Forum: HF, Funk und Felder Elektromagnetische Felder/ Störungen seriös messen


von Technikus (Gast)


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Moin,

Ich arbeite erst seit ein paar Monaten als Techniker in einer 
Forschungseinrichtung und bin mitunter für Wartung/ Reparatur/ Anpassung 
diverser elektronischer (Mess-) Geräte zuständig.

Nun hatte ich neulich ein Gerät auf dem Tisch, bei dem HD-Videosignale 
zur Überwachung von Experimenten per SDI über kürzere Strecken und DVB-C 
über längere Distanzen übertragen werden.
Das System an sich funktionierte immer, obwohl es nach diversen 
"schnellen" Anpassungen und Umbauten durch meine Kollegen teils HF-Mäßig 
nicht ganz sauber aufgebaut ist. Die Signale laufen nicht immer über 
Koax-Stecker, es gibt ein paar Zentimeter ungeschirmte Kabel, solche 
Sachen. Ging aber trotzdem.

Bis ich das System zum testen und anpassen auf meinem neuen Arbeitsplatz 
aufbaute. Plötzlich gab es Aussetzer, Abbrüche und "komische Effekte", 
wenn ich die Masse berührte. Auf beiden Übertragungswegen. Es wurde erst 
besser nachdem ich, soweit möglich, alle Stecker und Leitungen gegen 
Koaxleitungen und Stecker ausgetauscht hatte.

Zufällig sprach ich nun mit einem Kollegen, der schon länger bei dem 
Laden ist, über die Geschichte. Der erzählte mir dann, dass sich ca. 
4-6m (2 Außenwände und ein schmaler Durchgang) von meinem Arbeitsplatz 
die "Energiezentrale" unseres Gebäudekomplexes befindet. Und 
tatsächlich, als ich der Sache nachging, stand ich genau dort vor 3 
großen Türen mit der Aufschrift "Transformator 1-3", "Hochspannung", 
etc. inkl. deutlich vernehmbarem 50Hz Brummen.

Und siehe da, die Probleme ließen sich bei einem ähnlichen System mit 
den gleichen "Bastelverbindungen" nachstellen: Auf meinem Tisch geht's 
nicht, an einem anderen Arbeitsplatz nur 5m weiter läuft's plötzlich 
wieder ohne Mucken.

Lange Rede, kurzer Sinn: Lässt sich die offensichtlich vorhandene 
EMV-Belastung ohne unglaublich teure Messtechnik irgendwie seriös 
quantifizieren, sodass ich meinen Arbeitsplatz entsprechend umziehen 
kann?
Es ist immerhin absehbar, dass öfters mal an sensiblen Geräten 
gearbeitet werden muss, auch bei geöffnetem Gehäuse und damit 
mangelhaftem Schutz gegen EMV-Einstrahlung.

Schlimmstenfalls muss ich meine Vorgesetzen überzeugen, dass mein Labor 
dafür aufgrund der Störungen schlicht nicht geeignet ist.

Leider ist der Bereich "Elektrosmog" ja völlig verseucht von Panikmache 
und Leuten, die daraus Kapital schlagen wollen.

Bisher habe ich in dem Bereich "EMV Detektor" drei Kategorien 
ausgemacht:
- Bastelsets um die 10€ oder Empfänger für den Mikroeingang vom Handy
- Massig Gerätchen für den "Hausgebrauch" zwischen 30€ und 100€
- "Profigeräte" von 300-5.000€ und weit darüber.

Aber was ist nun geeignet? Ich weiß ja nicht mal genau, in welchem 
Frequenzbereich ich suchen muss. Die Videoübertragungen laufen bei 3GHz 
(SDI) bzw. 144-177MHz (DVB-C). Können solche Störungen überhaupt von der 
Energiezentrale allein erzeugt werden? OK, da hängen sicher diverse 
Großgeräte dran und ich habe keine Ahnung, was die so machen.

Ich suche nun erstmal ein Gerät, mit dem ich überhaupt eine 
"glaubwürdige" Tendenz bekomme...
Brauche ich sowas, um den ganzen fraglichen Frequenzbereich abzudecken?
https://www.aaronia-shop.com/produkte/spectrum-analyzer/emv-analyzer-pakete/analyzer-premium-paket2

Oder reicht erstmal sowas? 
https://www.pce-instruments.com/deutsch/index.htm?id=google-de&_artnr=16210&_p=190.28&_pmode=0&_pbexkey=4&_date=20170512010502&_pbhash=affc2d085dfce75bc8b0efc80f19498e550e4b4aae2333819366fce967db4297

Oder sogar der hier: 
http://www.elektronik-labor.de/Lernpakete/Elektrosmog.html


Wie würdet ihr da ran gehen?

PS: Natürlich gibt es auch sowas wie den "offiziellen Weg" über 
Vorgesetzte, Hauselektriker, etc. aber das würde ohne konkrete Hinweise 
JAHRE dauern, da bin ich mir sicher.

von Harald W. (wilhelms)


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Technikus schrieb:

> Als ich das System zum testen und anpassen auf meinem neuen Arbeitsplatz
> aufbaute, gab es Plötzlich Aussetzer, Abbrüche und "komische Effekte",
> wenn ich die Masse berührte.

Du brauchst eine sog. "Gauss-Maus", also ein Meßgerät für die
magnetische Feldstärke. Mit Hilfe einer solchen habe ich auch
die Ursache der Störungen in unserem REM festgestellt. Nachdem
alle Versuche der Abschirmung versagt hatten, wurde die Haupt-
versorgungsleitung unseres Gebäudes verlegt.

von oszi40 (Gast)


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Kein Schutzhelm auf dem Kopf verhindert, daß einen der Hammer auf die 
Füße fallen kann. :-) Für erste primitive Fehlersuche könnte schon eine 
Fang-Spule und ein Oszi etwas anzeigen? Leider könnten störende 
Frequenzen sehr verschieden sein. Den krassesten Fall habe ich vor 
Jahren im 1MW-MW-Senderhaus erlebt, wo man keine Leuchtstofflampe 
ausschalten konnte. Sie leuchteten trotzdem. Je nach Ort werden die 
nötigen Maßnahmen recht verschieden sein. Im Zweifel würde ich die BNA 
kontaktieren

von Technikus (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Du brauchst eine sog. "Gauss-Maus", also ein Meßgerät für die
> magnetische Feldstärke.

Und hättest du da evtl. Eine konkrete Empfehlung? Das gibt's ja auch 
schon wieder von bis...
Also Messbereich und Preis.

von Harald W. (wilhelms)


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Technikus schrieb:

> Und hättest du da evtl. Eine konkrete Empfehlung?

Die gabs damals zum REM kostenlos dazu. :-)
Ich denke, mit etwas googlen mit "magnetischer Feldstärke" sollte sich
was passendes finden lassen. Ein REM reagiert allerdings besonders
empfindlich auf magnetische Feldstärke. Menschen sind da wesentlich
unempfindlicher. Bei einem "Tag der offenen Tür" bei der PTB habe ich
gesehen, das die gesamte Uhrenhalle (etwa so gross wie eine Turnhalle)
mit Kupferblech ausgeschlagen war, um Störungen zu vermeiden. Der
Führer sagte allerdings, im Nachhinein hätte man festgestellt, das man
diese Abschirmung überhaupt nicht brauchte. Die Uhren waren auch von
sich aus genau genug.

von Hans (Gast)


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die 50Hz sind zu 99.9% nicht das Problem...

mach mal 1-2 EMV Schulungen.

im Grunde sollte man mit einem einfachen SDR Dongle schon einiges machen 
können.

Vielleicht kennst du einen Amateurfunker oder ihr haben so jemanden im 
Betrieb... frag da mal

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von Lupo L. (lupix)


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oszi40 schrieb:
> Kein Schutzhelm auf dem Kopf verhindert, daß einen der Hammer auf die
> Füße fallen kann. :-)

Aus den seltsamsten Problemen enstehen manchmal gute Geschäftsideen - 
danke!

von Jürgen W. (Firma: MED-EL GmbH) (wissenwasserj)


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Daß die 50Hz-Streufelder eines Trafos das Problem sind, ist eher 
unwahrscheinlich.

Wenn aber in eurer Energiezentrale ein paar Frequenzumrichter arbeiten 
oder Phasenanschnittsteuerungen, dann kann die Umgebung durchaus 
leitungs- und strahlungsgebunden "verseucht" sein.

Für die 50 Hz würde ich einfach mal eine Luftspule nehmen und vor Ort 
messen; auch bis in den Bereich einiger zig kHz sollte das noch 
funktionieren.


PS: Bei Netzfrequenz brummt der Trafo mit 100Hz.

von MaWin (Gast)


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Technikus schrieb:
> Ich weiß ja nicht mal genau, in welchem Frequenzbereich ich suchen muss.

Na, 50 Hz, dir geht es doch um Messwerte, welcher Arbeitsplatz genau so 
stark von der ’Energiezentrale' betroffen ist wie deiner und welcher so 
wenig wir der deines Nachbarn.

Nimm einen Ferritstab, mach 100 Windungen Draht drumrum, schliess ein 
Wechselspannungsmillivoltmeter an, und suche mit dem Ferritstab die 
jeweils stärksten Störungen an den jeweiligen Arbeitsplätzen.

von Egon D. (Gast)


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Technikus schrieb:

> Wie würdet ihr da ran gehen?

Ich würde versuchen, Vergleichsmessungen zu machen:
Kleine Drahtschleife am 5m-Koax-Kabel fummeln,
Spektrum mit Spekki oder geeignetem Oszi aufnehmen.
Kabel am Messgerät korrekt abschließen.

Dies machst Du sowohl an gestörten wie auch an
störungsfreien Arbeitsplätzen. Immer GENAU dieselbe
Anordnung verwenden, also DIESELBE Drahtschleife an
DEMSELBEN Kabel an DEMSELBEN Messgerät.

Um parasitäre Resonanzen auszuschließen, könnte man
auch mehrere solcher Schleifen verwenden, also z.B.
3cm  4cm  5cm Durchmesser.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Die wahrscheinlichste Fehlerursache sind natürlich die 50Hz-Magnetfelder 
des Trafos samt Harmonischen.
Denkbar wären noch Funken (oder Schaltnetzteile, hier 
unwahrscheinlicher) die Störungen im Lang/Mittel/Kurzwellenbereich 
verursachen. Dazu gibt es z.B. den "EMV-Spion"
https://www.box73.de/product_info.php?products_id=2763
mit unterschiedlichen Aufnahmespulen je nach Frequenzbereich.

von Technikus (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Ich würde versuchen, Vergleichsmessungen zu machen:
> Kleine Drahtschleife am 5m-Koax-Kabel fummeln,
> Spektrum mit Spekki oder geeignetem Oszi aufnehmen.
> Kabel am Messgerät korrekt abschließen.
>
> Dies machst Du sowohl an gestörten wie auch an
> störungsfreien Arbeitsplätzen. Immer GENAU dieselbe
> Anordnung verwenden, also DIESELBE Drahtschleife an
> DEMSELBEN Kabel an DEMSELBEN Messgerät.
>
> Um parasitäre Resonanzen auszuschließen, könnte man
> auch mehrere solcher Schleifen verwenden, also z.B.
> 3cm  4cm  5cm Durchmesser.

Wie müsste denn so eine kleine Drahtschleife Aussehen?
Und was wäre ein geeignetes Oszi? Ich habe hier nur ein Rigol DS1054Z 
auf 100MHz...

von Karl M. (Gast)


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Hallo,

zur Magnetfeldsonde, siehe

[1] http://www.primeintrag.org/dg3hda/equipment/magnetfeldsonde2.png
[2] http://www.bymm.de/documents/40/Nahfeldsonden_fuer_Hobby_V1_3.pdf

Das ist ein 50Ω Koaxialkabel, wobei in der Kreismitte der Kabelschirm 
auf ca. 1mm aufgetrennt ist.

Auf dem Bild [1] und Abb. 2 [2] sieht man noch, dass an einem Ende der 
Loop der Innenleiter mit dem Schirm verbunden sein muss.

Ein stabiles Kabel kann auch ein RG213 C/U oder eine weiteres 5mm 
Teflonkabel sein.

Ich habe für da KW-Band einen 15cm Ring gewählt, und einen H-Feld zu 
HF-Leistung Wandlungsfaktor bestimmt.

In der Beschreibung [2] wird es dann vielleicht deutlicher.

von Karl M. (Gast)


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Ein Rigol DS1054Z hat ja als Grenzfrequenz 50MHz angegeben.

Du hast also den Analogteil der beiden Kanäle umgebaut und auch die 
Firmware geändert - 100MHz?

Evtl. auch andere Tastköpfe im Einsatz?

Da bei 100MHz die Empfindlichkeit abnimmt, muss man mit 
Korrekturfaktoren für beide Eingänge arbeiten.

von Karl M. (Gast)


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Da ein Rigol DS1054Z "nur" eine einfache Spektrumanzeigefunktion hat, 
ist für mich wichtig, einen Leistungsabgleich mit einem dBm Normal bei 
unterschiedlichen Frequenzen durchzuführen.

Das ist ein HF-Generator, der einen reinen Sinus bei einem definierten 
und konstanten Leistungspegel (z.B. 0dBm) ausgibt.
Davon kann man mit sehr genauen Messdämpfungsgliedern auch andere 
Leistungen nutzen.

Das gilt natürlich nur, wenn man von "Messen" redet und schreibt.

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