Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Wieso technische Zeichnung bei einem Frästeil?


von Modellbauer (Gast)


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Hallo,

bisher hat mir meine Einzelstücke ein recht pfiffige Privatmann auf 
seiner privaten CNC-Maschine gefertigt. Habe ihm immer das 3D-Modell aus 
meinen CAD übermittelt, und gut war.

Nun möchte ich Teile in der Industrie fertigen lassen und dort will man 
eine technische Maßzeichnung sehen. Ich staune nicht schlecht, für was 
soll das gut sein?

Aus meiner Ausbildung kenne ich noch schlechte Noten, weil Maße 
vergessen und falsche Bezugskante gewählt wurden, Kettenbemaßung usw.

Wieso orientiert man sich in der Industrie nicht auch am 3D-Modell, denn 
dort sind doch alle Maße vorhanden?

Klaus

von Mach (Gast)


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Es fehlen die Toleranzen und Bezugspunkte.

von wendelsberg (Gast)


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Modellbauer schrieb:
> 3D-Modell aus
> meinen CAD

Das wird wohl nicht in deren CAD passen.

wendelsberg

von Logisch (Gast)


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Weil der pfiffige Privatmann wahrscheinlich kein Problem damit hatte 
sich die Einzelteilzeichnungen selbst herauszuziehen.
In der Industrie sind es dann Konstrukteure die dann die Zeichnungen für 
dich machen müssten und Arbeitspläne erstellen. Diese müsse dann 
entsprechend mit Maßen und Toleranzen versehen werden, damit die Leute 
an der Maschine damit arbeiten können.
In der Industrie hast du schnell andere Strukturen, d.h. nicht jeder in 
der Fertigungskette kennt das spätere Produkt.

von MaWin (Gast)


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Nur so können sie dir die erneute Erstellung eines CAD Modells in 
Rechnung stellen.

Oder verschweigen, dass sie gar kein CAD haben, sondern ihre NC noch mit 
Lochstreifen läuft.

Merke: Firmen sind hier gerne alt und dumm, Kostenmaximierung steht im 
Vordergrund.

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Eine Zeichnung ist im Prinzip ein Teil eines Vertrages, da dort genau 
definiert ist, wie das Teil auszusehen hat (Material, Toleranzen, 
Oberflächen- und Kantenbeschaffenheit),...

Und der Fertiger möchte sich nicht die Verantwortung tragen, wenn sie 
was in deine 3D-Daten interpretieren, das du gar nicht haben wolltest.

Zeichnungen sind die universelle Sprache zwischen Schnittstellen in der 
Industrie. Das kann manchmal komische Auswüchse annehmen (Ich erinnere 
mich an einen gefrästen Schriftzug, bei dem jede Linie und jeder Radius 
bemaßt war, da es kein Standard-Font war), aber dadurch gibt es keine 
Missverständnisse.

Bei der Aufbereitung deiner 3D-Daten kann vielleicht die Skalierung 
schief laufen, Flächen fehlen,... Deshalb ist es nett, sie beizustellen, 
aber Vertragsteil ist die Zeichnung.

Die Angabe von Toleranzen ist übrigens auch ein eigenes Thema. Da muss 
man wissen, was man tut und wie es gefertigt wird. Das kann den 
Unterschied machen, ob ein Teil 10 oder 1000€ kostet, obwohl beide 
Varianten gut genug gewesen wären.

von Olaf (Gast)


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> Nun möchte ich Teile in der Industrie fertigen lassen und dort will man
> eine technische Maßzeichnung sehen. Ich staune nicht schlecht, für was
> soll das gut sein?

Genauigkeiten, Oberflaechenrauhigkeit, Material, Bearbeitungshinweise

Olaf

von Udo S. (urschmitt)


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Aus dem gleichen Grund warum man hier bei einem Problem keine Eagle 
Datei deines Projektes sondern ein Schaltplan sehen will.
Falls es später zu Unstimmigkeiten kommt müsste man erst mal dein 3-D 
Modell auseinandernehmen um herauszufinden wo der Fehler liegt.
So sieht jede mechanisch versierte Person was es werden soll incl. aller 
relevanter Daten wie z.B. Toleranzen, Oberflächengüten und wesentlichen 
Maße.

Die universelle Sprache der Mechanik ist die technische Zeichnung.

Ein 3D-Modell ohne technische Zeichenung kling für mich wie ein Layout 
ohne Schaltplan.

: Bearbeitet durch User
von Maik S. (Gast)


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Mach ne Zeichnung, schreib drauf "wie Fertigung aus 3D Daten ergibt" und 
du musst nix mehr vereinbaren.

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Maik S. schrieb:
> Mach ne Zeichnung, schreib drauf "wie Fertigung aus 3D Daten ergibt" und
> du musst nix mehr vereinbaren.

Das ändert nichts.

Das ist so, als würde in einem Vertrag nur stehen "Wie mündlich 
besprochen."
Das unterschreibt oder fertigt dir auch niemand.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Udo S. schrieb:
> Die universelle Sprache der Mechanik ist die technische Zeichnung.

Zustimmung.

> Ein 3D-Modell ohne technische Zeichenung kling für mich wie ein Layout
> ohne Schaltplan.

Das trifft es nicht ganz. Ein Leiterplatterhersteller oder Bestücker 
erhält üblicherweise nur die aus dem Layout generierten Fertigungsdaten, 
d.h. Gerber, Bohrdaten, ggf. Maßzeichnungen, P&P-Daten, usw., aber nicht 
die Layoutdatei oder gar den Schaltplan. Nur einige 
Leiterplattenhersteller akzeptieren einige Layoutdateien (z.B. EAGLE), 
weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass viele Amateure und auch 
manche "Profis" nicht in der Lage sind, einen Satz ordentlicher 
Fertigungsdaten zu erzeugen.

von STK500-Besitzer (Gast)


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Wir haben neuerdings eine Hurco CNC in der Firma (schon etwas älter).
Die versteht schon "dxf". Mit STL kann die gar nichts anfangen.

Man kauft sich nicht einfach mal ein neues Bearbeitungszentrum, nur weil 
ein Kunde nicht zu technischer Kommunikation in der Lage ist.

von Michael B. (laberkopp)


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STK500-Besitzer schrieb:
> Wir haben neuerdings eine Hurco CNC in der Firma (schon etwas älter).
> Die versteht schon "dxf". Mit STL kann die gar nichts anfangen.
>
> Man kauft sich nicht einfach mal ein neues Bearbeitungszentrum, nur weil
> ein Kunde nicht zu technischer Kommunikation in der Lage ist.

Man macht als Kunde nicht einfach mal die Arbeit des Beauftragten,
bloss weil der zu faul dumm und geizig ist, sich geeignete Konverter 
zuzulegen, was ja nicht mal mit Kosten verbunden ist, die meisten gibt 
es gratis.

Wer mit 20 Jahre alten Anforderungen auf dem Markt ist "Zeichnung, DXF", 
der darf sich nicht wundern, wenn der Markt an ihm vorüber zieht, z.B. 
nach China wo es so eine Bockigkeit nicht gibt, und das auch noch zum 
Bruchteil des Preises.

: Bearbeitet durch User
von MeierKurt (Gast)


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STK500-Besitzer schrieb:
> Wir haben neuerdings eine Hurco CNC in der Firma (schon etwas älter).
> Die versteht schon "dxf". Mit STL kann die gar nichts anfangen.
>
> Man kauft sich nicht einfach mal ein neues Bearbeitungszentrum, nur weil
> ein Kunde nicht zu technischer Kommunikation in der Lage ist.

Der Fertiger sollte aber schon in der Lage sein, mit gängigen 
Dateistandards arbeiten zu können (im 3D dann eher step als dxf oder 
stl) und die auf seine Maschine entsprechend umzusetzen.

Eine Zeichnung brauchts, um - wie schon geschrieben - 
Oberflächenbeschaffenheit, Toleranzen, Gewinde, 
Fertigungstechnologiervorgaben, Material und andere im 3D-Format 
schwierig oder nicht eindeutig darstellbare Informationen zu liefern. 
Die kommt dann natürlich auch in elektronischer Form als pdf o.ä. und 
nicht mit der Brieftaube zum Fertiger.
Alles worüber man sich ins Nachhinein ggf. streiten könnte, muss 
festgelegt werden. Vorher.

von MeierKurt (Gast)


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Michael B. schrieb:

>
> Man macht als Kunde nicht einfach mal die Arbeit des Beauftragten,

Naja, etwas professioneller darfs da schon sein.
Man macht schonmal die "Arbeit des Beauftragten", wenn man a) 
sichergehen will weil die Tücke im Detail liegt und/oder b) den 
"Beauftragten" nicht zusätztlich Arbeit machen will, die man selbst im 
Nebenbei mit erledigt, weil bspw. der eigene, ausgefeilte Workflow 
natürlich die gewünschten Formate und Informationen auf einem Klick 
bereit stellt.

von Wolfgang (Gast)


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MeierKurt schrieb:
> Der Fertiger sollte aber schon in der Lage sein, mit gängigen
> Dateistandards arbeiten zu können (im 3D dann eher step als dxf oder
> stl) und die auf seine Maschine entsprechend umzusetzen.

"In der Lage sein" und "für den Kunden bezahlbar sein" können weit 
auseinander liegen, wenn das nicht in seinen Workflow passt.

von Tany (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> "In der Lage sein" und "für den Kunden bezahlbar sein" können weit
> auseinander liegen, wenn das nicht in seinen Workflow passt.
Stelle mal vor, man braucht für die Platinen Herstellung Geber Dateien, 
bekommt aber eine Datei in  .pcbdoc Format....

von 🍅🍅 🍅. (tomate)


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Liegt vieleicht daran, dass die das Teil lieber direkt an der Maschine 
programmieren oder von Hand bearbeiten, anstatt sich das Programm vom 
CAD/CAM erstellen zu lassen. Da braucht man eine Zeichnung.

Gibt diverse Gründe dafür, z.B. weil die Steuerung uralt ist oder es 
eine manuelle Maschine ist, weil man keinen zur Steuerung passenden 
Postprozessor fürs CAM hat, weil man sich kein CAD/CAM leisten kann, 
weil man Angst hat, dass einem das CAM die Maschine crasht....

: Bearbeitet durch User
von Modellbauer (Gast)


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wendelsberg schrieb:
> Das wird wohl nicht in deren CAD passen.

Das war bei meinem pfiffigen Privatmann anfangs auch ein Problem, da 
muss man einige Formate übermitteln, bis man weiß, was passt. *.dxf, 
*.step und *iges sind hier die Favoriten unter den Austauschformaten.

Mein pfiffiger Privatmann hatte in seinem CAD ein CAM-Modul, der hat die 
Fräsbahnen direkt aus dem 3D-Modell heraus generiert. Habe mir das mal 
vorführen lassen. Paar Mausklicks und die Konturen sind in der Maschine.

Aktuell geht es um eine Platte mit Außen- und Innenkonturen (mehrere 
verschiedene Radien, die ineinander übergehen), ca. 100 Bohrungen und 
Senkungen für Inbusschrauben. Eine mech. Werkstatt mit einer älteren 
HERMLE CNC und Heidenhain-Steuerung wollte auch eine Maßzeichnung und 
meinte, da steht er den halben Tag an der Maschine, um die Koordinaten 
einzugeben. Die Stunde für 100 Euro. Und wenn er einen Zahlendreher hat, 
kann er eine neue Platte einspannen...

Mein pfiffiger Privatmann hat mit der Maus um die Bohrungen einen Rahmen 
aufgezogen, nach einem Mausklick waren die Bohrungskoordinaten in der 
Maschine. Irgendwie habe ich kein Interesse, 500 Euro für einige Stunden 
fehlerträchtige Tipperei an der Maschine auszugeben, was ein pfiffiger 
Privatmann mit paar Mausklicks fehlerfrei erledigt.

Toleranzen, Oberflächen, Gewinde usw. habe ich bisher per Mail mit 
übermittelt.

Wahrscheinlich geht es nur darum sich abzusichern. Die Zeichnung ist 
dann verbindlich. Unterläuft MIR jedoch bei der Erstellung der Zeichnung 
ein Fehler, habe ich die Arschkarte. Für mich ist mein 3D-Modell 
verbindlich, denn das passt in meine Konstruktion.

von ryven (Gast)


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Du musst halt jemand finden der sich drauf einlässt.
Aber in einer Zeichnung sind die Toleranzen unterzubringen.
Sonst hat man nicht auf das sich beide Seiten berufen können.

Für 3 Ach Cam bis so schnell bis 5 k los. Wenn es mehr Achsen werden 
kann da schnell richtig teuer werden. Das muss halt wieder reinkommen.

von Alex (Gast)


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Modellbauer schrieb:
> Eine mech. Werkstatt mit einer älteren
> HERMLE CNC und Heidenhain-Steuerung wollte auch eine Maßzeichnung und
> meinte, da steht er den halben Tag an der Maschine, um die Koordinaten
> einzugeben.

Das klingt ein bisschen als würdest du zwei unterschiedliche Dinge über 
einen Kamm scheren.

Dass er den halben Tag an der Maschine tippt ist ja weil er die 
PC-Schnittstelle seiner Maschine nicht nutzt. Zu einer so ineffizienten 
Firma würde ich nicht gehen wollen...
Die Zeichnung braucht er dabei zum Maße abtippen - das ging mit CAM 
natürlich einfacher. Was er aber auch aus der Zeichnung erkennt ist, 
welche Oberflächengüte, welches Werkzeug, welches Material, welche 
Nachbearbeitung usw.
Werkstattzeichnung ist bei professionellen Firmen halt standard. Wenn du 
mal ein kompliziertes Teil machen musstest, dass von allen Seiten 
irgendwie ziemlich ähnlich aussieht aber trotzdem überall Formschrägen, 
Radien und sonstwas hat und du da aus dem importierten step File die 
Maße rausmessen willst... gute Nacht! Und am Ende beschwert sich der 
Kunde dann noch weil du bei seinem ganz einfachen Teil vergessen hast zu 
beachten, dass die eine Oberfläche mit R100 gewölbt ist, die eine 
Bohrung ist eigentlich mit Konus oder sollte mit Gewinde sein... das 
sieht man im importierten 3D File nicht so leicht (wenn überhaupt). Auch 
ob das Teil richtig importiert wurde siehst du erst, wenn es dann falsch 
bei dir ankommt...
Da ist eine genormte Werkstattzeichnung, die die relevanten Punkte 
hervorhebt doch ganz klar besser!

Auch "professionelle Firmen" nehmen mal Aufträge an die "nur nach 3D 
Modell" gemacht werden sollen, aber gibt es da halt oft gerade bei 
Neukunden im Stillen den "Rückfrage-, Selbstmitdenk- & 
Nacharbeits-Zuschlag" von 100-1000% auf den eigentlichen Preis. Einfach 
aus Erfahrung...

schönen Gruß,
Alex

von AW (Gast)


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Modellbauer schrieb:
> Mein pfiffiger Privatmann hat mit der Maus um die Bohrungen einen Rahmen
> aufgezogen, nach einem Mausklick waren die Bohrungskoordinaten in der
> Maschine. Irgendwie habe ich kein Interesse, 500 Euro für einige Stunden
> fehlerträchtige Tipperei an der Maschine auszugeben, was ein pfiffiger
> Privatmann mit paar Mausklicks fehlerfrei erledigt.

Dein pfiffiger Privatmann kann solche Softwaretools auch oft kostenlos 
nutzen, bzw. es kräht kein Hahn danach wenn es eine "geklaute" Version 
ist. Eine Firma kann das nicht so einfach...

Ein kommerzielles CAD/CAM System verschlingt gut und gerne 10k€ an 
Lizenzgebühren, das wird sich eine kleine Zerspanungsbude nicht leisten 
können/wollen.

Die Zeichnung wird, wie schon von vielen geschrieben benötigt um eine 
Vertragsgrundlage zu haben und als Medium um Toleranzen und sonstige 
Angaben zu definieren.

Im CAD hat beispielsweise eine Bohrung genau den Nenndurchmesser. Die 
Realität sieht aber anders aus. Was wenn die Bohrung etwas Untermaß hat? 
Ob das etwas ausmacht, geht aus dem CAD Modell nicht hervor. Ebenso ob 
die Bohrung gebohrt, gefräst, gerieben, etc. werden soll.
Deshalb, braucht es immer eine Zeichnung, auf der die zusätzlichen Daten 
stehen. Wäre ich die Firma, würde ich auf diesen Angaben bestehen, um zu 
verhindern, dass der Kunde hinterher reklamiert, weil die Bohrung aus 
dem Modell mit 10mm Durchmesser im Fertigteil dann 9,9mm hat.

von Arno (Gast)


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Ja, oft werden einfache Teile (auch heute noch) einfach von Hand 
gefräst, ohne NC.

Das liegt vor allem daran, dass ein Teil nach Zeichnung zu fräsen (egal 
ob von Hand oder mit den Programmierfunktionen der CNC) eine Aufgabe für 
einen beliebigen Schlosser(-lehrling) ist, ein CNC-Programm aus einem 
3D-Modell zu generieren (CAM+Postprozessor) aber Spezialwissen 
erfordert.

MfG, Arno

von Örwinn (Gast)


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Alex schrieb:
> Modellbauer schrieb:
>
> Auch
> ob das Teil richtig importiert wurde siehst du erst, wenn es dann falsch
> bei dir ankommt...

Dieser Teil sollte nicht unterschätzt werden. Nur weil die Dateiendung 
DXF, STL, STEP oder sonst wie heißt, muss das nicht jedes CAD/CAM gleich 
interpretieren. Gerade bei Importen in ältere <-> neuere Systeme oder 
"Fuckel-CAD" <-> "Profi_sein_CAD" kommt's da manches mal zu seltsamen 
Darstellungen.
Analog zu den Webbrowsern, welche alle ein und die selbe HTML 
interpretieren, aber in verschiedenen Browsern durchaus anders 
dargestellt werden können.

Grüße...

von W.S. (Gast)


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Modellbauer schrieb:
> Wahrscheinlich geht es nur darum sich abzusichern. Die Zeichnung ist
> dann verbindlich. Unterläuft MIR jedoch bei der Erstellung der Zeichnung
> ein Fehler, habe ich die Arschkarte. Für mich ist mein 3D-Modell
> verbindlich, denn das passt in meine Konstruktion.

Das ist deine Sicht. Die Sicht eines Herstellers sieht jedoch 
grundlegend anders aus.

Zuerst gehe mal davon aus, daß die tatsächliche Herstellung der 
Werkstücke komplett anders im Arbeitsablauf sein kann, als du es dir 
vorgestellt hast und wie deine 3D-Datei inerlich aufgebaut ist.

Dann gehe mal davon aus, daß eigentlich jeder Hersteller sein eigenes 
CAD hat und dein Zeugs normalerweise komplett selbst nachkonstruiert. 
Keiner wird irgend eine Datei, die nicht aus seiner eigenen Konstruktion 
stammt, unbesehen auf seinen Maschinenpark loslassen.

Zum Schluß gehe mal davon aus, daß es zum Vertragsabschluß 
einschließlich etwaiger Klagen dazu gehört, daß man sich auf 
menschlich lesbare Vertragsdokumente bezieht. Salopp: ein Richter muß 
schwarz auf weiß SEHEN können, ob das Maß richtig angegeben ist oder 
nicht. Aber deine 3D-Datei kann keiner wirklich sehen.

Begreife mal, daß es einen grundlegenden Unterschied gibt zwischen dem 
netten Nachbarn mit der CNC-Maschine und einem Fertigungs-Dienstleister.

W.S.

von W.S. (Gast)


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AW schrieb:
> Wäre ich die Firma

dann wäre "Allgemeintoleranzen mittel nach DIN ISO 2768-1" der erste 
Satz, den der Kunde unterschreiben muß - es sei denn, er bringt andere 
Werte per technischer Zeichnung bei.

W.S.

von test (Gast)


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Die erste Frage ist doch... Wo liegt jetzt das Problem für so ein 
simples 2D Teil (Platte mit Bohrungen so wie ich das lese) einfach ne 
Zeichnung abzuliefern? Was muss man da erst hier rumjammern?

von Gtx F. (gtx-freak)


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Sogar bei Leiterplatten ist es Standard Zeichnungen mitzuliefern (bzw. 
das als Zeichnung in die Geberdaten zu machen. Stichwort Bohrplan.

Toleranzen der End-Abmessungen, abweichende Toleranzen bei Bohrungen bzw 
Durchmessern (Vor oder nach Auf-kupfern)- besonders für Einpressteile. 
gewünschter Lagenaufbau, verwendete Materialien usw...

von Student (Gast)


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Ich habe mit meinem Zerspannungstechniker darüber geredet und er meint, 
dass das mit der Zeichnung heutzutage blödsinn wäre. Er meint es wäre 
nur Geldmacherei, da die jetzt das Cad Modell neu erstellen werden. Du 
sollst zu einem anderen Frästypen gehen, der mit der Zeit lebt. Jedes 
Bearbeitungszentrum in den letzten ca 10 Jahren kann DXF importieren. 
Und wenn dein Typ das nicht kann, geh wo anders hin.

von Student (Gast)


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Gtx F. schrieb:
> Sogar bei Leiterplatten ist es Standard Zeichnungen mitzuliefern
> (bzw.
> das als Zeichnung in die Geberdaten zu machen. Stichwort Bohrplan.
>
> Toleranzen der End-Abmessungen, abweichende Toleranzen bei Bohrungen bzw
> Durchmessern (Vor oder nach Auf-kupfern)- besonders für Einpressteile.
> gewünschter Lagenaufbau, verwendete Materialien usw...

Kein Plan, wo du PCBs herstellen lässt, aber sie 3 Hersteller die ich 
nutze, wollen schon seit langer Zeit keine Zeichnungen mehr sehen, 
sondern NUR die Gerberdaten. Zwei kommen aus DE, einer aus China.
Wenn du eine Email schickst, druckst du die zum lesen doch auch nicht 
mehr aus, sondern machst das aufm Monitor, oder ?

von STK500-Besitzer (Gast)


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Super Idee, Leiterplattenfertigung und mechanische Fertigung in einen 
Topz zu werfen.
Bei der LP-Fertigung geht es auch darum, einen Nutzen zu erstellen, auf 
dem sich dann ggf. die Platinen mehrerer Kunden befinden.
Da ist erleichtert die elektronische Datenverarbeitung die Arbeit 
ungemein.

Ein "kleines" Bearbeitungszentrum will erst mal sein Geld verdienen.
Kleinere Lohnfertiger übernehmen häufig (abgeschriebene) Maschinen von 
anderer Betriebe (z.B. Insolvenzmasse).

Ein Schnittstellenmodul muss auch erst mal gekauft werden.

von Tany (Gast)


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test schrieb:
> Die erste Frage ist doch... Wo liegt jetzt das Problem für so ein
> simples 2D Teil (Platte mit Bohrungen so wie ich das lese) einfach ne
> Zeichnung abzuliefern? Was muss man da erst hier rumjammern?

Das frage ich auch!

Student schrieb:
> Und wenn dein Typ das nicht kann, geh wo anders hin
Tja, die Auswahl dürfte sehr klein sein, und die Zeit dafür hätte man 
eine Zeichnung fertigen können. Es sei denn, man ist nicht in der 
Lage...

von Gtx F. (gtx-freak)


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Student schrieb:
> Gtx F. schrieb:
>> Sogar bei Leiterplatten ist es Standard Zeichnungen mitzuliefern
>> (bzw.
>> das als Zeichnung in die Geberdaten zu machen. Stichwort Bohrplan.
>>
>> Toleranzen der End-Abmessungen, abweichende Toleranzen bei Bohrungen bzw
>> Durchmessern (Vor oder nach Auf-kupfern)- besonders für Einpressteile.
>> gewünschter Lagenaufbau, verwendete Materialien usw...
>
> Kein Plan, wo du PCBs herstellen lässt, aber sie 3 Hersteller die ich
> nutze, wollen schon seit langer Zeit keine Zeichnungen mehr sehen,
> sondern NUR die Gerberdaten. Zwei kommen aus DE, einer aus China.
> Wenn du eine Email schickst, druckst du die zum lesen doch auch nicht
> mehr aus, sondern machst das aufm Monitor, oder ?

Wie sagst du den Deinen 3 Hersteller dann z.B. welche Bohrlöcher für 
Einpresselemente sind und das diese speziellen Löcher dann nur eine + 
und keine - Tolerenz haben dürfen?
Rufst Du an und erzählst das dem Menschen am Telefon? Vermutilch nicht, 
Du machst eine Zeichnung in der passenden Lage der Gerberdaten.

von michael_ (Gast)


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Student schrieb:
> Ich habe mit meinem Zerspannungstechniker darüber geredet und er meint,
> dass das mit der Zeichnung heutzutage blödsinn wäre. Er meint es wäre
> nur Geldmacherei, da die jetzt das Cad Modell neu erstellen werden. Du
> sollst zu einem anderen Frästypen gehen, der mit der Zeit lebt. Jedes
> Bearbeitungszentrum in den letzten ca 10 Jahren kann DXF importieren.
> Und wenn dein Typ das nicht kann, geh wo anders hin.

DXF? Das ist kein 3D-CAD!
Wenn schon, und man hat das Gleiche CAD, gibt man sein Projekt ab.
Das ist dann wesentlich mehr als ein DXF-Gerippe.
Gerade bei DXF wäre ich sehr mißtrauisch.

Das Bearbeitungszentrum aus den letzten 10 Jahren möchte ich sehen, was 
einen Hobbyauftrag in dieser Stückzahl annimmt.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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MaWin schrieb:
> Oder verschweigen, dass sie gar kein CAD haben, sondern ihre NC noch mit
> Lochstreifen läuft.

Was nicht das Schlechteste sein muss ;-) Hier sind die Maschinendaten 
und SPS-Programme der Maschine jedenfalls noch alle vorhanden und auch 
nach 30 Jahren und KSM/Ölflecken noch einfach auslesbar. Sie hat aber 
natürlich auch noch einen normalen RS-232-Eingang. Prinzipiell könnte 
man also selbst dort mit einem darauf zugeschnittenen CAM arbeiten und 
dessen Ausgabe hochladen.
(Wir machen allerdings auch keine Lohnfertigung und für uns ist das 
ältere Maschinchen ideal.)

Die mir sehr gut bekannten CNC-Menschen, die wirklich in der 
Lohnfertigung arbeiten (einer angestellter CNC-Dreher bei einem 
Zulieferer, der andere selbstständig mit fünf Leuten), schreiben die 
Programme mWn immer selbst anstatt  CAM-Daten aus dem CAD zu übernehmen. 
Das liegt wohl zum Teil an älteren Maschinen, aber eben auch an vielen 
Kleinigkeiten, die da mit reinspielen. Mein CNC-Dreher meinte: wurde 
alles versucht und viel Geld in Lizenzen verbrannt. Bevor er aber die 
ganzen Kleinigkeiten und Sonderbedingungen in einem CAM eingetragen hat, 
kann er das schneller direkt an der Maschine per Hand aus der Zeichnung 
- der kennt die Maschine allerdings auch in- und auswendig.

Das sind dann so Dinge wie Temperatur des Werkstücks am 
Werkstücknullpunkt  und die darauf hin optimierte Abfolge der 
Bearbeitungen, größere Schwingneigungen weiter vorn, gezielte KSM-Zugabe 
an bestimmten Werkstückpunkten zu bestimmter Zeit usw.
Eben viele Erfahrungssachen.

Da geht es allerdings auch oft um 1/10 Sekunden pro Zyklus.

So recht einfache Sachen wie vom OP offenbar gefordert sollte aber auch 
ein CAM rauswerfen können. Jede Bohrung einzeln einzugeben ist natürlich 
Irrsinn. Das bekomme ja selbst ich mit einer alten Sinumerik mit 
Unterprogrammen hin - selbst ganz ohne Zyklen (Lochraster gibt es da 
natürlich).

Ich vermute eher, dass man einfach keine Lust hat, Einzelstücke von 
privater - üblicherweise maulender - Kundschaft zu fertigen.

Und im Moment müssen sie das auch nicht: ich kenne keinen Lohnfertiger 
im CNC-Bereich, der noch irgendetwas annehmen würde. Die sind alle für 
Monate am Anschlag.

P.S.: der CNC-Dreher besucht uns über Ostern (und will natürlich die 
Spinner sehen) - ich werd ihn dabei mal zu der Thematik befragen.

: Bearbeitet durch Moderator
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