Forum: Platinen Reparaturlöten von SMD ICs


von Olli Z. (z80freak)


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Ich habe letztens mal wieder eine industriell gefertigte Platine in 
Händen gehabt auf der ein IC (QFP144) nachgelötet werden musste. Für 
mich klarer Fall, bleifreies Lot und im laufe der Jahre "kalte" 
(gebrochene) Lötstellen.

Zunächst habe ich ein einfaches Reflow versucht, also Heißluftkolben 
drauf mit 250°C (sollte für bleifrei reichen?) und gewartet bis man beim 
antippen des Chipgehäuses mit der Pinzette erkennen konnte das er 
komplett frei schwimmt. Das hat dann leider nur einen Tag gehalten bis 
der IC wieder Ärger machte.

Dann wollte ich die Pins mit dem 0,2er Lötkolben nachziehen. Ordentlich 
RMA Flußmittelstrang über die Pins, etwas Bleihaltiges Lot an die Spize 
und außer über die Pins. Das war ein Fiasko! Was sonst beim reinen 
verlöten immer prima klappte ergab mit hier nur Lötbrücken, Nasen/Fahnen 
und sichtbar (unterm Mikroskop) kalte Lötstellen :-( Auch der Versuch 
das Lotgematsche mit Entlötlitze runter zu bekommen war nahezu 
erfolglos. Es schient als würde sie das Lot garnicht annehmen wollen?!

Am Ende habe ich den IC komplett entlötet, die Pads entzinnt und 
gereinig und den IC mit bleihaltigem Lot verlötet. Das klappte prima und 
seitdem funktioniert das Gerät wieder ohne Störungen.

Was ich mich nun frage ist ob die erste und zweite Variante überhaupt 
hätte funktionieren können?

Vermischen sich bleihaltiges und bleifreies Lot überhaupt oder macht das 
womöglich noch mehr Probleme?

Sollte man für solche Reparaturen lieber bleifreies Lot kaufen und 
verwenden?

Funktioniert das herkömmliche Flußmittel (nehme RMA-223) bei bleifreiem 
Lot nicht?

Kann man auch ohne Lotzugabe sinnvoll gebrochene Lötstellen durch 
einfaches Reflow reparieren?

von GeGe (Gast)


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Olli Z. schrieb:
> , also Heißluftkolben
> drauf mit 250°C (sollte für bleifrei reichen?)
scheint mir etwas zu niedrig, hast du mit der Temperatur auch den IC 
abgelötet?

Olli Z. schrieb:
> ann wollte ich die Pins mit dem 0,2er Lötkolben nachziehen. Ordentlich
> RMA Flußmittelstrang über die Pins,
mit den dünnen Spitzen hatte ich auch schlechte Resultate, da sind 
dickere Spitzen oft viel besser. Am besten eine Hohlkelle mit 2,4 oder 
3,2 verwenden.

Olli Z. schrieb:
> Vermischen sich bleihaltiges und bleifreies Lot überhaupt oder macht das
> womöglich noch mehr Probleme?
Das macht mit Sicherheit mehr Probleme.

Olli Z. schrieb:
> Sollte man für solche Reparaturen lieber bleifreies Lot kaufen und
> verwenden?
Wenn man sicher ist, dass die Baugruppe bleifrei (RoHS) ist dann auf 
jeden Fall. Allerdings gibts selbst als Bleifrei Lote die besser oder 
schlechter für Reparaturarbeiten sind, das sieht man spätestens ob man 
beim zweiten Erwärmen des Zinns noch die Lötstellen glatt werden oder 
eben nicht.

von Olaf (Gast)


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Entweder bleifrei bleiben, hat aber den Nachteil das man mit hoeheren 
Temperaturen arbeitet und das ist fuer die kleinen PADs riskanter ist
oder richtig auf Blei umstellen. Also viel Loetzinn verwenden, alles 
absaugen und danach nochmal verloeten.

Das Problem sind Mischungen aus altem bleifreien und neuen verbleiten 
Zinn.


Olaf

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Ich schließe mich weitgehend den Ausführungen der Vorredner an, habe 
aber noch ein paar Bemerkungen zum Lot:

Wenn es sich bei dem bleifreien Lot um reines Zinn, ggf. mit einem 
Kupfer- oder Silberanteil, handeln sollte, gibt es überhaupt keine 
Probleme, dieses mit bleihaltigem Lot nachzulöten und dabei zu 
vermischen.

Problematisch wird es eigentlich nur bei Loten auf Basis anderer 
Metalle, z.B. Bismut oder Indium, oder gar niedriegschmelzender 
Legierungen wie Wood's Metall. Da müsste man sich ganz genau die 
Eigenschaften der entstehenden Legierungen anschauen. Beim richtigen 
Mischungsverhältnis von Zinn, Bismut und Blei erhält man ein Eutektikum 
mit einem Schmelzpunkt von nur 96°C.

von S. K. (quaxx)


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Ich schließe dem auch an, dass 250°C bei bleifreiem Lot, zu niedrig 
sind. Für bleihaltiges mag es noch gehen, aber die Heißlufttemperatur in 
unserem, Reworkbereich liegt bei mindestens 290°C. Du musst dabei 
aufpassen, welche Bauteile so in der Nähe sind und diese evtl. mit 
Alutfolie oder ähnlichem vor der direkten Hitze schützen.
(es sei denn, es handelt sich um Niedertemperaturlot, wovon ich hier 
aber nicht ausgehe)

Das Vermischen von bleihaltigem und bleifreiem Lot stellt normalerweise 
keine Probleme da sowie im Lötbereich auch die Langzeitstabilität der 
Lötstelle, wenn es halt richtig gemacht wird.
Du solltest dir aber Gedanken machen, warum vorher bleifreies Lot 
verwendet wurde und für wen du es reparaierst:
Für Eigengebraucht kein Problem, im Industriebereich wirst du bleifreiem 
Lot bleiben müssen (von Luft-Raumfahrt, Militär, Medizintechnik, usw. 
mal abgesehen)

von Olaf (Gast)


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> Problematisch wird es eigentlich nur bei Loten auf Basis anderer
> Metalle, z.B. Bismut oder Indium, oder gar niedriegschmelzender

Ich glaube bei diesen Loten ist eh alles egal. Die loeten sich immer 
kacke, selbst neu von der Rolle oder frisch aus dem Pastenbecher.

Olaf

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