Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Einzelne Frequenz von weißem Rauschen


von Hansel (Gast)


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Hallo,

ich habe eine Frage über die ich mir den Kopf zerbreche aber auf keine 
gute Antwort komme.
Angenommen ich habe ein perfektes weißes Rauschen und picke mir aus 
diesem Rauschen genau eine Frequenz heraus. Was ist dann das 
Ausgangssignal? Ein Sinus mit konstanter Frequenz aber zufälliger 
Amplitude?

von Achim H. (anymouse)


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Ein Sinus mit konstanter Frequenz, konstanter Amplitude, aber zufälliger 
aber konstanter (Anfangs)Phase.

von Jens G. (jensig)


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Ja.

von Achim S. (Gast)


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wenn du wirklich exakt nur eine Frequenz rauspickst (also ein unendlich 
schmalbandiges Filter einsetzt), dann ist es sogar ein konstanter Sinus. 
Denn das unendlich schmale Filter braucht auch unendlich lange, bis die 
zeitliche Variation des Eingangssignals am Ausgang ankommt.

Wenn das Filter eine gewisse Bandbreite hat, dann wirst du etwas 
tatsächlich sowas wie einen modulierten Sinus sehen.

von Hansel (Gast)


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Erstmal danke für die Antworten!
Was ich eigentlich machen will ist die Auflösung eines ADC durch 
Dithering zu erhöhren. Dabei wird das zu messende Signal verrauscht um 
Quantisierungsfehler zu minimieren. Ich hab jetzt die letzten Tage etwas 
rumprobiert und diverse Schaltungen aufgebaut aber mir fällt es schwer 
weißes Rauschen zu erzeugen. Das ist immer maximal abschnittsweise 
annährend Konstant. Meine Überlegung war jetzt also so einen halbwegs 
konstanten Abschnitt zu nehmen, den Rest per Bandpass raus zu filtern 
und dann zu meinem Signal zu addieren. Denn was ich eigentich nur 
brauche ist eine Spannung die sich zufällig mit der Messfrquenz meines 
ADC ändert und eben nicht über alle Frequenzen.
Kann ich das so machen?

von M.A. S. (mse2)


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Achim S. schrieb:
> wenn du wirklich exakt nur eine Frequenz rauspickst (also ein unendlich
> schmalbandiges Filter einsetzt), dann ist es sogar ein konstanter Sinus.

...und zwar mit der Amplitude 0.
Warum?
Das Spektrum ist eine Leistungsdichte über der Frequenz. Erst, wenn man 
dies über einem endlichen Intervall integriert (bzw. bei einem sehr 
kleinen Intervall einfach mit df multipliziert) bekommt man eine 
endliche Leistung und damit auch endliche Amplitude(n).

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Nun, ganz so einfach ist das dann auch wieder nicht.
Das weiße Rauschen würde man eher über eine Rauschdichte definieren, 
d.h. z.B. Leistung pro Bandbreite, bzw. Pegel pro Bandbreite. Weißes 
Rauschen zeichnet sich durch eine frequenzunabhängige Rauschdichte aus.

D.h. tatsächlich wird man bei Bandbreite 0 ein infinitesimal kleines 
Signal unbekannter Phase sehen, oder im reellen Leben, eher nicht sehen.

Mit dem Kopf zerbrechen bist Du nicht alleine, das ist der Übergang von 
der abstrakten Signal- und Systemtheorie zur echten Anwendung.

Die Rauschdichte wird üblicherweise in den Datenblättern von analogen 
Bauteilen angegeben, z.B. bei Opamps üblicherweise in "Pegel Nanovolt 
pro Wurzel(Bandbreite(Hz))", kurz "Nanovolt pro Wurzelhertz".

Für den Elektroniker ist die Rauschdichte des Wärmerauschens eines 
Widerstandes von Bedeutung,
|u| = 4*k_B*T*R*sqrt(delta_f),
weil diese ein grundlegendes Limit für erzielbare 
Signal/Rauschverhältnisse angibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmerauschen

Nachtrag:
@mse2: war meine Telekom wieder langsamer als Deine Telekom. ;)

: Bearbeitet durch User
von M.A. S. (mse2)


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Marcus H. schrieb:
> Nachtrag:
> @mse2: war meine Telekom wieder langsamer als Deine Telekom. ;)

Nö, Du hast das ganze nur genauer erklärt. Das dauert halt länger...  ;)


PS: Nee, falsch: Es dauert länger, bis der zuständige NSA-Sachbearbeiter 
es geschnallt hat... :)

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Hansel schrieb:

> Erstmal danke für die Antworten!
> Was ich eigentlich machen will ist die Auflösung eines ADC durch
> Dithering zu erhöhren.

Dir ist aber schon klar, das Du so zwar die Auflösung erhöhst,
nicht aber die Genauigkeit.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Hansel schrieb:
> Was ich eigentlich machen will ist die Auflösung eines ADC durch
> Dithering zu erhöhren.
Mehr als 1 Bit bekommst du da eh' nicht raus, denn du kannst zwar 
zwischen 2 Bits "genauer" auflösen, aber das +-1/2 LSB Nichtlinearität 
bekommst du so nicht weg.

Wenn du da dann z.B. meinst, 3 Bits "gewonnen" zu haben, dann hast du 
zwar "hinter" das letzte Bit bzw. "innerhalb" des LSB des ADC besser 
aufgelöst. Aber das das LSB deines Wandlers zappelt eben trotzdem wie es 
will, und das sitzt dann "mitten drin" im Wandlungsergebnis.


> Dabei wird das zu messende Signal verrauscht um
> Quantisierungsfehler zu minimieren. Ich hab jetzt die letzten Tage etwas
> rumprobiert und diverse Schaltungen aufgebaut aber mir fällt es schwer
> weißes Rauschen zu erzeugen.
Ist auch nicht nötig. Irgendein Wechselsignal oder eine Störung drauf 
reicht auch...

: Bearbeitet durch Moderator
von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Hansel schrieb:
> Was ich eigentlich machen will ist die Auflösung eines ADC durch
> Dithering zu erhöhren.

D.h. du machst n Messungen und bildest daraus das arithmetische Mittel?

> Dabei wird das zu messende Signal verrauscht um Quantisierungsfehler
> zu minimieren. Ich hab jetzt die letzten Tage etwas rumprobiert und
> diverse Schaltungen aufgebaut aber mir fällt es schwer weißes Rauschen
> zu erzeugen.

Das ist auch gar nicht nötig. Das hinzuaddierte Signal muss weder
zufällig sein noch irgendwelchen Anforderungen an das Frequenzspektrum
genügen. Wichtig ist nur, dass die Spannungswerte gleichverteilt sind.
Genau das ist aber beim weißen Rauschen (egal ob gefiltert oder nicht)
nicht der Fall.

Ideal (und nicht schwer zu erzeugen) ist bspw. ein Sägezahnsignal mit
einer Amplitude von 0,5 LSB und einer Periodendauer vom n-fachen der
Abtastperiode.

Harald W. schrieb:
> Dir ist aber schon klar, das Du so zwar die Auflösung erhöhst,
> nicht aber die Genauigkeit.

Auch die Genauigkeit wird erhöht, denn der Quantisierungsfehler kann
mit dieser Methode beliebig klein gemacht werden, allerdings auf Kosten
der Messzeit. Was bleibt, ist der Linearitätsfehler. Da dieser aber
systematisch ist, kann er durch Kalibrierung reduziert werden.

von Roberto (Gast)


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Das, was du vom "weißen Rauschen" brauchst, ist doch nur eine
möglichst gleichmäßig über Zeit (1/Samplerate) und Amplitude
(Uref/ADC-Steps) verteilte "Störspannung" auf deinem zu
messenden Signal.

Dafür kannst du jedes Sinus-, Sägezahn-, oder Dreiecksignal
mit der passenden Amplitude nehmen. Oder passend TP-gefilterte
LFSR-Signale mit der passenden Amplitude.
Die Frequenz des "Störsignals" sollte nur keinen Gleichtakt mit
der Signal- und Abtastfrequenz haben.

von Markus (Gast)


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>Angenommen ich habe ein perfektes weißes Rauschen und picke mir aus

Es gibt kein perfektes, weißes Rauschen. Es ist ein rein theoretisches 
Konstrukt, so wie ein Dirac-Puls.

von jemand (Gast)


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Markus schrieb:
> Es gibt kein perfektes, weißes Rauschen. Es ist ein rein theoretisches
> Konstrukt, so wie ein Dirac-Puls.

Was in der Praxis wenig unteschied macht. Es gibt Rauschen, das weiß 
genug ist, so dass man die Theorie 1:1 verwenden kann.

Man nehme einen extrem schmalbandigen Bandpass, da kommt genau das 
heraus - ein Sinus mit (mehr oder weniger) konstanter Amplitude. Das 
kann man sogar in ltspice simulieren, eine Rauschquelle vorausgesetzt.

Wie genau die Theorie stimmt, hängt von den Parametern wie Bandbreite 
und so weiter ab. Aber selbst diese Abweichungen lassen sich berechnen.

Das ist für mich das spannende and der Elektrotechnik. Nirgends gibt es 
so wenig "Graubereich" wie hier. Man kann alles erklären und theoretisch 
nachvollziehen. Oft wird es zwar komplex, aber es ist alles sehr gut 
verstanden. Mich fasziniert noch nach 20 Jahren, wie genau Theorie und 
Praxis zusammenpassen, wenn man die Theorie richtig anwendet.

von Harald W. (wilhelms)


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Markus schrieb:

> Es gibt kein perfektes, weißes Rauschen.

Ja, spätestens seit der "Erfindung" der weisen LEDs weiß man,
das "weiss" nicht gleich "weiß" ist. :-)

von Helmut S. (helmuts)


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> Angenommen ich habe ein perfektes weißes Rauschen und picke mir aus
diesem Rauschen genau eine Frequenz heraus. Was ist dann das
Ausgangssignal? Ein Sinus mit konstanter Frequenz aber zufälliger
Amplitude?

Rauspicken kann man da schon gar nichts. Man kann höchstens mit einem 
Bandpass ein schmalbandiges Signal herausfiltern. Das sieht dann so wie 
im angehängten Bild aus. Der Bandpass hat 1Hz Bandbreite bei 100Hz.

: Bearbeitet durch User
von jemand (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> Rauspicken kann man da schon gar nichts. Man kann höchstens mit einem
> Bandpass ein schmalbandiges Signal herausfiltern. Das sieht dann so wie
> im angehängten Bild aus. Der Bandpass hat 1Hz Bandbreite bei 100Hz.

Danke für die Bilder.

Dass sich die Amplitude hier noch vergleichsweise schnell ändert, liegt 
an der "hohen" Bandbreite von 1Hz und der "niedrigen" Filterordnung.

Man sieht das Prinzip sehr schön :-)

von Mike (Gast)


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Markus schrieb:

> Es gibt kein perfektes, weißes Rauschen.

Ja, ideal weißes Rauschen gibt es nicht, selbst das Rauschen eines 
idealen ohmschen Widerstandes ist aus physikalischen Gründen 
bandbreitenbegrenzt. Ansonsten wäre die Gesamtleistung der Rauschquelle 
unendlich hoch.

von Helmut S. (helmuts)


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jemand schrieb:
> Helmut S. schrieb:
>> Rauspicken kann man da schon gar nichts. Man kann höchstens mit einem
>> Bandpass ein schmalbandiges Signal herausfiltern. Das sieht dann so wie
>> im angehängten Bild aus. Der Bandpass hat 1Hz Bandbreite bei 100Hz.
>
> Danke für die Bilder.
>
> Dass sich die Amplitude hier noch vergleichsweise schnell ändert, liegt
> an der "hohen" Bandbreite von 1Hz und der "niedrigen" Filterordnung.
>
> Man sieht das Prinzip sehr schön :-)

Hier ein Plot mit 0,1Hz Bandbreite. (R auf 0,0628Ohm reduziert.)

: Bearbeitet durch User
von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Mike schrieb:
> Markus schrieb:
>
>> Es gibt kein perfektes, weißes Rauschen.
>
> Ja, ideal weißes Rauschen gibt es nicht, selbst das Rauschen eines
> idealen ohmschen Widerstandes ist aus physikalischen Gründen
> bandbreitenbegrenzt. Ansonsten wäre die Gesamtleistung der Rauschquelle
> unendlich hoch.

"Weiß" heißt (bezogen auf das Rauschen) nicht, dass die Bandbreite
unendlich ist, sondern nur, dass das Spektrum innerhalb einen bestimmten
Frequenzbereichs konstant ist. Man kann weißes Rauschen durchaus in sehr
guter Näherung generieren, aber natürlich wird das Spektrum immer eine
gewisse Restwelligkeit aufweisen. Nichts Reales ist eben 100% perfekt.

von Bernd B. (Gast)


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Mike schrieb:
> selbst das Rauschen eines idealen ohmschen Widerstandes ist aus
> physikalischen Gründen bandbreitenbegrenzt

Interessant. Ich hätte jetzt erwartet, dass ein idealer Widerstand 
überhaupt nicht rauscht.

von Jens G. (jensig)


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Bernd B. (Gast) schrieb:

>Mike schrieb:
>> selbst das Rauschen eines idealen ohmschen Widerstandes ist aus
>> physikalischen Gründen bandbreitenbegrenzt

>Interessant. Ich hätte jetzt erwartet, dass ein idealer Widerstand
>überhaupt nicht rauscht.

Selbst der Idealismus ist nicht ideal.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Bernd B. schrieb:
> Interessant. Ich hätte jetzt erwartet, dass ein idealer Widerstand
> überhaupt nicht rauscht.

In der deutschen Sprache wird leider nicht zwischen Widerstand und 
Widerstand unterschieden; im Englischen unterscheidet man hingegen 
zwischen "resistor" und "resistance", d.h. dem konkreten Bauteil und 
seiner Eigenschaft.

Ein idealer Widerstand (Bauteil) weist nur das Rauschen seines 
Widerstandes (Eigenschaft) auf. Dieses rauschen ist nicht technisch 
bedingt, sondern eine zwingende statistisch bedingte Eigenschaft auf 
Grund der Quantisierung von Ladungsträgern.

Rauschen, welches darüber hinausgeht, ist somit eines Eigenschaft des 
Bauteils.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Andreas S. schrieb:
> In der deutschen Sprache wird leider nicht zwischen Widerstand und
> Widerstand unterschieden;

Naja, man könnte ja den exakten Begriff "Widerstandswert" verwenden, 
statt nur verknappend von Widerstand zu sprechen.

>im Englischen unterscheidet
dafür reden die immer von der inductance, auch wenn sie die Spule 
meinen.

von my2ct (Gast)


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Hansel schrieb:
> Angenommen ich habe ein perfektes weißes Rauschen ...

Sehr theoretisch.

Weißes Rauschen gibt es nicht, weil das Signal eine unendlich große 
Leistung hätte.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Jürgen S. schrieb:
> dafür reden die immer von der inductance, auch wenn sie die Spule
> meinen.

Hmm, in den meisten Publikationen steht doch "inductor", wenn eine Spule 
gemeint ist. Ganz im Gegensatz dazu hat sich doch im Deutschen die 
Bezeichnung "Induktivität" für das Bauteil und die Eigenschaft 
eingebürgert.

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