Forum: HF, Funk und Felder RF Amplifier Fehlanpassung


von M. M. (blackcow)


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Wenn ein RF Leistungsverstärker ~2W am Ausgang nicht gemacht ist, kann 
dieser kaputt gehen. Mal angenommen die komplette Leistung wird zurück 
reflektiert. Ich würde gerne wissen was da genau passiert. Der 
Transistor sieht eine erhöhte Spannung am Gate (die doppelte im 
ungünstigsten Fall?). Sind das dann rein thermische Effekte, die den PN 
Übergang durchlegieren lassen? Kann man durch Detektion der 
reflektierten Leistung und rechtzeitigen Abschalten das ganze genügend 
schützen, oder ist ein Zirkulator/Isolator zwingend notwendig? Was wären 
so die Zeitkonstanten für rechtzeitiges Abschalten (Größenordnung), gibt 
es da Erfahrungswerte?

von Elektrolurch (Gast)


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M. M. schrieb:
> Wenn ein RF Leistungsverstärker ~2W am Ausgang nicht gemacht ist,
> kann
> dieser kaputt gehen. Mal angenommen die komplette Leistung wird zurück
> reflektiert. Ich würde gerne wissen was da genau passiert. Der
> Transistor sieht eine erhöhte Spannung am Gate (die doppelte im
> ungünstigsten Fall?). Sind das dann rein thermische Effekte, die den PN
> Übergang durchlegieren lassen? Kann man durch Detektion der
> reflektierten Leistung und rechtzeitigen Abschalten das ganze genügend
> schützen, oder ist ein Zirkulator/Isolator zwingend notwendig? Was wären
> so die Zeitkonstanten für rechtzeitiges Abschalten (Größenordnung), gibt
> es da Erfahrungswerte?

Es wird nichts zurückreflektiert, diese Modellvorstellung aus der 
Leitungstheorie beschreibt nicht den Vorgang am Ausgangsport einer PA. 
Andere Betrachtungsweise: wenn eine HF-Verstärkerstufe an ihrem Ausgang 
nicht die Last "sieht", für die sie konzipiert wurde, dann kann sie gar 
nicht erst Leistung an eine fehlangepasste Last abgeben. Durch die 
Arbeitspunktverschiebung, Überspannungen, Überlast kann ein 
Verstärkerelement dadurch zerstört werden.

Und klar kann man durch Detektieren einer Fehlanpassung und einer 
Regelschaltung eine PA geschützt werden. Das wird auch verbreitet so 
gemacht. Wie schnell das passieren muss, hängt von den Bauteilen ab. Bei 
Überspannungsdurchschlag  entsteht ein Schaden sehr schnell, bei 
thermischer Überlast hat man etwas mehr Zeit.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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M. M. schrieb:
> Wenn ein RF Leistungsverstärker ~2W am Ausgang nicht gemacht ist,

???

Was ist „nicht gemacht“?

> kann
> dieser kaputt gehen. Mal angenommen die komplette Leistung wird zurück
> reflektiert. Ich würde gerne wissen was da genau passiert. Der
> Transistor sieht eine erhöhte Spannung am Gate (die doppelte im
> ungünstigsten Fall?).

Wieso am Gate?

Aber ja, er bekommt eine höhere Spannung, u. U. eine viel höhere. Die 
abgegebene Energie kann ja schließlich nach den Gesetzen der Physik 
nicht verloren gehen, also muss sie irgendwie in andere Formen 
umgewandelt werden.

> Sind das dann rein thermische Effekte, die den PN
> Übergang durchlegieren lassen? Kann man durch Detektion der
> reflektierten Leistung und rechtzeitigen Abschalten das ganze genügend
> schützen, oder ist ein Zirkulator/Isolator zwingend notwendig?

Es ist zumindest üblich, sowas vorzusehen, also bei schlechtem SWR die 
Leistung zurückzunehmen. Das hilft natürlich insbesondere gegen schlecht 
angepasste Antennen etc. Inwiefern dieses Prinzip auch gegen eine 
schlagartig wegfallende Last hilft, ist allerdings fraglich. Irgendwann 
hast du halt einen Spannungsdurchbruch rein aufgrund der Feldstärken im 
Bauteil, der wartet nicht erst auf irgendwelche thermische 
Zeitkonstanten.

von Bernhard S. (gmb)


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Jörg W. schrieb:
> Was ist „nicht gemacht“?

Er meint wohl "gematcht" also angepasst

von Dampfheuler (Gast)


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So ganz nebenbei Mikrowellenverstaerker ab 100mW haben die Tendenz bei 
Fehlanpassung kaputt zugehen. Deswegen mach man sinnvollerweise gleich 
mal einen 3dB Attenuator drauf bis alles sicher ist.
Beim Nachmessen der Leistungen im Aufbau muss man abschalten um das 
Powermeter anzuschliessen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Bernhard S. schrieb:
> Jörg W. schrieb:
>> Was ist „nicht gemacht“?
>
> Er meint wohl "gematcht" also angepasst

Ah, danke. Den Schluss habe ich wirklich nicht hinbekommen. :)

von M. M. (blackcow)


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Bernhard S. schrieb:
> Er meint wohl "gematcht" also angepasst
Ja, richtig. Ich musste grad selber überlegen was ich da meinte, wurde 
in der U-Bahn aufm Handy geschrieben :-D

Elektrolurch schrieb:
> Andere Betrachtungsweise:...
Ah, stimmt. So kann man sich's einfacher vorstellen. Im Endeffekt sieht 
der Verstärker ja einfach eine Last entsprechend irgendeines Punktes am 
Rand vom Smith Diagramm (Kurzschluss/Offen...).

Jörg W. schrieb:
> Inwiefern dieses Prinzip auch gegen eine
> schlagartig wegfallende Last hilft, ist allerdings fraglich.
Das ist genau mein Problem/Frage.

Das Gerät um das es geht, gibt eben RF Leistung ab. Im Normalfall wird 
das ganze System auch impedanzangepasst betrieben. Allerdings kann der 
Kunde die Leitung theoretisch einfach im Betrieb abstecken. Eine Lösung 
wäre eben, dass man einen Isolator nach dem Verstärker einbaut, der die 
reflektierte Leistung dann abschirmt. Allerdings ist das nicht sehr 
breitbandig. Mich würde interessieren ob man mit Messen der 
reflektierten Leistung und Abschalten mit Schwellwert eine Chance hat 
den Verstärker effektiv zu schützen, oder ob das grundsätzlich 
hoffnungslos ist.

: Bearbeitet durch User
von Marek N. (Gast)


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Elektrolurch schrieb:
> diese Modellvorstellung aus der
> Leitungstheorie beschreibt nicht den Vorgang am Ausgangsport einer PA.

Diese Modellvorstellung deckt sich aber sehr wohl mit einem Netzwerk aus 
konzentrierten Bauelementen:
Eine Quelle mit einem Widerstand R_i wird bei Leerlauf die doppelte 
Spannung an ihren Klemmen aufweisen, bei mei Abschluss mit 
Leistungsanpassung (R_L = R_i).
Eine HF-Leitung, die nicht mit ihrem Wellenwiderstand (R_L = Z_0) 
abgeschlossen ist, sondern offen gelassen wurde, wird am Ende die 
doppelte Spannung aufweisen, als bei impedanzrichtigem Abschluss.
Unter ungünstigen Bedingungen (Leitungslänge = N * Lambda/2 * 
Verkürzungsfaktor) transformiert sich diese Überspannung bis in die 
Quelle (Sendeendstufe) zurück. Der Endstufentransistor muss also für 
mindestens die doppelte Spannung dimensioniert sein.

Das Ansprechverhalten der SWR-Auswertung sollte schnell genug sein, 
bevor die Avalanche-Energie (2nd Breakdown) ausgereizt ist.

/edit: wie -> als

von nachtmix (Gast)


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Marek N. schrieb:
> transformiert sich diese Überspannung bis in die
> Quelle (Sendeendstufe) zurück.

.. oder als Kurzschluss.

Welches VSWR zulässig ist, sollte im Datenblatt der Endstufe oder des 
Transistors stehen. Nicht selten wird dort 1...unendlich für alle 
Phasenlagen genannt.

von Ralph B. (rberres)


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Es kommt wohl auch darauf an was für ein Transistortyp es ist.

moderne LD-Mos Transistoren sind gegen Fehlanpassungen am Ausgang 
mittlerweile fast unkaputtbar. Wie groß die Fehlanpassung sein darf 
steht oft in den Datenblätter bzw Applikationsbeispiele der jeweiligen 
Transistoren.

Die alten bipolaren HF Leistungstransistoren waren da schon 
empfindlicher.

LD-Mos Transistoren sind aber extrem empfindlich gegen zu hohe 
Spannungen am Gate. Hier musss man Aufpassen wie ein Schießhund.

Schon manche Endstufen sind wegen zu hoher Eingangsspannung gestorben.

die bipolaren Leistungstransistoren sind da etwas gutmütiger.

Ralph Berres

von Elektrolurch (Gast)


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Marek N. schrieb:
> Diese Modellvorstellung deckt sich aber sehr wohl mit einem Netzwerk aus
> konzentrierten Bauelementen:
> Eine Quelle mit einem Widerstand R_i wird bei Leerlauf die doppelte
> Spannung an ihren Klemmen aufweisen, bei mei Abschluss mit
> Leistungsanpassung (R_L = R_i)

D'accord,
Der Eingang einer fehlangepassten Leitung im eingeschwungenen Zustand 
lässt sich durch ein Ersatzschaltbild mit konzentrierten Bauelementen 
beschreiben. Genau darum ging es mir.

Es geht keine böse reflektierte Leistung aus der Leitung zurück und 
richtet dort Schaden an. Der Schaden entsteht durch die Fehlanpassung an 
einer komplexen Last, nach den Mechanismen wie du sie beschrieben hast.

von M. M. (blackcow)


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Elektrolurch schrieb:
> Es geht keine böse reflektierte Leistung aus der Leitung zurück und
> richtet dort Schaden an. Der Schaden entsteht durch die Fehlanpassung an
> einer komplexen Last, nach den Mechanismen wie du sie beschrieben hast.

Naja, man geht ja vom stationären Zustand aus. Aber am Anfang muss ja 
erst Leistung in die Leitung gespeißt werden, die dann reflektiert wird 
und eben genau den stationären Zustand erzeugt. Im Endeffekt dann eine 
eher philosophische Frage.

Also letztendlich muss einfach ein Prototyp gebaut werden und getestet 
werden ob es funktioniert oder nicht. Naja, dachte ich mir schon fast.

von MarcOni (Gast)


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M. M. schrieb:
> Elektrolurch schrieb:
>> Es geht keine böse reflektierte Leistung aus der Leitung zurück und
>> richtet dort Schaden an. Der Schaden entsteht durch die Fehlanpassung an
>> einer komplexen Last, nach den Mechanismen wie du sie beschrieben hast.
>
> Naja, man geht ja vom stationären Zustand aus. Aber am Anfang muss ja
> erst Leistung in die Leitung gespeißt werden, die dann reflektiert wird
> und eben genau den stationären Zustand erzeugt.

Ja, darum schrieb ich ja "im eingeschwungenen Zustand". Hinlaufende 
Welle und rücklaufende Welle überlagern sich auf einer Leitung am 
Leitungseingang und Strom, Spannung und Phase ergeben dort eine komplexe 
Impedanz. Die könnte genausogut von stationären Bauelementen stammen. 
Die PA kann das nicht unterscheiden - für sie ist es einfach eine 
komplexe fehlangepasste Last.

Im Einschwingzustand, so lange eine reflektierte Welle noch nicht am 
Leitungseingang angekommen ist, sieht eine PA den rellen 
Wellenwiderstand des Kabels. So lange ist die Welt in Ordnung.

von Ralph B. (rberres)


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vielleicht erzählt der OT uns ja mal um welchen Endtransistor es sich 
handelt. Und vor allem auch, welcher Frequenzbereich der Verstärker 
arbeitet.

Dann kann man mal in den Datenblätter schauen, was der Transistor so 
aushält.

moderne Transistoren sind am Ausgang heute unempfindlicher als man 
glaubt.

Ralph Berres

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