Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Optimaler Zweidrahtbus


von Flip B. (frickelfreak)


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In meinem Hausbusprojekt hat sich Modbus als Suboptimal herausgestellt. 
Die verdrahtung Aufwändig, Spannungsversorgung zusätzlich nötig...

Ich möchte jetzt eine bessere lösung finden.

Die eierlegende Busmilchsau würde folgende Kriterien für mich erfüllen:

- Bidirektional
- 2-50 Teilnehmer
- Transceiver nicht zu teuer
- Versorgung über datenleitung, sagen wir mal 5W
- kurze reaktionszeiten, max 100ms
- mittlere datenrate, ca. 10kbps
- möglichst freizügige topologieauswahl
- mittlere reichweite, 50m leitungslänge
- elektrisch robust gegen einstrahlungen und kurzschluss
- automatische adressierung


Ich vermute all das gibt es nicht.
Bisher dachte ich über verschiedene systeme nach:

CAN
+ Kollisionsauflösung
- Verdrahtung (4-Adern inkl spannungsversorgung, abschluss, topologie)

Funk
auch das will ich nicht ausschließen.
+ Leitungen dann nur für dezentrale DC-Spannungsversorgung nötig
- Transceiverchip
- reichweite, zuverlässigkeit

KNX
ich finde das selfbusprojekt recht interessant
+ bewährt in der Haustechnik
+ einfache verdrahtung
+ versorgung auf der datenleitung (jedoch recht hohe spannung)
+ offenes Projekt zum nachbauen vorhanden
- Seltsame konfigurationstechnik
- standart nicht offen (dokumente habe ich jedoch)

AS-Interface

+ bewährte industrietechnik
+ 24V auf dem bus
+ einfache verdrahtung
+ einfache adressierung
- beschränkt auf rechtwenige teilnehmer
-standart nicht offen

NMRA-DCC
Kenne ich von früher aus der modellbahn

+ einfachster transmitter + receiver
+ simples protokoll
+ richtig leistung auf dem bus ( 200W)
- logisch für andere anwendung konzipiert
- bidirektionalität nur schlechte krücke
- EMV- katastrophe

Dann dachte ich noch über eine neue lösung nach. Irgendwas zwischen 
10base2 und 802.3af, eventuell direkt mit Ethernetübertragertrafos, 
jedoch etwas langsamer. Oder sehr niederfrequente töne, richtig über 
schwingkreise und trafos ein- und auskoppeln.

Was würdet ihr bevorzugen oder hat jemand einen weiteren Vorschlag?

: Bearbeitet durch User
von Johnny B. (johnnyb)


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Powerline Ethernet?

von Flo (Gast)


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Klingt nach LIN Bus bis auf die 5W, die sind utopisch.

von Christian K. (christian_rx7) Benutzerseite


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Hallo.

Ich stand vor dem gleichen Problem wie du (habe meine Bachelor Arbeit 
darüber geschrieben) und bin bei CAN oder genauer gesagt bei CANopen 
hängen geblieben, da die beiden zusätzlichen Adern nicht wirklich ein 
Problem nd. Man hat dadurch die Möglichkeit, die Versorgungen nach 
Verteilerbereiche aufzuteilen und das funktioniert sehr gut.
Bei größeren Verbrauchern versorge ich per Bus nur den Transceiver, die 
restliche Elektronik wird extra Versorgt.
Bei 20kBit/s ist auch die Topologie nicht wirklich ausschlaggebend, da 
kann man auch mal wo abzweigen.

Ein paar Infos zu den Geräten findest du hier:
http://www.kreuzers.home.dic.at/elektronik/E_CANopen.php

Christian_RX7

von georg (Gast)


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Christian K. schrieb:
> da die beiden zusätzlichen Adern nicht wirklich ein
> Problem nd

Entweder man verlegt ein Kabel oder nicht, wenn ja, spielt es doch keine 
Rolle, ob da 2, 3 oder 4 Drähte drin sind. Ausser in den ganz wenigen 
Fällen, wo so ein Kabel schon liegt und verwendet werden muss - aber 
selbst ein uraltes Telefonkabel hat 4 Adern.

Georg

von Harald W. (wilhelms)


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georg schrieb:

> Entweder man verlegt ein Kabel oder nicht,

Gbt es eigentlich Hausbussysteme, bei der die Daten allein über die
normale 230V-Netzleitung geschickt werden, also ohne zusätzliche Kabel?

von Christian K. (christian_rx7) Benutzerseite


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Gibt es, oder besser gab es: KNX Powerline
Geräte dafür hat aber meines Wissens nur noch ABB / Busch Jäger im 
Programm.
Inbetriebnahme ist eine Katastrophe, selbst im Vergleich zu KNX TP.

Christian_RX7

von Jim M. (turboj)


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Harald W. schrieb:
> Gbt es eigentlich Hausbussysteme, bei der die Daten allein über die
> normale 230V-Netzleitung geschickt werden, also ohne zusätzliche Kabel?

Die wären ähnlich aufwändig wie "richtiges" Power LAN - denn man braucht 
relativ große und teure Netzfilter Komponenten.

von Marc V. (Firma: Vescomp) (logarithmus)


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Flip B. schrieb:
> CAN
> + Kollisionsauflösung
> - Verdrahtung (4-Adern inkl spannungsversorgung, abschluss, topologie)

georg schrieb:
> Entweder man verlegt ein Kabel oder nicht, wenn ja, spielt es doch keine
> Rolle, ob da 2, 3 oder 4 Drähte drin sind.

 LOL.
 Stimme ich voll zu.
 Wo ist da ein Problem, ob 4 oder sogar 6 Drähte als Reserve für
 ev. zukünftige Erweiterungen oder Umstieg auf ein anderes Protokoll ?

von Flip B. (frickelfreak)


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Ich formuliere das mal anders:

Auf dem  zusätzlichen Spannungsversorgungspaar fällt etwas spannung ab. 
Jetzt habe ich schon CAT5 mit 2x4 leitern liegen, allerdings in recht 
hochohmiger aluausführung. Durch die verschobene Masse auch schon bei 
kleineren strömen, musste ich die transceiver jeweils galvanisch trennen 
und über ein weiteres päärchen versorgen. Beim 2-draht-bus macht das 
alles nichts aus, nur die betriebsspannung wird geringer, denn die daten 
werden sowieso ac-gekoppelt. Ein 2-drahtbus könnte mehrere leiter 
paralell verwenden für niedrigeren spannungsfall.

: Bearbeitet durch User
von C.F. (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Gbt es eigentlich Hausbussysteme, bei der die Daten allein über die
> normale 230V-Netzleitung geschickt werden, also ohne zusätzliche Kabel?

Schau dir mal DigitalStrom an ...

https://www.digitalstrom.ch/

von Peter D. (peda)


Angehängte Dateien:

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Flip B. schrieb:
> Durch die verschobene Masse auch schon bei
> kleineren strömen, musste ich die transceiver jeweils galvanisch trennen
> und über ein weiteres päärchen versorgen.

Nö.
Schau Dir mal obigen Ausschnitt aus dem PCA82C251 Datenblatt an.
D.h. der Receiver arbeitet von CANL = -7V bis CANH = 12V.
Ein Ground-Shift von +/-5V ist also völlig problemlos.

von Horst O. (obelix2007)


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C.F. schrieb:
> Harald W. schrieb:
>> Gbt es eigentlich Hausbussysteme, bei der die Daten allein über die
>> normale 230V-Netzleitung geschickt werden, also ohne zusätzliche Kabel?
>
> Schau dir mal DigitalStrom an ...
>
> https://www.digitalstrom.ch/

...habe vor einigen Jahren das Haus meiner Tochter mit LCN installiert:
Bus ist eine zusätzliche Leitung in der Standard-230VAC Verkabelung 
(statt 3x1,5² 4x1,5²)

https://www.lcn.eu/newsletter/2019/01/newsletter_01_2019.html

Gruß Horst

von Fred R. (Firma: www.ramser-elektro.at/shop) (fred_ram)


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Modbus RTU?

von Jens (Gast)


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Peter D. schrieb:
> Flip B. schrieb:
>> Durch die verschobene Masse auch schon bei
>> kleineren strömen, musste ich die transceiver jeweils galvanisch trennen
>> und über ein weiteres päärchen versorgen.
>
> Nö.
> Schau Dir mal obigen Ausschnitt aus dem PCA82C251 Datenblatt an.
> D.h. der Receiver arbeitet von CANL = -7V bis CANH = 12V.
> Ein Ground-Shift von +/-5V ist also völlig problemlos.

Das Problem verstehe ich jetzt nicht. Für die Spannungsversorgung muss 
doch je eine Ader für z.B. 12V oder 24V und eine für GND verwendet 
werden. Bei höheren Strömen ggf. je zwei Adern. Zusätzlich könnte man 
noch den eventuell vorhandenen Schirm als zusätzliche Masse verwenden. 
Somit hat man ein ausreichendes Bezugspotential für den CAN-Bus und 
keine / minimale Masseverschiebung.

von Mein Senf (Gast)


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Ich trage mich auch mit diesem Gedanken und tendiere zum CAN-Bus.

von Wolfgang (Gast)


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Flip B. schrieb:
> Auf dem  zusätzlichen Spannungsversorgungspaar fällt etwas spannung ab.
> Jetzt habe ich schon CAT5 mit 2x4 leitern liegen, allerdings in recht
> hochohmiger aluausführung.

Den Spannungsabfall auf der Versorgungsleitung kannst du deutlich 
reduzieren, indem du mit hoher Spannung auf der Leitung arbeitest.
DC/DC-Wandler zum Runtersetzen beim Verbraucher gibt es für ein paar 
Cent.

von Peter D. (peda)


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Jens schrieb:
> Das Problem verstehe ich jetzt nicht.

Das soll bedeuten, man braucht erst dann eine galvanische Trennung des 
Transceivers, wenn der Abfall auf der GND-Leitung >7V beträgt.

von Flip B. (frickelfreak)


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Ich arbeite schon mit 24 bzw 48v, doch ohne trennung liegen im 
einschaltmoment bis alle kapazitäten geladen sind fast 1/2 spannung an 
gnd an. Das killte gelegentlich die transceiver trotz schutzschaltung.

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Flip B. schrieb:
> Ich arbeite schon mit 24 bzw 48v, doch ohne trennung liegen im
> einschaltmoment bis alle kapazitäten geladen sind fast 1/2 spannung an
> gnd an.

Wenn Du keine speziellen Stecker mit voreilenden Powerpins hast, können 
die 48V beim Stecken anliegen, der PCA80C251 verträgt aber nur 36V.
Mit 24V hab ich aber noch keinen PCA80C251 gekillt (DB9 Stecker).

von Ralf (Gast)


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Hallo,

als drahtgebundenen Bus würde ich immer RS485 empfehlen. Die Zeichen der 
Zeit stehen aber ganz klar auf WLAN (ESP8266, MQTT, NodeRed, ...)
Damit sparst Du Dir auf jeden Fall Kabel und es gibt ne Menge günstiger 
Geräte (Sonoff, usw) und vieles (nicht alles) ist fertig ohne viel 
gefrickel nutzbar.

Gruß
Ralf

von Hermann G. (df2ds)


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Mir fällt da noch OneWire ein. Der erfüllt -so weit ich sehe- die 
Anforderungen und wird m.W. auch in der Gebäudetechnik verwendet. Die 
Chips kann man kaufen oder auch per Mikrocontroller emulieren. Außer dem 
engen ACK-Timing kein Problem, Doku und Applikationen gibt es im Netz 
reichlich.

von Tuxpilot (Gast)


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Flip B. schrieb:
> NMRA-DCC
> Kenne ich von früher aus der modellbahn
>
> + einfachster transmitter + receiver
> + simples protokoll
> + richtig leistung auf dem bus ( 200W)
> - logisch für andere anwendung konzipiert
> - bidirektionalität nur schlechte krücke
> - EMV- katastrophe

Inzwischen gibt es DCC mit RailCom+, damit bleibt nur der Nachteil 
EMV-Katastrophe.

Trotzdem würde ich auch eher W-Lan oder PoE oder PowerLAN empfehlen, das 
dürfte am wenigsten kompliziert sein.

Weitere Vorteile:
- Darüber kommst du auch mit dem Notebook ins Internet, was bei RailCom 
wohl eher unwahrscheinlich ist.
- Mehr als 16.384 Notebook-User können gleichzeitig ins Internet.
- Du brauchst dir keinen Verdrahtungsstandard auszudenken, nimm einfach 
RJ45 und so.

von Flip B. (frickelfreak)


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ich schätze IP-Networking ist zu leistungshungrig für einige einfache 
geräte. viele sind nur taster oder einzelne pwm-ausgänge.

von Thomas (kosmos)


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Um Signale auf die 230V aufzumodulieren gibt es seit Jahrzehnten schon 
fertige IC-Bausteine, weiß nicht mehr ab die von Philips waren. Es gibt 
doch diese Bücherreihe mit glaub 10 Bänden wo nur Schaltungen aufgeführt 
sind, dart habe ich so einen Baustein mal beschrieben gesehen.

Ich empfehle dir EIB/KNX Kabel (2 Leitungen für Daten und 2 für die 
Versorgung) das darf durch seine Isolierstärke und Festigkeit zusammen 
mit der 230V Leitung verlegt werden. Also kann da schonmal keine 
Versicherung meckern und weiterhin würde ich mit einer

https://de.wikipedia.org/wiki/Kleinspannung#Sicherheitskleinspannung

arbeiten, wenn du dann etwas schalten willst mit Optokopplern, 
Optotriacs, Relais usw. arbeiten, die 230V sind ja nicht weit weg.

von Flip B. (frickelfreak)


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Die PLC Chips sind von der idee schön, ich möchte nur aus 
energiespargedanken nicht so viele netzteile laufen haben, lieber ein 
zentrales, solarunterstützt.
Zusätzlich kommt da preis und verfügbarkeit etwas schlecht. Ich mache 
mich mal an Freebus/selfbus oder funk.

: Bearbeitet durch User
von Johnny B. (johnnyb)


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Flip B. schrieb:
> solarunterstützt

Pack halt ein Panel mehr aufs Dach, dann musst du nicht um jedes mA 
kämpfen.

von M. Н. (Gast)


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Ich habe bei einem ähnlichen Projekt auf CAN gesetzt.

Flip B. schrieb:
> - Verdrahtung (4-Adern inkl spannungsversorgung, abschluss, topologie)

Spannungsversorgung: Für fast jeden Bus brauchst du separate 
Spannungsversorgung(en). Ob du jetzt 2,3 oder 4 Leitungen ziehst ist 
IMHO völlig egal.

Abschluss: 2*120 Ohm kosten nicht die Welt :P

Topologie: CAN ist zwar für Linientopologie ausgelegt. Aber dir reichen 
ja schon 10 kb/s. Dann können auch Stichleitungen relativ lang werden. 
Mache den Abschluss einfach an die zwei maximal weit entfernten Knoten.

Ein plus für CAN ist ganz klar die billige Umsetzung. Die Transceiver 
kosten quasi nichts, sind bewährt und robust. Controller gibt es 
entweder extern, oder man nimmt einen uC mit CAN. Eigentlich hat jede 
uC-Familie (AVR, PIC, STM32Fxxx, PIC32, usw.) mindestens einen Chip, der 
auch CAN kann.

Die Spannungsversorgung habe ich so realisiert, dass die Knoten alle 
einen Schaltregler haben, mit weiter Eingangsspannung. Ich fahre 24V. Da 
sind dann die Ströme gering genug, dass über die Leitung nicht alles 
verloren geht und ich kann noch einige Aktoren steuern. Für den Standby 
der Knoten ist noch ein Linearregler drauf, der die Schaltung im idle 
mit Strom versorgt. In diesem Zustand ziehen die Knoten sehr wenig Strom 
(<<1 mA) und es braucht weniger Energie einen Linearregler zu nehmen als 
den Buck-Wandler laufen zu lassen. Im Idle werden nur die CAN 
Transceiver versorgt, damit die keinen Mist auf dem Bus machen, und der 
uC im Sleep Modus. Sollte eine CAN-Message ankommen, wird auf 
Schaltregler umgeschaltet und die Aufgabe erledigt. Nach einer Pause von 
10 Sekunden ohne CAN-Kommunikation gehen alle wieder in den Sleep.

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