Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Verhalten von Schrittmotoren


von svensson (Gast)


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Moin,

ich habe da eine Frage zum Verhalten eines Schrittmotors beim 
Microstepping. Microstepping bedeutet ja, daß der Motor in einer 
"Zwischenposition" gehalten wird, dadurch gibt es mehr Positionen als 
Pole. Wenn nun der Strom (kann man hier vielleicht tatsächlich so sagen) 
abgestellt wird, fällt dann der Motor in eine der beiden 
"Ganzschrittposition" zurück bzw. voraus?

von Sven B. (scummos)


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Gegenfrage: wieso sollte er das tun?

Aber es ist durchaus üblich, Schrittmotoren im Stillstand mit einem 
Haltestrom zu betreiben, um Verdrehen zu verhindern. Mit Microsteps hat 
das allerdings m.E. erstmal nichts zu tun.

: Bearbeitet durch User
von svensson (Gast)


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Wir haben das erstaunliche Phänomen, daß sich offenbar der Schrittmotor 
verstellt, wenn der Haltestrom abgeschaltet wird. (Nutzer zieht den 
Stecker bei Wartungsarbeiten.)

Die Verstellung könnte tatsächlich im Bereich der Microsteps liegen, ist 
aber deutlich merkbar.

von Einer K. (Gast)


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svensson schrieb:
> fällt dann der Motor in eine der beiden
> "Ganzschrittposition" zurück bzw. voraus?

Ja, dazu wird er neigen.
Was soll er auch sonst tun?

von Michael B. (laberkopp)


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svensson schrieb:
> Wenn nun der Strom (kann man hier vielleicht tatsächlich so sagen)
> abgestellt wird, fällt dann der Motor in eine der beiden
> "Ganzschrittposition" zurück bzw. voraus

Ja, natürlich, er springt auf die Rastposition.

svensson schrieb:
> Wir haben das erstaunliche Phänomen, daß sich offenbar der Schrittmotor
> verstellt, wenn der Haltestrom abgeschaltet wird.

Natürlich. Immer. So eine Rastposition ist ja viel schwächer als ein 
aktiv mit Strom gehaltener Motor. Auch bei Halbschritten springt ein 
Motor beim Abschalten des Stromes auf irgendeine der beiden 
naheliegenden Vollschrittpositionen, denn Rastpositionen liegen ja nur 
auf Vollschritten. Man muss bei Schrittmotoren bei Wiederbestromen die 
Position neu kalibrieren.

Mikroschritt kann zudem nicht feiner auflösen als das Verhältnis von 
Haltemoment zu Rastmoment, oft so 1:10. Und wer mit Mikroschritt die 
exakte Positionierung vervielfachen will, muss beachten, daß die immer 
kleineren Winkel natürlich immer schwerer einzuhalten sind, die Kraft 
eines Schrittmotors zum Halten der Mikroschrittposion lässt je nach 
Modell nach, hier ein Beispiel:

 http://hackaday.com/2016/08/29/how-accurate-is-microstepping-really/

1/1 100 %
1/2 70.71 %
1/4 38.27 %
1/8 19.51 %
1/16 9.80 %
1/32 4.91 %
1/64 2.45 %
1/128 1.23 %
1/256 0.61 %

von Udo S. (urschmitt)


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svensson schrieb:
> Wir haben das erstaunliche Phänomen, daß sich offenbar der Schrittmotor
> verstellt, wenn der Haltestrom abgeschaltet wird. (Nutzer zieht den
> Stecker bei Wartungsarbeiten.)

Dann ist euer Gerätedesign hier ungenügend.
Nachdem das Gerät stromlos war müsst ihr entweder die Istposition durch 
Messung bestimmen oder ihr müsst einen Referenzpunkt anfahren.

von zoggl (Gast)


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svensson schrieb:
> Wir haben das erstaunliche Phänomen, daß sich offenbar der Schrittmotor
> verstellt, wenn der Haltestrom abgeschaltet wird. (Nutzer zieht den
> Stecker bei Wartungsarbeiten.)

dann hast du vll noch ein zweites problem:

merkst du dir in welcher Position der Motor steht ( welche phasen 
bestromt sind)?

wenn nicht, kann es sein, dass der Motor zb in die Rastposition A+/B+ 
fällt nachdem der Strom weg ist, dein Programm nach dem Neustart aber 
anfängt mit A-/B- dann verlierst du neben den Mikroschritte auch mehrere 
Vollschritte.

du wirst um eine Referenzfahrt nicht herumkommen...

sg

von georg (Gast)


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svensson schrieb:
> (Nutzer zieht den
> Stecker bei Wartungsarbeiten.)

Wegen der beschriebenen Probleme sollte das System nach Wartung ganz neu 
gestartet werden. Das wird ja nicht alle paar Stunden vorkommen.

Georg

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo Michael,

Michael B. schrieb:
> svensson schrieb:
>> Wir haben das erstaunliche Phänomen, daß sich offenbar der Schrittmotor
>> verstellt, wenn der Haltestrom abgeschaltet wird.
>
> Natürlich. Immer. So eine Rastposition ist ja viel schwächer als ein
> aktiv mit Strom gehaltener Motor. Auch bei Halbschritten springt ein
> Motor beim Abschalten des Stromes auf irgendeine der beiden
> naheliegenden Vollschrittpositionen, denn Rastpositionen liegen ja nur
> auf Vollschritten. Man muss bei Schrittmotoren bei Wiederbestromen die
> Position neu kalibrieren.

Soweit sind wir uns einig.

> Mikroschritt kann zudem nicht feiner auflösen als das Verhältnis von
> Haltemoment zu Rastmoment, oft so 1:10. Und wer mit Mikroschritt die
> exakte Positionierung vervielfachen will, muss beachten, daß die immer
> kleineren Winkel natürlich immer schwerer einzuhalten sind, die Kraft
> eines Schrittmotors zum Halten der Mikroschrittposion lässt je nach
> Modell nach, hier ein Beispiel:
>
>  http://hackaday.com/2016/08/29/how-accurate-is-microstepping-really/
>
> 1/1 100 %
> 1/2 70.71 %
> 1/4 38.27 %
> 1/8 19.51 %
> 1/16 9.80 %
> 1/32 4.91 %
> 1/64 2.45 %
> 1/128 1.23 %
> 1/256 0.61 %

Das halte ich dagegen für ausgemachten Unsinn. Der Autor der verlinkten 
Seite hat das ja seinerseit wieder nur bei
https://www.micromo.com/technical-library/stepper-motor-tutorials/microstepping-myths-and-realities
abgeschrieben, und dort ist es leider auch nicht nachvollziehbar 
begründet.

Die Genauigkeit der Positionierung wird tatsächlich nicht deutlich 
besser mit steigender Mikroschritt-Auflösung. Und richtig ist auch, dass 
das Rastmoment zu einem Winkelfehler führt. Das kann man leicht mit 
einem Encoder nachmessen. Das Haltemoment ist aber in jeder 
Mikroschritt-Position annnähernd gleich, weil sich die Phasenströme 
vektoriell addieren.

Es wurde schon bei Halbschritt-Steuerungen immer behauptet, dass ein 
Schrittmotor im Halbschritt weniger Drehmoment hätte. Das stimmt aber 
auch nur, wenn man in den Halbschritt-Positionen wenn nur eine Phase 
bestromt ist, den selben Wicklungsstrom verwendet wie in den 
Vollschrittpositionen.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Wolfgang (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Und wer mit Mikroschritt die exakte Positionierung vervielfachen will,
> muss beachten, daß die immer kleineren Winkel natürlich immer schwerer
> einzuhalten sind, die Kraft eines Schrittmotors zum Halten der
> Mikroschrittposion lässt je nach Modell nach

Das ist doch Unsinn.
Warum soll das Drehmoment abnehmen, nur weil sich mit zunehmender 
Mikroschrittanzahl der Stromverlauf über die Zeit immer besser einer 
Sinus- bzw. Cosinuskurven annähert, statt rechteckförmig hart zwischen 
den Bestromungsmustern für 0/90/180/270° um zu schalten.

svensson schrieb:
> Die Verstellung könnte tatsächlich im Bereich der Microsteps liegen, ist
> aber deutlich merkbar.

Selbst bei Vollschrittbetrieb springt der Motor auf eine Rastposition, 
wenn man den Strom abschaltet. Energetisch ist das dann der niedrigste 
Zustand und solange niemand den Motor davon abhält, nimmt er die 
zugehörige Position ein.

von svensson (Gast)


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Moin,

danke für Euro wertvollen Anregungen.

In der Praxis haben wir folgendes feststellen können: Tatsächlich ist 
der Gasregler so feinfühlig, daß der Motor im Microstepbereich arbeiten 
muß, denn ein voller Step sind mehrere 100 ppm. Daher arbeiten wir 
inzwischen mit 1/8 Microstep.
Unsere Lösung ist, daß die Regelung in eine "Wartungsschleife" versetzt 
wird, d.h. die Regelung wird abgeschaltet, der Schrittmotor bleibt in 
Position.

> System nach Wartung ganz neu gestartet werden.
> Das wird ja nicht alle paar Stunden vorkommen.
Doch, alle 24h. Wenn da nicht irgendwelche Schäuche gereinigt werden, 
dann besteht die Gefahr, daß Anlagenteile platzen.
Im Gegenteil der Neustart ist kontraproduktiv, s.o.

> merkst du dir in welcher Position der Motor steht?
Nein. Das System kann nur mit relativen Werten arbeiten, weil sich der 
Systemdruck und die Gaskonzentration ändern können. Daher kann nicht mit 
festen Werten gearbeitet werden. Außerdem dürfen die beiden 
"Endpositionen" nicht erreicht werden, weil nicht klar ist, ob das die 
Mechanik auf Dauer aushalten würde.

Für die Probleme, die durch das Öffnen des Systems während der Wartungen 
entstehen, habe ich einen Workaround gefunden: Zwei Stunden nach der 
Wartung wird der Kp-Wert bei starken Abweichungen verdreifacht. So 
pendelt sich das System ziemlich schnell wieder ein.

> Dann ist euer Gerätedesign hier ungenügend.
Das würde ich auch sagen, aber ich habe da nur begrenztes 
Mitspracherecht...

UND: erstaunlicherweise funktioniert das ganze System erstaunlich gut, 
obwohl m.E. viele Störgrößen gar nicht bestimmt werden können.

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