Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik mit 3,3V μC und Mosfet bis zu 50A schalten


von Tim B. (tim_b84)


Lesenswert?

Hallo Leute,
ich versuche gerade eine Schaltung zu entwickeln, bei der ich mit einem 
ATMega 32U4 an 3,3V einen N-Channel MosFET ansteuere um mit selbigem bis 
zu 50A zu schalten. UDS soll vorsichtshalber bis zu 75V aushalten. (Bei 
der hohen Spannung fließen natürlich keine 50A). Nun war ich bei Mouser 
auf der Suche und muss leider feststellen, dass alle MosFETs mit 
annehmbarem RDSon (bis 0,5 mOhm wären bei 50A 1,25W Verlustleistung - 
das fände ich ich gut), die mind. 75V Durchschlagspannung aushalten 
höhere Gate Spannungen benötigen. Also muss ein Treiber her. Richtig? 
Nun habe ich noch nie mit einem Treiber gearbeitet und kenne mich da gar 
nicht aus. Am einfachsten wäre ja ein Treiber mit integrierter 
Ladungspumpe oder anderem Aufwärtswandler. Gibt es so was? Ansonsten 
müsste ich die höhere Spannung anderweitig erzeugen und den MosFET dann 
über einen Transistor ansteuern. Richtig?

von Carsten (Gast)


Lesenswert?

An welchen FET hast du denn gedacht? Dass FETs grundsätzlich per 
Spannung und nicht wie Bipots über Strom gesteuert werden, weißt du 
sicher.

von Flo S. (flos6323)


Lesenswert?

Tim B. schrieb:
> Am einfachsten wäre ja ein Treiber mit integrierter
> Ladungspumpe oder anderem Aufwärtswandler.

Nimm doch einfach nen Boost konverter für den treiber.

von Ein User (Gast)


Lesenswert?

Höhere Spannung ist schon vorhanden. Oder was schaltet der PowerMOSFET?

von jemand (Gast)


Lesenswert?

Carsten schrieb:
> An welchen FET hast du denn gedacht? Dass FETs grundsätzlich per
> Spannung und nicht wie Bipots über Strom gesteuert werden, weißt du
> sicher.

Stimmt nicht. FET sind Ladungsgesteuerte Bauteile.

Daher kann man FET nur durch einen Strom in das Gate einschalten. Und 
der kann recht groß sein. Nicht umsonst weden Gatetreiber nach Strom 
verkauft, nicht Spannung.

Es gibt welche mit bis zu 40A:
https://eu.mouser.com/datasheet/2/427/sic779-107147.pdf


Was man hier tun kann:
Einen Boost-Wandler auf 10V, und dann einen Gatetreiber benutzen.

von jemand (Gast)


Lesenswert?

jemand schrieb:
> Daher kann man FET nur durch einen Strom in das Gate einschalten. Und
> der kann recht groß sein. Nicht umsonst weden Gatetreiber nach Strom
> verkauft, nicht Spannung.

Das liest sich jetzt, als ob FET eine Stromverstärkung hätten.
Natürlich ist das Gate eines FETs näherungsweise ein Kondensator. Es 
braucht keinen Strom, um den FET "EIN" oder "AUS" zu halten.
Es braucht einen Strom, um ihn umzuschalten.

Musste ich leider noch klarstellen.

von Tim B. (tim_b84)


Lesenswert?

Hey, vielen Dank für die zahlreichen Antworten.
Tatsächlich habe ich in der Schaltung zwei Stromquellen. Die erste kommt 
von einem USB-Anschluss und wird dann per Spannungsregler auf 3,3V 
reduziert um den 32U4 und 9 Hallsensoren mit Strom zu versorgen. Die 
andere kommt von einem fetten 4S LiFePo4 Akku. Der Mosfet soll den Akku 
bei zu hoher Spannung vom Stromeingang trennen. Eigentlich wollte ich, 
aus verschiedenen Gründen,  die Stromversorgung alleine über den USB 
Anschluss regeln. Aber Euren Ausführungen zu Folge wird beim Schalten 
von 8 Mosfets sicher auch der Strom knapp. Insofern ist es vielleicht 
wirklich nicht die schlechteste Idee, den Strom zum schalten der Mosfets 
aus dem Akku zu holen. Also schaltet der 32U4 ordinäre Transistoren die 
dann die Akkuspannung zu den Mosfets durchschalten. Dann brauche ich 
aber auch keine Treiber, oder sind das die Transistoren?

Als Mosfet hätte ich jetzt mal den IPT012N08N5ATMA1 verwendet.

von Stefan F. (Gast)


Lesenswert?

In diesem Fall sind die Transistoren die Treiber. Bedenke aber, dass du 
die Gates nicht nur schnell aufladen will, sondern auch schnell 
entladen. Sonst heizen sich die Transistoren beim Abschalten auf.

Um welche Schaltfrequenz geht es denn? Reden wir von mehr als 1kHz? Wenn 
ja, dann ist dieses Thema wichtig.

von Tim B. (tim_b84)


Lesenswert?

Das wird ein Überspannungsschutz. Der soll nur einmal ausschalten, wenn 
die Spannung zu hoch wird und wieder einschalten wenn die Spannung 
wieder niedrig genug ist. Frequenz: 0,01 Hz :-)

von Tim B. (tim_b84)


Lesenswert?

Jetzt lässt mir das mit dem Schaltstrom keine Ruhe mehr. Fällt denn am 
Gate ein relevanter Strom an, während der Mosfet ein- bzw. ausschaltet? 
Und wenn ja, wie kann ich den berechnen? Wie gesagt: Der Mosfet wird 
hier nur als Schalter verwendet und muss nur mit mehreren Sekunden 
Abstand schalten können.

Ich habe bisher nur mit Logic Level MOSFETs gearbeitet, die ich über 
einen Widerstand an die IO-Pins angeschlossen habe. Der Widerstand 
sollte den Strom, der zum Gate fließt ja eigentlich begrenzen. So wird 
der uC nicht überlastet aber der MOSFET schatet langsamer, wird also 
wärmer. Richtig?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Tim B. schrieb:
> Fällt denn am
> Gate ein relevanter Strom an, während der Mosfet ein- bzw. ausschaltet?

Wie o.a., ist das Gate praktisch ein Kondensator, der geladen wird zum 
Einschalten und entladen wird zum Ausschalten. Beim Einschalten gibt es 
eine Rückwirkung aufs Gate (Millereffekt), die der Gatetreiber zügig 
überwinden sollte.
Es fliesst also ein Lade- und Entladestrom.

Tim B. schrieb:
> Der Widerstand
> sollte den Strom, der zum Gate fließt ja eigentlich begrenzen. So wird
> der uC nicht überlastet aber der MOSFET schatet langsamer, wird also
> wärmer.

Du baust mit dem Gatewiderstand und der Gatekapazität einen RC-Tiefpass, 
der die Schaltflanken verrundet. Damit schaltet der MOSFet langsamer, 
richtig. Vor allem bei Hochstromanwendungen ist es also sinnvoll, das 
Gate zügig zu laden und zu entladen, damit der MOSFet nicht lange im 
linearen Bereich bleibt und anfängt, Wärme als Verlustleistung zu 
produzieren.

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


Lesenswert?

Tim B. schrieb:
> Fällt denn am Gate ein relevanter Strom an, während der Mosfet
> ein- bzw. ausschaltet?

Das Gate kannst du vereinfacht als 2 Kondensatoren betrachten und dann 
alle Rechen-Regeln für Kondensatoren anwenden.
1
Drain o---||----+----||----o Source
2
                |
3
                o
4
               Gate

Wobei der rechte Kondensator eine viel größere Kapazität hat, als der 
linke.

Wenn du die Kondensatoren ohne Strombegrenzung umlädst, fließt 
kurzzeitig ein unendlich hoher Strom. In der Praxis wird er durch 
Widerstände sowie Strombegrenzungen innerhalb der ansteuernden IC's 
begrenzt.

Wenn du einen großen Widerstand vor das Gate packst (z.B. 1MΩ) fließt 
garantiert nur sehr wenig Strom. Aber dann dauert das auch.

Ein typischer Wert für die Gate Kapazität ist z.B. 1nF. Die Ladezeit mit 
1MΩ beträgt dann etwa:
1
t = 5 x 1nF x 1MΩ = 5ms

Innerhalb der 5ms durchläuft der Schaltvorgang eine Phase, wo der Strom, 
den der Transistor fließen lässt, allmählich ansteigt. Das bedeutet 
umgekehrt, dass zunächst die volle Lastspannung am Transistor abfällt 
und dann allmählich absinkt.

Bei einer rein ohmschen Last fällt die meiste Wärme ab bei der Hälfte 
der Spannung und der Hälfte des Stromes ab. Bei 50V und 50A wären das 
25V x 25A = 125 Watt

Je länger diese Übergangsphase (von "aus" nach "an" und umgekehrt) 
dauert, umso mehr heizt sich der Transistor auf.

Wenn du den Gate Widerstand durch 10Ω ersetzt und einen entsprechend 
starken Treiber verwendest, der 1A schafft, dauert diese Phase nur noch 
50ns.

Die 125W sind jedoch schon mehr, als die meisten MOSFET Transistoren 
vertragen - egal wie kurz dieser Moment ist. Da können 50ns schon zu 
viel sein. Dies wird im SOA Diagramm dargestellt. Du musst selbst bei 
idealer Kühlung darauf achten, unterhalb der SOA Grenze zu bleiben.

von Gusti (Gast)


Lesenswert?

Matthias S. schrieb:
> Tim B. schrieb:
>> Fällt denn am
>> Gate ein relevanter Strom an, während der Mosfet ein- bzw. ausschaltet?
>
> Wie o.a., ist das Gate praktisch ein Kondensator, der geladen wird zum
> Einschalten und entladen wird zum Ausschalten. Beim Einschalten gibt es
> eine Rückwirkung aufs Gate (Millereffekt), die der Gatetreiber zügig
> überwinden sollte.
> Es fliesst also ein Lade- und Entladestrom.

Dieser Strom kann mehrere A betragen. Je kleiner der Strom ist, desto 
langsamer schaltet Dein Transistor und desto größer ist die 
Verlustleistung beim Schaltvorgang.

>
> Tim B. schrieb:
>> Der Widerstand
>> sollte den Strom, der zum Gate fließt ja eigentlich begrenzen. So wird
>> der uC nicht überlastet aber der MOSFET schatet langsamer, wird also
>> wärmer.
>
> Du baust mit dem Gatewiderstand und der Gatekapazität einen RC-Tiefpass,
> der die Schaltflanken verrundet. Damit schaltet der MOSFet langsamer,
> richtig. Vor allem bei Hochstromanwendungen ist es also sinnvoll, das
> Gate zügig zu laden und zu entladen, damit der MOSFet nicht lange im
> linearen Bereich bleibt und anfängt, Wärme als Verlustleistung zu
> produzieren.

So ist es.


Deine GS-Spannung wird je nach Transistortyp 15...20 V betragen. Dazu 
gibt es viele Applikationsvorschläge zur Realisierung. Zum Beispiel 
hier:
https://www.arrow.de/reference-designs/applications/power-drivers/mosfet-power-driver

Aber noch etwas ist sehr wichtig, auch Deine Leiterplatte mit ihren 
Anschlüssen muss mit 50 A zurechtkommen. Denke deshalb schon mal über 
mehrlagige Leiterplatten mit jeweils 70µ Kupferlayer nach.


Dazu passende Anschlusstechnik wird hier beschrieben:
https://katalog.we-online.de/de/em/browse/redcube_terminals/redcube_thr

von Tim B. (tim_b84)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Echt der Hammer, wie schnell hier die Antworten kommen.

Leiterbahnen sind doppelseitig mit 70um geplant - ggf auch 140um. Als 
Klemmen hatte ich mir eigentlich die rausgesucht: 
https://www.phoenixcontact.com/online/portal/de/?uri=pxc-oc-itemdetail:pid=1845373&library=dede&pcck=P-11-01-05&tab=2&selectedCategory=ALL. 
Nun bin ich aber aus Kostengründen wieder bei Ringösen gelandet. Sollte 
doch auch gehen, oder?

Weil mir das mit der Einschaltstrom der Mosfets jetzt doch zu heikel 
wird und ich mich (trotz Eurer Hilfe) nicht wirklich befähigt fühle hier 
irgendwas auszurechnen möchte ich lieber auf fertige Bausteine 
zurückgreifen. Daher kam mir jetzt die Idee den uC da ganz aus dem Spiel 
zu lassen und stattdessen einen LTC4368 plus 4 parallele 
IPT012N08N5ATMA1 zu verwenden. In der Simulation mit LTSPice 
funktioniert das sehr gut. Doch auch hier stellt sich mir wieder die 
Frage ob der LTC das schafft die 4 Mosfets gleichzeitig und schnell 
genug zu schalten. Außerdem könnte hier die fest eingestellte Hysterese 
von 0,25V dazu führt dass die Schaltfrequenz doch höher wird als ich 
eigentlich wollte, weil die Akkuspannung zu schnell abfällt. (Z.B. OVP 
schaltet bei 14,5V aus, Akkuspannung fällt auf 14,25V ab, OVP schaltet 
wieder ein etc.)

Ich muss vielleicht auch noch etwas weiter ausholen:
Die Geplante Schaltung beinhaltet insgesamt 8 Eingänge die alle jeweils 
über einen Hallsensor geleitet werden und dann einen Akku laden. An 
jedem Eingang kann der Strom kurzzeitig bis zu 40A betragen. Alle 8 
Eingänge zusammen können bis zu 120A liefern. Im Normalbetrieb rechne 
ich mit ca. 50A Gesamtstrom. Alles andere ist worst-case. Der uC misst 
dann die Akkuspannung und die Ströme und gibt mir für alle Eingänge die 
Leistung aus.
Der LTC soll nun die Spannung an der Stelle überwachen, an der alle 
Eingänge zusammenlaufen. Dort soll auch geschaltet werden, wenn die 
Spannung zu hoch wird. Ich kalkuliere dafür 4 Stück IPT012N08N5ATMA1. 
Die haben einen RDSon von 1,2mOhm - 4 parallel also 0,3mOhm. Bei 120A 
komme ich dann auf eine Verlustleistung von 4,32W verteilt auf alle 4 
Mosfets.

Habe ich da noch irgendwo einen Denkfehler oder sollte das so 
funktionieren? Ich hänge mal die Simulation an. Die erste ist UE und UA, 
die zweite ist UA und IGate

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.