Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Schwebung bei Abtastung - Verständnisfrage


von Dexter (Gast)


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Hallo,

ich habe ein sinusförmiges Signal mit einer Frequenz von 23.500 Hz mit 
einer Abtastfrequenz von 48 kHz abgetastet. Heraus kam ein Signal, das 
wie eine Schwebung aussieht. Da ich aber keine Signale überlagert habe, 
frage ich mich, wie das beim Abtasten nun zustande kommt.
Mir ist aufgefallen, dass das gleiche bei einem Signal mit 24.500 Hz 
passiert. Beide Signale liegen also dicht an der halben Abtastfrequenz, 
aber mehr konnte ich leider auch nicht herausfinden.

von El Ef (Gast)


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Bei einer Abtastrate von 48 kHz ist 24,5 kHz eine Aliasfrequenz von 
(-)23,5 kHz; da das Spektrum von zeitdiskreten Signal periodisch ist 
(siehe Abtasttheorem)

So gesehen hat man hier eine Überlagerung.

Bei 23,5 kHz hat man dann eine Schwebungsfrequenz von 1 kHz. Bei 23,4 
Khz Ist die Schwebungsfrequenz dann 1,2 kHz (Dann ist 24,6 die 
Aliasfrequenz usw.)

von Analogopa (Gast)


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Dexter schrieb:
> wie das beim Abtasten nun zustande kommt.
Das ist genau das Abtastproblem, über das immer wieder gesprochen wird.

von Dexter (Gast)


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Danke dir:)

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Analogopa schrieb:
> Dexter schrieb:
>> wie das beim Abtasten nun zustande kommt.
> Das ist genau das Abtastproblem, über das immer wieder gesprochen wird.

Ja und nein, denn das klassische Abtastproblem ist eigentlich mehr das 
der Spiegelfrequenzen und Alias. Hier liegen wir ja noch unterhalb 
Nyquist.

Gleichwohl gibt es das Problem der Schwebung, welches bei der späteren 
Rekonstruktion nur abgeschwächt, aber im oberen Bereich nicht 
vollständig beseitigt wird. Das Verhalten ist logischerweise stark von 
der Filterung vor und nach der Wandlung abhängig und je nach Anwendung 
zu optimieren. Es wird auch gerne mal etwas unterschätzt.

Mithin handelt es sich hier also um ein Abtastproblem, über das nicht 
immer ausreichend "gesprochen wird."

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Dexter schrieb:
> Heraus kam ein Signal, das
> wie eine Schwebung aussieht.
Naja, warum solls auch nicht aussehen wie eine Schwebung bzw. was ist 
daran ein Problem?
Wenn du's z.b. durch entsprechendes Upsampling interpolierst, oder durch 
einen DAC mit entsprechendem Tief/Bandpass wieder analog wandelst, wirds 
nicht mehr aussehen wie eine Schwebung. Aber in beiden Faellen ist's 
halt ein abgetastetes 23.5kHz Signal. Oder ein 24.5kHz Signal. 
Jenachdem.
Alles gut.

Gruss
WK

von rbx (Gast)


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Jürgen S. schrieb:
> Das Verhalten ist logischerweise stark von
> der Filterung vor und nach der Wandlung abhängig und je nach Anwendung
> zu optimieren. Es wird auch gerne mal etwas unterschätzt.

Deswegen haben wir wohl auch 44,1 khz für max 20 khz (die nach oben 
kontrolliert werden müssen, was nicht so ganz einfach ist)

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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rbx schrieb:
> eswegen haben wir wohl auch 44,1 khz für max 20 khz

Die 44,1kHz und auch die 48kHz implizieren letztlich sogar, die 
Anwendung für 15kHz und weniger. Für vernünftige Filter braucht man 
wenigstens 50% Abstand zu fs/2.

Bei Audio geht das, weil die höheren Frequenzen anteilsmäßig kaum 
besetzt sind und wenig Fehler produzieren. Will man ein technisches 
Testsignal von 10kHz ... 20kHz produzieren, hat man mit 48kHz wenig 
Chancen. Daher arbeiten die Studios inzwischen mit 384kHz und die 
Wandler mit 192kHz.

von Mirko W. (Gast)


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Die anderen Antworten beziehen sich anscheinend auf die Praxis, was auch 
ok ist, der Ursprungspost bezieht sich aber anscheinend auf die rein 
theoretische Abtastung ohne Rauschen.

Dass das 23.5 kHz-Signal aussieht "wie eine Schwebung" ist zu erwarten. 
Das Abtasttheorem sagt ja nicht, dass du die abgetasteten Punkte mit 
Geradenstücken rekonstruieren darfst, um das Ausgangssignal zu erhalten. 
Zur Rekonstruktion musst du die Summe von gewichteten sinc (nicht 
sin)-Termen bilden, dann ist die Rekonstruktion bei einem unendlich lang 
abgetasteten Signal wieder identisch mit dem Ursprungssignal.

Dass das 24.5 kHz-Signal dem 23.5-kHz-Signal gleicht, ergibt sich 
daraus, dass beide 500 Hz symmetrisch um die Abtastfrequenz liegen.

von Raymund Hofmann (Gast)


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Dass das abgetastete Signal aussieht wie eine "Schwebung" ist doch nur 
ein Resultat der inkorrekten Rekonstruktion (Filterung) und Darstellung.

Das Signal müsste mit einem Interpolationsfilter auf eine höhere 
Samplerate um die Fehler ausreichend zu reduzieren hoch gesampled werden 
damit eine Darstellung als punktgestützter Linienzug sich der Theorie 
annähert.

Dieses Interpolationsfilter hätte selbst aber in der Tat eine unschön 
lange Sprungantwort um die geforderte Unterdrückung von Aliasing und 
Steilheit zu erreichen, was aber bei einem kontinuierlichen Signal oder 
tieferen Frequenzen kaum auffält.

von Jens Langecker (Gast)


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Raymund Hofmann schrieb:
> Dass das abgetastete Signal aussieht wie eine "Schwebung" ist doch nur
> ein Resultat der inkorrekten Rekonstruktion (Filterung) und Darstellung.

Genau! Das Problem ist, dass das menschliche Gehirn das abgetastete Bild 
sieht und daraus falsche Schlüsse zieht, sprich, das Signal wird im Kopf 
falsch rekonstruiert. Man siehst etwas, dass aussieht wie eine 
Schwebung, weil das Gehirn die Abtastpunkte mit einander verbindet, was 
irreführend ist.
Wenn das Signal aber korrekt rekonstruiert wird, wird daraus wieder ein 
Sinus mit 23,5kHz.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Jens Langecker schrieb:
> Genau! Das Problem ist, dass das menschliche Gehirn das abgetastete Bild
> sieht und daraus falsche Schlüsse zieht, sprich, das Signal wird im Kopf
> falsch rekonstruiert.

Ob man das so darstellen kann? Es gibt durchaus abtastbedingte 
Schwebungen, die nicht durch das Rekofilter behoben werden.

von Martin O. (ossi-2)


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>Es gibt durchaus abtastbedingte Schwebungen, die nicht durch das Rekofilter 
behoben werden.

Das kann aber nur sein, wenn gegen das Abtastthorem verstossen wird. 
Alle Frequenzen unterhalb der halben Abtastfrequenz werden durch das 
(unendlich ausgedehnte und nicht-kausale) Rekonstruktionsfilter 
rekonstruiert.

von Jens Langecker (Gast)


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Jürgen S. schrieb:
> Es gibt durchaus abtastbedingte
> Schwebungen, die nicht durch das Rekofilter behoben werden.

Kannst Du das ein bissel genauer ausführen? Ein Beispiel vielleicht?

von Jens Langecker (Gast)


Angehängte Dateien:

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Ich hab mal ein Bild zur Verdeutlichung angehängt (ich hoff, man kann es 
erkennen).
Die lila Funktion ist ein Sinus mit f=31 (oberer Graph)
Diese Funktion wird mit 64 Punkten abgetastet (mittlerer Graph)
Wenn man nun nur die Abtastepunkt sieht (unterer Graph), sieht man 
etwas, das wie eine Schwebung mit f=1 aussieht.
Tatsächlich ist es aber die korrekte Abtastung von f=31 und läßt sich 
auch 100% korrekt wieder in die lila Funktion rekonstruieren, weil das 
Abtasttheorem erfüllt ist.

Die Tatsache, dass der unterer Graph wie ein Schwebung mit f=1 aussieht, 
ist sozusagen eine optische Täuschung oder eine fehlerhafte 
Interpretation durch das Gehirn.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Martin O. schrieb:
> Das kann aber nur sein, wenn gegen das Abtastthorem verstossen wird.
> Alle Frequenzen unterhalb der halben Abtastfrequenz werden durch das
> (unendlich ausgedehnte und nicht-kausale) Rekonstruktionsfilter
> rekonstruiert.

Das stimmt theoretisch, allerdings GIBT es kein solchen ideales 
ReKo-filter. Das ist das eine Problem. Der Sachverhalt, dass es dies 
auch als AA-Filter am Eingang nicht gibt, führt ferner zu einer 
nicht-idealen Abtastung. Der Datenstrom als solcher hat also schon 
Fehler. Das ist das zweite Problem.

Das Problem der Schwebung wird deutlich, wenn man eine Frequenz im 
Bereich von kurz unter Nyquist abtastet. Bei der Rekonstruktion gibt es 
Amplitudenschwingungen.


Jens Langecker schrieb:
> Kannst Du das ein bissel genauer ausführen? Ein Beispiel vielleicht?

Nimm eine DDS mit einem perfekten Sinus und taste sie mit 99% ab. Dann 
bekommst du eine sehr langsame Amplitudenmodulation. Diese wäre nur mit 
einem nahezu unendlich ausgedehnten Filter zu beheben, welches die 
Schwebung vermittelt und dann den statistischen dB-Abfall im Bereich der 
Grenzfrequenz liefert.

Das sind aber alles Grundlagen! Auf welchen Hochschulen lernt ihr 
eigentlich? :D

von Martin O. (ossi-2)


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Das sind aber alles Grundlagen! Auf welchen Hochschulen lernt ihr
eigentlich? :D

Das hab ich alles schon auf der Grundschule gelernt!

von K. L. (Gast)


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Martin O. schrieb:
> Das hab ich alles schon auf der Grundschule gelernt!

Cool, eine Grundschule bei der das Abtasten geübt wird. Hatten wir auch, 
bis die Lehrerin kam und uns Jungs gesagt hat, dass wir den Mädels da 
nicht hiunfassen sollten :-)

Jetzt mal Klartext:

Dexter schrieb:
> ich habe ein sinusförmiges Signal mit einer Frequenz von 23.500 Hz mit
> einer Abtastfrequenz von 48 kHz abgetastet.

Wer glaubt, so knapp unter fs/2 noch etwas Sinnvolles erfassen zu 
können, hat eigentlich verloren. Nicht umsonst nimmt jeder beim 
Oszilloskop eine Bandbreite die Mindestens einen Faktor 5 - 7 höher 
liegt.

Je mehr, desto besser:

Beitrag "Vorteile Überabtastung bei Nutzsignal 0-150 Hz"

von Jens Langecker (Gast)


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Jürgen S. schrieb:
> Das sind aber alles Grundlagen! Auf welchen Hochschulen lernt ihr
> eigentlich? :D

Ich war auf der Polk High. Dort habe ich Hochschulfußball gespielt. Vier 
Tore in einem Spiel. Jetzt verkaufe ich Damenfußbekleidung.

von Rolf S. (audiorolf)


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Jürgen S. schrieb:
> Das sind aber alles Grundlagen! Auf welchen Hochschulen lernt ihr
> eigentlich? :D

Das sollte Gegenstand von Vorlesungen in allen Hochschulen sein. Musste 
aber während meiner Karriere auch schon mehrfach feststellen, dass viele 
oft simple Zusammenhänge dann von einigen doch nicht verstanden worden 
zu sein scheinen. Statt einem tiefgreifenden Verständnis werden 
oberflächliche Schlagworte erlernt und memoriert, die einer dann in die 
Diskussion wirft. Das Abtasttheorem ist exakt eine solche Sache. Hat 
eigentlich jeder von gehört, aber nur wenige vollständig verstanden und 
machen brutal falsche Denkfehler.


Klaus L. schrieb:
> Wer glaubt, so knapp unter fs/2 noch etwas Sinnvolles erfassen zu
> können, hat eigentlich verloren.

Es ist z.B. nicht immer so, dass durch geringes Abtasten Information 
verschwindet, oder so verschwindet, dass sie nicht mehr trennbar oder 
rekonstruierbar ist. Es kommt immer auf die Verteilung und die Qualität 
des eingehenden Spektrums an. Eine einzelne Frequenz kannst du herrlich 
auch weit unterabtasten und trotzdem rekonstruieren. Musst es halt 
richtig machen.


Mirko W. schrieb:
> Das Abtasttheorem sagt ja nicht, dass du die abgetasteten Punkte mit
> Geradenstücken rekonstruieren darfst, um das Ausgangssignal zu erhalten.
Das Abtasttheorem sagt hierüber gar nichts aus.


>Schwebung bei Abtastung
Natürlich gibt es die und ist Aufgabe der Signalbehandlung, sie wieder 
zu entfernen. Das ist umso schwerer, je mehr Spiegelfrequenzen in das 
erhaltene Signal eingeflossen sind, weil die zu Amplitudenfehlern im 
Zeitbereich führen, die sich mit einem analogen Filter nicht 
unterschiedlich behandeln lassen.

Dazu hat es kausale und nonkausale Schätzfilter:
https://n.ethz.ch/~abiri/download/Zusammenfassungen/3.%20Jahr%20ITET/ZSSV_Zusammenfassung.pdf

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