Forum: Fahrzeugelektronik Bei Bipolarer TVS auf Verpolschutzdiode verzichten?


von Olli Z. (z80freak)


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Ich möchte meine Schaltung im KFZ gegen Transienten schützen und habe 
jetzt die Qual der Wahl bei den TVS Dioden. Betrieben wird mit 12V, 
Stromaufnahme ist ca. 30 mA in Ruhemodus und maximal 250 mA im Betrieb 
(das ist noch ein anderes Thema, wg. Sleepmode und Spannungswandlern...)

Jetzt habe ich eingangsseitig als Filter eine 100uH Spule vorgesehen und 
als Verpolungsschutz, sowie Schutz gegen negative Spannungsspitzen eine 
1N4001 davor.

Die TVS würde ich dann hinter die Verpolschutzdiode gegen GND legen. 
Wenn ich aber nun eine Bipolare nehme, kann ich mir dann die 
Verpolschutzdiode sparen oder ist diese womöglich sogar schädlich für 
die Funktion der TVS?

+12V ()--[ 100uH ]--+--|>|--()
                    |
                   TVS
                    |
GND  ()-------------+-------()

von Jens M. (schuchkleisser)


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Ob's gut ist mit einer Diode die ganze Elektrik des Fahrzeugs zu klemmen 
weiß ich nicht.
Aber eine "bipolare" Diode hat in beiden Richtungen soundsoviel Volt, 
d.h. auch negative Spitzen werden hoch sein. Das könnte ohne 
Verpolschutz negative Effekte für was auch immer am rechten Ende deiner 
Schaltung liegt haben.

von oszi40 (Gast)


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Welch Wunder nach der 1. induktiven Abschaltspannung...
F.23 http://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.23

von Olli Z. (z80freak)


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oszi40 schrieb:
> Welch Wunder nach der 1. induktiven Abschaltspannung...
> F.23 http://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.23

Hmm, in dieser (megagroßen) FAQ ist es genau so drin wie von mir oben 
gezeichnet. Verpolschutzdiode nach TVS.

Was genau folgt denn nach den Pünktchen in Deinem ersten Satz? Sprich 
doch bitte nicht in Rätseln.

von Olli Z. (z80freak)


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Jens M. schrieb:
> Ob's gut ist mit einer Diode die ganze Elektrik des Fahrzeugs zu klemmen weiß 
ich nicht.
Davon ist ja keine Rede. Wie ich schrieb hängt auf der rechten Seite nur 
meine Schaltung, nicht das ganze Fahrzeug ;-)
Das hat, wie wohl jedes halbwegs moderne Auto seit Jahren einen 
zentralen Load-Dump Schutz. Dennoch will ich meine Schaltung vor allem 
möglichen bewaren...

> Aber eine "bipolare" Diode hat in beiden Richtungen soundsoviel Volt,
Ja, die Durchbruchspannung liegt bei ca. +-18V.

> d.h. auch negative Spitzen werden hoch sein.
Wenn ich es richtig verstanden habe würde der negative Stromfluß durch 
die TVS vor meiner Schaltung, also auch vor der Verpoldiode abgeleitet 
werden. Durch die Schaltung wird ein negativer Stromfluß aufgrund der 
Diode verhindert.

Daher glaube ich auch das die TVS die Verpoldiode nicht ersetzt, sie 
dient einem anderen Zweck.

von Gerd E. (robberknight)


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Olli Z. schrieb:
> Ja, die Durchbruchspannung liegt bei ca. +-18V.

das scheint mir deutlich zu niedrig zu sein. Dann klemmst Du halt öfters 
doch das ganze Fahrzeug - und das überlebt dein niedliches Diödchen 
nicht lange.

Es hat einen guten Grund warum bei Automotive-Spannungsreglern ein 
Vin,max > 40V üblich ist. Dann kann man nämlich eine TVS nehmen, die 
erst in dieser Region ihre Durchbruchspannung hat und ist damit das 
Gröbste los.

von Olli Z. (z80freak)


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Gerd E. schrieb:
> Es hat einen guten Grund warum bei Automotive-Spannungsreglern ein
> Vin,max > 40V üblich ist. Dann kann man nämlich eine TVS nehmen, die
> erst in dieser Region ihre Durchbruchspannung hat und ist damit das
> Gröbste los.

Ok, das klingt schon logisch. Aber was, ausser kurzen Spannungspitzen 
soll denn da mehr als 18V erzeugen? Vorausgesetzt der Spannungsregler 
vom Generator arbeitet einwandfrei?

Aber, ich nehme das mit und dimensioniere um. In vielen Schaltungen zum 
Thema findet man aber durchaus P6KE24CA mit +-20V und dann kommt ja auch 
noch die Toleranz von 5% oder mehr dazu...
Sollte ich da eher auf eine P6KE36CA gehen? (+-30V) oder gar noch höher?

von Le Idiot du Regláge (Gast)


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Wenn du bei 30V bist, tun es die 78xx Regler mit V_inmax nicht mehr. 
317er gibt's noch Typen bis 40V, sonst was moderneres.
LP2951 oder nen Schaltregler?

von HildeK (Gast)


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Olli Z. schrieb:
> Aber was, ausser kurzen Spannungspitzen
> soll denn da mehr als 18V erzeugen?

Z.B. Starthilfe von einem 24V-LKW. Das muss ein Bordnetz überleben.

von Soul E. (Gast)


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Olli Z. schrieb:

> Hmm, in dieser (megagroßen) FAQ ist es genau so drin wie von mir oben
> gezeichnet. Verpolschutzdiode nach TVS.

Die Schaltung in dieser FAQ war schon immer Bullshit, was in diesem 
Forum auch schon gefühlt tausend Mal diskutiert wurde.

Automobilelektronik muss 35 V am Eingang aushalten. Punkt. Das 
realisiert man durch Verwendung geeigneter Bauteile. TI, Infineon, Rohm, 
ST und andere haben Automotive-Spannungsregler im Portfolio, die ein 
bisschen mehr aushalten als der 7805 unbekannter Herkunft von Reichelt.

Mit 35 V Spannungsfestigkeit hält Deine Schaltung Loaddump und Jumpstart 
aus, also die langsamen Pulse mit viel Energie.

Die schnellen Pulse mit hoher Amplitude (ISO 1, 1b, 2, 3a, 3b) wirst Du 
mit einer Verpolschutzdiode und einem Elko los. Die bilden gleichzeitig 
einen Puffer gegen kurzzeitige Spannungseinbrüche. Wenn man einen 
negativen Puls bei Null begrenzt hat man einen Einbruch, und der soll 
üblicherweise nicht gleich den Controller zurücksetzen. Und den 
Verpolschutz brauchst Du gegen die statische und dynamische Verpolung 
(Batterie bzw Ladegerät falsch angeklemmt).

Auf die Lasten passt der Controller auf. Der misst alle paar 
Millisekunden die Bordspannung und schaltet über 16 V ab um die 
Verbraucher gegen Überstrom zu schützen, und unter 8..9 V um eine 
Tiefentladung der Batterie zu vermeiden. Das ist Aufgabe der (Deiner) 
Software.

Dauerbestromte Steuergeräte (an KL30) sollen im Ruhemodus mit <100 µA 
auskommen. Wenn das alle machen kann man das Fahrzeug zwei bis drei 
Wochen stehenlassen und der Motor springt trotzdem noch an (intakte 
Batterie vorausgesetzt).


Schau Dir mal ein paar zeigemäße Steuergeräte an. Die mit SMD und grüner 
Platine, keine K-Jetronik von 1980. Da gibt es weder Drosseln (mit denen 
man bei der EMV-Prüfung ganz neue Leute kennenlernen würde) noch TVS 
(die der Teseq beim Loaddump-Test mit 300 A Peakstrom problemlos 
auslötet).

von Harald W. (wilhelms)


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Olli Z. schrieb:

> Die TVS würde ich dann hinter die Verpolschutzdiode gegen GND legen.
> Wenn ich aber nun eine Bipolare nehme, kann ich mir dann die
> Verpolschutzdiode sparen

Das kannst Du machen, Du solltest die TVS dann aber im Amaturenbrett
montieren, damit Du sie regelmäßig während der Fahrt wechseln kannst.
:-)

von Frickel (Gast)


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soul e. schrieb:
> Schau Dir mal ein paar zeigemäße Steuergeräte an. Die mit SMD und grüner
> Platine, keine K-Jetronik von 1980. Da gibt es weder Drosseln (mit denen
> man bei der EMV-Prüfung ganz neue Leute kennenlernen würde) noch TVS
> (die der Teseq beim Loaddump-Test mit 300 A Peakstrom problemlos
> auslötet).

Das finde ich aber interessant - unabhängig von der Fahrzeug 
Problematik! Hast du dafür Beispiele? Ich habe leider keine Quelle für 
Steuergeräte o.Ä.

von Philipp G. (geiserp01)


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soul e. schrieb:
> Dauerbestromte Steuergeräte (an KL30) sollen im Ruhemodus mit <100 µA
> auskommen. Wenn das alle machen kann man das Fahrzeug zwei bis drei
> Wochen stehenlassen und der Motor springt trotzdem noch an (intakte
> Batterie vorausgesetzt).

Ruhestrom (gemessen an der Batterie) ist üblicherweise 20 - 50mA, woher 
beziehst Du Deine Aussage?

: Bearbeitet durch User
von Soul E. (Gast)


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LV-124 Testfall E-19.

Gibt's auch als MBN LV124-1, VW 80 000, BMW GS 95024, usw.

von Olli Z. (z80freak)


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soul e. schrieb:
Wow, Du scheinst Du ja sehr gut auszukennen, arbeitest Du in der 
Branche?

Also eigentlich würde das reichen?

12V ()--|>|--+---[ REG ]---() +5V
             |      | |
             —+     | +----() EN/DIS
             —      |
             |      |
GND ()-------+------+------() GNd

Und als REG dann einen mit Vin >=40V Keine weiteren Filter vorn weg?

: Bearbeitet durch User
von Soul E. (Gast)


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Olli Z. schrieb:

> Wow, Du scheinst Du ja sehr gut auszukennen, arbeitest Du in der
> Branche?

Seit knapp 20 Jahren.


> Also eigentlich würde das reichen?
>
> 12V ()--|>|--+---[ REG ]---() +5V
>              |      | |
>              —+     | +----() EN/DIS
>              —      |
>              |      |
> GND ()-------+------+------() GNd
>
> Und als REG dann einen mit Vin >=40V Keine weiteren Filter vorn weg?

Gepflegter Minimalismus, aber im wesentlichen reicht das. In der Praxis 
wirst Du noch 100 nF 0805 Flexiterm (oder zwei normale in Reihe) direkt 
am Eingang vorsehen, und dann nochmal 100 nF direkt am Regler (oder was 
halt im Datenblatt steht).

Der Elko hat so 47..220 µF 35 V, je nach benötigter Stützzeit. Dein 
Controller will ja eventuell noch Schreibvorgänge ins NVRAM beenden 
können bevor der Reset kommt.

Den Lastkreis, sofern vorhanden, entkoppelt man idealerweise durch eine 
eigene Verpolschutzdiode (bzw MOSFET). So saugen die Verbraucher dem 
Controller nicht den Elko leer.

von Olli Z. (z80freak)


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soul e. schrieb:
> Olli Z. schrieb:
> Gepflegter Minimalismus, aber im wesentlichen reicht das. In der Praxis
:-)

Für die Boardspannungsüberwachung würde ich grundsätzlich einen 
Spannungsteiler nehmen und diesen an den A/D vom uC verbinden. Mit 15k 
zu 4,7k sollte ich bis 20V messen können.

                              +----------() +5V
                              |
                            ,---´
                             / \ D1
                             ---
        R1                    |
12V()--[  ]--+-------+--------+-------+--() A/D input
             |       |        |       |
             |       -      ,---´     |
            ---     | |      / \ D2  ---
            --- C1  | | R2   ---     === C2
             |       -        |       |
             |       |        |       |
GND()--------+-------+--------+-------+--()

R1 = 15 kOhm
R2 = 4,7 kOhm
C1 = 100 nF / 200V (Keramik)
C2 = 10 µF / 16V
D1,D2 = BAT42

Dem Spannungsteiler und dem Filterkondensator sollten die Transienten im 
Auto nichts anhaben können. Die beiden Schottky's sollte Überspannungen 
ableiten. Oder ist das auch schon wieder "overkill" ?

: Bearbeitet durch User
von Jens M. (schuchkleisser)


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soul e. schrieb:
> kann man das Fahrzeug zwei bis drei
> Wochen stehenlassen und der Motor springt trotzdem noch an

Du meinstest eher "Monate", oder?
Mein Toyota Aygo hat eine 36Ah-Batterie, und selbst nach 10 Jahren 
schafft der bzw. die problemlos 1x im Jahr im Sommer 6 Wochen Standzeit 
bei werktäglich 2x 30 Minuten fahren, meist mit Licht, ohne 
Heckscheiben- oder Sitzheizung.

Philipp G. schrieb:
> Ruhestrom (gemessen an der Batterie) ist üblicherweise 20 - 50mA, woher
> beziehst Du Deine Aussage?

Wo geht das denn hin? Ich habs noch nie gemessen, aber 50mA wäre ja etwa 
1Ah/Tag, das erscheint mir arg viel.

von Soul E. (Gast)


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In den meisten Fällen kannst Du am Elko hinter der Verpolschutzdiode 
messen. Da ist die Spannung geglättet und ausschließlich positiv. Damit 
entfallen die Klemmdioden. Der Stützkondensator direkt am ADC-Pin ist 
natürlich notwendig, da reichen dann 100 nF.

Falls Du direkt an die Klemme willst passt das wie oben gezeichnet. Die 
obere Diode kann wahrscheinlich entfallen, zur Ableitung negativer 
Ströme reicht die untere. Ggf reicht auch die ESD-Schutzdiode im 
Controller zusammen mit dem Elko und den 47k als Strombegrenzung -- da 
würde man sich aber die Freigabe des Controllerherstellers holen (womit 
sowas privat rausfällt, privat stören aber die 0,5 ct für die Diode auch 
nicht so...).

von HildeK (Gast)


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Philipp G. schrieb:
> Ruhestrom (gemessen an der Batterie) ist üblicherweise 20 - 50mA, woher
> beziehst Du Deine Aussage?

Die 100μA sind übliche Maximalwerte eines einzelnen Steuergeätes, die an 
Klemme 30 im inaktiven Ruhezustand sind.
An der Batterie misst du die Gesamtsumme.

von Philipp G. (geiserp01)


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HildeK schrieb:
>> Ruhestrom (gemessen an der Batterie) ist üblicherweise 20 - 50mA, woher
>> beziehst Du Deine Aussage?
>
> Die 100μA sind übliche Maximalwerte eines einzelnen Steuergeätes, die an
> Klemme 30 im inaktiven Ruhezustand sind.
> An der Batterie misst du die Gesamtsumme.

Ja, iss klar, schrieb ich ja auch so.

Mein aktuelles 'Projektauto' zieht im Moment max. 170mA Ruhestrom. 
Versorgt damit aber auch einges, GSM, GPS, Alarmanlage, Kamera mit 
Motion Detection, Spielerei halt. Schaltet die Verbraucher ab, wenn die 
Spannung unter 12.8V sinkt (LIFE PO4 Batterie nicht PB).

: Bearbeitet durch User
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