieb:
> Cyblord -. schrieb:
>> Funktionale Sicherheit ist halt teuer.
>
> Eben. Deshalb ja der letzte Satz meines Postings oben, mit Ausschreibung
> und so...
Die Ausschreibung basiert auf ein Lastenheft. Darin steht wie sicher das 
System sein muss.
Wie soll man den Auswählen der das dann macht, wenn nicht indem man 
fragt, wer es am effizientesten, sprich, für das wenigste Geld macht?
Diese Regelung hat man nicht zuletzt auch deswegen eingeführt weil sonst 
Korruption die Tür geöffnet wird, wenn auf einmal irgendwelche Personen 
beurteilen sollen welches "das Beste Unternehmen" ist.

Was für ein Konzept zur Wahl des richtigen Machers schlägst du denn vor?

Woran man vielleicht arbeiten muss, ist an Strafen für den Fall dass die 
Vorgaben des Lastenhefts nicht eingehalten werden. Da neigt der Staat 
leider dazu nachlässig zu sein (Im Gegensatz zur normalen Industrie).

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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A. K. schrieb:

> Die Triebkräfte steigen ein und strampeln.
> Voll autonom, braucht keinen Strom, keinen Diesel.

Genau:
https://de.wikipedia.org/wiki/Eisenbahn-Draisine

von Percy N. (vox_bovi)


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Reinhard S. schrieb:
> Percy N. schrieb:
>>> Welcher Wolfsburger will denn in einen Zug einsteigen?
>>> Die fahren doch alle Ihren VW!
>>
>> Damit kommen die wenigstens von der Stelle. Bei den tollen autonomen
>> Waggons müsste man wohl immer noch eine Großpackung Triebkraft mit
>> laden.
>>
>> Oder habe ich was verpasst?
>
> Ja, die Elektrifizierung.

Von einer Motorisierung der Waggons war bisher nicht die Rede. So 
könnten die höchstens mehr oder weniger autonom den Hügel hinab rollen.

> Und (genau wie beim Auto) Dieseltanks.

Das zB wäre genau dann eine geeignete Großpackung der genannten 
Bestimmung,  wenn auch ein Dieselmotor mit an Bord wäre.

Aber alles das wären keine Waggons, sondern beladbare Triebwagen.

von Wollvieh W. (wollvieh)


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Alles Schlechte was man der Bundesbahn je nachgesagt hat, wirkt im 
Vergleich zu den Handlungen der Bahn AG wie überzogene und kleinliche 
Schmähungen.

Das Erreichte, was es in Deutschland mal im Bahnverkehr gab, hat die 
Bahn seit einem Vierteljahrhundert systematisch zerstört und nun müssen 
wir halt damit leben, was noch davon übrig ist. Beispielsweise Europas 
(oder gar der Welt?) größte Flotte an LKW. Oder Europas größte und 
teuerste Baugrube für einen Vorstadthaltepunkt mit 4 Bahnsteigen (trotz 
bisher von der Bahn kalkulierten knapp 9 Milliarden Baukosten ereicht 
Stuttgart 21 leider nicht die technischen Voraussetzungen für einen 
Bahnhof.)

Wenns um sinnvollen/leistungsfähigen usw. Schienenverkehr geht, ist die 
Eingangsfrage falsch gestellt. Denn ob die Fahrzeuge dann letztlich 
autonom oder von einem mit Weisungen versehenen Führer gefahren werden 
ist nebensächlich. Wichtiger ist das organisatorische Fundament, auf dem 
dieser ganze Zugverkehr vernetzt wird.

Da neigt man als technisch orientierter Mensch natürlich dazu, die 
Lösung in bestimmten technischen Details und Ausstattungen zu sehen. (Im 
Privaten leben ganze Bau- und Elektromarktketten davon...)

Tatsächlich ist das aber ein ausschließlich politisches Problem, das mit 
der Technik von 1900 (fast) genauso gut zu lösen wäre wie mit der von 
2020.

Der Transrapid wurde Ende der 80er als Ring in den Grenzen der alten 
Bundesrepublik geplant (besser "angedacht"): München-Hamburg über 
Köln/Hannover.

Wenn man die exorbitanten Neubaukosten für heutige ICE-Strecken 
betrachtet, die dann von keinem anderen Schienenfahrzeug befahren werden 
dürfen, weil sie sonst kaputtgehen, inklusive milliardenteurer 
Neuentwicklung eigener Fahrzeuge für die steilen Strecken, erscheinen 
die damaligen Argumente, der Transrapid erfordere einen teureren 
Fahrweg, dieser könne nicht von anderen Fahrzeugen befahren werden und 
es wären umfangreiche Baumaßnahmen wie Aufständerung nötig, als 
vorgeschobene Schutzbehauptungen. Ich sage nur Nürnberg-Erfurt.

Man weiß natürlich nicht, wie sich die behaupteten Bau- und 
Betriebskosten beim Transrapid in der Realität entwickelt hätten, aber 
beim ICE weiß man es (kleiner Tip: höher als vorhergesagt). Ohne es 
berechnen zu können glaube ich, daß der Transrapid da ganz vernünftig im 
Rennen gelegen wäre.

Aber letztlich ist auch der nur eine bestimmte technische Ausgestaltung, 
deren Zweck sich auch mit Dampfloks oder elektrischen Zügen erreichen 
läßt. Wobei der Transrapid im Gegensatz zur Dampflok die bekannte 
Geislinger Steige ohne Trassenänderung mit 200 km/h hätte befahren 
können. Leider nur technisch betrachtet, das Essen der Fahrgäste wäre 
dann an den Seitenscheiben zu finden gewesen. Ich glaube mich zu 
erinnern 100-120 kmh wären mit Schienenüberhöhung in den Kurven 
komfortabel machbar gewesen, statt heute 60 oder 80.

Also wollen wir hier über Schienenverkehrslenkung mit Arduino sprechen 
oder über Verkehrspolitik? Oder sind die selbstrollenden Waggons nur 
wieder ein Aufguß vom Railtaxi, das in den 90ern durch die 
Usenet-Gruppen geisterte.

: Bearbeitet durch User
von Alex G. (dragongamer)


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Wollvieh W. schrieb:
> Oder Europas größte und
> teuerste Baugrube für einen Vorstadthaltepunkt mit 4 Bahnsteigen (trotz
> bisher von der Bahn kalkulierten knapp 9 Milliarden Baukosten ereicht
> Stuttgart 21 leider nicht die technischen Voraussetzungen für einen
> Bahnhof.)
Naja, ich war letzten Monat auf dem "Tag der offenen Baustelle" (wohne 
nur 10 S-Bahnminuten vom HBF entfernt) und muss sagen es ist schon recht 
beeindruckend was die hier bauen.

von Mw E. (Firma: fritzler-avr.de) (fritzler)


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Also laut der Anstalt isses kein Bahnhof, weil die Bahnsteige zu viel 
gefälle haben: https://www.youtube.com/watch?v=V49b13fYFik

von Wollvieh W. (wollvieh)


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Alex G. schrieb:
> es ist schon recht beeindruckend

Das ist ein 8 1/2-stelliges Keithley auch. :)

Es ist nicht Aufgabe der Bahn, Leute zu beeindrucken, sondern zu 
befördern.

Solange sie das gar nicht will, weil es keinen Profit bringt, sind 
jegliche Ansätze, den Schienenverkehr, ob Nah oder Fern, zu verbessern, 
zum Scheitern verurteilt.

von Reinhard S. (rezz)


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Wollvieh W. schrieb:
> Wenn man die exorbitanten Neubaukosten für heutige ICE-Strecken
> betrachtet, die dann von keinem anderen Schienenfahrzeug befahren werden
> dürfen, weil sie sonst kaputtgehen, inklusive milliardenteurer
> Neuentwicklung eigener Fahrzeuge für die steilen Strecken, erscheinen
> die damaligen Argumente, der Transrapid erfordere einen teureren
> Fahrweg, dieser könne nicht von anderen Fahrzeugen befahren werden und
> es wären umfangreiche Baumaßnahmen wie Aufständerung nötig, als
> vorgeschobene Schutzbehauptungen. Ich sage nur Nürnberg-Erfurt.

Nürnberg-Erfurt darf auch von Güterverkehr benutzt werden und ist 
weniger steil als die alte Strecke. Nur die Signaltechnik ist neu, 
weshalb auch momentan kein Güterverkehr darüber fährt, weil die Loks 
noch nicht passend nachgerüstet wurden.

von Michael B. (laberkopp)


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Wollvieh W. schrieb:
> Das Erreichte, was es in Deutschland mal im Bahnverkehr gab, hat die
> Bahn seit einem Vierteljahrhundert systematisch zerstört

Nun, die Fahrgastzahlen der Bahn sind in den letzten 10 Jahren um 40% 
gestiegen, trotz über Inflation erhöhter Preise.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/13626/umfrage/reisende-im-schienenpersonenverkehr-der-db-ag/

Wollvieh W. schrieb:
> Der Transrapid wurde Ende der 80er als Ring in den Grenzen der alten
> Bundesrepublik geplant (besser "angedacht"):

Als Verkäufer würde ich auch so eine Billioneninvestition vorschlagen.
Transrapid hatte schon immer eine masslos viel zu teure Trasse.
Kein Wunder, wenn man den Motor auf tausende Kilometer ausrollt, zu 
99.99% ungenutzt. Und dann noch für Güterverkehr untauglich.

Wollvieh W. schrieb:
> Man weiß natürlich nicht, wie sich die behaupteten Bau- und
> Betriebskosten beim Transrapid in der Realität entwickelt hätten,

Doch, Shanghai ist ein einziges finanzielles Fiasko.
https://blog.zeit.de/china/2013/02/21/der-gefloppte-transrapid/

von Wollvieh W. (wollvieh)


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Michael B. schrieb:
> Wollvieh W. schrieb:
>> Man weiß natürlich nicht, wie sich die behaupteten Bau- und
>> Betriebskosten beim Transrapid in der Realität entwickelt hätten,
>
> Doch, Shanghai ist ein einziges finanzielles Fiasko.
> https://blog.zeit.de/china/2013/02/21/der-gefloppte-transrapid/

Naja, das ist nur der Beleg, daß ein Fernzug mit 500 Stundenkilometern 
nicht als UBahn-Ersatz im Vorortverkehr taugt. Eine wirkliche 
Fernstrecke gibt es halt nicht.

Was beim Transrapid die Kabel im Fahrweg sind, waren bis zum ICE 2 die 
Versetzung von Gebirgen für die nötige topfebene Strecke. Und eine 
Hochgeschwindigkeitsoberleitung ist auch nicht bloß ein fingerdicker 
Telegrafendraht. Da den Transrapid aber seit 30 Jahren niemand im 
Fernverkehr einsetzen will, werden wir es nie erfahren

: Bearbeitet durch User
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